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Thema des Tages

Ein Tief mit zwei Seiten

Am vergangenen Wochenende zog ein Schneesturm über die östlichen
Bundesstaaten und die Ostküste der USA hinweg. Der in Nordamerika
auch als Blizzard (siehe DWD-Lexikon) bezeichnete Wintersturm brachte
neben Sturm gebietsweise mehr als 70 cm Neuschnee und legte somit das
öffentliche Leben in weiten Teilen der betroffenen Regionen
vorübergehend lahm. Das gleiche Tief erreichte schließlich am
vergangenen Dienstag den europäischen Kontinent. Doch statt Schnee
und Kälte brachte es hierzulande Regen und teils frühlingshafte
Temperaturen. Doch wie kann ein und dasselbe Tief zwei
unterschiedliche Wettercharaktere hervorrufen? Ganz entscheidend sind
dabei die beteiligten Luftmassen!

Entwickelt hatte sich das Schneetief, das in den USA unter dem Namen
Jonas geführt wurde, am vergangenen Freitag etwa im Bereich des
Mississippi-Deltas und zog am Samstag an der Ostküste der USA entlang
nordwärts. Da ein Tiefdruckgebiet auf der Nordhalbkugel gegen den
Uhrzeigersinn umströmt wird, gelangte auf der Westflanke des Tiefs
mit einer nördlichen Strömung Kaltluft aus den polaren Breiten
Kanadas auf direktem Wege weit nach Süden, während auf der Ostflanke
des Tiefs warme Meeresluft aus den südlicheren Breiten angesaugt
wurde. Beim Aufeinandertreffen dieser beiden Luftmassen über dem
Osten der USA kam es zu den teils intensiven Schneefällen. Am Sonntag
setzte das Tief seinen Kurs Richtung Nordosten fort und zog
schließlich unter leichter Abschwächung südlich an Neufundland vorbei
hinaus auf den Nordatlantik.

Doch damit war der Lebenszyklus von Tief Jonas noch nicht vorbei. Im
Gegenteil, das Tief überquerte den Nordatlantik in Richtung Europa.
Es konnte sich dabei nochmals kräftigen und erneut zu einem Sturmtief
entwickeln. Als solches zog es am vergangenen Dienstag über Irland,
Großbritannien und die nördliche Nordsee hinweg und erreichte am
gestrigen Mittwoch schließlich Skandinavien. Da alle Hoch- und
Tiefdruckgebiete über Europa und dem Nordatlantik vom
Meteorologischen Institut der Freien Universität Berlin benannt
werden und Tiefdruckgebiete in den geraden Jahren immer weibliche
Namen erhalten, wurde es in Karin umbenannt.

Zwar waren die Auswirkungen von Sturmtief Karin mit teils stürmischen
Winden auch im Norden Deutschlands zu spüren. Doch anstatt einem
Temperatursturz und Schneefällen, brachte es hierzulande Regen und
teils frühlingshaft milde Temperaturen. Grund dafür war die relativ
nördliche Zugbahn des Tiefs. Somit hatten die Luftmassen, die um das
Tief herum nach Süden und dann mit einer westlichen Strömung zu uns
geführt wurden bereits einen langen Weg über den Ozean hinter sich
und dieser sorgt auch um diese Jahreszeit aufgrund des relativ warmen
Wassers für eine deutliche Erwärmung der Luftmassen polaren
Ursprungs.

Am heutigen Donnerstag wird sich Tief Karin über dem Nordmeer
auflösen. Dies zeigt, dass die Lebensdauer eines Tiefs von der
Entstehung bis zur Auflösung oft mehrere Tage dauert. Die
Auswirkungen auf die Wetterentwicklung während dieses Lebenszyklus
können dabei ganz unterschiedlich sein.

Auch wenn Tief Karin keinen Einfluss mehr auf unser Wetter hat,
sorgen weitere atlantische Tiefdruckgebiete für eine Fortdauer des
wechselhaften und teils stürmischen Witterungsabschnitts, wodurch
weiterhin relativ milde Meeresluft zu uns gelangt.


Dipl.-Met. Johanna Anger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.01.2016

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst


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