SXDL31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 290800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 29.01.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Wz (West zyklonal)

Heute in der Nordhälfte windig, teils stürmisch.
Am Wochenende besonders im Süden, teils auch im Westen Dauerregen, teils
ergiebig und unwetterartig (Schwarzwald, Allgäu), zudem starkes Tauwetter.
Weiterhin windig bis stürmisch mit wechselnder Intensität respektive räumlicher
Verteilung.


Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... Derzeit befinden wir uns inmitten einer zyklonalen Westlage, die uns
über das Wochenende hinaus beschäftigen wird. Kernstück der Großwetterlage ist
die gut ausgeprägte Frontalzone, die vom mittleren Nordatlantik kommend über
West- und Mitteleuropa nach Osten verläuft, wo sie mehr und mehr auffächert. Mal
mehr, mal weniger kurze Wellen, die von West nach Ost durchlaufen, gestalten den
Wetterablauf wechselhaft. Wie es sich für eine Westlage gehört, befindet sich
auf der kalten Seite der Frontalzone eine umfangreiche Tiefdruckzone, die von
Südgrönland bis nach Fennoskandien verläuft, während quasi ganz Südeuropa -
ausgehend vom Azorenhoch - unter hohem Luftdruck liegt. Die Hochdruckzone zeigt
sich über die nächsten Tage hinweg quasistationär, wohingegen es innerhalb der
Tiefdruckzone immer wieder zu Verrückungen und Bewegungen kommt, die auch für
unseren Raum von Bedeutung sind.

Am heutigen Freitag entpuppt sich dabei ein Sturmtief als Protagonist, das um 00
UTC mit einem Doppelkern unweit von Island lag. Im Tagesverlauf zieht der
südliche Kern als eigenständiges Tief nördlich an Schottland vorbei in Richtung
Norwegen, vor dessen Küste es nach Nordosten abbiegt und um 24 UTC bereits über
der Norwegischen See aufschlägt. Dabei kommt es zu einer markanten Vertiefung
auf etwas unter 950 hPa. Die Warmfront des zugehörigen Frontensystems setzt zwar
relativ weit nördlich an, gleichwohl passiert sie Teile Norddeutschlands heute
relativ zügig ostwärts. Angetrieben von WLA kommt es dabei zu zeitweiligem Regen
oder Nieselregen, dessen Intensität sich aber in Grenzen hält und, wenn
überhaupt, auf wenige Millimeter beschränkt bleibt. Nach Süden hin sorgt
leichter Druckanstieg nicht nur für den Aufbau eines Zwischenhochs, sondern auch
für die allmähliche Auflösung der an den Alpen befindlichen Kaltfront, die uns
gestern non Nord nach Süd überquert hat. So sind die anfänglich vor allem
südlich der Donau noch auftretenden leichten Niederschläge (nur in höheren Lagen
als Schnee) als bald Geschichte, während von Norden her die Wolkendecke
auflockert und im gesamten Süden, aber auch in Teilen der Mitte die Sonne zum
Zuge kommt.

Im Blickpunkt des Warngeschehens steht heute, aber auch in den kommenden Tagen
der Wind, der aus SW kommend im Norden bereits aufgefrischt und in den frühen
Morgenstunden von der ostfriesischen Küste bis zur Kieler Bucht die ersten
stürmischen Böen 8 Bft gebracht hat. Mit Verlagerung des Sturmtiefs nimmt der
Gradient weiter zu, so dass sich das Starkwindfeld etwa auf die gesamte
Nordhälfte ausbreitet, auch wenn wir von wirklich markanten Entwicklungen
aufgrund der weit nördlichen Zugbahn und der zunächst stabilen Schichtung
verschont bleiben. Trotzdem treten in tiefen Lagen Böen 7 Bft (nach Westen hin
etwas öfter als im Osten), exponiert 8 Bft auf. An der Küste stehen Sturmböen 8
bis 9 Bft auf der Karte, wobei die Nordsee anfälliger ist als die Ostsee. Mit
Annäherung der schleifenden Kaltfront ist an der Nordsee auch eine 10er-Böe
nicht ganz ausgeschlossen. Böen 8 bis 10 Bft gibt es auch in den Hochlagen der
Mittelgebirge, auf dem Brocken geht es sogar hoch bis Stärke 12 Bft. Im Süden
beschränken sich warnwürdige Böen bis zu Stärke 9 Bft auf exponierte Kamm- und
Gipfellagen. Die Temperatur steigt auf 7 bis 13°C mit den höchsten Werten im
Oberrheingraben.

Am Abend und in der Nacht zum Samstag bildet sich über Westeuropa bzw. dem nahen
Ostatlantik ein flacher, aber recht breit angeordneter Höhentrog, auf dessen
Vorderseite die Höhenströmung bei uns etwas auf SW zurückdreht. Die schleifende
Kaltfront des o.e. Sturmtiefs kommt von der Nordsee kurzzeitig etwas
landeinwärts voran, wird dann aber wieder rückläufig, weil in der weiterhin
flotten südwestlichen Grundströmung eine flache Welle über die Nordsee ostwärts
läuft. In der 2. Nachthälfte erfolgt dann aber der zweite Anlauf der KF, die
dann auf das nordwestdeutsche Binnenland übergreift. Damit breiten sich auch die
Regenfälle, die zuvor durch die Welle an Intensität zugenommen haben, südwärts
etwa bis zum nördlichen Rand des westlichen Mittelgebirgsraums aus. Trotz
Verstärkung der Regenfälle liegen die 12-h-Summen noch deutlich unter den im DWD
gültigen Schwellenwerten für Dauerregen. Im Süden und auch in weiten Teilen der
Mitte bleibt es trocken, wobei sich nach Süden hin örtlich Nebel bildet. Zudem
gibt es etwa ab der Donau südwärts lokal leichten Frost mit Glättegefahr (Reif,
gefrierende Nässe) insbesondere auf Nebenstrecken.

Warntechnisch bleibt aber weiterhin der Wind das Maß der Dinge, der nach einem
kleinen abendlichen Minimum wieder an Stärke zulegt und dabei noch etwas nach
Süden ausgreift. In der 2. Nachthälfte muss mit Böen 7 bis 8 Bft, an der Küste
teils bis 9 Bft und auf den Bergen je nach Exposition 8 bis 10 Bft, auf dem
Brocken 12 Bft gerechnet werden. In großen Teilen Süddeutschlands bleibt es
abgesehen von höheren Lagen aber zunächst noch relativ windschwach.


Samstag... schwenkt der angesprochene Trog unter leichter Intensivierung gen
Mitteleuropa, wo er aber erst ab den Abendstunden auf Deutschland übergreift.
Zuvor zieht noch mal eine flache Bodenwelle über Norddeutschland hinweg, die
dort für eine vorübergehende Gradientauffächerung sorgt. Außerdem wird dadurch
nochmals die Kaltfront zurückgehalten, die dann aber in der 2. Tageshälfte einen
deutlichen Satz nach Süden bzw. Südosten macht, um in der Nacht zum Sonntag
wahrscheinlich irgendwo zwischen Donauniederungen und Alpenrand aufzuschlagen.
Dahinter strömt erwärmte Meereskaltluft subpolaren Ursprungs ein, in der die
850-hPa-Temperatur in der Nordhälfte auf Werte um oder etwas unter -5°C
zurückgeht.

Zum Wetterablauf: die frontalen Regenfälle, verstärkt durch trogvorderseitige
PVA, breiten sich im Tagesverlauf unter Intensivierung süd-südostwärts aus bis
etwa zu einer Linie Hochrhein-Oberpfalz-Niederlausitz. Staubedingt setzen die
deutsche Modellkette und EURO4 einen veritablen und im Falle des Auftretens
warnwürdigen Peak von 30 bis 40mm/12h im Bereich des Bergischen Lands. Gestützt
wird dieses Szenario u.a. von PEPS und COSMO-LEPS, während die Globalmodelle bei
freilich schlechterer Auflösung der Orografie defensiver simulieren.
Mit Verlagerung der Kaltfront bzw. der vorübergehenden Gradientauffächerung im
Norden verlagert sich das Starkwind- respektive Sturmfeld über die Mitte hinweg
mehr und mehr nach Süden bzw. Südosten, wobei das südöstliche Bayern wohl aber
noch verschont bleibt. In tiefen Lagen kommt es dabei zu Böen 7-8 Bft, bei
Frontdurchgang evtl. und lokal auch 9 Bft (hohe Oberwinde), während im Bergland
je nach Exposition die gesamte Starkwindpalette bis Stärke 12 Bft auf einigen
Gipfeln durchexerziert wird. Der Wind kommt dabei zunächst aus SW, dreht mit
Frontdurchgang dann aber auf W bzw. kurzzeitig sogar mal auf NW. Trotz KLA
bleibt es mild mit Höchstwerten zwischen 8 und 13°C, im SW präfrontal sogar bis
15°C.

In der Nacht zum Sonntag kommt die Front im Süden ins Schleifen, was dort länger
andauernden und in Staulagen ergiebigen Niederschlag zur Folge hat. Betroffen
sind vor allem der Südschwarzwald und das Allgäu, wo die deutsche Modellkette
mit Spitzen von 25 bis 40mm/12h aufwartet. Vor dem Hintergrund der Tatsache,
dass es am Sonntag zu weiteren, teils kräftigen Niederschlägen kommt, deutet
sich aus heutiger Sicht eine 24- bis 36-stündige Unwetterlage "Dauerregen" an,
die wahrscheinlich starkes Tauwetter zur Folge hat. Noch ist aber nicht ganz
klar, wie weit die Schneefallgrenze nach unten geht, was in starkem Maße davon
abhängen wird, wie weit die Kaltluft im Süden tatsächlich vorankommt. Hier gilt
es also mit Hilfe kommender Modellläufe, noch einige Fragezeichen zu tilgen.
Trotzdem wird schon im Laufe des heutigen Tages eine Vorabinformation Unwetter
vor Tauwetter respektive Dauerregen herausgegeben.
Postfrontal kommt es unter dem ostwärts schwenkenden Höhentrog zu schauerartigen
Niederschlägen, die in der Mitte bis in mittlere Lagen als Schnee fallen. Nach
Norden hin, im Zentrum der höhenkältesten Luft (T500 unter -35°C), sind kurze
Graupelgewitter ebenso wie einzelne Schnee- oder Schneeregenschauer möglich.
Während im Süden der südwestliche bis westliche Wind mit Ausnahme der Hochlagen
wieder nachlässt, nimmt er im Norden langsam wieder zu. Ursache ist ein kleines
Randtief bzw. ein Randtrog, der um 00 UTC vor der norwegischen Westküste liegt
(ICON) und im weiteren Verlauf über Südskandinavien ostwärts schwenkt.

Sonntag... schwenkt der Höhentrog ostwärts durch, während sich über dem
Ostatlantik ein breiter Rücken aufbaut. Die Höhenströmung dreht etwas nach
rechts auf W-NW, wobei von Westen her weit ostwärts ausgreifende WLA auf unseren
Raum übergreift. Am Boden bleiben wir auf der Südflanke des mittlerweile etwas
aufgefüllten, aber immer noch präsenten Sturmtiefs über der Norwegischen See in
einer flotten südwestlichen bis westlichen Grundströmung. Die Kaltfront über
Süddeutschland bleibt noch einige Zeit stationär, geht aber zunehmend in die
Warmfront eines weiteren Sturmtiefs, das um 12 UTC etwa bei 30°W und rund 55°N
liegt. Etwa ab den Nachmittagsstunden beginnt die Front, ganz langsam wieder
mobil zu werden und sehr sehr gemächlich nordostwärts zu schwenken. Dabei kommt
es im Süden, zur Nacht hin dann zunehmend auch wieder in den mittleren
Landesteilen zu länger andauernden und in Staulagen ergiebigen Niederschlägen.
Schwerpunkte sind nach Lesart der meisten einschlägigen Modelle der Schwarzwald
und der Alpenrand (mit einem klaren Maximum im Allgäu), wo bis Montagfrüh noch
mal 30 bis 50, in einigen Staulagen bis zu 90 mm innert 24 h fallen sollen.
Dabei steigt die Schneefallgrenze von SW her auf deutlich über 1000 m an, was
Tauwetter bis in die höchsten Lagen bedeutet. Zusammen mit den bereits zuvor
gefallenen Mengen können - Schneeschmelze nicht mit einberechnet - in den
genannten Gebieten in 24 bis 36 Stunden über 100 mm Niederschlag fallen, anfangs
teils noch als Schnee, später durchweg als Regen. Hinzu kommt Schmelzwasser, so
dass sich das sogenannte Niederschlagsdargebot noch um einiges erhöht, was eine
Unwettersituation "Tauwetter" mehr als wahrscheinlich macht. Während im
Schwarzwald aufgrund der vorhandenen Schneedecke relevantes Tauwetter etwa
oberhalb 600 bis 800 m auftreten dürfte, ist das Allgäu erst oberhalb rund 1000
m betroffen. Darunter ergibt sich "nur" eine reine Dauerregenunwettersituation.


Kurz noch zu den anderen Landesteilen: Dort kommt es zunächst noch zu einigen
schauerartigen Niederschlägen, die im Bergland bis in mittlere Lagen als Schnee
fallen. Im Nordosten sind Graupelschauer und kurze Gewitter möglich. Der Wind
weht mäßig bis frisch, nach Norden hin in Böen stark bis stürmisch um SW mit
Sturmböen 8 bis 9 Bft an der See und in Hochlagen, exponiert auch 10 Bft. Am
Nachmittag und Abend wird der Wind schwächer. Im Süden beschränken sich
warnwürdige Böen bis Sturm-, auf einigen Alpengipfeln bis Orkanstärke, auf
höhere Areale. Tageshöchstwerte 5 bis 10°C im Süden lokal etwas darüber.

Modellvergleich und -einschätzung
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Es ist alles gesagt, wenn auch nicht alles klar. Insbesondere die bevorstehende
Dauerregen- bzw. Tauwettersituation wirft noch einige Fragen z.B. hinsichtlich
der erwarteten Niederschlags- und Schmelzwassermengen, aber auch dem genauen
Verlauf der Schneefallgrenze. Von daher wird die im Tagesverlauf veröffentlichte
Vorabinformation UNWETTER relativ allgemein gehalten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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