SXDL33 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT MITTELFRIST

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 28.01.2016 um 10.30 UTC



Wechselhaft und windig, teils stürmisch, anfangs nach Süden hin Dauerregen,
dabei in einigen Staulagen Unwetter möglich. Im Laufe der nächsten Woche etwas
frischer.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 04.02.2016


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Sonntag weist die
großräumige Potenzialverteilung eine gut ausgeprägte Frontalzone auf, die leicht
mäandrierend vom mittleren Nordatlantik über Mitteleuropa bis zum nahen
Osteuropa verläuft, wo sie deutlich auffächert. Ein in die lebhafte westliche
Höhenströmung eingelagerter flacher, aber recht breit konturierter Trog liegt am
Mittag bereits knapp östlich von uns, während der nachfolgende Rücken tagsüber
noch westlich des Vorhersageraums verbleibt.
Wie nicht anders zu erwarten, weist die korrespondierende Bodendruckverteilung
eine umfangreiche Tiefdruckzone über Nordeuropa auf, der - ausgehend vom
Azorenhoch - hoher Luftdruck über Südeuropa entgegensteht. Deutschland befindet
sich quasi "zwischen den Stühlen" in einer flotten West-Südwestströmung, die am
Sonntag aber im Zuge einer rasch durchziehenden sehr flachen Welle vorübergehend
etwas abnimmt. Dabei kommt es besonders in Süddeutschland zu länger andauernden
und im Stau der Berge verstärkten Niederschlägen, die nur in den höchsten Lagen
als Schnee fallen (Schneefallgrenze wahrscheinlich deutlich über 1000 m, vor
allem nach Süden hin).

Zu Beginn der neuen Woche schwenkt besagter Höhenrücken durch, der aber so flach
ist, dass er problemlos von WLA überlaufen wird. Die zugehörige Warmfront
überquert Deutschland am Montag nordostwärts, bevor noch am selben Tag eine
schwach ausgeprägte Kaltfront von der Nordsee und Benelux her den Westen und
Norden des Landes erfasst. Beide Fronten gehören zu einem Sturmtief, das sich
binnen 24 Stunden (von Mo 00 UTC bis Di 00 UTC) vom Seegebiet südlich Islands
bis zur nördlichen Nordsee vor die norwegische Westküste verlagert. Bei stetig
zunehmendem SW-Wind strömt milde bis sehr milde Atlantikluft zu uns, in der die
850-hPa-Temperatur im Süden vorübergehend auf rund 10°C, südlich der Donau sogar
bis zu 13°C steigen soll.
Am Dienstag erreicht die wenig wetteraktive Kaltfront die Alpen, wobei sie mit
postfrontaler Winddrehung auf West und entsprechender Zufuhr subpolarer
Meeresluft zumindest aber für eine thermische "Normalisierung" sorgt. Da das
o.e. Sturmtief - mittlerweile zwar aufgefüllt, aber immer noch deutlich existent
- weiter über Südskandinavien in Richtung Baltikum respektive Westrussland
zieht, dreht der Wind zur Wochenmitte sogar noch etwas weiter nach rechts, so
dass nun sogar polare Meeresluft vom Europäischen Nordmeer angezapft wird, die
im Laufe des Mittwochs auf relativ kurzem Weg bis zu den Alpen vorstößt. Am
Donnerstag 00 UTC liegt die 850-hPa-Temperatur deutschlandweit im Bereich von
-7/-8°C, was mögliche Niederschläge bis in tiefe Lagen als Schnee oder zumindest
Schneeregen fallen ließe. Zwar deuten sich Stand heute keine frontalen
Niederschlagsprozesse an, bedingt durch die KLA kommt es über Mitteleuropa aber
zu einer Austrogung, die mit der Zufuhr mitteltroposphärischer Kaltluft
(Temperatur in 500 hPa um, im Norden sogar unter -35°C) einhergeht. Entsprechend
wären die Voraussetzungen für schauerartige und in Staulagen auch länger
andauernde Niederschläge bei recht niedriger Schneefallgrenze nicht schlecht.

Ein interessantes Szenario bietet ECMF von heute 00 UTC auch für die erweiterte
Mittelfrist ab Freitag an, wenn nach Abzug des Höhentroges Richtung Osten und
kurzzeitigem Hochdruckeinfluss ein hochreichender und mehrkerniger Tiefkomplex
von Westen her auf unseren Raum übergreift. Schaun mer mal, was von dem Ganzen
letztlich übrigbleibt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


An der grundsätzlichen Aussage, dass wir es mittelfristig größtenteils mit einer
wechselhaften und zeitweise stark windigen Westwetterlage zu tun haben werden,
ändert sich auch nach Begutachtung des heutigen 00-UTC-Laufs des ECMF nichts.
Gleichwohl treten bei der Konsistenzbetrachtung im Detail ein paar interessante
Aspekte auf, die vor allem die Phasen und die räumliche Exposition
durchziehender Wellen (Tröge/Keile) bzw. Luftmassengrenzen betreffen, was
natürlich nicht ohne Auswirkungen auf die Niederschlagsverteilung (uns
-intensität) sowie die genaue Temperaturentwicklung bleibt.

Beispiel: Die Kaltfrontpassage von NW her am kommenden Wochenende erfolgt nach
den beiden jüngsten Läufen nicht nur etwas schneller, die Front kommt auch
weiter nach Süden voran. Folge: Die gestern für Sonntag noch in der Mitte
angenommenen Dauerniederschläge (Durchgang einer Welle) finden nun (übrigens
auch bei ICON und GFS) weiter südlich statt.

Beispiel: Im Verlauf der nächsten Woche verschiebt sich die Phase der Wellen so
stark, bis am Donnerstag fast 180°C erreicht sind. Nach dem gestrigen
00-UTC-Lauf sollte Deutschland am Donnerstag hinter einem abwandernden flachen
Höhenrücken und vor dem nächsten Trog liegen, nach heutiger Version ist es genau
umgekehrt (Trog gerade durch, Rücken über Westeuropa). Da der Trog im neuesten
Lauf eine stärkere Amplitude aufweist, würde danach auch die maritime Kaltluft
weiter nach Süden vorstoßen.

Wie man leicht sieht, liegen rein aus Konsistenzbetrachtungen heraus noch ein
paar signifikante Unterschiede vor, die die Detailvorhersage unsicher machen. An
der über weite Strecken zonalen Grundausrichtung der großräumigen
Strömungskonfiguration ändert das zunächst aber nichts. Ob sich das dann
beginnend mit der Austrogung zum Ende hin ändert und im erweiterten
Mittelfristzeitraum ab übernächsten Freitag fortsetzt, wie von den jüngsten
Läufen angedeutet, muss abgewartet werden.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Beim Vergleich mit den einschlägigen Globalmodellen anderer Wetterzentren fällt
zunächst mal auf, dass der Schwerpunkt der Dauerniederschläge am kommenden
Sonntag ähnlich wie bei ECMF im Süden und nicht, wie gestern noch größtenteils
gezeigt, in der Mitte liegt.
Auch danach schlagen die Modelle zunächst mal einen sehr ähnlichen Kurs ein, der
ab Wochenmitte dann aber etwas divergiert. ICON bleibt vergleichsweise nahe dran
an der ECMF-Lösung was die 850-hPa-Temperatur angeht, allerdings bleibt der
Höhentrog flacher (=> weniger schauerartige Niederschläge). Zudem bleiben die
staubedingten Niederschläge aus.
Bei GFS greift der Höhentrog etwas später auf den Vorhersageraum über, und auch
der Vorstoß der polaren Kaltluft erfolgt nicht nur etwas zeitversetzt, sondern
bodennah auch antizyklonaler als bei ECMF.
Noch etwas anders gepolt sind die "Kanadier" (GEM), die von der besagten
Austrogung eigentlich gar nichts wissen wollen und erst in der erweiterten
Mittelfrist beginnen, von der Zonalströmung Abstand zu nehmen.
FAZIT: Ab nächsten Mittwoch wird die Detailvorhersage sehr unsicher. Zwar
scheint eine Portion maritimer Kaltluft nach Deutschland vorzustoßen, ob
allerdings in der Deutlichkeit, wie von ECMF simuliert, ist fraglich.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Für den Zeitraum T+120...168 (Dienstag bis Donnerstag) bietet die Clusterung von
ECMF-EPS nur ein einziges Cluster an. Danach kommt es tatsächlich zu einer
Austrogung mit einhergehender Abkühlung, die allerdings nicht in allen
Ensemblemitgliedern so markant ausfällt wie im operationellen Lauf. Dieser
bewegt sich in den Rauchfahnen im genannten Zeitraum entsprechend am unteren
Rand der ansonsten recht homogenen Kurvenschar (T850 und Pot500). Auffallend ist
der markante Niederschlagspeak am Wochenende (im NW eher am Samstag, im SO eher
am Sonntag).
Im weiteren Verlauf T+192...240h (Freitag bis Sonntag) erhöht sich die Zahl der
Cluster auf drei (22, 17, 12 Fälle), von denen CL 1 und 2 einen Übergang zum
GWL-Muster TrM bzw. TM andeuten (Trog Mitteleuropa bzw. Tief Mitteleuropa). CL 3
setzt hingegen auf leichten Hochdruckeinfluss.
GFS-ENS zeigt in den meisten Lösungen etwa ab Dienstag ebenfalls einen
niedertroposphärischen Temperaturrückgang, bevor dann zum übernächsten
Wochenende ein allgemeiner Anstieg erfolgt.
FAZIT: Der Vorstoß maritimer Kaltluft bei gleichzeitigem Potenzialverlust in der
nächsten Woche scheint sicher. Unsicher bleiben Intensität der Abkühlung und die
Verteilung/Phase der Niederschläge.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Sowohl auf Basis der deterministischen als auch der probabilistischen
Vorhersageprodukte fallen zwei Parameter ins Auge, die mehr oder weniger das
Warngeschehen der Mittelfrist beherrschen: WIND/STURM und NIEDERSCHLAG.
Dabei entpuppt sich aus heutiger Sicht vor allem der kommende Sonntag als
äußerst vielschichtig, treten doch beide Parameter gleichzeitig auf den Plan.
Zwar ist die genaue Zugbahn einer durchziehenden Welle noch unsicher, es deutet
sich aber im Süden und an der Küste ein sehr windiger Tag an mit recht hohen
Wahrscheinlichkeiten für Sturmböen 8 bis 9 Bft. In exponierten Kamm- und
Gipfellagen kann es in Böen sogar hoch gehen bis Stärke 12 Bft (Orkan).
Dazu kommen schwerpunktmäßig im Süden, mit geringerer Wahrscheinlichkeit aber
auch in Staulagen der Mitte Dauerniederschläge, die wohl meist als Regen, nur in
den höchsten Lagen als Schnee fallen. Zwar steht die genaue Schneefallgrenze
noch nicht fest, es zeichnet sich aber ab, dass sie im Süden z.T. deutlich über
1000 m liegt. Sowohl COSMO-LEPS als auch ECMF-EPS liefern deutliche Signale für
Niederschlagsmengen von > 30mm/24h im Schwarzwald und im Allgäu. C-LEPS
signalisiert an diesen Orten sogar Wahrscheinlichkeiten von rund 50% für Mengen
> 50mm/24h. Damit wäre nicht nur das Unwetterkriterium überschritten, es käme
zusätzlich auch noch die Komponente "starkes Tauwetter" ins Spiel.

Im weiteren Verlauf der Woche spielen Niederschläge, zumindest von der
Intensität her, nicht mehr die große Rolle. Mit der Abkühlung geht aber die
Schneefallgrenze nach unten.
Deutlich prominenter bleibt der Wind respektive Sturm unterwegs, vor allem in
der Nordhälfte. Dort sind Montag und Dienstag Böen 8/9 Bft bis in tiefe Lagen
wahrscheinlich. An der Nordsee und im angrenzenden Binnenland sowie in höheren
Lagen sind schwere Sturmböen 10 Bft oder orkanartige Böen 11 Bft möglich. Zum
Mittwoch hin nimmt der Wind allmählich ab, an der Küste sowie in höheren Lagen
bleibt es zunächst aber noch stürmisch.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit ECMF-EPS und Modellmix (und etwas "Bauch").
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann

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