SXDL31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 290800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 29.10.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NWz, Übergang zu NWa
Heute allmähliche Entspannung der Sturmlage. Ab den Abendstunden lediglich an
den Küsten und im Bergland noch "markante" Böen Bft 8 bis 9.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... hat die Sturmlage in den Früh- und Vormittagsstunden ihren Höhepunkt
erreicht bzw. überschritten. Zwischen einem vom Seegebiet westlich der
Iberischen Halbinsel bis nach Grönland gerichteten Höhenrücken und einem sich
vom Eismeer bis ins östliche Mitteleuropa erstreckenden Langwellentrog hat sich
über Deutschland eine kräftig ausgeprägte nordwestliche Höhenströmung
eingestellt. Ein kurzwelliger Randtrog, der den Langwellentrog in seinem Südteil
regeneriert, überquert aktuell Polen und den äußersten Osten des
Vorhersagegebietes südostwärts und erreicht bis Montag, 00 UTC bereits die
Ukraine.
Entwicklungstechnisch günstig auf dessen Vorderseite positioniert hat sich über
dem Skagerrak ein Sturmtief entwickelt und verlagert sich über Nordostpolen, wo
es etwa am späten Vormittag mit einem Kerndruck von knapp über 970 hPa den
Höhepunkt seiner Entwicklung erreicht, bis 00 UTC nach Weißrussland. An dessen
Süd- und Westflanke hat das zugehörige, mit einem scharfen Gradienten
ausgestattete Sturmfeld vor allem auf den Nordosten und Osten Deutschlands
übergegriffen. Bereits am Vormittag beginnt der Gradient mit Abzug des Tiefs
allerdings allmählich aufzufächern und die Windsituation entspannt sich zögernd.

Aktuell gibt bzw. gab es (dieses Pamphlet wird von vielen ja erst im Laufe des
späteren Vormittags gelesen) allerdings vor allem an den Küsten - insbesondere
der Nordsee - sowie in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge und der Alpen
recht verbreitet orkanartige Böen, exponiert Orkanböen, auf dem Fichtelberg und
dem Brocken sogar extreme Orkanböen aus West bis Nordwest. Im küstennahen
Binnenland sowie in der gesamten Osthälfte reicht der Gradient aus für Sturm-
und schwere Sturmböen, nach Westen und Südwesten zu dagegen nur für stürmische
Böen, vereinzelt Sturmböen, in den Niederungen Südwestdeutschlands gibt es
lediglich steife Böen.
Rückseitig des Tiefs gelangt maritime Polarluft aktuell in den Norden und die
Mitte Deutschlands und erreicht bis zum frühen Nachmittag auch die Alpen. Das
geschieht in mehreren Staffeln, soll heißen, wir haben es nicht mit nur einer
klar definierten Kaltfront zu tun, sondern mit einer sogenannten "Split-Front".
Somit verlagern sich aktuell und auch noch bis zum Nachmittag mehrere
Schauerstaffeln vor allem über die Osthälfte und die Mitte des Landes hinweg
südwärts. In die Osthälfte des Landes gelangt dabei mit Trogpassage ein Schwall
höhenkalter und hochreichend labil geschichteter Luftmasse (immerhin bis -32
Grad in 500 hPa bei -3 Grad in 850 hPa Richtung Oder und Neiße). Obwohl wenig
Cape simuliert wird, können sich vor allem dort am Vormittag auch noch einzelne
kurze Gewitter entwickeln. Zwar überlappen Labilität und Scherung nicht perfekt
(die am linken Jetausgang gelegene Region mit den höchsten und recht
beeindruckenden Scherungswerten (über 50 m/s 0 bis 6 km, bis 20 m/s 0 bis 1 km)
befindet sich etwas weiter westlich), dennoch können innerhalb der
Schauerstaffeln die Oberwinde (bis über 70 kn in 850 hPa) vormittags ganz
vereinzelt bis nach unten gemischt werden, so dass auch in den Niederungen bzw.
im Binnenland noch einzelne orkanartige Böen auftreten können. Im Alpenvorland
kommt im Vorfeld der ersten, aktuell auch als Kaltfront analysierten
Schauerstaffel aktuell auch der Leitplankeneffekt zum Tragen, so dass es dort
neben schweren Sturmböen vor allem nach Osten zu vereinzelt auch orkanartige
Böen geben kann.
Spätestens bis zum Mittag sollte sich das Thema Unwetter aber in den Niederungen
bzw. im Binnenland erledigt haben, im Laufe des Nachmittags reicht es dann wohl
nur noch auf exponierten Gipfeln der östlichen und nördlichen Mittelgebirge
(Brocken und Fichtelberg) für Böen Bft 11 oder 12. Abends gibt es dann an den
Küsten noch einzelne Sturmböen, auf exponierten Gipfeln auch schwere Sturmböen
und in der Osthälfte noch bis in die Niederungen steife bis stürmische Böen. Im
Westen, Südwesten und Nordwesten sollte der Wind in den Niederungen
warntechnisch dann keine Rolle mehr spielen.
Postfrontal hat sich im Laufe des Vormittags auch der Dauerregen in einigen
Mittelgebirgsstaulagen erledigt, lediglich an den Alpen regnet es auch
nachmittags und abends noch teils länger anhaltend. Dort simuliert ICON-EU in
den Staulagen des Oberallgäus und des Berchtesgadener Landes gebietsweise mehr
als 25 mm in 12 Stunden, auch GFS und ECMWF geben ganz vereinzelt Signale für
Dauerregen. Abends erreicht die 0 Grad-Isotherme in 850 hPa die Alpen, so dass
die Schneefallgrenze dann allmählich gegen 1000 m sinkt.
Neben den Regenfällen ganz im Süden - mit Kaltfrontpassage kann es auch dort vor
allem südlich der Donau einzelne Gewitter mit Sturmböen geben - beschränkt sich
die Niederschlagstätigkeit am Nachmittag wohl nur noch auf einzelne Schauer,
eventuell auch noch ein kurzes Graupelgewitter in der Osthälfte. Im höheren
Erzgebirge fallen die Schauer - abends bereits etwa oberhalb von 600 bis 800 m -
zunehmend als Schnee, ohne, dass sich (von Lagen oberhalb von 900 bis 1000 m mal
abgesehen) eine nennenswerte Schneedecke bildet. Die Sonne zeigt sich vor allem
im Norden, später auch zunehmend im Nordosten, die vom "Skandenföhn"
profitieren. Die Höchstwerte bewegen sich in der gut durchmischten Luftmasse
(bei +1 bis -4 Grad in 850 hPa) zwischen 9 und 14 Grad, im Bergland nachmittags
um 5 Grad.

In der Nacht zum Montag verlagert sich das Sturmtief weiter nach Südwestrussland
und füllt sich ein wenig auf. Der Höhenrücken über dem nahen Ostatlantik kommt
ein wenig nach Osten voran und erstreckt sich mit seiner Achse Montagfrüh
bereits über Irland hinweg nordwärts bis nach Island. Im Bodenfeld weitet sich
der Keil eines Hochdruckgebietes, das sich über den Britischen Inseln verstärkt,
bis nach Südwestdeutschland aus. Der Gradient fächert somit weiter auf. Im
Binnenland bzw. in den Niederungen sollte der Wind im Laufe der Nacht auch nach
Osten zu warntechnisch keine Rolle mehr spielen. An den Küsten gibt es aber
weiterhin noch stürmische Böen, anfangs auch Sturmböen aus Nordwest bis Nord. In
den Gipfellagen der östlichen Mittelgebirge und auf einigen Alpengipfeln muss
ebenfalls noch mit Sturmböen gerechnet werden.
Die letzten Schauer in der Osthälfte klingen rasch ab, zuletzt am Erzgebirge, wo
es eventuell auch unterhalb von 500 m mal kurzzeitig ein paar Schneeflocken
geben kann. Eine leichte "Anzuckerung" wird es aber wohl erst höchstens oberhalb
von 800 m geben. Ähnliches gilt für die Alpen, wo vor allem oberhalb von 1000 m
auch einige Zentimeter Neuschnee fallen können.
Ansonsten ist es vor allem im äußersten Norden und im Nordosten durch den
Skandenföhn teils gering bewölkt. Dort kann es in windgeschützten Lagen dann
Bodenfrost, eventuell sogar leichten Luftfrost geben. Dasselbe gilt für den
Südwesten, wo die Wolken ebenfalls stärker auflockern. In den Nordwesten dringt
etwas wolkenreichere Nordseeluft und auch an den Nordrändern der Mittelgebirge
bleibt es meist stärker bewölkt.

Montag... dringt der Höhenrücken allmählich Richtung Westeuropa vor, Dienstag,
00 UTC befindet er sich über den Britischen Inseln und erstreckt sich mit seiner
Achse bis in das Seegebiet östlich Islands. Der Langwellentrog über Nord- und
Osteuropa mit Drehzentren (um 00 UTC in 500 hPa) über der Barentssee und
Südwestrussland kommt ebenfalls nur langsam ostwärts voran. Somit verbleibt
Deutschland unterhalb einer allmählich etwas auffächernden und recht glatten
nordwestlichen Höhenströmung. Synoptisch-skalige Hebungsantriebe sind so gut wie
keine auszumachen, allerdings wird der Höhenrücken von WLA überlaufen, die
abends und in der Nacht zum Dienstag dann auch zunehmend das Vorhersagegebiet
betrifft.
Im Bodenfeld weitet sich der Keil des Hochdruckgebietes mit Schwerpunkt über dem
Süden der Britischen Inseln auf weite Teile Südwest- und Süddeutschlands aus.
Nach Norden und Osten zu bleibt es bei einer mäßig ausgeprägten Nordwestströmung
in der Grundschicht, mit der niedertroposphärisch weiterhin durch die Nordsee
"angewärmte" maritime Polarluft ins Land geführt wird (-1 bis -5 Grad in 850
hPa). Diese ist lediglich bis etwa 750 hPa hinauf (dort befindet sich eine
Absinkinversion) labil geschichtet, so dass sich vor allem in einem breiten
Streifen von der Nordsee bis zum Erzgebirge bzw. nordostbayerischen
Mittelgebirgsraum zwar Quellwolken, aber kaum Schauer entwickeln.
Der Wind weht an den Küsten und im Tagesverlauf mit der turbulenten
Durchmischung auch im ostdeutschen Binnenland lebhaft aus Nordwest. An den
Küsten gibt es steife, an der Ostsee anfangs eventuell auch noch stürmische
Böen, auch ganz im Osten reicht es eventuell für Böen Bft 7. In den Kamm- und
Gipfellagen der östlichen Mittelgebirge kann es noch einzelne stürmische Böen,
auf exponierten Gipfeln (Fichtelberg, Arber) auch Sturmböen geben.
An der Absinkinversion können sich die Quellwolken auch horizontal ausbreiten,
so dass vor allem im Nordwesten sowie am Nordrand der Mittelgebirge der bewölkte
Eindruck überwiegt und sich die Sonne nur selten zeigt.
Ganz anders im Nordosten und in Schleswig-Holstein: Dort sorgt die Leewirkung
durch das Norwegische Küstengebirge - der Skandenföhn - für einen recht sonnigen
Tag. Auch im Südwesten und später an den Alpen zeigt sich die Sonne im Bereich
des Hochkeils häufiger. Die Höchstwerte liegen zwischen 7 und 12 Grad, im
Bergland bei 4 Grad.

In der Nacht zum Dienstag verstärkt sich vor allem über den Norden und Osten des
Landes die WLA. Das Bodenhoch nimmt eine etwas zonalere Position ein und
erstreckt sich vom Westausgang des Ärmelkanals bis nach Bayern. Somit dreht die
niedertroposphärische Strömung wieder etwas zurück auf West bis Nordwest und die
Wirkung des Skandenföhns über Nordostdeutschland kommt zum Erliegen. Im Laufe
der Nacht greift eine Warmfront auf die westliche Nordsee über, bereits weit im
Vorfeld weiten sich aufgrund der WLA dichte Wolkenfelder auf weite Teile Nord-
und Ostdeutschlands aus. Dabei fällt auch etwas Regen oder Nieselregen, ICON-EU
simuliert im Erzgebirge sogar bis zu 5 mm in 12 Stunden, die dort bei
Temperaturen um -3 Grad in 850 hPa oberhalb von etwa 600 m als Schnee fallen
sollten (eventuell auch noch tiefer). ECMWF simuliert dagegen maximal 1 bis 2
mm, GFS nichts.
Der Wind schwächt sich weiter ab und spielt warntechnisch wohl kaum mehr eine
Rolle.
Im Südwesten und Süden bleibt es teils gering bewölkt, so dass dort etwas
verbreiteter auch Luftfrost geben kann. Auch im äußersten Nordosten bleibt es
noch länger gering bewölkt, so dass auch dort Bodenfrost nicht ausgeschlossen
ist.

Dienstag... rückt der Höhenrücken etwas dichter an den europäischen Kontinent
heran und erstreckt sich mit seiner Achse abends über die Nordsee hinweg bis zur
Norwegischen See. Die nordwestliche Höhenströmung bleibt somit erhalten, ist
aber über Mitteleuropa zunehmend antizyklonal konturiert. Vor allem über dem
Norden und der Mitte Deutschlands ist weiterhin WLA aktiv, die den Rücken
überläuft.
Das Bodenhoch wird noch etwas nach Süden abgedrängt und befindet sich abends
über Zentralfrankreich und Süddeutschland. Die Warmfront eines Tiefs bei Island
greift am Nachmittag von der Nordsee her auf den Nordwesten Deutschlands über.
Mangels Hebungsantrieb werden weiterhin nur leichte Regenfälle simuliert, die
allerdings auch bis weit nach Ostdeutschland reichen. Mit der wieder mehr auf
West drehenden niedertroposphärischen Strömung lassen die leichten Staueffekte
am Erzgebirge weiter nach, dort kann es anfangs oberhalb von etwa 600 bis 800 m
noch etwas schneien.
Zwar frischt der Wind mit Annäherung bzw. Passage der Warmfront im Norden wieder
etwas aus West bis Südwest auf, für warnrelevante Böen sollte es aber kaum
reichen, lediglich ECMWF simuliert über der Nordsee Böen Bft 7.
Während es im Norden und Osten sowie in Teilen der Mitte überwiegend stark
bewölkt bleibt, scheint im Südwesten und Süden zumindest zeitweise die Sonne,
teilweise auch für längere Zeit. Die Höchstwerte liegen nach wie vor zwischen 7
und 12 Grad, im östlichen Bergland gebietsweise nur um 4 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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An der Windentwicklung bis heute Abend gibt es nur wenig zu rütteln, alle
Modelle simulieren ein ähnliches Szenario. Somit kann warntechnisch wie geplant
verfahren werden, die meisten Unwetterwarnungen werden bis zum frühen Nachmittag
Geschichte sein.
Auch für die kommenden Tage unterscheiden sich die vorliegenden Modelle kaum,
abgesehen von nicht wirklich warnrelevanten Differenzen bzgl. der räumlichen
Verteilung der nur leichten Niederschläge.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. **

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