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Thema des Tages

Rollende Wolken - die "Morning Glory Cloud"

Aktuell liegt Deutschland im Einflussbereich von "NETTI", einem über
Zentraleuropa recht ausgedehnten Hoch mit Schwerpunkt über Dänemark
und Südschweden. Entsprechend ruhig gestaltet sich das hiesige
Wettergeschehen. Es bleibt also etwas Zeit, einmal über den
Tellerrand Deutschlands hinauszuschauen. Denn auch am anderen Ende
der Welt gibt es spannende, meteorologische Phänomene.

In Australien - genauer gesagt im nordaustralischen Golf von
Carpentaria - tritt hauptsächlich zur Frühlingszeit auf der
Südhalbkugel (also in "unserem" Herbst) von September bis November
ein spektakuläres Phänomen auf, das als "Morning Glory Cloud"
bezeichnet wird. Dabei handelt es sich meteorologisch gesehen um eine
äußerst interessante, nicht allzu häufig anzutreffende Wolkenform,
die im Englischen auch als "roll cloud" bezeichnet wird und eine
spezielle Form der Böenwalze darstellt. Aber nicht nur
Wissenschaftler sind an der Erforschung dieser Wolke interessiert.
Unter Drachen- und Segelfliegern wird es zunehmend ein Sport, diese
faszinierende Wolke zu "surfen". Zudem fand am vergangenen Wochenende
(25. & 26.09.2015) das Morning Glory Festival zu Ehren des
einzigartigen Phänomens in der Kleinstadt Burketown (Australien)
statt.

Den Namen hat die Morning Glory Cloud ursprünglich durch ihre
Ankunftszeit an der Küste in Queensland (Bundesstaat in Australien)
erhalten. In der Morgendämmerung nähert sich die tiefe, walzenförmige
und langsam um ihre horizontale Achse rotierende Wolke mit einer
Geschwindigkeit von bis zu 60 km/h an. Insgesamt kann sie sich über
eine Länge von mehreren Hundert Kilometern erstrecken und ist nur
wenige Kilometer hoch und breit. Bei günstigen Bedingungen können
auch mehrere dieser Wolkenschlangen in einer regelmäßigen Anordnung
hintereinander gesichtet werden. Ein Beispiel hierfür zeigt die
Luftaufnahme einer Morning Glory Cloud zwischen Burketown und
Normanton in Queensland (Australien) unter www.dwd.de/tagesthema
(linke Grafik; Quelle:
https://en.wikipedia.org/wiki/Morning_Glory_cloud).

Die Entstehung dieser exotischen Wolke ist bislang noch nicht ganz
verstanden und aktuell noch Gegenstand der Forschung. Bei der Morning
Glory geht eine der Theorien davon aus, dass die
Land-Seewind-Interaktion auf der Kap-York-Halbinsel (siehe markierter
Bereich in der rechten Grafik unter www.dwd.de/tagesthema) am Abend
vor dem Auftreten der "Glory" eine bedeutende Rolle bei der
Entstehung spielt. Über Land werden dort die Luftmassen tagsüber
stark erwärmt und steigen auf. Von beiden Seiten der Halbinsel fließt
dann kühlere Meeresluft von der See zum Ausgleich nach. Die so
aufeinandertreffenden Seewinde müssen dann ebenfalls in die Höhe
ausweichen und erzeugen eine Konvergenz (siehe www.dwd.de/lexikon),
die als große, turbulente Welle in einer östlichen bis nordöstlichen
Strömung in der Nacht Kurs über den Golf von Carpentaria nimmt. Diese
Welle kann man sich wie eine Wasserwelle mit einer geraden Kammlinie
vorstellen, nur eben aus Luft. Das Besondere an dieser speziellen
Welle ist nun, dass sie sich recht stabil über große Distanzen ohne
Änderung ihrer Form fortsetzen kann.

An der Frontseite der Welle kommt es zu Aufwinden, mit welchen die
Luftmassen zum Aufsteigen gezwungen werden, im hinteren Bereich sinkt
die Luft hingegen wieder ab. Ist die Atmosphäre im Golf von
Carpentaria nun sehr feucht und gegen Morgen von der fehlenden
Einstrahlung in der Nacht auch ausreichend abgekühlt, kann der
Wasserdampf in der Luft am Scheitel der Welle kondensieren, wodurch
die charakteristische Wolke entsteht.

Die Morning Glory Cloud bildet sich aber nicht nur im Golf von
Carpentaria aus. Es gibt weitere Beobachtungen auf der ganzen Welt.
Allerdings ist der Australische Golf bisher der einzig bekannte Ort,
an dem diese faszinierende Wolke einigermaßen regelmäßig auftritt und
somit gut wissenschaftlich beobachtet und untersucht werden kann.
Falls Sie sich also in der nächsten Zeit im australischen Queensland
aufhalten sollten, haben Sie ein Auge auf den Wetterbericht und
lassen Sie sich dieses wunderschöne Naturschauspiel nicht entgehen!

M.Sc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 29.09.2015

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst


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