SXDL33 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT MITTELFRIST

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 27.12.2016 um 10.30 UTC



Anfangs noch HM (Hoch Mitteleuropa), zu Wochenbeginn von Norden her
Kaltfrontpassage mit vorübergehender Zufuhr arktischer Polarluft.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 03.01.2017


Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Freitag stehen wir
kurz vorm Jahreswechsel, was zu 100% sicher ist. Fast zu 100% sicher ist
mittlerweile auch die Tatsache, dass das Jahr 2016 bei uns wohl unter
Hochdruckeinfluss zu Ende geht - weitgehend jedenfalls.
So zeigt der Blick auf die IFS-ECMF-Prognosekarten von heute 00 UTC für Freitag
eine umfangreiche Hochdruckzone, die sich zur Mittagszeit vom nahen Ostatlantik
bis zur westlichen Schwarzmeerküste erstreckt. Dem Hoch überlagert ist ein breit
aufgespanntes Potenzialmaximum, das an seinem nördlichen Rand aber stark
abgeflacht ist und nach Norden hin durch die vom Seegebiet zwischen Island und
Schottland bis nach Skandinavien zonal verlaufende Frontalzone begrenzt wird.
Auf der kalten Seite der Frontalzone hat sich zwischen der Irminger See im
Westen und der Petschorasee im Osten eine ganze Kette von Tiefdruckgebieten
etabliert, an deren Südflanke eine langgestreckte Zonalströmung verläuft, die in
stark abgeschwächter Form auch Teile Norddeutschlands touchiert.
Kurzum, während am Freitag und Samstag im größten Teil des Landes das
altbekannte Inversionsspiel "Blau oder Grau" gespielt wird (sprich Sonne oder
Nebel/Hochnebel; im vorliegenden Fall durchaus mit Vorteilen für Blau), wird
nach Norden hin mit mäßigem, an der Küste auch frischem Südwestwind wolkenreiche
und recht milde Meeresluft advehiert, in der es hier und da auch mal nieseln
kann. Während am Freitag wohl nur der äußerste Norden davon betroffen ist, soll
sich das ganze Muster am Samstag (Silvester) etwas nach Süden verschieben (was
der gesamten Norddeutschen Tiefebene einen bedeckten und teilweise nieseligen
Abschied von 2016 bescheren würde).

Am Sonntag steigt der Luftdruck west-südwestlich von Island merklich an auf über
1045 hPa (ein echtes "Islandhoch"), während gleichzeitig der Westteil der o.e.
Tiefdruckkette im Westen abgebaut wird. Die Folge ist eine schon am Samstag
eingeleitete, am Sonntag dann aber richtig durchgreifende Winddrehung auf Nord,
mit der Arktikluft aus der Polgegend nach Süden in Richtung UK und Nordsee in
Marsch gesetzt wird. Auf dem Weg über das Europäische Nordmeer wird diese
Luftmasse zwar transformiert (angefeuchtet und erwärmt), so dass sie nachfolgend
als Polarluft arktischen Ursprungs klassifiziert werden muss, doch wie hieß es
schon bei den Altvorderen: Kaltluft bleibt Kaltluft, auch wenn dieser Spruch in
einem anderen, hier nicht näher erläuterten Zusammenhang verwendet wurde.
Die Kaltfront jedenfalls, die die frische Polarluft von der unter dem
kontinentalen Hoch gealterten Kaltluft trennt, greift am Sonntagabend auf
Norddeutschland über, von wo aus sie leicht schleifend, aber doch merklich
vorankommend nach Süden schwenkt und gegen Montagmittag (-nachmittag) die Alpen
erreichen soll. Im Bereich der Front kommt es zu Niederschlägen, die auf ihrem
Weg nach Süden mehr und mehr in Schnee übergehen.
Im unmittelbaren Schlepptau der Front folgt ein nach Südwesten zurückhängender
Höhentrog nach, der südostwärts durchschwenkt und sich dabei intensiviert. Bis
Dienstag 00 UTC ist ganz Deutschland mit hochreichender Polarluft arktischen
Ursprungs geflutet, wobei die Temperatur in 500 hPa in der Nordhälfte kurzzeitig
mal auf rund -40°C und die 850-hPa-Temperatur in Ostseenähe auf -10°C
zurückgeht.

Am Dienstag deutet sich zum Tagesende südlich der Alpen, wo zuvor bereits eine
Bodenzyklogenese angestoßen wurde, eine Abtropfung des Höhentroges an. Der nun
nur noch Kurzwellencharakter aufweisende nördliche Trogrest schwenkt ostwärts,
so dass das Potenzial von Westen her schon wieder beginnt zu steigen. Gleiches
gilt für den Luftdruck, wobei der Schwerpunkt des Bodenhochs aber noch deutlich
westlich bei UK/Irland verbleibt. Zwischen dem Hoch und dem von Norditalien gen
Balkan ziehenden Bodentief baut sich über Deutschland vorübergehend eine
nördliche Grundströmung auf, mit der sich zumindest die niedertroposphärische
Kaltluft weiter ausbreitet. Laut IFS gelangt ganz Deutschland in den Genuss (man
könnte Genuss auch in Anführungszeichen setzen, je nach Gusto) von
850-hPa-Temperaturen um oder sogar etwas unter -10°C. Dabei soll es vor allam an
den Alpen (Stau) sowie nach Osten hin gebietsweise schneien.

Kurz noch ein Ausblick in die erweiterte Mittelfrist: Am Mittwoch verstärkt sich
der Hochdruckeinfluss noch etwas, allerdings ohne Nachhaltigkeit. Von Norden her
erfolgt nämlich ein rascher, nach den Erfahrungen des Verfassers etwas zu
rascher Übergang zu einer recht flotten West-Südwestströmung, mit der die
Kaltluft ohne mit der Wimper zu zucken mir nichts, dir nicht weggeräumt und
durch vergleichsweise milde Atlantikluft ersetzt wird (T850 am Freitag 00 UTC
durchweg über 0°C).
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz der IFS-Modellläufe vom ECMF kann bis einschließlich kommenden
Wochenendes als sehr gut bezeichnet werden. Danach bestimmt ein umfangreiches
Hoch über Mitteleuropa unser Wettergeschehen, einzig Teile Norddeutschlands
werden am Südrand der über Nordeuropa verlaufenden Frontalzone leicht zyklonal
touchiert. Frontale Prozesse sollen aber erst ab Sonntagabend in den Blickpunkt
rücken, was auch in den jüngsten Vorläufen so gesehen wurde. Dann greift eine
Kaltfront von Norden her auf den Vorhersageraum über, die uns bis Montagabend
südwärts passiert (siehe oben). Sowohl der gestrige 12-UTC-Lauf als auch die
heutige 00-UTC-Version bieten uns trotz gewisser Schleiftendenzen eine recht
flotte Frontpassage an, während gestern um 00 UTC eine durch starke
Wellenbildung verursachte sehr langsame Version offeriert wurde.
Tatsache ist, dass mit der Kaltfrontpassage die Unsicherheiten in der Prognose
beginnen. Konkret, was passiert mit der rückseitig einfließenden polaren
Kaltluft arktischen Ursprungs? Setzt sich eine winterlich geprägte Troglage über
Mitteleuropa durch wie bisher von IFS favorisiert? Oder greift von Westen her
rasch wieder Hochdruckeinfluss über, wie heute von IFS, die letzten Läufe aber
auch schon vom amerikanischen GFS und dem kanadischen GEM angedeutet? Und auch
der baldige Übergang in eine zyklonale Südwest- bis Westlage ist nicht
ausgeschlossen. Neues Jahr, neues Glück - schaun mer mal...

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Im Hinblick auf den zu Beginn der kommenden Woche anstehenden Kaltfrontdurchgang
haben sich die Modelle in Bezug auf das Timing weitgehend angepasst. Die gestern
noch von ICON und GEM favorisierte Lösung mit einer sonntäglichen Passage wurde
gestoppt, es läuft nun alles auf die Nacht zum und den Montag hinaus.
Spannend und offen bleibt - wie bereits im Kapitel zuvor angerissen - nach wie
vor die Frage nach dem Danach. GEM und GFS setzen nach wie vor auf
Hochdruckeinfluss mit (zunächst niedertroposphärischer) Erwärmung, aufgrund der
Positionierung des Bodenhochs aber mit zyklonalem Touch im Norden und Osten des
Landes. Von einem Einnisten der Kaltluft und einer andauernden Troglage wollen
die "Nordamerikaner" nach wie vor nichts wissen. Allerdings hat sich nun ja auch
IFS-ECMF davon verabschiedet, zumindest deterministisch.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte bis kommenden Sonntag eng
gebündelt und parallel zum Haupt- und Kontrolllauf (HL/KL). Je nach Region (im
Norden eher als im Süden) geht es mit der Temperatur in 850 hPa und dem
Potenzial in 500 hPa nach unten, Die Talsohle ist dann beim Potenzial am
Montag/Dienstag, bei der Temperatur Dienstag/Mittwoch erreicht. Danach tendieren
in der heutigen 00-UTC-Version deutlich mehr Mitglieder wieder nach oben als das
gestern noch der Fall war. Interessanter Nebenaspekt dabei: Sowohl bei der
Abkühlung zu Wochenbeginn als auch bei der nachfolgenden Erwärmung markieren HL
und KL die Extreme (erst unterer, dann oberer Rand). Nimmt man das Beispiel
Offenbach, so soll die 850-hPa-Temperatur von rund -12°C Mi 00 UTC auf fast +5°C
Fr 00 UTC steigen - ein ambitioniertes Unterfangen, wie der Verfasser bereits
weiter oben vermerkt hat. Übrigens, die GFS-EPS-Rauchfahnen sehen sehr ähnlich
aus und auch dort verlaufen HL und KL jeweils am unteren und oberen Rand der
Kurvenschar.

Noch ein paar Sätze zur ECMF-EPS-Clusterung. Für den Zeitraum T+120...168 h
(Sonntag bis Dienstag) gibt es drei Cluster (23, 16,12 Fälle), von denen CL die
Version des HLs und KLs widerspiegelt. CL 2 lässt den Höhentrog verzögert auf
Deutschland übergreifen, während CL 3 die Austrogung über Mitteleuropa am
stärksten simuliert (kein Nachstoßen des Ostatlantikrückens).
Kunterbunt geht es für den Zeitraum T+192...240 h (Mittwoch bis Freitag) zu, für
den fünf Cluster (13, 13 + HL/KL, 11, 9, 5 Fälle) auf der Liste stehen. Dabei
werden verschiedene Großwetterlagenmuster gezeigt, unter denen sich in CL 4 auch
TRM (Trog Mitteleuropa) befindet - deutlich weniger als gestern, aber noch nicht
ganz verschwunden.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Anfangs gibt es wenig zu berichten von etwaigen signifikanten
Wettererscheinungen. FROST (im Süden lokal auch mal streng), NEBEL, REIFGLÄTTE
sind die Klassiker winterlicher Hochdrucklagen. Am Wochenende nimmt die
Wahrscheinlichkeit für einzelne STURMBÖEN aus Südwesten an der See und auf
einigen Hochlagen (Norden, Mitte) etwas zu, ohne dass aber eine wirkliche
Sturmlage zu erwarten wäre.
Zum Montag hin kommt es mit der Kaltfrontpassage zu Niederschlägen, die zum Teil
bis in tiefe Lagen als SCHNEE fallen können. Wie viel wo genau fallen wird,
lässt sich aus heutiger Sicht freilich nicht substanziell beantworten, noch
weist das Gleichungssystem zu viele Unbekannte auf. Ob abgesetzt von der
eigentlichen Front im präfrontalen Bereich irgendwo GEFRIERENDER NIESELREGEN mit
GLATTEIS auftritt (leichtes Anheben der Hochnebeldecke bei gleichzeitig
gefrorenem Boden), ist heute ebenfalls nicht zu beantworten, aber eben auch
nicht auszuschließen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit ECMF-EPS und Modellmix.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann

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