SXDL31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 261800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 26.12.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Nachts im Norden, an den Küsten und auf den Bergen Bft 8 bis 10, in Gipfellagen
und an einigen Küstenabschnitten auch Bft 11 bis 12. Dienstag nur zögernd
abnehmender Wind, in der Nacht zum Mittwoch im Erz- und Zittauer Gebirge
eventuell markante Schneefälle.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland an der Südflanke eines umfangreichen
nordeuropäischen Langwellentroges unterhalb einer kräftigen westnordwestlichen
Höhenströmung. Im Laufe der Nacht verlagert sich die Trogachse allmählich
ostwärts und die Höhenströmung dreht auf Nordwest, wobei sich - ausgehend von
einem Höhenhoch über Südwesteuropa - ein Höhenrücken über die Biskaya und die
Britischen Inseln hinweg nordwärts aufwölbt.
Im Bodenfeld erreicht die Kaltfront des mit dem Trog korrespondierenden
Sturmtiefs vor der norwegischen Küste im Laufe der ersten Nachthälfte die Alpen.
Ihr folgt ein Schwall maritimer Polarluft, die vor allem im Norden und Osten
labil geschichtet ist (ca. -32 Grad in 500 hPa und -5 Grad in 850 hPa), so dass
es dort auch die Nacht über hinweg einzelne Regen-, Graupel und
Schneeregenschauer, eventuell auch Gewitter geben kann. Die Schneefallgrenze
sinkt dabei auf etwa 400 bis 500 m, so dass es in höheren Mittelgebirgslagen vor
allem nach Osten zu auch einige Zentimeter Neuschnee geben kann. Mit Passage der
Kaltfront und unmittelbar postfrontal setzen auch an den Alpen etwas kräftigere
Niederschläge ein, wobei es in höher gelegenen Staulagen 5 cm Neuschnee geben
kann (ICON-EU sogar mit RR-Mengen bis 10 mm in 12 Stunden). Im angrenzenden
Alpenvorland und in tiefer gelegenen Alpentälern dürfte es aber kaum für
Schneefall reichen, stattdessen besteht dort eher Glättegefahr durch überfrorene
Nässe, wenn es postfrontal aufklart und die Temperaturen rasch in den Keller
rutschen.
Im Fokus der Warntätigkeit steht somit eindeutig die weitere Windentwicklung.
Vor allem im Norden und Osten führt eine Randtief- bzw. Bodentrogentwicklung im
Lee des Norwegischen Gebirges - das resultierende Tiefdruckgebiet zieht im Laufe
der Nacht rasch über Mittelschweden und die Ostsee hinweg ins Baltikum - zu
einer Verschärfung der Windsituation. Dort ist bis weit ins Binnenland hinein
mit stürmischen Böen oder Sturmböen Bft 8 bis 9 aus West bis Nordwest zu
rechnen, an den Küsten mit Sturm- und schweren Sturmböen (Bft 9 bis 10). Vor
allem für die nord- und ostfriesische Küste und im weiteren Verlauf auch für die
vorpommersche Ostseeküste geben sowohl die deterministischen Modelläufe als auch
die probabilistischen Verfahren recht deutliche Hinweise auch auf orkanartige
Böen Bft 11. Entsprechend wurde für diese Regionen eine Vorabinformation
ausgegeben, die abends (Nordfriesland) bzw. nachts (Vorpommern) wohl scharf
geschaltet wird.
Auch sonst bleibt der Wind warnrelevant. Im Bergland gibt es auf Gipfeln
verbreitet Sturmböen, auf Brocken und Fichtelberg auch Böen Bft 11 bis 12. In
den Niederungen ist vielerorts mit steifen Böen zu rechnen, wobei der Wind im
Westen und Süden im Laufe der Nacht schon deutlich abnimmt und dort dann wohl
nicht mehr warnrelevant sein wird.
Vor allem im Süden und Südwesten klart der Himmel postfrontal gebietsweise
stärker auf und mit der Windabnahme kann es bodennah kräftig auskühlen, so dass
es dort stellenweise leichten Frost gibt.

Dienstag ... verlagert sich das Trog-Rücken-Muster insgesamt etwas weiter nach
Osten, die Achse des Höhenrückens verläuft am Abend über die Nordsee hinweg bis
zum Europäischen Nordmeer, die des Troges befindet sich dann bereits im weit
entfernten Nordosteuropa. Somit dreht die Höhenströmung über dem
Vorhersagegebiet noch ein wenig mehr auf Nord und nach Südwesten zu beginnt der
Gradient aufzufächern. Insgesamt sorgt WLA, die über die Achse des Höhenrückens
hinweg über das Vorhersagegebiet südwärts geführt wird, vor allem im Westen und
Süden für eine deutliche Stabilisierung.
Im Bodenfeld verlagert sich das Randtief über das Baltikum hinweg zur Ukraine
und füllt sich ein wenig auf. Von Westen her weitet sich ein Keil des kräftigen
Hochdruckgebietes über dem westlichen Mitteleuropa bis nach Südwest- bzw.
Süddeutschland aus. Somit fächert der Druckgradient vor allem über
Norddeutschland recht deutlich auf, nach Osten zu bleibt er aber noch scharf
ausgeprägt. Der Wind nimmt im Tagesverlauf von Westen her allmählich weiter ab,
auch entlang der vorpommerschen Küste sollte es ab den Vormittagsstunden nicht
mehr für Böen Bft 11 reichen. Mit stürmischen Böen und Sturmböen aus Nordwest
ist dennoch bis weit in den Nachmittag hinein im gesamten Küstengebiet zu
rechnen, auf den Gipfeln der Mittelgebirge und der Alpen ebenfalls, in den ost-
und südostdeutschen Mittelgebirgen kann es in Gipfellagen auch schwere Sturmböen
geben, auf dem Brocken und Fichtelberg Bft 11.
In den Niederungen West- und Süddeutschlands spielt der Wind dagegen
warntechnisch keine Rolle mehr, nach Osten und Nordosten zu gibt es noch steife,
Richtung Ostsee stürmische Böen. Nachmittags und abends nimmt der Wind aber auch
dort allmählich ab.
Die Schauertätigkeit im Norden und Osten befindet sich ebenfalls auf dem
Rückzug, einzelne Graupel- und Schneeregenschauer sind aber dennoch möglich,
vereinzelt auch von kurzen Gewittern begleitet. Am Nordrand einiger
Mittelgebirge (Harz, Erzgebirge, Zittauer Gebirge) kann es oberhalb von etwa 600
m ein paar Zentimeter schneien, eventuell auch an den Alpen östlich des Inns.
Im Laufe des Nachmittags nimmt der Niederschlag mit der sich verstärkenden
mitteltroposphärischen WLA in der Osthälfte mehr und mehr skaligen Charakter an
und verstärkt sich vor allem in den Staulagen von Erzgebirge und Zittauer
Gebirge deutlich. ICON-EU simuliert im Zeitraum 12 bis 18 UTC bereits verbreitet
mehr als 5 mm, in der Spitze bis an die 15 mm (zentrales Erzgebirge), die
externen Modelle haben allerdings (noch) deutlich geringere Mengen auf der
Karte. Die Schneefallgrenze dürfte vor allem ab den Abendstunden bei
Temperaturen von etwa -4 Grad in 850 hPa und zunehmend stabiler Schichtung eher
noch ein wenig absinken, so dass insbesondere für Lagen oberhalb von 600 m
eventuell sogar schon eine markante Schneefallwarnung ins Haus stünde.
Vor allem im Westen und Südwesten setzt sich unter Hochdruckeinfluss dagegen
zunehmend die Sonne durch, auch der äußerste Nordosten könnte von der
Lee-Wirkung durch das Norwegische Gebirge profitieren. Die Temperatur in 850 hPa
bewegt sich zwischen +1 Grad im äußersten Westen und -5 Grad an der Neiße. Somit
dürften sich die Höchstwerte meist zwischen 3 und 9 Grad bewegen, im Bergland
Ostdeutschlands um 0 Grad.

In der Nacht zum Mittwoch dauert die kräftige keilvorderseitige WLA vor allem
über der Osthälfte Deutschlands weiter an, wobei die Achse des Keiles nur sehr
zögernd nach Osten vorankommt und in der Früh über Benelux und die Deutsche
Bucht hinweg nordwärts bis zur nördlichen Norwegischen See verläuft.
Im Bodenfeld setzt entsprechend verbreitet Druckanstieg ein, der Schwerpunkt des
Bodenhochs verlagert sich nach Südwestdeutschland und entsprechend nimmt der
Wind auch in der Osthälfte weiter ab. Lediglich über Sachsen und Ostbayern
bleibt der Gradient noch scharf ausgeprägt, wobei sich die warnrelevanten Böen
(Bft 8 bis 10 aus Nordwest) aufgrund der stabilen Schichtung wohl weitgehend auf
die Gipfellagen beschränken.
Wesentlich interessanter als die Wind- dürfte sich wohl die
Niederschlagsentwicklung im Bereich des Erzgebirges und des Zittauer Gebirges
gestalten. Zumindest nach Lesart des ICON ergänzen sich Stau und WLA ideal,
entsprechend werden im aktuellen Lauf im gesamten Erzgebirgsraum zwölfstündige
RR-Mengen zwischen 15 und 25 mm simuliert, punktuell (unmittelbar westlich der
Elbe) gar bis an die 30 mm. GFS und ECMWF (von 00 UTC) simulieren die
intensivsten Niederschläge mit etwas geringeren Mengen (GFS bis 15, ECMWF bis
knapp über 20 mm) weiter östlich, im Zittauer Gebirge. Nach wie vor kann sich
die WLA niedertroposphärisch nicht durchsetzen und die Temperaturen in 850 hPa
bewegen sich in der Region der stärksten Schneefälle zwischen -3 und -5 Grad.
Entsprechend könnte es bis in Lagen um 400 m herab schneien, oberhalb von 600 m
ist mit markanten Schneefällen zu rechnen, in den Gipfellagen kommen
Schneeverwehungen dazu. Bzgl. der räumlichen Verteilung, Phase und Intensität
der Niederschläge bestehen aber nach wie vor größere Unsicherheiten.
Im übrigen Land verläuft die Nacht wettertechnisch ruhig, zu Niederschlägen
leichter, teils auch mäßiger Intensität - in den Niederungen in der Regel als
Regen, vielleicht Richtung Oder und Neiße auch mal mit Schnee vermischt - kommt
es in der gesamten Osthälfte, angesehen vom äußersten Nordosten. Auch im
ostbayerischen Alpenbereich, etwa östlich des Inns werden noch leichte
Niederschläge, dort meist bis in tiefe Lagen als Schnee, simuliert.
Im Westen bleibt es dagegen trocken und vor allem im Südwesten, im Allgäu und
äußersten Westen auch teilweise gering bewölkt, so dass es dort stellenweise
Frost und Nebel gibt.

Mittwoch ... gelangt Deutschland mehr und mehr in den Einflussbereich des west-
und südwesteuropäischen Höhenrückens, dessen breit angelegte Achse abends knapp
westlich bzw. über den Nordwesten des Vorhersagegebietes hinweg nordwärts bis
nach Nordskandinavien verläuft. Somit verbleibt die osthälfte des Landes noch
rückenvordserseitig unterhalb der nordnordwestlichen Höhenströmung, wobei sich
die WLA aber mehr und mehr abschwächt. Im Bodenfeld dominiert Hochdruckeinfluss,
der Schwerpunkt des Hochs befindet sich mit etwa 1045 hPa über
Südwestdeutschland.
Somit klingen die Niederschläge in der Osthälfte - insbesondere in der Lausitz,
im Erzgebirge und im Zittauer Gebirge, anfangs auch noch in Ostbayern, mehr und
mehr ab. ICON-EU simuliert im Stau des Erzgebirges bis zum Abend nochmals bis an
die 10 mm in 12 Stunden, die externen Modelle weniger und auch etwas weiter
östlich. Oberhalb von 400 bis 600 m dürfte weiterhin Schnee fallen, wobei in
Gipfellagen Schneeverwehungen möglich sind, nachmittags nimmt aber auch dort der
nördliche Wind deutlich ab.
Im übrigen Land verläuft der Tag wettertechnisch ruhig und unspektakulär. Vor
allem im Westen und Südwesten scheint gebietsweise länger die Sonne, am ehesten
auf den Bergen, in einigen Niederungen kann sich bereits länger Nebel oder
Hochnebel halten. Die Temperaturen bewegen sich meist zwischen 2 und 8 Grad, bei
Dauernebel und im östlichen Bergland bleibt es kühler.

In der Nacht zum Donnerstag "kippt" die Achse des Höhenrückens über Skandinavien
allmählich südostwärts und es kann sich dort wieder eine westsüdwestliche
Höhenströmung durchsetzen, Mitteleuropa verbleibt aber im Einflussbereich des
Rückens. Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt geringfügig nach Osten und
schwächt sich ein wenig ab. Entsprechend lassen auch im Erzgebirge und Zittauer
Gebirge die Niederschläge mehr und mehr nach, kommen aber wohl noch nicht
komplett zum Erliegen. Mit beginnender niedertroposphärischer Erwärmung und
nachlassender Intensität der Niederschläge dürfte die Schneefallgrenze aber
allmählich bis auf über 800 m steigen.
Im übrigen Land verläuft die Nacht unter Hochdruckeinfluss ruhig, wobei sich
vielerorts Nebel oder Hochnebel bildet. Vor allem im Süden und Westen bzw. in
der Mitte gibt es bei länger klarem Himmel auch leichten Frost und vereinzelt
Glätte.

Donnerstag ... verbleibt das Vorhersagegebiet im Einflussbereich des
Höhenrückens mit Schwerpunkt über Südwesteuropa. Der Schwerpunkt des Bodenhochs
verlagert sich allmählich ins östliche bzw. südöstliche Mitteleuropa, so dass
die Bodenströmung im Süden auf südöstliche, im Norden auf südwestliche
Richtungen dreht. Auch niedertroposphärisch kann sich allmählich mildere Luft
durchsetzen, die Temperatur in 850 hPa steigt nach ICON bis Donnerstagabend auf
Werte zwischen 1 Grad in Südostbayern und 7 Grad im äußersten Westen.
Somit kommt auch am Erzgebirge die Niederschlagstätigkeit komplett zum Erliegen,
allerdings dürfte es in der Osthälfte noch länger stark bewölkt bleiben.
Ansonsten scheint teilweise die Sonne, vor allem in höheren Lagen und an den
Nordrändern vieler Mittelgebirge, gebietsweise bleibt es aber auch beständig
neblig trüb. Vor allem in den Nebelgebieten Süddeutschlands werden kaum 0 Grad
erreicht, ansonsten liegen die Höchstwerte zwischen 2 und 8 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle simulieren allesamt eine ähnliche Wetterentwicklung im
Kurzfristbereich. Im Detail ergeben sich aber Unterschiede. Von Warnrelevanz
könnten die unterschiedlichen Niederschlagssimulationen am Erzgebirge und
Zittauer Gebirge vor allem in der Nacht zum Mittwoch sein. Auch bzgl. der Phase
bzw. der Schneefallgrenze bestehen noch größere Unsicherheiten. Trotz recht
hoher RR-Mengen und recht niedrigen Temperaturen in 850 hPa bei halbwegs
stabiler Schichtung agieren die Modelle (insbesondere das SNOW) ziemlich
defensiv bzgl. der zu erwartenden Schneemengen. Sollten die vor allem vom ICON
simulierten Mengen bis 400 m herab komplett als Schnee fallen, stünde dort sogar
eine Unwetterlage ins Haus, was aber von den anderen Modellen so bei weitem
nicht mitgetragen wird.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff

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