SXDL31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 211800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 21.06.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
HZ 1:0 Dtl. - Sonst zunächst noch Ruhe im Karton. Im Laufe der nächsten Tage
Hitzeintermezzo mit zunehmender Gewitterneigung.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland vorderseitig eines nach SW zurückhängenden
LW-Troges über dem Ostatlantik, der seine Amplitude im Laufe der Nacht weiter
vergrößert. Dadurch dreht die anfangs noch weitgehend westliche und ziemlich
glatt konturierte Höhenströmung auf Südwest zurück. Nennenswerte Hebungsantriebe
gehen aus dieser Konstellation nicht hervor, zumindest zeigen die numerischen
Omega-Felder keine signifikanten Peaks.
Gleichwohl bleibt es in der Nacht nicht durchweg trocken in Deutschland. Zwar
löst sich die am Nachmittag diagonal über dem Vorhersageraum mit Mühe noch
analysierte Luftmassengrenze mehr und mehr auf, dafür nähert sich von
Nordfrankreich und Benelux eine extrem flache Welle dem Nordwesten, wo sie
gebietsweise für etwas Regen oder Nieselregen sorgt. Da die beteiligte erwärmte
Meeresluft zumindest im unteren Teil der Troposphäre leicht labil geschichtet
ist, sind die Regenfälle mit einer konvektiven Komponente versehen. Für Gewitter
sollte die vertikale Mächtigkeit nicht ausreichen, trotzdem sind vereinzelte
gewittrige Entladungen nicht gänzlich ausgeschlossen.
Im großen Rest des Landes steigt der Luftdruck weiter an, im Süden und Südosten
auf etwas über 1025 hPa. Dabei lockert die Wolkendecke teilweise auf, wobei sich
aufgrund der feuchten Grundschicht trotz kurzer Nacht einige Nebelfelder bilden
können.

Mittwoch ... weitet sich der LW-Trog über dem nahen Ostatlantik noch etwas
weiter nach Südwesten aus. Vorderseitige WLA sorgt über weiten Teilen des
europäischen Kontinents für Potenzialgewinn und den Aufbau eines sehr breit
aufgestellten Höhenrückens mit Schwerpunkt über Rumänien und der Ukraine.
Deutschland befindet sich am West-Nordwestrand dieses Rückens unter einer
weiterhin recht glatten, tendenziell aber eher leicht antizyklonal gekrümmten
südwestlichen Höhenströmung.
Die großräumige Bodenhochdruckzone splittet sich in zwei Zentren, von denen eins
über den Alpen verbleibt, während sich das andere in Richtung Baltikum
verlagert. Gleichzeitig ziehen die rudimentären, im Druck- und Temperaturfeld
nur schwerlich auszumachenden Reste der o.e. flachen Welle ost-nordostwärts über
Norddeutschland hinweg; dort fällt gebietsweise meist schauerartiger Regen. Zwar
nimmt die vertikale Mächtigkeit der unteren labilen Schicht geringfügig zu,
Gewitter bleiben aber weiterhin relativ unwahrscheinlich.
Im großen Rest des Landes sorgt leichter Hochdruckeinfluss für ruhiges Wetter,
wobei zunächst in der Südhälfte, später dann vermehrt auch in den mittleren
Landesteilen die Sonne zum Zuge kommt. Strahlungsbedingt, aber auch advektiv
steigt die Temperatur weiter an. So gelangt von Südwesten her zunehmend
iberische Subtropikluft in den Vorhersageraum, die aufgrund ihrer
vergleichsweise hohen Taupunkte (um oder etwas über 15°C) von einigen
ZeitgenossInnen durchaus als schwül empfunden werden dürfte (vor allem nach SW
hin). Die 850-hPa-Temperatur steigt bis zum Abend auf Werte zwischen knapp 10°C
an der deutsch-dänischen Grenze und nahe 17°C im äußersten SW. Projiziert auf 2
m bedeutet das verbreitet Höchstwerte von 25 bis 30°C, im SW lokal bis zu 32°C,
nach Norden moderate 23 bis 27°C.
Doch nicht nur die Temperatur steigt an, auch die potenzielle Instabilität nimmt
zu, besonders im Westen und Süden des Landes. Bei PPW-Werten von 25 bis 30 mm,
teils auch darüber, wird am späten Nachmittag und Abend ML-CAPE bis 500 J/kg, im
Südwesten (um den Schwarzwald herum) sogar bis zu 1000 J/kg simuliert. Bedingt
durch die starke WLA ist die Luftmasse aber mehr oder weniger stark gedeckelt,
im SW liegen die CIN-Werte sogar im dreistelligen Bereich. Es wird schwer
werden, diesen Deckel zu knacken, zumal weder substanzielle dynamische noch
frontale Prozesse auf der Agenda stehen, und auch die simulierten
Auslösetemperaturen scheinen im Schnitt etwas zu hoch auszufallen. So bleibt im
Grunde einmal mehr nur die ewig treue Orografie als möglicher Impulsgeber, was
angesichts der Deckelung aber eine echte Herausforderung darstellt. Am ehesten
kommen dafür der Südschwarzwald, die Schwäbische Alb und die Alpen in Frage,
sicher ist das aber nicht. Sollte es allerdings "knallen", dann sind die Zellen
rasch im markanten Bereich (Starkregen, kleinkörniger Hagel, stürmische Böen),
aufgrund der geringen Verlagerungsgeschwindigkeit sind aber auch Unwetter nicht
ausgeschlossen.

Während diese potenziellen Gewitter in der Nacht zum Donnerstag bald wieder
zusammenfallen, nimmt die Gewitterwahrscheinlichkeit im äußersten W und NW
bereits ab dem späten Nachmittag etwas zu, auch wenn die Numerik den Schwerpunkt
weiter westlich sieht. Zum einen könnten in der südwestlichen Höhenströmung
ablaufende kurzwellige Tröge ausreichende Hebungsimpulse liefern, den Deckel zu
durchstoßen. Denkbar ist aber auch ein Szenario, wonach tagsüber weiter
südwestlich (Nordfrankreich, Benelux) bereits Gewitter ausgelöst werden, die
zunehmend verclustern und sich möglicherweise zu einem MCS organisieren, der
unseren Bereich streift oder vielleicht sogar voll trifft. Sollte das der Fall
sein, sind auch Unwetter möglich, vor allem durch Starkregen sowie durch Hagel -
wie gesagt, alles noch stark im Konjunktiv gesprochen.
Im übrigen Land verläuft die Nacht ruhig mit einigen Nebelfeldern.

Donnerstag ... rückt der Südteil des LW-Troges über dem nahen Ostatlantik etwas
nach Westen vor, während das eigentliche Drehzentrum knapp nordwestlich von
Irland verbleibt. Dadurch steilt bei uns die Höhenströmung noch etwas auf. Unter
dem Strich sind die Isohypsen nach wie vor leicht antizyklonal gekrümmt,
allerdings deuten die OMEGA-Felder für den N und W durchaus die Passage flacher
KW-Tröge nach Nordosten an, wobei die Wahrscheinlichkeit dafür ab den
Abendstunden größer ist als tagsüber. Vorderseitig des Troges fällt der
Luftdruck, wodurch sich westlich von uns eine meridional exponierte
Tiefdruckrinne mit einer möglichen Konvergenzlinie ausbildet. Gleichzeitig
positioniert sich der Schwerpunkt des Hochs über dem Baltikum. Dazwischen dauert
die Zufuhr subtropischer Luftmassen an, die zum einen noch wärmer respektive
heißer, zum anderen potenziell noch instabiler sind als tags zuvor.
So steigt die 850-hPa-Temperatur bis zum Abend auf 14/15°C im äußersten Norden
und teils etwas über 20°C im Süden an, was 2m-Maxima von 28 bis 34°C, im
Südwesten und Süden lokal 35 oder 35°C zur Folge hat, während es im äußersten NW
(Wolken) sowie an der Küste und auf den Inseln bei Seewind nicht ganz so heiß
wird. Zu den Temperaturen sei an dieser Stelle angemerkt, dass noch höhere
Spitzenwerte möglicherweise dadurch verhindert werden, dass ein Teil der zur
fühlbaren Erwärmung zur Verfügung stehenden Energie für die Verdunstung der
verbreitet sehr feuchten Böden benötigt wird, was den Aufbau eines bodennahen
Überadiabaten deutlich erschwert, wenn nicht sogar verhindert.
Hinsichtlich der Schichtung in der subtropischen Luftmasse fällt auf, dass die
Taupunkte im Bodenniveau weiter zunehmen und teilweise (vor allem W und SW) 20°C
oder sogar etwas mehr erreichen (die von GFS apostrophierten 20 bis 25° sind
allerdings definitiv zu hoch). Gleichzeitig deutet sich über der feuchten
Grundschicht bis in den unteren Teil der mittleren Troposphäre reichende
trockene aber labile Schicht an, was den Tatbestand einer EML erfüllt (elevated
mixed layer) und somit eine "loaded-gun-Situation darstellt. Das ML-CAPE steigt
gegenüber Mittwoch weiter an und erreicht in der 2. Tageshälfte im Westen und
Süden Werte zwischen 1250 und lokal 2000 J/kg, lokal auch darüber - so zumindest
die Lesart von C-EU. Bei GFS fallen die Werte noch höher aus, was freilich ein
Großteil auf die unrealistisch hoch simulierten Taupunkte zurückzuführen ist.
Und auch die PPW-Werte nehmen zu, im W und NW teils auf über 40 mm - was für ein
Treibstoff! Wenn da nicht nach wie vor der dicke, schwere Deckel in Form von CIN
vorhanden wäre, der die Auslöse von Gewittern zu einer echten Herkulesaufgabe
macht. Im W und NW könnten am ehesten besagte KW-Tröge in Verbindung mit
Einstrahlung diese Aufgabe übernehmen, im S und SW die Orografie (vornehmlich
Schwarzwald und Schwäbische Alb, weniger Alpen), wobei hinter alledem aber noch
ein paar Fragezeichen stehen. Wenn es allerdings knallt, dann geht es ganz
schnell in den Unwetterbereich, wobei im NW die Voraussetzungen für organisierte
und langlebige Zellen aufgrund der hohen Scherungswerte sehr gut stehen.


Freitag ... befindet sich Deutschland nach wie vor auf der Vorderseite des
langgestreckten Troges über dem nahen Ostatlantik unter einer südlichen bis
südwestlichen Höhenströmung. Mit Ausnahme des NW wird dabei weiterhin sehr warme
bis heiße Luft mit 850-hPa-Temperaturen von 15 bis 20, im Süden/Südosten teils
über 20°C ins Vorhersagegebiet advehiert. Die Kaltfront eines Tiefs über der
nördlichen Nordsee kommt nur zögerlich voran, die heißeste Luft wird im Laufe
des Tages über den östlichen Landesteilen erwartet. Entscheidender für den
Wetterablauf ist, dass sich präfrontal eine Tiefdruckrinne mit eingelagerter
Konvergenz gebildet hat, die sich im Tagesverlauf ostwärts und damit in die
Mitte Deutschlands verlagern, zum Abend hin dann langsam auch den Osten
erreichen wird. Im Bereich der Konvergenz/Tiefdruckrinne ist die Luftmasse sehr
labil und feucht, so dass es zu kräftigen, vielfach unwetterartigen Gewitter
kommt.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung wird von allen Modellen ähnlich simuliert, die Details
insbesondere zur Gewitterbildung ist noch mit einigen Fragezeichen versehen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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