SXDL31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 300800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 30.03.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: TrW (Trog Westeuropa)

Heute im Norden windig, vereinzelt kurze Gewitter möglich.
Am Donnerstag in den Alpen Föhnsturm, sonst teils länger andauernder Regen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... zeigt die großräumige Potenzialverteilung einen recht scharf
ausgeprägten, mit positiver Achsstellung versehenen Trog über dem nahen
Ostatlantik, der sich im Tagesverlauf unter weiterer Verkürzung seiner
Wellenlänge dem europäischen Kontinent nähert. Um 24 UTC reicht seine Achse von
Irland bis zum Westrand der Biscaya, während sich zur gleichen Zeit über
Portugal ein Abtropfen abzeichnet. Derweil befindet sich Mitteleuropa unter
einer west-südwestlichen, leicht antizyklonal gekrümmten Höhenströmung, die in
der kommenden Nacht von Westen her beginnt, allmählich aufzusteilen.
Der Blick auf die Bodenwetterkarten zeigt über NW-Europa einen umfangreichen
Tiefkomplex, in dem das ehemalige Sturmtief JEANNE die Hauptrolle spielt.
Allerdings zieht es im Tagesverlauf über die Norwegische See in Richtung
Europäisches Polarmeer ab, so dass es für uns allenfalls noch eine mittelbare
Funktion behält. Relevanter sind ein kleines Randtief respektive ein Bodentrog,
der von der Nordsee via Jütland ost-nordostwärts schwenkt und dabei zusehends an
Kontur verliert. Das zugehörige okkludierte Frontensystem ist gerade dabei,
große Teile Deutschlands mit zeitweiligen Regenfällen ostwärts zu überqueren.
Dahinter strömt ein neuerlicher Schwall erwärmter subpolarer Meeressluft heran,
die aber nicht mehr so labil geschichtet ist wie ihre Vorgängerluftmasse von
gestern. Gleichwohl kommt es im Norden mit Unterstützung des Tagesgangs und
eines flachen, von West nach Ost schwenkenden KW-Troges zu dem einen oder
anderen Schauer. Ob es auch noch mal für ein kurzes Gewitter reicht, ist
fraglich, immerhin ist aber etwas CAPE im Spiel, was ja eine notwenige
Voraussetzung für TS darstellt. Unabhängig davon frischt der auf SW drehende
Wind auf der Südflanke des Bodentrogs an der See sowie im küstennahen Binnenland
vorübergehend auf mit Böen 7 Bft, vereinzelt 8 Bft.
Anders als im Norden nimmt der Wettercharakter nach Süden hin ganz andere Formen
an. Dort geht die Kaltfront nicht durch, sondern wird noch nördlich der Alpen
rückläufig bzw. geht in die Warmfront eines weiteren Wellentiefs über, dass sich
bis kommende Nacht 00 UTC unter leichter Vertiefung via Biscaya bis zur
französischen Atlantikküste vorarbeitet. Dabei kommt es im Frontbereich bzw. auf
der kalten Seite - unterstützt durch WLA - zu stratiformen Niederschlägen, die
sich von Frankreich her auf große Teile Süddeutschlands ausbreiten. Bis zum
Abend trifft es schwerpunktmäßig einen Streifen zwischen Donau und Mains - plus
einer bis ins Alpenvorland bzw. in den Mittelgebirgsraum übergreifenden
Karenzzone. Akkumuliert über 12 Stunden liegen die Mengen meist unter oder um 5
mm, nur gebietsweise etwas darüber, in Staulagen des Schwarzwaldes auch mal um
10 mm. Richtung Alpen bleibt es weitgehend trocken, wobei sich dort ganz
allmählich die südlich der Luftmassengrenze lagernde mediterrane Subtropikluft
bemerkbar macht, was gut an der Temperaturentwicklung abzulesen ist. Die steigt
nämlich zwischen Hochrhein und Alpenvorland auf 15 bis 19°C, an den Alpen mit
zunehmender Föhntendenz lokal vielleicht sogar auf 20°C. Ansonsten liegt die
Spanne deutschlandweit bei 9 bis 14°C, im Bergland bei Dauerregen sogar etwas
darunter. Apropros Bergland, in einigen Hochlagen (Alpen, Schwarzwald, Brocken,
Fichtelberg) weht weiterhin ein lebhafter SW-Wind mit Sturmböen 8-9 Bft.

In der Nacht zum Donnerstag kommt die Warmfront etwas nach Norden voran. Damit
verlagern sich auch die Regenfälle geringfügig nach Norden, wobei diese sich
nach einer vorübergehenden Abschwächung (Nachmittag/Abend) wieder intensivieren
bzw. von Westen her durch sich verstärkende WLA neu angefacht werden. Betroffen
sind weiterhin die Gebiete zwischen Donau und Main, aber auch große Teile des
Mittelgebirgsraums. Dabei können nach Westen hin in Staulagen durchaus mal etwas
mehr als 10mm/12h Regen zusammenkommen, warnwürdiger Dauerregen (12- und
24-stündig) ist aber unwahrscheinlich.
Im äußersten Süden bleibt es trocken und auch in Norddeutschland fällt nach dem
raschen Zusammenfallen letzter Schauer kein Regen mehr. Dafür bildet sich dort
gebietsweise Nebel. In den Alpen nimmt die Föhnlage langsam Formen an, so dass
auf den Gipfeln vermehrt Sturmböen 8 bis 9 Bft, vereinzelt auch schon 10 Bft
auftreten. In den Föhntälern sind Böen 7, vereinzelt vielleicht auch schon 8 Bft
möglich.

Donnerstag... wandert das abgetropfte Höhentief über Nordspanien gemächlich in
Richtung Katalonien. Gleichzeitig schwenkt der nördliche Resttrog langsam nach
Osten, um 24 UTC reicht seine Achse von Jütland bis hinunter nach Nordfrankreich
(ICON).
Relevanter als die Entwicklung in der mittleren Troposphäre scheinen die
Vorgänge weiter unten zu sein. Das o.e. flache Wellentief nimmt zusehends die
Form einer bogenförmigen Tiefdruckrinne an, die sich am Mittag - ausgehend vom
mittlerweile knapp nördlich der Balearen positionierten Druckminimum - über die
Westalpen bis nach SW-Deutschland erstreckt. Die Warmfront und der von ihr
verursachte stratiforme Regen verlagern sich noch etwas weiter nach Norden, so
dass der Nordrand des Regengebiets die südlichen Gebiete der Norddeutschen
Tiefebene erreicht. Die Intensitäten liegen abgesehen von den Randbereichen
weiterhin bei 2 bis 10 mm innert 12 Stunden, im Westen gebietsweise auch etwas
darüber.
Während südlich der Luftmassengrenze durch Föhn abgetrocknete aber auch
zusätzlich erwärmte Subtropikluft einströmt, hält sich nördlich davon die
gealterte subpolare Meeresluft. Gesamtheitlich stellt sich ein monumentaler
Temperaturgradient von satten 18 Grad ein (18 UTC), der im 850-hPa-Niveau von
-4°C in Teilen Norddeutschlands bis zu +14°C im Südosten Bayerns reicht.
Projiziert auf die für den Menschen gewöhnlich entscheidendere 2m-Temperatur
bedeutet das im Süden "atmosphärisches Biergartenfeeling pur" mit reichlich
Einstrahlung und 20 bis 25°C. Richtung Alpen sind - ohne mediale Effekthascherei
- sogar 26 oder 27°C drin, wobei 27°C einen absoluten Märzrekord für Deutschland
bedeuten würden (liegt bisher bei etwas über 26°C). Im Norden und Westen
hingegen darf man sich beglückwünschen, wenn man überhaupt die 10-Grad-Marke
erreicht. Auffallend ist die nur von ICON (-EU) simulierte (somit aber auch ins
MOS-Mix abfärbende) rege Gewittertätigkeit auf der warmen Seite des
Regengebietes, was aber offensichtlich übertrieben ist und einer zu feuchten
Grundschicht und somit deutlich zu hoher CAPE-Werte geschuldet ist.
Windmäßig bleibt der Südföhn in den Alpen das Maß der Dinge, der vorübergehend
noch etwas zulegt und auf einigen Gipfeln Orkan- und in föhnanfälligen Tälern
Sturmstärke erreichen kann.

In der Nacht zum Freitag weitet sich die Tiefdruckrinne über Süddeutschland
hinweg bis nach Tschechien und Südpolen aus, wobei sich wahrscheinlich ein neuer
Tiefkern bildet, der rasch nach Osten abzieht. Damit verlagert sich das frontale
Geschehen incl. der zugehörigen Niederschläge geringfügig wieder etwas nach
Süden, wobei sich die Niederschlagsprognosen bezogen auf ihre räumliche
Verteilung kaum gegenüber dem Tag ändern. Fakt ist, das die deterministischen
Modelle nach wie vor zurückhaltend agieren hinsichtlich markanten Dauerregens,
sowohl 12- als auch 24-stündig. Da die niedertroposhärisch kältere Luft etwas
Boden nach Süden hin gutmacht, können sich in den Hochlagen der nördlich
gelegenen Mittelgebirge Schneeflocken unter den Regen mischen. Im Oberharz
reicht es sogar für reinen Schneefall mit einigen Zentimetern Neuschnee. Zudem
geht die Temperatur im Norden stellenweise auf nahe 0°C zurück, leichter
Bodenfrost und mögliche Glätte inclusive.
Der Föhn in den Alpen bricht im Laufe der Nacht zusammen, trotzdem bleibt es auf
den Bergen stürmisch, wobei der Wind auf SW bis W dreht.

Freitag... überquert das kurzwellige Trogresiduum Deutschland zügig ostwärts.
Gleichzeitig zieht das Cut-Off-Tief in Richtung Algerien. Dazwischen steigt das
Potenzial sowohl vom östlichen und zentralen Mittelmeerraum als auch von
Westeuropa her an. Um 24 UTC liegt Deutschland knapp vorderseitig eines Rückens,
dessen Achse sich von den Alpen über Benelux und die Nordsee hinweg bis zum
Nordmeer erstreckt. Auch am Boden setzt rascher Druckanstieg ein, der sich in
Form einer abgeschlossenen 1020-hPa-Hochparzelle über Norddeutschland
widerspiegelt (12 UTC, ICON). Der Anstieg sorgt dafür, dass die Luftmassengrenze
nach Süden durchdrückt wird, wobei sie die Alpen aber nicht erreicht. Dort
halten sich noch Reste der subtropischen Warmluft, während das übrige Land mit
maritimer Kaltluft versorgt wird.
Tatsache ist, dass sich die Niederschläge auf ihrem Weg nach Süden deutlich
abschwächen. Mit der KLA sinkt die Schneefallgrenze von Norden her ab, so dass
in höheren Mittelgebirgslagen vorübergehend Schnee oder Schneeregen fallen kann.
Ob diese Schneefälle letztlich auch eine Warnung erfordern, ist derzeit noch
fraglich (wahrscheinlich reicht die Andauer nicht aus, um eine Neuschneedecke zu
generieren).
Ansonsten sei noch vermerkt, dass der Wind im Laufe des Tages keine Rolle mehr
spielt. Nur anfangs ist es auf den Alpengipfeln noch stürmisch. Den meisten
Sonnenschein gibt es in Norddeutschland, insbesondere Richtung Küste,
Mecklenburg und SH, was aber nicht bedeutet, dass es dort auch am wärmsten wird.
10 bis 13°C stehen auf der Karte, unmittelbar an der See bei auflandigem Wind
auch etwas darunter. Dagegen reicht es im Süden trotz Bewölkung und
gelegentlichem Regen für 14 bis 18°C, an den Alpen - sollte es zu einigen
Aufhellungen oder Auflockerungen kommen - auch bis nahe 20°C.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die beschriebene großräumige Entwicklung wird von den einschlägigen Modellen
ähnlich simuliert. Im Detail zeigen sich sehr wohl einige Unterschiede, die
durchaus Bedeutung für das Warnmanagement haben können. Dabei wurde die
Problematik der von ICON (-EU) für Donnerstag simulierten Gewitter bereits
angesprochen. Bei den Prognosetemps fällt auf, dass ICON-EU eine feuchtere
Grundschicht und zum Teil sehr hohe CAPE-Werte (über 1000 J/kg) anbietet als
COSMO-EU/-DE. Zwar wird auch eine Deckelung simuliert (CIN teils über 200 J/kg),
trotzdem kommt es vielerorts zur Auslösung auf der warmen Seite des
Regengebietes bzw. etwas abgesetzt davon. Denkbar ist eher, dass sich weiter
nördlich (Mittelgebirgsraum) bei überlagerter Hebung und höherer Grundfeuchte
mal ein eingelagertes Gewitter entwickelt.
Punkt 2 betrifft den Dauerregen, der im Text als sehr wahrscheinlich nicht
warnwürdig beurteilt wurde - auf Basis der deterministischen Modelle. Es soll
aber nicht unerwähnt bleiben, dass insbesondere COSMO-LEPS von Donnerstag bis
Freitag von der Eifel bis zum Harz bzw. zum Thüringer Wald leicht erhöhte
Wahrscheinlichkeiten (maximal bis zu 30%) für RR24 > 30 mm liefert. Trotzdem
dürften flächige Warnungen nicht nötig werden, auch wenn in einzelnen Staulagen
das RR-Kriterium mal gerissen wird.
Ein Wort noch zu den hohen Temperaturen am Donnerstag in Süddeutschland. Als
kleiner Spielverderber in puncto Rekordwerte könnte sich Saharastaub entpuppen,
der zwar nicht in besonders hoher Konzentration vorliegen dürfte, letztlich aber
doch für eine kleine thermische Dämpfung sorgen könnte. Frieren wird man im
Süden deswegen aber nicht.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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