SXDL31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 290800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 29.03.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Ws (südliche Westlage) mit Übergang zu TrW (Trog Westeuropa)

Heute wechselhaft und windig mit Schauern und kurzen Gewittern.
In den nächsten Tagen Durchgang von Wellen oder flachen Tiefs mit teils länger
andauernden Regenfällen, meist aber unterhalb markanter Warnschwellen. Am
Donnerstag große Temperaturunterschiede mit dem wahrscheinlich ersten Sommertag
des Jahres im äußersten S und SO.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... befindet sich Deutschland auf der kalten Seite der relativ weit
südlich ansetzenden Frontalzone, die sich vom Ostatlantik kommend über das
Mittelmeer bzw. etwas nördlich davon bis nach Vorderasien erstreckt. Hinter
einem nordostwärts abziehenden Trog gelangen wir somit unter eine recht flotte
westliche Höhenströmung, die bis weit nach unten durchgreift. Impulsgeber im
Bodendruckfeld ist das mittlerweile vor der norwegischen Westküste angelangte
Sturmtief JEANNE, auf dessen Südflanke mit west-südwestlicher Strömung labil
geschichtete Meeresluft subpolaren Ursprungs (T500 unter -30°C, T850 unter 0°C
in der Nordhälfte) zu uns gelangt. Die Kaltfront des Tiefs hat die Alpen
überquert, von wo aus sie sich zonal exponiert nach Westen bis weit draußen auf
den Atlantik erstreckt. Dabei haben sich an der Luftmassengrenze flache Wellen
oder Wellentiefs gebildet, von denen im weiteren Verlauf noch die Rede sein
wird.
Doch zunächst mal zum aktuellen Geschehen, dass heute - typisch für diese
Jahreszeit - vom Zusammenspiel des Tagesgangs mit der labil geschichteten
Meeresluft lebt. So kommt es tagsüber zu weiteren konvektiven Umlagerungen, die
aufgrund der relativ glatten Strömung und damit fehlender Richtungsscherung
nicht so organisiert auftreten wie das gestern noch der Fall war. Aufgrund der
höheren Labilität sind vor allem der Norden und die Mitte von schauerartigen
Regenfällen und kurzen Gewittern (ML-CAPE z.T. um 150 J/kg) betroffen, während
sich im Süden ein Konvektionsminimum einstellt. In Gewittern und kräftigen
Schauern können sowohl Graupel als auch Sturmböen bis zu Stärke 9 Bft aus SW
auftreten. Aber auch abgesetzt vom konvektiven Geschehen weht im Süden und in
der Mitte ein mäßiger bis frischer und böiger SW-Wind mit Böen 7 Bft, exponiert
8 Bft, im Bergland je nach Ausrichtung 8 bis 10 Bft. Im Norden beschränken sich
einzelne 7er-Böen im Wesentlichen auf die Nordseeküste. Erst im Laufe des
Nachmittags, vor allem aber am Abend lässt der Wind aufgrund zunehmender
Gradientauffächerung nach, so dass nur noch in einigen Hochlagen Böen 7 bis 8
Bft, exponierte vereinzelt 9 Bft auftreten. Die Tageshöchsttemperatur liegt
meist zwischen 8 und 14°C, im Süden mit etwas Sonnenunterstützung stellenweise
auch etwas darüber.

In der Nacht zum Mittwoch setzt sich über dem nahen Ostatlantik eine bereits
zuvor schon begonnene Austrogung fort, so dass die Höhenströmung über dem
Vorhersageraum beginnt, leicht rückzudrehen. Gleichzeitig zieht von Frankreich
und Benelux her eine erste, vergleichsweise flache Welle gen Nordsee bzw.
NW-Deutschland. Durch die Welle wird die o.e. Luftmassengrenze aktiviert und
weit nach Norden gezogen, wobei sich ein kleiner Warmsektor aufbaut, der
Deutschland im Laufe der Nacht ostwärts überquert.
Nach Beendigung des konvektiven Geschehens in den Abendstunden (kann sich im
Norden allerdings bis weit in die erste Nachthälfte hinziehen) setzen von Westen
her frontale Regenfälle ein (Schwerpunkte im SW und im N), die durch WLA
unterstützt werden und sich rasch ostwärts ausbreiten, ohne dabei etwaige
Warnschwellen zu erreichen. Mit Annäherung der Welle frischt der weiterhin aus
SW wehende Wind im NW wieder etwas auf mit einzelnen Böen 7 Bft an der Nordsee.
Auch im höheren Bergland lebt der Wind nach einer kurzen Pause wieder auf mit
Böen bis Stärke 9 Bft in exponierten Kamm- und Gipfellagen.

Mittwoch... formiert sich über dem nahen Ostatlantik ein scharfer KW-Trog,
dessen Achse sich zur Mittagszeit knapp westlich der Iberischen Halbinsel
befindet. Über Mitteleuropa wölbt sich dadurch ein sehr breiter, dafür aber
flacher Höhenrücken auf, der bei uns aber alles andere als Hochdruckeinfluss zur
Folge hat. Die Welle zieht über Jütland ostwärts ab, wobei sie mehr und mehr an
Kontur verliert. Noch rascher als die Welle überquert uns die zugehörige,
mittlerweile teilokkludierte Kaltfront, die um 12 UTC bereits Polen und
Tschechien erreicht hat. Rückseitig wird erneut erwärmte subpolare Meeresluft in
weite Teile des Vorhersageraums gesteuert, die aber nicht mehr so labil
geschichtet ist wie die heutige Luftmasse. Trotzdem reicht es im Norden noch für
den einen oder anderen Schauer, an der Küste vielleicht auch für ein kurzes
Gewitter, teils begleitet von Böen 7 bis 8 Bft. Auch sonst frischt der SW-Wind
insbesondere an der See sowie im angrenzenden Binnenland vorübergehend auf (von
West nach Ost quasi der Spur der Welle folgend), wobei die Spitzen Stärke 7 Bft
nur vereinzelt überschreiten dürften.
Nach Süden hin nimmt der Wettercharakter ganz andere Formen an. Dort wird
nämlich die Kaltfront noch nördlich der Alpen rückläufig respektive geht in die
Warmfront eines weiteren Wellentiefs über, das am Mittag über der Biscaya
anlandet. Dieses Tief zieht unter leichter Intensivierung in Richtung
Zentralfrankreich, was ein langsames Vorrücken der Warmfront nach Norden zur
Folge hat. Unterstützt durch WLA kommt es an der Front sowie auf der kalten
Seite zu länger andauernden Regenfällen, die vor allem die Regionen zwischen
Donau und Main bzw. noch etwas darüber hinaus bis in den Mittelgebirgsraum
betreffen. Akkumuliert über 12 Stunden liegen die Mengen meist unter 5 mm, in
einigen Staulagen bis oder um 10 mm.
Südlich der Warmfront gelangt mediterrane Subtropikluft in den Süden unseres
Landes, in der die Temperatur mit Sonnenunterstützung (vor allem zu den Alpen
hin) auf nahe 20°C steigt, während sonnst die Spanne etwa zwischen 9 und 14°C
liegt (bei Dauerregen im Bergland sogar noch etwas darunter).

In der Nacht zum Donnerstag nähert sich das flache Tief von Frankreich her,
wodurch Warmfront und zugehöriger stratiformer Regen noch etwas Boden nach
Norden hin gutmachen. Der meiste Regen dürfte in einem Streifen von RP und NRW
bis hinüber nach Sachsen und in die Lausitz fallen, auch wenn die Modelle nicht
100% kongruent sind, was beim Parameter Niederschlag aber auch sensationell
wäre. Auch die Intensität wird derzeit noch unterschiedlich gesehen,
gebietsweise können aber 10 bis 15, lokal vielleicht um 20 mm zusammenkommen.
Bis Donnerstagfrüh deutet sich derzeit aber kein markanter Dauerregen an, weder
12- noch 24-stündig. In Teilen Norddeutschlands bleibt es ebenso trocken wie
südlich der Donau bzw. etwas nördlich davon.
Windmäßig wird es vor allem in den Alpen interessant, wo durch den zunehmenden
Drucküberschuss von Süd nach Nord der Südföhn in Gang kommt mit Böen bis Stärke
10 oder 11 Bft auf einigen Gipfeln und 8 Bft in föhnanfälligen Tälern,
Temperaturanstieg inclusive.

Donnerstag... erreicht der scharfe KW-Trog unter weiterer Verkürzung seiner
Wellenlänge Frankreich und die Iberische Halbinsel. Dadurch steilt sich die
Höhenströmung bei uns deutlich auf, was die Föhnsituation zunächst noch
verschärft. Das Bodentief greift von Frankreich her auf Deutschland über, wo es
langsam über die Mitte hinweg in Richtung Polen zieht (ICON). Dabei gelangen der
Süden und Osten in den breiten Warmsektor, abgeschlossen von einer Kaltfront,
die etwa am späten Nachmittag auf den SW Deutschlands übergreifen soll. Zwar
gibt es hinsichtlich der genauen Zugbahn und des Timings des Tiefs noch einige
Modellunterschiede (siehe unten), eines ist aber gewiss: Es baut sich ein
monumentaler Temperaturgradient über Deutschland auf. Während die
850-hPa-Temperatur in der subpolaren Meeresluft im äußersten Norden z.T. unter
-3°C liegt, steigt sie in der Subtropikluft im Südosten mit Föhnunterstützung
auf bis zu +14°C - macht satte 17 bis 18 Grad Unterschied. Oder anders
ausgedrückt, während am Alpenrand und im östlichen Vorland bei kräftiger
Einstrahlung der erste Sommertag sehr wahrscheinlich ist und möglichweise sogar
eine Erwärmung bis auf 27°C!! möglich scheint, reicht es im regnerischen W und N
des Landes häufig nur zu einstelligen Höchstwerten.
Apropros Regen, dieser dehnt sich - nach wie vor im Wesentlichen frontal
getriggert - noch etwas weiter in den N und W aus, um dann in der Nacht zum
Freitag wieder "zurückzukommen". Einige Modelle (u.a. COSMO-EU, GFS) deuten
dabei im westlichen Bergland das Überschreiten der 24-h-Dauerregenschwelle (30
mm) an, allerdings nur punktuell, so dass eine flächige Warnung aus jetziger
Sicht nicht nötig sein wird. Unsicher ist derzeit auch noch, ob sich am warmen
Rand des skaligen Regengebiets - angefacht durch eine thermisch direkte
Querzirkulation - einzelne Gewitter entwickeln, wie das von der deutschen
Modellkette, aber auch von MOS-Mix und OOG angeboten wird. Möglicherweise reicht
die Labilität nicht ganz aus, die Modelle liefern jedenfalls nur geringe
CAPE-Werte.
In den Alpen verstärkt sich der Föhnsturm noch etwas mit der Gefahr von
Orkanböen auf einigen Gipfeln. Auf dem Feldberg im Schwarzwald sind Sturmböen
möglich. Mit Annäherung der Kaltfront frischt der Wind auch in den westlichen
und südwestlichen Landesteilen auf mit Böen 7 Bft, im Bergland auch etwas
darüber. Dabei kommt es mit Frontdurchgang zu einer markanten Richtungsänderung
von südlichen auf nördliche Richtungen.



Modellvergleich und -einschätzung
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Großräumig betrachtet zeigen die Modelle eine sehr ähnliche Entwicklung,
substanziell abweichende Lösungen befinden sich nicht im Angebot. Auffallend
ist, dass z.B. GFS und auch ECMF die Zugbahn des kleinen Tiefs am Donnerstag
etwas weiter südlich simulieren, so dass auch der Regen nicht soweit nach Norden
ausgreift und die Warmluft weiter südlich verbleibt. Zudem zeigen diese beiden
Modelle im Schlepptau des eigentlichen Tiefs noch ein kleines nachfolgendes
Rand- bzw.- Teiltief, das das Übergreifen der Kaltfront auf die südlichen
Landesteile etwas verzögern könnte. Kurzum, die Details um das Wirken dieses
Tiefs liegen noch etwas im Trüben und bedürfen noch einiger numerischer Updates.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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