SXDL31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 221800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 22.07.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Weiterhin teils kräftige Gewitter mit Unwettergefahr. Am Samstag im Süden und
Westen, am Sonntag in der Südhälfte.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... stellt sich die Wetterlage über Mitteleuropa respektive Deutschland
recht komplex dar - komplex vor allem deswegen, weil wir uns inmitten eines
gesamttroposphärisch äußerst schwachen Strömungsregimes ohne klare synoptische
Strukturen befinden. Betrachtet man dabei die zwei derzeit wetteraktivsten Zonen
in der Nordhälfte sowie im S und SW, so lassen sich mit Hilfe synoptischer
Beobachtungen in Verbindung mit konzeptionellen Überlegungen zwei verschiedene
Ursachen feststellen:
So lässt sich die Gewitterzone im Norden recht gut mit der in der Westhälfte
analysierten, stark wellenden Luftmassengrenze in Verbindung bringen, die
feuchtwarme und potenziell instabile Subtropikluft im Westen (Tds 17 bis 21°C)
von deutlich trockenerer (Tds teils bis zu -1°C) und stabilerer Luft im
Nordosten trennt. Die Hauptgewitteraktivität tritt dabei im Bereich der
stärksten Windkonvergenzen auf, wobei das Ganze Konstrukt nahezu ortsfest ist.
Oder anders ausgedrückt, dort, wo sich Gewitter gebildet haben oder noch bilden,
verweilen sie lange am Fleck bzw. ziehen nur sehr langsam von dannen. Gehoben
wird eine Luftmasse, die über ausreichend CAPE verfügt (teils über 1000 J/kg)
sowie ziemlich feucht ist (PPWs nach Modell zwischen 30 und 40 mm, in der
Realität etwas weniger, aber immer noch genug), so dass es nicht verwundert,
dass tagsüber für einige Gebiete eine extreme Unwetterwarnung vor schweren
Gewittern insbesondere wegen Starkregens gezogen werden musste. Die
Vertikalaufrisse lassen aber auch auf größeren Hagel mit Dimensionen um 3 cm
Durchmesser sowie auf größere Hagelansammlungen schließen.
Im Laufe der Nacht zum Samstag deuten die Modelle eine Abschwächung der Gewitter
bei gleichzeitiger Verlagerung nach Westen im genannten Gebiet an, was
synoptisch auch durchaus nachvollziehbar ist. Zum einen spielt der Tagesgang in
die Karten, zum anderen deutet sich ein gewisser Rückzug der wellenden Front und
somit eine Ausbreitung der stabileren Luft nach Westen an. Ob das Ganze so
schnell vonstattengeht, wie von der Numerik anberaumt, muss freilich abgewartet
werden.
Zur zweiten "konvektiven Baustelle": Sie besteht aus einer langgestreckten, fast
frontartig anmutenden Gewitterzone, die am Nachmittag von NO-Frankreich über
S-Deutschland bis hinüber zu den Ostalpen reichte und nun dabei ist, langsam
nordwärts zu ziehen. Bei ähnlichen Luftmassenqualitäten wie im Westen und
Nordwesten kommen als Impulsgeber für die erforderliche Hebung eine
tiefdruckrinnenähnliche flache Druckverteilung mit konfluenten Windstrukturen
und mittlerweile auch analysierbarer Konvergenzlinie (A-Format 15 UTC) in Frage,
die von einem kurzwelligen, langsam nordwärts schwenkenden Höhentrog unterstützt
wird. An dieser Linie kommt es ebenfalls zu Unwettern in Form von Starkregen und
Hagel (um 2-3 cm), auch Sturmböen sind möglich. Die Wahrscheinlichkeit, dass
extreme Unwetter wegen Starkregens auftreten, ist nicht so hoch wie tagsüber im
Norden, gleichwohl aber nicht ganz ausgeschlossen. COSMO-DE und COSMO-DE-EPS
jedenfalls zeigen in der ersten Nachthälfte Wahrscheinlichkeiten von punktuell
rund 50%, dass in der Pfalz mehr als 60 mm innert 6 h Regen fallen, was extrem
wäre.
Es fällt auf, dass die COSMO-Serie, aber auch EURO4 die Gewitterlinie etwa im
Bereich Saarland-südliches RP-nordwestliches Bayern in der zweiten Nachthälfte
stark "ausbremsen". Auch hier wird man genau hinschauen müssen, wie sich die
Angelegenheit in der Realität verhält und entsprechend das Warnmanagement daran
anpassen. Darüber hinaus ist nicht ausgeschlossen, dass südlich der Linie noch
ein paar einzelne Gewitterzellen nachkommen.
In den Gebieten, wo es zuvor viel geregnet hat und die Wolkendecke für längere
Zeit aufgeht, bilden sich einige Nebelfelder.

Samstag ... verbleibt Deutschland unterhalb einer äußerst flauen
Potenzialverteilung. Im 500-hPa-Niveau findet man um 12 UTC - bei einer sonst
unüblichen 1:1-Isohypsendarstellung von 10 zu 10 geopotenziellen Dekametern -
gerade mal vier Isohypsen über dem Vorhersageraum. Dass dabei der Höhenwind eher
einen langsamen Walzer (wenn überhaupt) aufs Parkett legt als einen flotten
Tango, ist evident. Oder etwas professioneller ausgedrückt: nennenswerte
dynamische Prozesse sind bei einer solchen Konstellation nicht zu erwarten.
Diese Aussage trifft allerdings auch für das bodennahe Druckumfeld zu, das
ebenfalls durch einen äußerst unaufgeregten Gradienten auffällt. Immerhin, am
Rande des weiterhin über Fennoskandien positionierten Hochs kommt die trockene
und stabile Warmluft aus dem NO über Norddeutschland weiter nach Westen voran,
was dort - ebenso wie in weiten Teilen Ostdeutschlands - einen vielfach sonnigen
oder heiteren und trockenen Samstag zur Folge hat. Einzig im westlichen
Niedersachen können sich noch einzelne Gewitter entwickeln, die aber maximal in
den markanten Bereich gehen sollten (Starkregen).
Für die übrigen Gebiete im Westen sowie in der Südhälfte gilt zu konstatieren,
dass der klassische Gewittersumpf auch morgen wieder seinen Namen vollends
verdient hat. Ein Luftmassenwechsel findet nicht statt, so dass auch morgen
wieder die für diese Gebiete verantwortlichen Warnmeteorologen reichlich Arbeit
bekommen. Dabei deutet einiges darauf hin, dass es schon im Laufe der
Morgenstunden bzw. am Vormittag losgeht mit der Gewitterei und zwar in den
mittleren und südwestlichen Landesteilen im Bereich der zuvor vorübergehend zur
Ruhe gekommenen Konvergenzzone (bzw. der Gewitterlinie vom Vorabend). Diese wird
sich im Mittelgebirgsraum noch etwas nach Norden bewegen, wo sie dann aber durch
die nördlich positionierte stabilere Luftmasse ausgebremst wird. Zuvor besteht
aber durchaus wieder Unwettergefahr durch Starkregen (evtl. extrem) sowie
größeren Hagel (-ansammlungen).
Im weiteren Tagesverlauf entwickeln sich dann auch weiter südlich zunächst vor
allem im Bergland, später auch durch diabatische Auslöse zahlreiche, häufig
unorganisierte Gewitter mit Unwettergefahr durch Starkregen und Hagel, wobei
auch örtlich extreme Unwetter wahrscheinlich sind. Sollten sich im
gradientschwachen Umfeld konfluente Bodenwindstrukturen ausbilden, dann sind
aufgrund der schwachen Höhenströmung bei gleichzeitig hohem CAPE und teils
niedriger Wolkenbasis vereinzelte Typ2-Tornados nicht gänzlich ausgeschlossen.
Temperaturmäßig landen wir bei maximal 24 bis 31°C mit recht hoher Schwüle in
der südlichen Landeshälfte.

In der Nacht zum Sonntag bleibt es bei der Zweiteilung mit den trockenen und
stabilen Luftmassen im Norden und der feuchten und potenziell instabilen
Warmluft im Süden. In Letzterer treten weitere Gewitter auf, anfangs auch noch
bis in den Unwetterbereich, später nachlassend (aber vielleicht nicht gänzlich
aufhörend).

Sonntag ... ändert sich nicht viel an der Gesamtkonstellation. Die
Strömungsverhältnisse bleiben flau mit einer weitgehend trockenen und stabilen
Nordhälfte, in der häufig die Sonne scheint (Tmax gebietsweise um oder etwas
über 30°C).
In der Südhälfte steht dagegen einmal mehr ein schwüler und gewitterträchtiger
Tag auf der Karte. ML-CAPE von z.T. über 1000 J/kg, dazu PPWs von über 30 mm
liefern einen energiereichen Treibstoff. Die nötigen Hebungsimpulse kommen im
Wesentlichen aus der Orografie sowie mit Erreichen der Auslösetemperatur (um
25°C), aber auch konfluente Bodenwindstrukturen sind möglich. Damit ist er Weg
frei für weitere Unwetter, insbesondere durch Starkregen und Hagel.

Montag ... HINWEIS: aus Zeitgründen Originaltext der heutigen Synoptischen
Übersicht Mittelfrist.

..liegt besonders über dem Süden und Westen Deutschlands eine sehr feuchte und
labil geschichtete Luftmasse, wobei von der Früh weg mit Schauern und Gewittern
gerechnet werden muss. Diese sollten bei zunehmender Einstrahlung im
Tagesverlauf an Kraft gewinnen. Geringe Scherung und ein insgesamt äußerst
schwaches Windfeld in allen Höhenbereichen der unteren und mittleren Troposphäre
deuten auf eher unorganisierte und sehr langsam ziehende Konvektion hin.
Heftiger Starkregen und große Mengen an kleinem Hagel wären die Folge und die
Ausgabe von Unwetterwarnungen gilt aus heutiger Sicht als wahrscheinlich. Etwas
trockenere Luft, die aus einem seichten Hochdruckgebiet über der Ostsee
ausströmt, beeinflusst den Nordosten, wo entsprechend die Schauer- und
Gewittergefahr sehr niedrig ist. Im Süden und Westen wird es drückend schwül bei
hoher Luftfeuchte und Maxima von 25 bis 29 Grad. Im Nordosten mit höherem
Sonnenanteil werden gar 28 bis 32 Grad erreicht. Abseits von Schauer- und
Gewitterböen weht der Wind schwach aus Nordost bis Ost.
In der Nacht zum Dienstag greift aus Nordwest eine schwache Kaltfront auf
Deutschland über, wobei sich präfrontal eine Bodenkonvergenz ausbilden könnte,
die den Fokus für die kräftigsten Schauer und Gewitter darstellen würde. Das
bedeutet einerseits, dass die Schauer und Gewitter vom Tage auch die Nacht über
weiter andauern. Andererseits weiten sich die Niederschläge sukzessive ostwärts
aus, sodass nur noch der äußerste Nordosten trocken bleiben sollte. Bei meist
starker Bewölkung gehen die Tiefstwerte auch nur langsam auf 19 bis 15 Grad
zurück und das alles bei einem schwachen Wind, der im Zuge der Frontpassage
allmählich auf West dreht.




Modellvergleich und -einschätzung
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Wie so oft bei solchen Wetterlagen müssen viele Entscheidungen das
Warnmanagement betreffend kurzfristig getroffen werden. Das wird auch am
Wochenende so sein. Es bietet sich aber an, am Samstag erneut eine
Vorabinformation herauszugeben für den Süden sowie Teile Westdeutschlands
(Details in der Frühkonferenz).


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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