SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 311800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 31.12.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Bis auf Weiteres zyklonale Westlage mit wiederholten Niederschlägen, häufig als
Regen und trotz Pausen viel Wind, teils Sturm. Am Mittwoch im Süden Gefahr
ergiebiger Regenfälle mit starkem Tauwetter.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland im Übergangsbereich zwischen einem
ostwärts abwandernden Höhenrücken und einem breiten, sich von Westen nähernden
Trog. Dieser besteht - selbst mit alternden bloßen Augen erkennbar - aus zwei
kurzwelligen Anteilen, von denen der erste in der Nacht des Jahreswechsels auf
den Vorhersageraum übergreift. Dabei "schubst" dieser KW-Trog die heute lange
Zeit über NW-Deutschland schleifende Kaltfront an, die in den nächsten Stunden
relativ zügig ost-südostwärts schwenkt. Die Kaltfront gehört zu einem kleinen
Randtief (HORST), das heute Mittag mit etwas unter 970 hPa an der schottischen
Ostküste lag, von wo aus es nun in Richtung Kap Svinöy zieht, wo sich ja auch
gut Silvester feiern lassen soll.
Wie auch immer, mit KF-Passage wird die sehr milde Meeresluft (heute mit Ausnahm
des Nordostens und höherer Lagen zweistellige Tageshöchstwerte, am Oberrhein bis
zu 16°C) abgedrängt und durch eine Portion erwärmter Meereskaltluft subpolaren
Ursprungs ersetzt (T850 bis morgen früh 0 bis -3°C, T500 in der NW-Hälfte etwas
unter -30°C). Diese Meereskaltluft weist zwar ein gewisses Quantum an Labilität
auf, deren Qualität aber darunter leidet, dass die Luftmasse trotz ihrer marinen
Herkunft relativ trocken ist (PPW teils im einstelligen Bereich, spez. Feuchte
häufig unter 5 g/kg), so dass die potenzielle Labilitätsenergie nicht richtig
ausgeschöpft werden kann. Trotzdem können sich postfrontal ein paar Schauer
entwickeln, die im höheren Bergland mit Schnee vermischt sein können. An der
Nordsee und generell im Westen sind sogar vereinzelte kurze Gewitter nicht
ausgeschlossen, die - so sie denn auftreten - durchaus von Böen der Stärke 8-9
Bft begleitet sein können (Wind in 925 hPa bis zu 45 Kt, in 850 bis zu 50 Kt).
Ansonsten büßt die Kaltfront auf ihrem Weg nach O bzw. SO aber an Charakter ein,
was dadurch deutlich wird, dass das anfangs noch gut definierte Regenband mehr
und mehr zerfleddert respektive unorganisierte Züge bei gleichzeitig
nachlassender Intensität annimmt. Im Südosten bleibt es gebietsweise sogar
trocken, während am Alpenrand die Schneefallgrenze auf 1200 bis 1000 m sinkt.
Viel Neuschnee kommt aber nicht zusammen, so dass nur punktuell (Allgäu,
Berchtesgadener Alpen) eine kleine Schneefallwarnung ausgegeben wurde.
Weiterhin gewarnt werden muss aber vor Wind, der mit Ausnahme einiger östlicher
Landesteile, vorübergehend auch im NW und N (postfrontal) sowie des Südostens
weiterhin flott unterwegs ist bzw. wieder an Fahrt aufnimmt (Annäherung eines
Bodentrogs) und dabei von südlichen Richtungen auf SW dreht. In tiefen Lagen
muss mit Böen 7 Bft, in freien Lagen 8 Bft gerechnet werden. An der Nordsee und
im höheren Bergland stehen später Böen 8-9 Bft, in exponierten Kamm- und
Gipfellagen 10 Bft, auf dem Brocken 11 Bft auf der Karte.

Montag ... zieht der erste KW-Trog unter Verlust seiner Kontur rasch ostwärts ab
und die Höhenströmung zonalisiert für einige Stunden, bevor in den Abendstunden
bzw. in der ersten Nachthälfte KW-Trog "Number two" auf die westlichen
Landesteile übergreift.
Nicht nur in der Höhe, auch im bodennahen Niveau stellt sich vorübergehend eine
recht glatte W-SW-Strömung ein. Als steuerndes Element dient dabei der unweit
von Kap Svinöy alternde (weil sich auffüllende) HORST, der es als einer der
wenigen männlichen Tiefs ins neue Jahr schafft, bevor demnächst wieder für ein
Jahr die Damen ihre Namen den synoptisch ohne Zweifel interessanteren
Druckgebilden zur Verfügung stellen. Bei wechselnder Bewölkung entwickeln sich
einzelne Schauer, die im höheren Bergland mit Schnee vermischt sein können oder
als nasser Schnee fallen. Die Erwartungshaltung in Richtung Neuschnee sollte
realistischerweise aber nicht sehr hoch angesetzt sein, auch nicht an den Alpen,
wo es anfangs oberhalb rund 1000 m noch geringfügig schneit. Die Gefahr kurzer
Gewitter nimmt deutlich ab, am ehesten könnte es im Nordosten noch ganz
vereinzelt für wenige Blitze mit etwas Donner reichen.
Der SW-W-Wind weht zunächst noch mäßig bis frisch, was vielerorts eine Warnung
notwendig macht. Davon werden bis Mittag wohl auch die östlichen Landesteile
erfasst, während der SO abgesehen von einigen Flusstälern windmäßig am
schwächsten aufgestellt bleibt. Im Flachland reicht es meist für Böen 7 Bft,
vereinzelt 8 Bft, an der See und im Bergland bis zu 9 Bft. Exponiert sind dort
auch wieder vereinzelte 10er- oder gar 11-er Böen zu erwarten. Am Nachmittag
kommt es dann landesweit zu einer Windabschwächung, die im SW aber nur
vorübergehender Natur ist. Ursache dafür ist die Annäherung eines kleinen
Wellentiefs mit dem Namen INGMAR von Nordfrankreich bzw. Belgien her, das gut
mit dem o.e. zweiten KW-Trog korrespondiert. Auf seiner Vorderseite dreht nicht
nur der Wind zurück auf südliche Richtungen, zudem fächert auch der Gradient
auf, bevor er in den Abendstunden im SW wieder zunimmt.
Dass die einfließende Meereskaltluft nur theoretisch kalt respektive deutlich
erwärmt ist - sie kommt ja aus subpolaren Breiten - erkennt man an den
anvisierten Tageshöchstwerten, die mit 7 bis 13°C (am Oberrhein lokal vielleicht
um 14°C) alles andere als winterlich sind.

In der Nacht zum Dienstag kommt "Nr. 2" unter leichter Intensivierung weiter
nach Osten voran, so dass er am frühen Morgen den gesamten Vorhersageraum
überdeckt. Das korrespondierende Wellentief INGMAR hat Mühe, seinen Status als
eigenständiges Tief (also im Sinne mindestens einer abgeschlossenen Isobare)
aufrecht zu erhalten. Schlussendlich wird es wohl in einen Bodentrog übergehen,
der von Belgien kommend über NRW und das südliche Niedersachsen in Richtung
Hauptstadt zieht. Vorderseitig wird kurzzeitig etwas mildere Luft (T850 um 0°C)
angezapft, bevor dahinter und bis Dienstagfrüh ein Schwall polarer Meeresluft
(T850 um -3°C) den Vorhersageraum flutet.
Fakt ist, dass sich von Westen her in der Basis stratiforme, teils aber
konvektiv verstärkte Niederschläge über weite Landesteile ostwärts ausbreitet.
Ausgenommen bleibt nach Stand der Dinge nur der äußerste Norden. Die
Schneefallgrenze steigt vor allem nach Süden hin kurze Zeit etwas an, bevor sie
sich in einem Bereich von 600 bis 900 m einpendelt. Zwar simulieren die Modelle
derzeit noch unterschiedlich, in den Hochlagen einiger Mittelgebirge (bevorzugt
im SW und im zentralen Bereich) können aber durchaus 5 bis 10 cm (oder etwas
mehr) Neuschnee zusammenkommen.
Ein Thema bleibt nach wie vor der Wind, der auf der Südflanke des Wellentiefs
bzw. des Bodentrogs merklich auffrischt (Süden, Teile der Mitte) und dabei in
Böen Stärke 7-8 Bft, örtlich 9 Bft, auf den Bergen (niedertroposphärisches
Windmaximum bis zu 60 Kt in 850 hPa) 10 bis 11 Bft erreichen kann. Kann
deswegen, weil auch hier die Modelle noch nicht auf einheitlicher Schiene
fahren. Man wird sehen, ob IFS von ECMF (12-UTC-Lauf lag bei Redaktionsschluss
noch nicht vor) seine progressive Linie beibehält.

Dienstag ... ziehen der Bodentrog und mit etwas Verzögerung auch der Höhentrog
nach Osten ab. Dahinter wölbt sich bei allmählicher Auffächerung die
Bodenströmung auf, was dem ganzen Druckmuster bei uns den Anschein eines
leichten Zwischenhochs verleiht. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt,
dass von Westen her ein flacher Höhenrücken übergreift, der eine mögliche
Wetterberuhigung einleitet. Diese lässt aber zunächst auf sich warten, weil erst
mal die bodentroggebundenen Niederschläge ostwärts abziehen müssen und dann noch
ein paar nachfolgende Schauer (oberhalb 500 bis 700 m als Schnee) Teile der
Mitte und des Südens traktieren und sich erst am Nachmittag und Abend ins
östliche und südöstliche Bergland zurückziehen.
Der anfänglich besonders im Süden noch spürbare SW-Wind mit Böen 7 Bft, im
Bergland 8-9 Bft verliert zusehend an Power, so dass am Nachmittag mit Ausnahme
einiger exponierter Kamm- und Gipfellagen Ruhe im Karton sein sollte.
Die Temperatur wird in der frisch einfließenden maritimen Polarluft (T850 bei
-3/-4°C) etwas gestutzt und erreicht in 2m Höhe "nur noch" 4 bis 10°C.

In der Nacht zum Mittwoch ist es mit der Wetterberuhigung schon wieder vorbei,
wenn nämlich von Westen her die Frontalzone direkten Kontakt mit dem
Vorhersageraum aufnimmt und wir zumindest teilweise unter den hebungsintensiven
linken Jetausgang gelangen. Darüber hinaus werden wir verbreitet mit kräftiger
WLA überflutet, die die Annäherung eines okkludierenden Frontensystems
ankündigt. Es gehört zu einem Sturmtief, das Dienstagmittag noch mit etwas unter
970 hPa süd-südwestlich von Island liegt, von wo aus es nur langsam ostwärts
zieht, während sich über der Nordsee, wahrscheinlich am Okklusionspunkt, die
Bildung eines kleinen Teiltiefs abzeichnet.
Im Vorfeld der später übergreifenden Warmfront respektive Okklusion setzt in den
Abendstunden im Westen Regen ein, der sich in der Nacht unter Intensivierung
nach Osten ausbreitet und wahrscheinlich einen Großteil des Vorhersageraums
erfassen wird. Lediglich Richtung Oder und Neiße könnte es bis zum frühen Morgen
noch niederschlagsfrei oder zumindest weitgehend niederschlagsfrei bleiben.
Während es im Westen von Anfang an regnet bzw. die Schneefallgrenze relativ
schnell über die Kammlagen der Mittelgebirge hinaus ansteigt, fällt nach Osten
hin anfangs zumindest teilweise (Bayerischer Wald, Fichtelgebirge) bis in die
Täler und für längere Zeit bis in mittlere Lagen (nasser) Schnee. In Staulagen
der westlichen Mittelgebirge können in 12 h rund 10 mm, lokal um 15 mm Regen
zusammenkommen. Gegen Morgen sind im Westen postfrontal kurze Gewitter möglich.
Was bei so einer Entwicklung freilich nicht fehlen darf, ist der Wind, der sich
aus seiner abendlichen Ruheposition wieder erhebt und von Westen her auffrischt.
Dabei dreht er präfrontal auf südliche Richtungen zurück, bevor er später wieder
auf SW rechtdreht. Zwar bleiben auch heute Abend noch ein paar Fragezeichen zum
genauen Ablauf übrig, besonders in der Westhälfte zeichnet sich aber ein solider
Steam mit Böen 7-8 Bft, im Bergland je nach Ausrichtung 8 bis 10 Bft, auf dem
Feldberg und vielleicht auch schon auf dem Blocksberg bis 11 Bft ab.

Mittwoch ... scheint dann wettermäßig alles andere als langweilig zu werden.
Innerhalb der Frontalzone setzt knapp westlich von uns eine (flache) Austrogung
ein, wobei die Frontalzone insgesamt etwas weiter nach Süden gedrückt wird. Der
resultierende Trog erfasst bis zum Abend unter leichter Amplifizierung den
Vorhersageraum. Das o.e. Teiltief - es dürfte sich mittlerweile um eine Dame
handeln - verlagert sich von der Nordsee gen Dänemark. Die zugehörige Okklusion
bzw. Kaltfront überquert den größten Teil unseres Landes zügig ostwärts, kommt
allerdings in Süddeutschland ins Schleifen. Auch im Nordosten dauert es aufgrund
der starken Krümmung des Bodentrogs (in der die "Okkl" liegt) und der
auffächernden Höhenströmung etwas länger, bis die Front und der von ihr
induzierte Niederschlag endlich abgezogen sind, was wohl erst am Nachmittag der
Fall sein wird. Dabei ist nicht ganz ausgeschlossen, dass durch die starke
Hebungs- und Verdunstungsabkühlung bei gleichzeitig nur schwachem Südostwind
gebietsweise und kurzzeitig mal die Nassschneephase mit im Spiel ist (hängt
freilich stark vom Timing und der genauen Konfiguration von Druck- und
Potenzialfeld ab).
Ansonsten kommt es postfrontal zu dem einen oder anderen Schauer bzw. kurzen
Gewitter. So richtig fies wird es aber in Süddeutschland im Bereich der
schleifenden Front, wo vorübergehend ein Schwall milder Luft mit
850-hPa-Temperaturen von bis zu +5°C advehiert wird. Die Folge sind bis in die
Kammlagen der dortigen Mittelgebirge und bis in höhere Lagen der Alpen
(wahrscheinlich über 1500 m) länger andauernde und vor allem durch Staueffekte
sich intensivierende Regenfälle, die dort, wo noch ausreichend Schnee liegt,
starkes Tauwetter und mögliches Hochwasser zur Folge haben. Noch steht nicht
genau fest, wo wieviel Regen tatsächlich fällt. Am Alpenrand und im
Südschwarzwald sind aber durchaus 30 bis 50 mm innert 12 h vorstellbar, was die
nächsten Läufe aber noch bestätigen müssen (oder auch nicht). Mit dem
Übergreifen des o.e. Höhentroges wird dann im Laufe des Nachmittags und Abends
wieder etwas kältere Meeresluft herangespült, die die Schneefallgrenze von
Norden her wahrscheinlich auf unter 1000 m sinken lässt.
Einen weiteren neuralgischen Aspekt stellt der Wind dar, der auf der Südseite
des gen Dänemark ziehenden Tiefs aus westlichen Richtungen kommend merklich an
Fahrt aufnimmt mit der Gefahr von Böen 8-9 Bft bis in tiefe Lagen (IFS von 00
UTC und GFS von 12 UTC sehen sogar einzelne 10er-Böen). Auf den Bergen geht es
je nach Exposition bis auf Orkanstärke hoch. Man darf sehr gespannt sein, wie
der hoffentlich bald erreichte Konsens der verschiedenen Modelle schlussendlich
aussieht.



Modellvergleich und -einschätzung
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An der grundsätzlichen Ausrichtung der GWL bestehen keine Zweifel, wir bleiben
zunächst stark auf Wz (West zyklonal) gepolt. Was die Details angeht, wurde im
Text schon mehrfach darauf hingewiesen, wo es noch hapert.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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