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Thema des Tages

Die Halligen - Land unter (Teil 3)

Wie im Thema des Tages vom 27. September beschrieben, bildete sich im
Verlauf des 10. Septembers ein Tiefdruckgebiet vor Neufundland, das
in der Folge unter stetiger Intensivierung ostwärts über den
Nordatlantik zog und als Sturmtief am 13. September die Nordsee
erreichte. Sein Sturmfeld erfasste im Tagesverlauf besonders die
südlichen Bereiche der Nordsee und somit auch die Halligen.

Bereits am 12. September wurden überall auf der Hallig Hooge die
alltäglichen Gegenstände, wie Mülleimer oder Strandkörbe, gesichert
oder weggeräumt. Abgesehen davon gab es für die wenigen Urlauber kaum
Anzeichen auf das bevorstehende Ereignis. Am 13. September
verschlechterte sich jedoch das Wetter im Verlauf des Vormittags
fortwährend, als der zu Sebastian gehörende Tiefausläufer mit
anhaltendem Regen über die Hallig zog. Dabei erreichte der Wind
zunehmend Sturmstärke. Zur Mittagszeit ging der Regen in teils
kräftige Schauer über, wobei während der Schauer die ersten schweren
Sturmböen (Bft 10) gemessen wurden. Sebastian erreichte derweil mit
einem Kerndruck von etwas unter 980 hPa den Westen Dänemarks und die
Halligen gelangten somit auf die Südseite des Sturmtiefs. In diesem
Bereich eines Tiefs befindet sich häufig der stärkste Wind und auch
an diesem Tag deutete eine dichte Isobarendrängung (Drängung der
Linien gleichen Luftdrucks) auf ein ausgeprägtes Sturmfeld über der
südlichen Nordsee hin.

Das Wetter gestaltete sich am Nachmittag sehr wechselhaft mit teils
heftigen Schauern und nur kurzen Wolkenlücken, wobei der Wind immer
weiter an Kraft gewann und mit schweren Sturmböen, teils auch
orkanartigen Böen um 117 km/h (Bft 11 bis 12) über die Halligen
fegte. Wie bereits im ersten Teil beschrieben, wehte der Südwest- bis
Westwind sehr beständig und wies nur beim Durchgang von Schauern eine
stärkere Böigkeit auf. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte man am Rand der
Hallig problemlos der Naturgewalt zuschauen, denn dank der Ebbe war
kaum Wellengang zu erkennen. Während der Sturm bereits tobte, trieben
die Bewohner der Hallig Hooge ihr Vieh am frühen Nachmittag rasch auf
die Warften, um es vor dem einbrechenden Wasser zu schützen.

Im Verlauf des Nachmittags änderte sich dann aber das
Erscheinungsbild des Meeres rasch, denn die einsetzende Flut und der
andauernde Sturm drückten das Wasser in einer unfassbaren
Geschwindigkeit in die flachen Bereiche der Deutschen Bucht und somit
auch auf die Halligen. Zum späten Nachmittag (zwischen 16 und 17 Uhr
MESZ) schließlich erreichten die Wellen die Kämme der kleinen Deiche
und das Wasser überspülte in den folgenden zwei Stunden die gesamte
Hallig Hooge. Nun hieß es "Land unter" (siehe Bild). Bis zum Einbruch
der Dunkelheit fühlte man sich wie auf einer winzigen Insel. Nur die
Warften schauten noch bei weiterhin anhaltendem schweren Sturm aus
dem tosenden Meer heraus, während die Wolken mit hoher
Geschwindigkeit über den Abendhimmel zogen: Ein Eindruck, den man
nicht so schnell vergisst. Das Gefühl der Hilflosigkeit der Menschen
von früher konnte man sehr gut nachvollziehen, gab es doch damals
keine so verlässliche Wetter- und Wasserstandsvorhersage, wodurch
solch ein Sturmereignis nicht selten überraschend erfolgte.

Im Verlauf der Nacht zum 14. September schwächte sich der Wind
kontinuierlich ab und auch das Wasser ging allmählich zurück.
Letztendlich hieß es aber noch bis zum Abend des 14. September "Land
unter" auf der Hallig. An eine An- oder Abreise konnte bis dahin
nicht gedacht werden.

Bei besonders schweren Sturmfluten, wenn selbst die Warften keinen
richtigen Schutz mehr bieten, dient übrigens ein hochreichender und
in die Häuser eingearbeiteter Betonraum für die letztmögliche
Zuflucht vor Wind und Wasser. Soweit kam es allerdings bei Sturmtief
Sebastian nicht.

Auf jeden Fall war es ein beeindruckendes Naturschauspiel, für die
Halligen aber ein gar nicht so ungewöhnliches Ereignis. Der Kampf
zwischen Land und Wasser geht aber auch in Zukunft mit unverminderter
Kraft weiter, oder wie die Einheimischen sagen: De Blanke Hans, he
givt un nimmt!


Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.09.2017

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

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