SXDL31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 301800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 30.12.2015 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
******* Allen LeserInnen im wohlgemeinten!!! Sinne einen Guten Rutsch *****

Anfangs noch Hochrandlage mit etwas Wind an der See und in einigen
Mittelgebirgen sowie verbreitetem Nachtfrost.
An Silvester von Westen her Niederschläge, teils als gefrierender Regen mit
Glatteis.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland nach wie vor am Rande des umfangreichen
Hochs über Nordosteuropa, das seinen aber vom Baltikum nach Nordrussland knapp
östlich des Weißen Meeres verlagert. Von dort reicht aber ein langgestreckter
Keil weit nach Süden bis zur Balkanhalbinsel, aus dem ageostrophisch weiterhin
kalte Festlandsluft ausfließt. Gestützt wird die Hochdruckzone von einem mehrere
1000 Kilometer langen, aber recht schmalen, fast als schlauchartig zu
bezeichnenden Höhenrücken, der sich vom westlichen Mittelmeer über die gesamte
Ostsee und die Barentssee bis in den Bereich des Nordpolarmeeres erstreckt. Wie
nicht anders zu erwarten, wird der Rücken von zwei LW-Trögen flankiert, von
denen der eine das nahe Osteuropa, der andere große Teile des Ostatlantiks
abdeckt. Letzterer wiederum korrespondiert mit einem Orkantief (ECKARD), das
mittlerweile die Dänemarkstraße (zwischen Island und Grönland) erreicht hat,
sich dort aber beginnt aufzufüllen. Die zugehörige wellende Kaltfront steuert
auf den Westen des Vorhersageraums zu, gefolgt von einem kurzwelligen Höhentrog,
der sich aus dem Langwellenmuster löst.
Frontale Hebungsprozesse in Verbindung mit (leichter) trogvorderseitiger WLA und
PVA sorgen zunächst für das Übergreifen mehrschichtiger Bewölkung, die bis in
die mittleren Landesteile vorrückt und aus der nachfolgend (2. Nachthälfte)
leichter Regen etwa von Ostfriesland bis hinunter zum Saarland, vielleicht sogar
bis zur Südpfalz bzw. dem Nordschwarzwald fällt. Mehr als 1 bis 2 mm maximal
sollten bis zum frühen Morgen aber nicht zusammenkommen.
Im großen Rest des Landes bleibt es zunächst noch niederschlagsfrei, wobei die
verbreitet vorhandene Hochnebeldecke von Osten her durch das Einströmen der
trocken-kalten Luft mehr und mehr "angefressen" wird. Nebelfelder gibt es am
ehesten im Süden sowie in den Hochlagen einiger Mittelgebirge durch aufliegende
Wolken. Mit Ausnahme W- und NW-Deutschlands geht die Temperatur verbreitet auf
-1 bis -5°C, im Osten sowie an den Alpen stellenweise bis zu -8°C zurück, wobei
es besonders auf Brücken und Nebenstrecken glatt werden kann durch
Reifablagerungen oder gefrierende Nässe (bei Nebel).
Aufgrund des veritablen Gradienten bleibt der Südostwind besonders an der Küste
sowie im und am Erzgebirge bzw. Zittauer Gebirge ("Böhmischer Wind") so flott
unterwegs, dass er in Böen Stärke 7 bis 8 Bft erreicht. Auch auf dem Brocken
könnte es in der Nacht die eine oder andere Sturmböe geben.

Donnerstag ... ist der letzte Tag des Jahres 2015, der - gerade auch gemessen an
den vergangenen Wochen - sicherlich nicht zu den synoptisch uninteressantesten
gehört. Dabei ändert sich das großräumige Strömungsmuster gar nicht mal so
großartig. Das blockierende Hoch (knapp über 1045 hPa) bleibt über Nordrussland
liegen und auch der zum Balkan gerichtete Keil lässt sich auf den Prognosekarten
wiederfinden. Allerdings schwächelt der Keil etwas, was auch für den stützenden
Höherücken gilt, so dass der o.e. KW-Trog etwas Boden nach Osten hin gutmachen
kann. Er erreicht am Silvesterabend W-NW-Deutschland und die Deutsche Bucht,
wobei er nach wie vor die Kaltfront vor sich "herschiebt". Sie wird am
Nachmittag die östlichen Landesteile erreichen und in der Nacht zum 1. Januar
bereits über Polen liegen. Nach Süden hin hängt die Front allerdings etwas
zurück, was einer flachen Tief- respektive Wellenbildung unweit der
ostspanischen Küste geschuldet ist.
Wie auch immer, mit der Kaltfront verlagert sich auch der Niederschlag ostwärts
und erreicht bis Mittag 12 UTC etwa eine Linie Lübecker Bucht - Ostharz -
westliches Oberfranken, wobei die Intensität überwiegend leichter Natur ist
(6h-Summen unter 5 mm). Aufgrund der präfrontalen, mehrere 100 m mächtigen
niedertroposphärischen Warmluftschicht mit Temperaturen weniger Grad über dem
Gefrierpunkt fallen die Niederschläge zunächst durchweg als Regen. Inwieweit
dabei Glatteis durch gefrierenden Regen auftritt, hängt in starkem Maße vom
Zusammenspiel "Temperaturanstieg - einsetzender Niederschlag" ab, was en detail
freilich erst kurzfristig abschließend beurteilt werden kann. COSMO-EU simuliert
relativ progressiv "rote Schlangen", während die anderen Modelle und auch die
MOS-Verfahren zurückhaltender sind, dafür zum Teil aber die Schneephase
überfavorisieren. Möglich ist, dass sich aus der Nacht heraus noch ein paar
lokale Kaltluftpole mit leichtem Frost halten, an denen - etwa beginnend aber
einer Linie Schleswig-Holstein - östliches Baden-Württemberg - kurzzeitig
gefrierender Regen auftritt, der entsprechend operativ abgewarnt werden muss.
Am Nachmittag erreicht der Niederschlag dann auch die östlichen und südöstlichen
Landesteile, wo zuvor noch die Sonne ein paar Stunden geschienen hat. Einzig
Richtung Oder und Neiße sowie im äußersten Südosten Bayerns bleibt es wohl bis
zum Abend noch trocken. Mit Ostverlagerung der Niederschläge nimmt die
Wahrscheinlichkeit für gefrierenden Regen aufgrund kälteren Vornacht sowie der
allgemein vorliegenden Kaltluft zu, so dass aus "vereinzelt" bzw. "örtlich" dort
vielleicht ein "gebietsweise" wird. Allerdings bleibt die Aussage über das
Zusammenspiel "Temperatur - Niederschlag" weiterhin bestehen. Schließlich ist
die Vorgeschichte nicht wie bei klassischen Glatteislagen, wo der Boden z.T.
mehrere Dekameter durchgefroren ist; dann würde man jetzt bereits eine
Vorabinformation UNWETTER herausgeben. So ist aber nur die obere Bodenschicht
leicht angefroren, und das auch nicht überall. Möglicherweise liegt die
-5cm-Temperatur am Nachmittag ebenso wie die 2m-Temperatur z.T. schon wieder
etwas über 0°C, was aber erst sehr kurzfristig beurteilt werden kann.
Lange Rede, kurzer Sinn, nach Osten und Südosten hin (MV bis nach Sachsen und
Thüringen sowie Oberfranken bis untere Donau und Niederbayern) nimmt die
Wahrscheinlichkeit für Glatteis durch gefrierenden Regen zu, wobei durchaus auch
mal die eine oder andere "rote Karte" für kurze Zeit gezogen werden muss
(UNWETTER). Eine überregionale und länger andauernde Glatteislage zeichnet sich
aber nicht ab.
Postfrontal strömt ein Schwall erwärmter Meereskaltluft vor allem in die
westlichen Landesteile, in der die Wolkendecke am Nachmittag vorübergehend etwas
auflockert. Nach Osten hin wird die Luftmasse nicht 1:1 ausgetauscht, dort kommt
es eher zu einer Mischung mit der kontinentalen Kaltluft. Das thermische
West-Ost-Gefälle bleibt bestehen mit Tagesmaxima von rund 0°C (also teilweise
leichter Dauerfrost) im Osten und etwas über 10°C im Westen. Mit
Kaltfrontpassage fächert nicht nur der Gradient auf, auch die Windrichtung
ändert sich. So nimmt der postfrontal von SO auf SW drehende Wind im
Tagesverlauf von Westen her ab, gleichwohl treten an der Küste, in einigen
Hochlagen und im südlichen Sachsen ("Böhmischer Wind") zunächst noch warnwürdige
Böen 7 bis 8 Bft, exponiert 9 Bft, Brocken vereinzelt 10 Bft auf.

In der Nacht zum 1. Januar ziehen die Niederschläge im Osten allmählich ab,
wobei anfangs noch die Gefahr von gefrierendem Regen mit Glatteis besteht. Im
Süden, vornehmlich südlich der Donau, dauern die Niederschläge aufgrund der
zurückhängenden Front die ganze Nacht über an. Vor allem in den östlichen
Landesteilen Bayerns besteht anfangs noch die Gefahr von Glatteis. Ansonsten
sinkt die Schneefallgrenze auf rund 1000 m, gegen Morgen vielleicht auch etwas
darunter, wobei wohl aber nur wenige Zentimeter Neuschnee in den Hochlagen
zusammenkommen.
Ansonsten steigt der Luftdruck der postfrontalen KLA folgend an, so dass sich
Zwischenhocheinfluss durchsetzt. Dabei reißt die Wolkendecke zwar vorübergehend
mal auf, in der maritimen Luftmasse sowie in der relativ feuchten Mischluft
bildet sich aber - mit Unterstützung feuerwerksbedingter Kondensationskeime -
rasch Nebel. Dort, wo es doch mal etwas länger aufklart, kann die Temperatur auf
Werte um den Gefrierpunkt zurückgehen mit der Gefahr von Straßenglätte. Der Wind
spielt beim nächtlichen Geböller und Geknalle keine prominente Rolle mehr. Dafür
könnte es in den frühen Morgenstunden im Westen und Nordwesten etwas
(schauerartig) regnen, wenn sich ein weiterer KW-Trog mit vorlaufender Kaltfront
nähert.

Freitag ... dringt die Kaltfront, die übrigens zu einem neuen Sturmtief bei
Island gehört, noch etwas landeinwärts in den Norden und Westen ein, wo sie aber
nicht mehr richtig weiterkommt und zunehmend unter Druck- bzw. Potenzialanstieg
gelangt. Anfangs fällt im Westen und Norden noch etwas Regen, in höheren Lagen
geringfügig Schnee, bevor es am Nachmittag weitgehend trocken bleibt. Gleiches
gilt für die anfänglich am Alpenrand sowie im südöstlichen Bayern noch
auftretenden Niederschläge (Schneefallgrenze etwas unter 1000 m), wobei am
Morgen auch noch gefrierender Regen möglich ist. Die Temperatur steigt in der
erwärmten Meereskaltluft bzw. in der Mischluft auf 1 bis 8°C mit den höheren
Werten im W und SW. Im höheren Bergland werden Werte um den Gefrierpunkt
erreicht. Dabei bleibt es in weiten Teilen des Landes stark bewölkt bis bedeckt
oder auch neblig trüb. Auflockerungen oder gar Aufheiterungen deuten sich am
ehesten im Süden und Südwesten (besonders höhere Lagen) sowie an der
Nordseeküste an.

In der Nacht zum Samstag rückt allmählich ein Sturmtief in den Fokus, das vom
Seegebiet westlich Irlands zum Westeingang des Ärmelkanals zieht. Vorderseitige
Hebungsvorgänge erfassen im Laufe der Nacht den äußersten Westen und Südwesten
des Landes, wo es gegen Morgen etwas regnet, in höheren Lagen schneit. Ansonsten
kann es auch im Osten und Nordosten an der "vergammelnden" Kaltfront noch etwas
regnen oder schneien. Im Süden und in der Mitte bildet sich örtlich Nebel, zudem
gibt es im Osten und Süden bei Aufklaren leichten Frost. Da der Gradient wieder
zunimmt, frischt der südöstliche Wind besonders an der See sowie in einigen
Hochlagen wieder auf mit Böen 7 Bft, exponiert 8 Bft.

Samstag ... verbleibt das erwähnte Sturmtief zunächst über dem SW-Zipfel England
liegen, bevor es später unter merklicher Abschwächung nord-nordostwärts zieht.
Der korrespondiere Höhentrog reicht bis hinunter zum westlichen Mittelmeer, wo
er eine Bodenzyklogenese in Gang bringt. Entscheidender für unseren Raum ist
aber die Tatsache, dass das nordosteuropäische Hoch leicht retrograd wird und
seinen Schwerpunkt nach Finnland verlagert. Dabei nimmt der Gradient zwischen
dem Hoch und dem Tief weiter zu, so dass auch der SO-Wind weiter zulegt. Am
spürbarsten dürfte das im Norden und Osten der Fall sein, wo es Böen 7 Bft, an
der See 8 Bft, exponiert 9 Bft gibt. Im und am Erzgebirge sowie in
ost-west-ausgerichteten Tälern der ostbayerischen Mittelgebirge kommt der
Böhmische Wind wieder in Fahrt mit Böen bis 8 Bft.
Ansonsten stellt sich eine "Grenzwetterlage" ein mit aus dem Hoch ausfließender
Kaltluft insbesondere im Norden und Osten des Landes, der mildere Meeresluft im
Westen und Süden gegenübersteht. Wo genau die Demarkationslinie zwischen den
Luftmassen verläuft (die freilich noch über einen mehr oder weniger breiten
Übergangsbereich verfügt), steht freilich noch nicht fest. Die Temperaturspanne
reicht etwa von etwas unter 0°C im Nordosten bis 8 oder 9°C im äußersten Westen
und Nordwesten.
Tatsache ist, dass sich die Hebungsprozesse aus dem SW noch etwas nordostwärts
bis in die mittleren Landesteile ausbreiten. Dabei fällt in tiefen Lagen meist
Regen, im Bergland Schnee. In der Nacht zum Sonntag kann es dann aber am
Ost-Nordostrand des Niederschlagsgebietes bis in tiefe Lagen schneien. Wo genau
das sein wird, bleibt noch abzuwarten.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die grundlegende Entwicklung wird von den Modellen ähnlich simuliert.
Unsicherheiten, z.B. die Niederschlagsphase an Silvester sowie in der Nacht ins
neue Jahr, aber auch die genaue Niederschlagsentwicklung am Samstag betreffend,
wurden im Text z.T. ausführlich angesprochen, können aber nur relativ
kurzfristig geglättet werden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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