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Thema des Tages

Das Gespenst im Nebel


Für manche Lyriker ist er eine Inspiration und in einem guten
Gruselfilm darf er auch nicht fehlen: der Nebel.
Besonders gespenstisch wird es, wenn in einer dichten Nebelwand eine
Figur auftaucht, die auch noch geisterhaft wabert. Solch eine
Erscheinung kann unter bestimmten Bedingungen tatsächlich beobachtet
werden und hat weder etwas mit Geistern noch mit Computeranimation zu
tun: Es handelt sich dabei vielmehr um ein optisches Phänomen namens
"Brockengespenst", mit dem uns die Natur in Staunen und Schrecken
versetzen kann.

Das scheinbare Mysterium ist zu beobachten, wenn man mit dem Rücken
zur tief stehenden Sonne steht und der eigene Schatten auf eine
Nebelbank fällt. Nebel besteht aus sehr vielen kleinen
Wassertröpfchen, was man gut im Scheinwerferlicht eines Autos
beobachten kann. Der Schatten des Brockengespenstes (also der
Schatten des eigenen Körpers) wird folglich nicht auf eine feste
Fläche abgebildet, sondern auf jedes einzelne Tröpfchen und erscheint
dadurch verzerrt und vergrößert. Wenn sich der Nebel bewegt, dann
bewegt sich also auch der Schatten, ohne dass sich der Beobachter
bewegt. Je kleiner die Entfernung zwischen der Person und dem Nebel,
desto größer wirkt das Schattenbild, das dadurch ziemlich unheimlich
erscheinen kann.

Um diesen Eindruck zu verstärken, gesellt sich oft noch ein weiteres
optisches Phänomen hinzu: Um den Schatten des Betrachters auf der
Nebelbank kann sich mitunter ein bunter Ring in blau, grün, gelb und
rot bilden. Das wirkt wie ein Heiligenschein und wird deshalb auch
"Glorie" genannt.

Damit solche konzentrische Ringe entstehen, muss das Licht an den
Tropfen im Nebel zuerst um 180° (also wieder in Richtung des
Beobachters) zurückgestreut und anschließend gebeugt werden. Bei der
optischen Beugung werden Lichtwellen an sehr kleinen Hindernissen in
Abhängigkeit von ihrer Lichtfarbe (der so genannten
Wellenlänge)unterschiedlich stark abgelenkt. Dadurch wird das weiße
Sonnenlicht in seine Spektralfarben zerlegt. Rotes Licht hat
beispielsweise eine größere Wellenlänge als blaues Licht und wird
dadurch stärker gebeugt.

Seinen Namen verdankt das Brockengespenst dem oft vernebelten Brocken
im Harzgebirge; beobachtet und beschrieben wurde es erstmals im Jahre
1780 durch den deutschen Naturforscher Johann E. Silberschlag.
Die idealen Bedingungen zur Entstehung eines Brockengespenstes samt
Glorie kommen nicht allzu oft vor, sodass das Naturschauspiel eher
selten zu beobachten ist. Am günstigsten ist ein idealer Standort: Im
Bergland beispielsweise kann ein über dem Nebel stehender Beobachter
oft bei Sonnenschein seinen Schatten von einer farbigen Glorie
umgeben sehen. So entstand auch bei einer Skitour ein eindrucksvolles
Foto (www.dwd.de/tagesthema) am Geissweidengrat in der Nähe des
schweizerischen Davos Monstein.

Übrigens: den Namen "Brockengespenst" hat Johann Wolfgang von Goethe
geprägt, als er von dem Phänomen erschreckt wurde und in seinen
Reisebeschreibungen davon berichtete. Dieser Schreck wird Ihnen dank
des neu gewonnenen Wissens ja hoffentlich nicht mehr widerfahren!

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.02.2015
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst


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