SXDL31 DWAV 1800UTC DWD Synoptische Uebersicht KURZFRIST

SXEU31 DWAV 281800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 28.11.2015 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Kommende Nacht auffrischender, teils stürmischer SW-Wind. Ab Sonntagnachmittag
weiter zunehmend und landesweit Sturm, an der Küste (besonders Nordsee) Gefahr
von Orkanböen. Zudem von NW neue Niederschläge bei steigender Schneefallgrenze.
Im Laufe des Sonntags beginnend gebietsweise Dauerregen, z.T. bis weit in den
Dienstag andauernd. Dabei besonders in einigen Mittelgebirgen Unwettergefahr!

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland am diffluenten Ostausgang der ausgeprägten
und eng gebündelten Frontalzone, die zonal über den mittleren Nordatlantik
verläuft. Aus dem diffluenten Ausgang heraus resultiert ein Trog, der von
Deutschland bis zum Balkan gerichtet ist, im Laufe der Nacht aber langsam
ost-nordostwärts schwenkt. Entsprechend greift die Frontalzone peu a peu auf den
Vorhersageraum über, was als grundsätzliche Weichenstellung für eine in den
nächsten Tagen anstehende Zonalisierung angesehen werden kann.
Schaut man sich die Druckverteilung in Bodennähe an, so findet man
korrespondierend zur beschriebenen Konstellation der Höhenströmung einen
mehrkernigen Tiefkomplex über Nordeuropa, dem der hohe Luftdruck des mit seinem
Schwerpunkt leicht nordöstlich verschobenen Azorenhochs gegenübersteht.
Dazwischen hat sich eine lebhafte westliche Strömung etabliert, die ihr Maximum
derzeit noch draußen auf dem nahen Ostatlantik hat. Darin eingelagert ist das
okkludierende Frontensystem eines Tiefs, dass heute Nacht aus dem Seegebiet
nördlich Schottlands gen norwegische Westküste zieht. Das Frontensystem -
zunächst die Warm-, dann die Kaltfront - greift von der Nordsee und Benelux her
auf Deutschland über, was nicht ohne Hebungsprozesse ergo Niederschläge
vonstattengeht. Letztere breiten sich bis zum frühen Morgen auf große Teile des
Vorhersageraums aus, einzig Teile Süd- und Südostdeutschlands (südliches BW,
große Teile Sachsens und Bayerns) bleiben ausgespart. Allerdings soll nicht
unerwähnt bleiben, dass es am östlichen Alpenrand im "Schlepptau" der
Vorgängerfront anfangs noch etwas schneit.
Was die Niederschlagsmengen angeht, kommen in der Fläche meist keine 10mm/12h
zusammen, einzig im westlichen Mittelgebirgsraum (Stau) sowie im äußersten
Norden (mögliches Hebungsmaximum im Bereich des Okklusionspunkts und/oder ein
konvektiver Peak in Form eines kurzen Gewitters) kann es punktuell etwas mehr
sein. Interessanter als die Frage nach den Mengen ist das Thema
"Niederschlagsphase". Im Flachland West- und Norddeutschlands fällt überwiegend
Regen, nur anfangs und ganz kurz (Thema Durchmischung) kann nach Osten hin die
Schnee- oder Schneeregenphase auftreten. Das sieht in den Mittelgebirgen
freilich etwas anders aus, wo der Schnee anfangs bis hinunter auf etwa 400/300 m
fällt. Allerdings steigt die Schneefallgrenze von Westen her an recht zügig an,
in den westlichen Mittelgebirgen bis in die Kammlagen bzw. darüber hinaus, nach
O und SO hin auf 500/600 m. Während im Westen also nur in den höheren Lagen 2
bis 5 cm zunehmend nasser Schnee fällt, reicht es nach Osten hin auch in
mittleren Lagen für eine dünne Neuschneedecke mit entsprechender Glätte. Für die
Hochrhön stellt COSMO-DE-EPS sogar Mengen um 10 cm in Aussicht. Stellenweise
glatt werden kann es trotz weitgehend niederschlagsfreier Verhältnisse auch im
Süden und Südosten, wo die Temperatur verbreitet auf 0°C oder in den leichten,
am Alpenrand lokal auch in den mäßigen Frostbereich zurückgeht (Stichwort
gefrierende Nässe).
Zweites Hauptthema neben dem Niederschlag ist der südwestliche Wind, der im
Laufe der Nacht landesweit auffrischt. Dabei muss mit Ausnahme einiger Regionen
Süddeutschlands mit Böen der Stärke 7 Bft, exponiert sowie im NW bei KF-Passage
8 Bft gerechnet werden. An der See und im Bergland bleibt oder wird es completto
tutti stürmisch mit Böen 8 bis 9 Bft, an der Nordsee bis 10 Bft. Schwere
Sturmböen 10 Bft oder Orkanböen bis 12 Bft sind auch in exponierten Kamm- und
Gipfellagen des Berglands zu erwarten. Besonders nach Osten zu, wo der Schnee
zunächst noch trocken fällt, besteht die Gefahr von Schneeverwehungen.

Sonntag ... setzt sich die bereits erwähnte Zonalisierung der Westdrift weiter
fort. Nicht nur in der Höhe greift die Frontalzone immer weiter auf Mitteleuropa
respektive Deutschland über, auch in den bodennahen Luftschichten gelangt
Deutschland mehr und mehr in den Bereich des Hauptwind- bzw. Sturmfeldes. Zwar
schwächt sich der SW-Wind am Morgen und am Vormittag vorübergehend noch mal
etwas ab, ohne aber wirklich einzuschlafen, um dann wieder kräftig zuzulegen.
Als Haupttrigger fungiert dabei eine Frontalwelle, die um 12 UTC noch etwa über
dem Seegebiet Forties (westliche Nordsee) zu finden ist, um 18 UTC aber bereits
Jütland knapp hinter sich gelassen haben soll (ICON). Ob die Passage als Welle
oder als Wellentief mit wenigen geschlossenen Isobaren abläuft, ist sekundär.
Fakt ist, dass es vornehmlich im Norden und in der Mitte, abgeschwächt aber auch
im Süden, zu einer Gradientverschärfung kommt, so dass der südwestliche Wind am
Nachmittag zunächst im NW, am Abend und in der ersten Nachthälfte dann ganzen
Land deutlich zulegt. Dabei kommt es verbreitet zu Böen 8 bis 9 Bft, an der See
und im Bergland 10 Bft, exponierte Kamm- und Gipfellagen bis 12 Bft. Auch an der
Nordseeküste sowie in Teilen des schleswig-holsteinischen Binnenlands sind -
rein gradientbedingt - Orkanböen 11 bis 12 Bft möglich. Dabei wird - nicht
zuletzt in Abhängigkeit des 12-UTC-Laufs von ECMF - im Laufe der Abendstunden
noch eine Vorabinformation "Orkan" herausgegeben.
Ansonsten gilt zu konstatieren, dass die Kaltfront des o.e. Frontensystems kaum
nach Süden vorankommt, weil sie schon bald wieder in die Warmfront der Welle
übergeht. Groß sind die Luftmassenunterschiede ohnehin nicht, vielmehr gelangt
von SW her relativ milde Atlantikluft in den Vorhersageraum, in der die
850-hPa-Temperatur bis zum Abend auf etwas über 0°C steigt (Tagesmaxima in 2m
zwischen 5°C am Fuße von Erzgebirge und ostbayerischer Mittelgebirge und bis zu
12°C im Westen). Erst danach, wenn die Kaltfront der Welle von der Nordsee den
NW erreicht und nachfolgend bis in den Süden (Montagfrüh) vorankommt, gelangt
rückseitig wieder etwas kältere Meeresluft aus subpolaren Breiten zu uns.
Tatsache ist, dass es sowohl tagsüber (vor allem WLA) als auch in der Nacht zum
Montag (im Wesentlichen frontal, im Norden konvektiv) zu wiederholten und teils
länger andauernden Niederschlägen kommt, die im Wesentlichen als Regen fallen.
Die Schneefallgrenze steigt dabei vorübergehend auf 1000 m oder sogar darüber,
was im Osten allerdings etwas länger dauert als im Westen. In den höchsten Lagen
des Bayerischen Waldes können bis Montagfrüh durchaus 20 bis 30 cm, in
exponierten Staulagen noch etwas mehr Neuschnee zusammenkommen, teils mit
Verwehungen. In den übrigen Hochlagen, die es oberhalb 1000 m gibt, liegen die
Neuschneemengen darunter.
Neben dem Schnee weckt nun zunehmend auch der Regen wieder das Interesse des
geneigten Vorhersagemeteorologen. So simulieren die Modelle - wenn auch noch mit
differierender Intensität - besonders im Mittelgebirgsraum höhere Mengen (z.B.
bei C-EU 24h-Peaks zwischen 30 und 50 mm bis Montagfrüh), die im Wesentlichen
staubedingt zu erklären sind. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass wohl bis
weit in den Dienstag hinein weitere, teils ergiebige Regenfälle auf der Karte
stehen, sollte am Sonntagmorgen (Konferenz) ernsthaft über eine
48-h-Dauerregenwarnung nachgedacht werden, die in einigen Regionen durchaus
"rote Züge" haben kann.
Zurück noch mal zur Kaltfront der Welle, die am Abend auf den NW übergreift. Zum
Teil werden an der Front nicht nur etwas CAPE simuliert sondern auch sehr hohe
Oberwinde (850 hPa bis zu 75 Kt, 925 hPa auch bis an die 70 Kt), was bei
entsprechendem vertikalen Impulsaustausch durchaus Böen 10 bis 11 Bft auch im
Binnenland bedeuten kann. Dabei sind an der Front, ebenso wie postfrontal in der
höhenkalten Luft, auch kurze aber "knackige" Gewitter möglich.

In der Nacht zum Montag zieht die Welle bzw. das Wellentief weiter über
Südschweden in Richtung Baltikum. Damit verlagert sich auch das Maximum des
Sturmfelds nach Osten. Trotzdem bleibt es noch längere Zeit stürmisch bis in
tiefe Lagen, bevor in der zweiten Nachthälfte von Westen her der Wind beginnt
sich abzuschwächen.
Wie bereits erwähnt kommt es zu weiteren Niederschlägen, wobei die
Schneefallgrenze im Harz wieder etwas absinkt auf 800 bis 600 m.

Montag ... Zu Wochenbeginn setzt sich die windige Westlage fort, auch wenn der
Höhepunkt der Sturmentwicklung überschritten scheint. Nach wie vor befinden wir
uns zwischen einem Druckmaximum über SW- und diversen Tiefs über N-Europa. Dabei
läuft - nachdem die Bodenströmung kurzzeitig eine leicht antizyklonale Kontur
angenommen hat, ohne aber wirklich ein Zwischenhoch zu produzieren - eine
weitere Welle auf den Vorhersageraum zu, die uns schließlich in der Nacht zum
Dienstag über der Nordhälfte ost-südostwärts überquert. Dabei geht die Kaltfront
der Vorgängerwelle in die Warmfront der neuen Welle über, was besonders im Süden
und Westen zu Schleifprozessen führt, die wiederum im Zusammenspiel mit sich von
Westen erheblich intensivierender WLA und orografischen Effekten ergiebige
Niederschläge zur Folge haben. Akkumuliert über 24 Stunden sollen bis
Dienstagfrüh je nach Modell 10 bis 30, gebietsweise bis 50, punktuell bis zu 80
mm zusammenkommen. Die Schneefallgrenze steigt in der einströmenden, relativ
milden Atlantikluft immer weiter an auf weit über 1000 m, so dass die feste
Phase spätestens am Nachmittag in den Mittelgebirgen kein Thema mehr ist (in den
Alpen passiert ohnehin nicht viel). Die Temperatur steigt auf Maxima zwischen
7/8°C im NO und bis zu 14°C im südlichen Oberrheingraben.
Thema Wind/Sturm: Der SW-Wind lässt im N und O im Tagesverlauf immer weiter
nach, allerdings kommt es zunächst im Binnenland noch zu weiteren Böen 7 bis 8
Bft, an der See 9 Bft, vereinzelt 10 Bft. Erst am Nachmittag kann von SW her
eine allmähliche Abstufung erfolgen. Gleichzeitig nimmt der Wind im erst im S
und SW, in der Nacht dann zunehmend auch in der Mitte mit Annäherung bzw.
Passage der Welle wieder zu mit Sturmböen 8 bis 9 Bft bis in tiefe Lagen und
Böen 10 bis 12 Bft oben. Auf einigen Alpengipfeln sind vielleicht sogar schwere
Orkanböen möglich.

Dienstag ... haben wir es noch immer mit der schleifenden Front zu tun, die
besonders im Süden und Westen sowie in Teilen der Mitte für andauernde
Regenfälle sorgen. Allein bis zum Abend werden dabei gebietsweise und bevorzugt
in orografisch gegliedertem Gelände noch mal 10 bis 25, örtlich bis zu 40mm/12h
simuliert, was eben auch für die Wahl einer 48h-Dauerregenwarnung spricht.
Bedingt durch die Tatsache, dass es über dem nahen Ostatlantik zu einer
Aufwölbung respektive Bildung eines breiten Höhenrückens kommt, dreht die
Höhenströmung mehr auf nordwestliche Richtungen, was den Schleifprozess an der
SO-NW-exponierten Front zunächst noch forciert. Erst wenn der Rücken verstärkt
auf Mitteleuropa übergreift, was am Abend und in der Nacht zum Mittwoch der Fall
ist, werden Front und Regen unter Abschwächung nach Nordosten "gedrückt".
Die Windsituation beginnt sich zu entspannen, allerdings muss im Süden und
Westen sowie in Teilen der Mitte noch mit Böen 7 Bft, in höheren Lagen bis 10
Bft, exponiert bis 12 Bft aus W-SW gerechnet werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Summa summarum simulieren die Modelle eine ähnliche Entwicklung. Dass dabei die
Zugbahn und Intensität der erwähnten Wellen bzw. Wellentiefs nicht immer zu 100%
kongruent sind, liegt im Rahmen der natürlichen Varianzbreite. Das trifft
freilich auf die wesentlichen Auswirkungen wie Wind und Niederschlag zu, was im
Text bereits angerissen wurde.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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