SXDL31 DWAV 0800UTC DWD Synoptische Uebersicht KURZFRIST

SXEU31 DWAV 270800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 27.11.2015 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: kurzzeitig BM (Brücke Mitteleuropa), am Wochenende eher Wz (West zyklonal)

Heute Zwischenhocheinfluss. Kommende Nacht in der NW-Hälfte Niederschläge, teils
als Schnee oder kurzzeitig auch mal gefrierender Regen. Am Wochenenden weitere
Niederschläge, dazu vor allem am Sonntag windig bis stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... Die großräumige Potenzialverteilung zeigt heute früh ein
abgeschlossenes Höhentief unweit von Süditalien respektive Sizilien sowie einen
Trog westlich Irlands. Die beiden Gebilde sind getrennt durch einen relativ
schmalen Rücken, dessen von SW nach NO gerichtete Achse etwa vom Ärmelkanal
entlang der Nord- und Ostseeküste bis zum Baltikum reicht. Während der Trog im
Tagesverlauf unter leichter Intensivierung allmählich ostwärts schwenkt - seine
Achse liegt um 18 UTC etwa über der Irischen See (ICON, 500 hPa) - wird der
Rücken sukzessive abgebaut.
Bereits jetzt hat bei uns leichter Druckfall eingesetzt, so dass auch die zum
Rücken korrespondierende, weitgehend zonal über Deutschland liegende
Hochdruckbrücke (verbunden werden ein sich weit im Westen des Nordatlantiks
befindliches Hoch und ein sich verstärkendes Hoch über Westrussland) zunehmend
"deinstalliert" wird. Trotz dieses in Richtung "zyklonal" laufenden Trends steht
der heutige Freitag eindeutig unter Zwischenhocheinfluss, was in weiten Teilen
des Landes neblig trübe oder bedeckte Bedingungen zur Folge hat (meist zäher
Nebel oder Hochnebel), in einigen Regionen aber auch der Sonne ein paar
Entfaltungsmöglichkeiten gibt. Abgesehen von lokalem Nebelnässen bleibt es über
weite Strecken des Tages niederschlagsfrei. Daran ändert auch die Tatsache
nichts, dass bereits weit im Vorfeld des Troges eine schwache Warmfront in den
Norden und Westen zieht, deren Wirksamkeit aber von marginaler Bedeutung ist.
Immerhin, im Norden und Westen steigt die Temperatur auf sagenhafte 4 bis 7°C,
während in den übrigen Regionen 0 bis 4°C auf der Karte stehen. Oberhalb etwa
600 bis 800 m, im Süden sowie im östlichen Mittelgebirgsraum auch darunter, hält
sich die Temperatur teilweise im leichten Frostbereich.
Mit dem Druckfall verschärft sich der Gradient im äußersten N und NW zusehends,
so dass der südliche bis südwestliche Wind zunächst an der Nord-, später auch an
der Ostsee mehr und mehr auffrischt mit Böen bis 7 Bft, an der Nordsee
(Helgoland, Nordfriesland) 8 Bft.

In der Nacht zum Samstag kommt der o.e. Trog weiter nach Osten voran. Bis zum
frühen Morgen erreicht er mit etwas zurückhängender Achse die Nordsee, Benelux
und Zentralfrankreich. Dem Trog vorgeschaltet ist eine Kaltfront, die zu einem
umfangreichen Tiefkomplex über Nordeuropa gehört und die in einen ausgeprägten
Bodentrog eingebettet ist. Sie greift bereits in der ersten Nachthälfte auf den
NW über, um von dort ost-südostwärts zu schwenken. Vor der Kaltfront befindet
sich ein niedertroposphärischer, von SW nach NO orientierter "Warmluftschlauch"
mit Temperaturen über 0°C in 850 hPa, der mit Verlagerung der Kaltfront zwar
immer weiter getilgt wird, von dem sich aber besonders im NO bis zum Morgen noch
Reste halten sollen (ICON, C-EU, ECMF; bei GFS sogar auch im SW). Tatsache ist,
dass im Vorfeld von Front und Trog Niederschläge einsetzen, die bis zum frühen
Morgen etwa bis zu einer Linie Darß-Harz-Hochrhein vorankommen. Dabei startet
das Ganze im N und NW als Regen, bevor nach Osten, besonders aber zur Mitte hin
später zunehmend die feste Phase ins Spiel kommt. Dabei schneit es zum Teil bis
ganz nach unten, während nach W hin die Schneefallgrenze vorübergehend auf
600/700 m steigt. Die Neuschneemengen können auf Basis der vorliegenden Modelle
je nach Exposition etwa auf 1 bis 7 cm, staubedingt vereinzelt vielleicht auch
bis 10 cm taxiert werden. Aufgrund der oben geschilderten thermischen
Verhältnisse in der unteren Troposphäre besteht vornehmlich am Vorderrand des
Niederschlagsgebiets die Gefahr von gefrierendem Regen, was von der Numerik auch
signalisiert wird. Wo genau dieses Phänomen auftreten wird, hängt stark von der
vorherigen Temperaturentwicklung ergo Abkühlung des Bodens ab (wo ist es wie
lange noch klar, wo wirkt evtl. schon Gegenstrahlung, wie weit ist die Warmluft
schon wieder abgebaut). Fakt ist, dass aufgrund der Vorgeschichte keine wirklich
durchgefrorenen Böden vorliegen, wie das im Hochwinter häufig der Fall ist, so
dass eine überregionale und vor allem länger andauernde Glatteislage nicht zu
erwarten ist. Trotzdem kann es vorübergehend mal gefrierenden Regen mit
entsprechender Glätte geben, was dann in situ mit einer markanten Warnung
abgewarnt werden muss. Während es im NW frostfrei bleibt, sinkt die Temperatur
sonst auf 0 bis -5°C, an den Alpen sowie im südlichen und östlichen
Mittelgebirgsraum bei längerem Aufklaren auch etwas darunter. Nach SO hin bilden
sich Nebelfelder oder vorhandener Nebel breitet sich aus mit der Gefahr
gefrierender Nässe.
Noch ein Wort zum Wind, der vor allem an der See und im angrenzenden Binnenland
sowie in der Mitte weiter auffrischt und von S/SW auf westliche Richtungen
dreht. In freien Lagen muss mit Böen 7 Bft, an der Küste und in exponierten
Hochlagen 8-9 Bft gerechnet werden.

Samstag... schwenkt der Höhentrog unter Konturverlust allmählich ostwärts,
gefolgt von einem schwach ausgeprägten und sehr kurzwelligen Rücken. Die
Kaltfront erreicht die südlichen und östlichen Landesteile, bevor sie im Laufe
des Nachmittags ost-südostwärts abzieht. Zunächst mal sorgt sie aber im Osten
und Süden für aufkommende Niederschläge, die bis in tiefe Lagen zunächst als
Schnee fallen. Die gefrierende Phase sollte dann nicht mehr auftreten, da
entweder die Warmluft getilgt wurde oder ausreichend Durchmischung vorliegt.
Tagsüber pendelt sich die Schneefallgrenze bei etwa 400 bis 500 m ein, wobei die
Niederschläge in der postfrontal einströmenden maritimen Subpolarluft von NW her
rasch nachlassen bzw. ganz aufhören. Am Abend schneit es dann nur noch im
Erzgebirge sowie im südöstlichen Bayern. Allgemein können in den mittleren und
höheren Lagen des Berglands durchaus 5 bis 10 cm Neuschnee zusammenkommen.
Ansonsten gilt zu konstatieren, dass der westliche Wind vorübergehend etwas
nachlässt (auffächernder Gradient, der aber durch den Tagesgang teilkompensiert
wird), an der See aber sowie im Bergland aber noch Böen 7 Bft induziert, in
exponierten Kamm- und Gipfellagen auch etwas darüber (8 Bft), nach Osten hin mit
der Gefahr von Schneeverwehungen. Die Temperatur steigt auf 2 bis 8°C, nach SO
hin stellenweise darunter. Im höheren Bergland herrscht leichter Dauerfrost.

In der Nacht zum Sonntag passiert ein weiterer, recht flach konturierter
Höhentrog insbesondere den Norden des Vorhersageraums. Insgesamt zeigt sich bei
der Höhenströmung aber eindeutig die Tendenz in Richtung Zonalisierung. Auch im
Bodenniveau nimmt der Gradient wieder deutlich zu, so dass der südwestliche Wind
allgemein auffrischt. Eingelagert in die flotte Strömung ist ein Frontensystem,
das zu einem nördlich von Schottland in Richtung Norwegische See ziehenden Tief
gehört und von NW her auf Deutschland übergreift. Dabei kommt es erneut zu
Niederschlägen, die sich rasch südostwärts ausbreiten, Teile Bayerns, BWs und
Sachsens wahrscheinlich aber noch ausgespart lassen. Im Westen steigt die
Schneefallgrenze rasch an bis in die Kammlagen der Mittelgebirge, sonst pendelt
sie sich etwa zwischen 300 und 600 m ein. Im äußersten Norden ist mit Passage
höhenkalter Luft ein kurzes Gewitter nicht ganz ausgeschlossen.
Der südwestliche Wind frischt landesweit merklich auf mit Böen 7 Bft (am
wenigsten im SO), an der See und im Bergland 8 bis 9 Bft, exponierte Gipfellagen
10 bis 12 Bft mit der Gefahr von Schneeverwehungen. Im Süden und Südosten gibt
es leichten Frost, sonst bleibt es überwiegend frostfrei.

Sonntag... manifestiert sich die bereits eingeleitete Zonalisierung, wobei wir
uns am östlichen Ende der über dem Atlantik liegenden, gut organisierten
Frontalzone befinden. Die deutsche Modellkette lässt aus einer Frontalwelle ein
veritables Orkantief entstehen, das um 12 UTC mit einem Kerndruck von rund 960
hPa knapp nördlich von Schottland liegt, um vor dort in Richtung Südnorwegen zu
ziehen. ECMF sieht die Welle nicht ganz so entwicklungsgünstig um 12 UTC über
dem Seegebiet Forties ( nordwestliche Nordsee), GFS belässt es bei einer nicht
entwicklungsfähigen Welle, die auf der Südflanke eines über dem südlichen
Nordmeer positionierten Zentraltiefs ostwärts schwenkt.
Bei aller Unsicherheit im Detail, Fakt ist, dass sich in Deutschland eine
lebhafte SW-Strömung einstellt, mit der nicht wirklich kalte Atlantikluft
advehiert wird (von W her steigt die 850-hPa-Temperatur zum Teil auf über 0°C).
Tagsüber gelangen wird dabei in den breiten Warmsektor des dem Tief zugehörigen
Frontensystems bzw. auf dessen Südrand, bevor in der Nacht zum Montag die
Kaltfront von NW her bis in die Mitte vorankommt. Dabei kommt es zeit- und
gebietsweise zu Niederschlägen, wobei die Schneefallgrenze auf 1000 m oder sogar
darüber ansteigt. Von daher spielt die feste Phase in den meisten Regionen keine
Rolle. Einzig in den Berglagen, die über das genannte Höhenniveau hinausgehen,
kommt es zu teils länger andauernden und in Staulagen durchaus kräftigen
Schneefällen (vor allem Bayerischer Wald, evtl. auch Hochschwarzwald) von über
10 cm binnen einiger Stunden.
Darüber hinaus kommt es verbreitet zu Böen 7 Bft, teils 8 Bft, an der Küste und
im Bergland bis 9 Bft sowie in exponierten Kamm- und Gipfellagen 10 bis 12 Bft.
Ob der Sturm später große Teile der Nordhälfte erfasst und an der Küste sogar
orkanartige Böen auftreten, wie von der deutschen Modellkette apostrophiert,
muss noch etwas abgewartet werden. Dort, wo Sturm und Schneefall zusammenkommen,
drohen Schneeverwehungen.
Die Temperatur steigt mit Ausnahme der höchsten Lagen auf 4 bis 10°C, im NW
sogar bis zu 12°C.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die großräumige Entwicklung ist relativ unstrittig, die Probleme liegen im
Detail. Wie im Text bereits angesprochen, steht in der kommenden Nacht vor allem
die Niederschlagsphase ganz oben auf der Agenda, wobei die meisten Fragen dazu
erst in situ beantwortet werden können. Auch die Positionierung der
Schneefallgrenze ist nicht immer ganz klar, so dass die erwähnten Höhen nur als
Richtwerte zu betrachten sind.
Dass auch die Wind-/Sturmentwicklung am Sonntag bzw. in der Nacht zum Montag
noch nicht abschließend quantifiziert werden kann, wurde ebenfalls schon
skizziert.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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