SXDL31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 241800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 24.11.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In einigen Mittelgebirgen Dauerregen. Am Wochenende Zufuhr polarer Meeresluft
mit sinkender Schneefallgrenze.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... nimmt das steuernde und hochreichende Zentraltief REINHARD über der
Norwegischen See unweigerlich die Hauptrolle im mitteleuropäischen
Wettergeschehen ein. Das Sturmtief präsentiert sich, wie es sich für ein
richtiges Zentraltief gehört, als Bewegungsmuffel, sprich, es verlagert sich nur
geringfügig und das am ehesten südwärts. Wichtig für uns ist aber nicht
unbedingt das, was über der Norwegischen See abläuft, sondern das, was auf der
Süd- bzw. Südostflanke passiert.
Da wäre zunächst die nach Südwesten gerichtete Spitze des Potenzialtroges zu
nennen, die sich im Laufe der Nacht nicht nur verschärft (also etwas
kurzwelliger wird), sondern gleichzeitig langsam ostwärts schwenkt. In den
frühen Morgenstunden erreicht seine Achse (500 hPa) etwa eine Linie westliche
Nordsee-Westfrankreich. Zwar weist seine Vorderseite keine eindeutig diffluente
Isohypsenstruktur auf, trotzdem wird PVA induziert, die aber durch relativ weit
nach Osten ausgreifende KLA teilkompensiert wird. Kurzum, es kommt zu
dynamischen Hebungsmechanismen, die wiederum einer Welle zugutekommen, die sich
über Frankreich formiert und von dort schon in der zweiten Nachthälfte auf
Südwestdeutschland übergreift. Die Welle, die sich später zu einem kleinen
eigenständigen Tief entwickeln wird, sorgt dafür, dass die diagonal von SW nach
NO über Deutschland verlaufende und in der Analyse sehr gut zu findende
Kaltfront auf ihrem Weg nach SO nicht nur vorübergehend gebremst, sondern sogar
ein kleines Stück rückläufig wird.
Wie auch immer, Tatsache ist, dass es mit Annäherung der Welle zu einer
Intensivierung der frontalen Regenfälle von West- bzw. Südwestdeutschland über
die Mitte bis hinüber nach Sachsen und BB kommt. Der meiste Regen fällt dabei in
einem Streifen vom Schwarzwald und der Pfalz bis nach Thüringen, wo nach dem
neuesten Lauf von ICON (12 UTC) 10 bis 20, punktuell (Schwarzwald) um 25 mm
innert 12 h zusammenkommen sollen.
Weitgehend trocken bleibt etwa vom Bodensee bis hinüber zum Bayerischen Wald
sowie vom westlichen Niedersachsen bis nach Vorpommern. Dort im Norden, wo heute
schon der erste Schwall polarer Meeresluft eintraf (T850 am Abend -3 bis 0°C)
und die Wolkendecke z.T. für längere Zeit auflockert, geht die Temperatur bis in
den unteren Plusbereich zurück. Ganz vereinzelt ist auch leichter Luftfrost
nicht ausgeschlossen, zumindest reicht es stellenweise aber für Bodenfrost.
Dabei besteht, wenn auch nicht verbreitet, die Gefahr gefrierender Nässe. Zudem
kann sich lokal Nebel bilden. An und auf der Nordsee besteht zwar keine
Glättegefahr, dafür kann die Kombi aus zunehmend höhenkalter Luft (T500 unter
-30°C) und relativ warmer Wasseroberfläche (10-12°C in der Deutschen Bucht) in
den frühen Morgenstunden vereinzelte kurze Gewitter generieren.
Noch mal zurück in den Süden, wo noch kurz der Wind Erwähnung finden sollte, der
aus Südwesten kommend aber nur in einigen Hochlagen (vor allem Schwarzwald,
gegen Morgen auch Alpengipfel) Duftmarken mit Böen der Stärke 8 Bft setzt.

Samstag ... setzt sich die heute im Nordwesten schon begonnene Abkühlung weiter
fort. Die o.e. Welle respektive das Wellentief zieht nach ICON im Laufe des
Vormittags von Süddeutschland gen Sachsen, von wo aus es sich am Nachmittag auf
die polnische Seite verabschiedet. Weil dahinter wahrscheinlich keine weitere
Welle folgt (GFS deutet in seiner hochaufgelösten Form einen nach SW gerichteten
Bodentrog an, in dem sich möglicherweise eine weitere flache Welle oder ein
Minitief entwickelt), kann die Kaltfront alsbald und ziemlich rasch südostwärts
schwenken, so dass am Nachmittag die letzten noch vorhandenen Warmluftreste im
Südosten (genauer im weiß-blauen Freistaat) zunehmend getilgt werden. In der der
rückseitig einströmenden polaren Meeresluft sinkt die 850-hPa-Temperatur bis zum
Abend auf -2°C im Chiemgau und -6°C im Westen. Aber nicht nur im unteren
Troposphärenbereich macht die Abkühlung Fortschritte, auch weiter oben geht es
von Westen her runter mit der Temperatur - und auch mit dem Potenzial. Oder
anders ausgedrückt, der mit reichlich Höhenkaltluft gefüllte Höhentrog arbeitet
sich immer dichter an den Vorhersageraum heran, wobei die Temperatur in 500 hPa
bis zum Abend auf -30 bis -35°C, im W und NW bis zu -37°C zurückgeht. Einzig die
Regionen von der Lausitz bis zum Alpenrand und von dort hinüber bis nach
Südbaden bleiben davon zunächst noch ausgespart.
So weit, so gut, und wie wird das Wetter? - Die anfänglich im Westen und
Südwesten sowie in der Mitte auftretenden skaligen Dauerniederschläge verlagern
sich im Tagesverlauf mehr und mehr in die östlichen und südöstlichen
Landesteile. Nach ICON verläuft der Streifen mit den höchsten Mengen diagonal
von BW bis nach BB mit 10 bis 20, lokal (meist Staulagen) um 25 mm binnen 12 h.
Erweitert man den Akkumulationszeitraum auf 24 h von heute bis morgen Abend, so
sind die Topps eindeutig im Schwarzwald (um 50 mm) und im Thüringer Wald (30-40
mm) zu finden. Unter Berücksichtigung anderer Modelle sowie probabilistischer
Verfahren wurden für diese Gebiete (um den Thüringer Wald etwas großzügiger)
markante Dauerregenwarnungen herausgegeben, die bis morgen Abend 18:00 GZ gültig
sind. Ob sie tatsächlich so lange laufen müssen, entscheidet sich im Laufe des
Samstags, wenn sich nämlich nicht nur das Regengebiet allmählich nach Osten
verlagert, sondern die angesprochene KLA für ein stetiges Absinken der
Schneefallgrenze sorgt. Auf der kalten Seite des Niederschlagsgebietes (also im
west-nordwestlichen Bereich) sinkt sie auf 800 bis 600 m, in den nachfolgenden
Schauern z.T. bis auf 400 m. Oberhalb etwa 600 m muss in den westlichen und
nördlichen Mittelgebirgen bereits ab den Morgenstunden über eine
Schneewallwarnung mit 1-5 cm, Staulagen vereinzelt 10 cm nicht nur ernsthaft
nachgedacht, sondern diese auch in die Tat umgesetzt werden, während es weiter
östlich und südlich erst später losgeht. Hier kann man die Weichen im Laufe des
Vormittags stellen, wenn klar wird, welche Konfiguration die Welle hat und
welche Zugbahn sie genau einschlägt.
Ansonsten gilt noch festzuhalten, dass der auf W bis NW drehende Wind vor und
mit der Kaltfront vor allem im Süden Bayerns und BWs (Richtung Alpen und Vorland
greift der Leitplankeneffekt) vielleicht aber auch noch etwas weiter nordwärts
ausgreifend böig auffrischt mit Spitzen 7 Bft, exponiert vereinzelt 8 Bft, Kamm-
und Gipfellagen bis 9 Bft, Alpengipfel anfangs 10 Bft. Darüber hinaus ist nicht
ganz auszuschließen, dass an der Kaltfront mal ein kurzes Gewitter dabei ist,
auch wenn die Hinweise darauf nicht gerade erdrückend sind. Kurze
Graupelgewitter sind übrigens auch in Nordseenähe in die Planungen
miteinzubeziehen.
Bliebe am Ende nur noch die Temperatur, die mit Tageshöchstwerten von 4 bis 9°C
klar auf den Rückzug ist. Einzig im S und SO reicht es in den verbliebenen
Warmluftresten an der einen oder anderen Stelle noch für 10°C oder geringfügig
mehr.

In der Nacht zum Sonntag erfassen Höhentrog und -kaltluft den gesamten
Vorhersageraum, wobei die Trogspitze mehr und mehr über die Alpen hinweg nach
Süden reicht. Entsprechend wird über Oberitalien eine Zyklogenese angestoßen,
während sich bei uns der kräftigen KLA folgend ein bis nach Süddeutschland
reichender Keil eines Hochs über dem nahen Ostatlantik etabliert. Auf der
anderen Seite rückt REINHARD - man erinnere sich, das steuernde Tief über der
Norwegischen See - noch etwas nach Süden, was Norddeutschland und dort
insbesondere der Küste (Nordsee stärker als Ostsee) einen zunehmenden auf SW
rückdrehenden Wind bringt. Dabei muss an der Nordsee mit Böen 7-8 Bft, an der
Ostsee mit Böen 7 Bft gerechnet werden.
Darüber hinaus stellen sich landesweit wechselnde Bewölkungsverhältnisse ein,
was eine nicht ganz unproblematische Gemengelage aus einzelnen und
wahrscheinlich nicht besonders kräftigen Schauern, an der Nordsee kurzen
Gewittern und temperatursenkenden Auflockerungen bzw. temporär auch klaren
Abschnitten zur Folge hat. In der eingeflossenen Polarluft können die Schauer
bis ganz weit runter in der festen Phase oder zumindest als Schneeregen fallen.
Und auch wenn die Gesamtakkumulation sowohl im Bergland als auch in tieferen
Lagen sicherlich keinen vom Hocker holen wird, besteht doch bei
Tiefsttemperaturen um den Gefrierpunkt die Gefahr von Schneeglätte oder
gefrierender Nässe.
An und in den Alpen sinkt spätestens jetzt die Schneefallgrenze bis in die
Täler. Oberhalb 600 bis 800 können durchaus 5 bis 10 cm, in Staulagen auch etwas
mehr Neuschnee zusammenkommen, während weiter unten die Schneedecke - so sie
denn überhaupt zustande kommt - recht dünn bleibt. Glatt werden kann es aber
trotzdem!

Sonntag ... verlagert sich der Höhentrog gaaanz langsam ostwärts, so dass die
westlichen Landesteile im Tagesverlauf bereits wieder in den "Genuss"
mitteltroposphärisch etwas wärmerer Luft zu gelangen (T500 am Abend etwas über
-30°C). Die untere Troposphäre bleibt davon unbeeindruckt, in 850 hPa liegen die
Temperaturen im Süden um -7°C, im Norden um -5°C. Zwischen dem das
südnorwegische Festland erreichenden und nun doch merklich alternden REINHARD
und dem nach wie vor kräftigen, nach Süddeutschland gerichteten Hochkeil stellt
sich ein leidlicher Druckgradient ein, der zumindest den Norddeutschen einen
relativ windigen Sonntag beschert. Dort erreicht der SW-Wind in der
Norddeutschen Tiefebene Böen der Stärke 7 Bft, an der Küste und auf dem
Blocksberg 8-9 Bft.
Wettermäßig stehen alle Zeichen auf Wechselhaftigkeit mit reichlich Wolken und
einigen, wenn auch nicht allzu kräftigen Schauern, an der Nordsee kurzen
Gewittern. Die Schneefallgrenze liegt bei rund 200 m, was suggeriert, dass es
auch mal bis ganz runter für etwas nassen Schnee reicht (der dort aber nicht
liegenbleibt). Schwer mit der festen Phase wird es im Rheintal sowie z.T. auch
im Norden, wo der maritime Effekt der wärmenden Nordsee greift. Oberhalb etwa
300-400 m jedenfalls sollte man auch tagsüber streckenweise mit Glätte und/oder
einer dünnen Schneedecke (meist unter 5 cm) rechnen. Im Nordosten zeichnet sich
ein Niederschlagsminimum ab, dort bleibt es gebietsweise sogar ganztägig
trocken.
Die Temperatur steigt im nördlichen Drittel dank des o.e. maritimen Einflusses
auf rund 6°C, die auch am Rhein und seinen Nebenflüssen erwartet werden dürfen.
Sonst sieht es thermisch etwas dürftiger aus und im höheren Bergland steht sogar
leichter Dauerfrost auf der Karte.

In der Nacht zum Montag geht das Wochenende zu Ende, die frühwinterlich geprägte
Witterung bleibt. Zwar wandert der Höhentrog nebst höhenkalter Luft nach Osten
ab und von NW her greift WLA auf weite Teile des Landes über, viel Änderung
bringt das aber noch nicht.
So muss in der Mitte und im Süden verbreitet mit leichtem, an den Alpen
punktuell auch mit mäßigem Frost gerechnet werden. Dazu fallen noch vereinzelte
Schneeschauer (=> Schneeglätte) oder es wird stellenweise glatt durch
gefrierende Nässe. Im Norden ist die Frostgefahr deutlich geringer und am frühen
Morgen kann es im äußersten Nordwesten im Vorfeld einer noch weit draußen
befindlichen Warmfront anfangen, leicht zu regnen. Der Wind nimmt im Binnenland
deutlich ab und auch an der Küste läuft von West nach Ost ein temporäres Minimum
durch. In den Frühstunden frischt der auf südliche Richtungen rückdrehende Wind
dann über der Deutschen Bucht wieder merklich auf mit Böen bis Stärke 9 Bft.

Montag ... wandert ein flacher Rücken von NW nach SO über Deutschland hinweg.
Dahinter zonalisiert die Höhenströmung vorübergehend bzw. dreht zum Tagesende
leicht auf SW zurück. Ursache ist die Annäherung eines neuen Troges, der unter
Intensivierung aus dem Raum Island auf die Nordsee sowie UK/Irland zusteuert.
Im Bodendruckfeld schwächt sich besagter Hochkeil allmählich ab, während
gleichzeitig ein Tief aus dem Seegebiet nordwestlich Schottlands zur nördlichen
Nordsee zieht. Das zugehörige okkludierende Frontensystem erfasst mit
stratiformen Niederschlägen den Norden, von wo aus diese sich bis in die
östlichen Landesteile respektive zur Mitte ausbreiten. Dort kann in tiefen Lagen
anfangs kurzzeitig mal die feste Phase im Spiel sein, bevor die gute
Durchmischung rasch für "geordnete" Verhältnisse sorgt. In den betroffenen
Mittelgebirgen steigt die Schneefallgrenze im Tagesverlauf bis in die Hochlagen
an. Im Süden bleibt es bis zum Abend sehr wahrscheinlich trocken, hier und da
lockert die Wolkendecke zudem auf.
Im Blickpunkt des Warngeschehens steht eindeutig der südliche bis südwestliche
Wind, der mit Ausnahme des äußersten Südens merklich auffrischt mit Böen 7-8
Bft, Küste und Hochlagen 9 Bft, exponierte Kammlagen bis zu 12 Bft (Brocken).



Modellvergleich und -einschätzung
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Der Generalkurs passt, die maritime Polarluft ist nicht aufzuhalten. Trotzdem
treten für den Samstag noch kleine Unschärfen in Bezug auf die genaue Zugbahn
bzw. Konfiguration der Welle (evtl. Doppelstruktur wie von GFS und auch EURO4
angedeutet) auf.
Hinsichtlich des Wetters am kommenden Montag simuliert ICON die Ausbreitung der
Niederschläge nach Osten am progressivsten. Auch hier ist der Kuchen noch nicht
gegessen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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