SXDL31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 280800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 28.02.2017 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Wz (West zyklonal)

Wiederholt Durchzug von Wellen oder Wellentiefs mit starken bis stürmischen
Winden und wiederholten Niederschlägen mit schwankender Schneefallgrenze.
Höhepunkt der Sturmentwicklung wahrscheinlich ab der Nacht zum und am
Donnerstag.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... Schaut man sich dieser Tage die Wetterkarten in und um Mitteleuropa
an, könnte man auf den Gedanken kommen, dass hier das Jahrestreffen offener
Wellen sowie kleiner aber feiner Rand- respektive Teiltiefs einschließlich
korrespondierender KW-Tröge stattfindet. Die FU Berlin kommt mit der
Namensgebung gar nicht hinterher und ist mittlerweile schon bei UDO IV - so
heißt das Tief, das heute Mittag mit steuerndem Charakter über der nördlichen
Nordsee knapp vor der norwegischen Südküste liegt - angelangt. Wie auch immer,
heute und in den nächsten Tagen stehen die nächsten Tief- bzw. Wellenpassagen
auf dem Programm, bevor es am Freitag zu einer Pause kommt.
Zur aktuellen Lage, die geprägt ist von einem recht breit angelegten Höhentrog
mit Drehzentrum über der mittleren Nordsee und zwei Hauptachsen. Derzeit
befinden wir uns noch auf der Vorderseite des Troges, wobei die vordere Achse
gerade dabei ist, unseren Raum mit einer korrespondierenden Kaltfront (die
übrigens zu UDO IV gehört) ostwärts zu überqueren, Tendenz eher abschwächend.
Die Front hängt allerdings nach Süden zurück, wo sie an den Alpen "hängen
bleibt", bevor sie später wieder rückläufig wird und in die Warmfront der
nächsten Welle übergeht, womit wir auch gleich bei der zweiten Trogachse wären.
Die verläuft heute Morgen von England über den Westeingang des Ärmelkanals
hinweg bis zur nördlichen Biscaya, von wo aus sie rasch ostwärts schwenkt, bevor
sie zum Abend hin unmittelbar vor unserer Haustür steht. Dieser Trog
korrespondiert mit einer relativ flachen Bodenwelle bzw. -trog, der heute früh
um 03 UTC mit seinem Scheitel unmittelbar am Westrand des Ärmelkanals analysiert
werden konnte. Sie wird sich im Tagesverlauf ebenfalls nach Osten verlagern,
wobei ihr Entwicklungspotenzial von der Numerik allgemein als nicht besonders
gut ausgeprägt eingeschätzt wird (ungünstige Lage zum Jet, trogvorderseitige
KLA). Mit anderen Worten, die Welle wird sich wahrscheinlich nicht zu einem
Wellentief mit abgeschlossener Isobare entwickeln, sondern im Laufe des
Nachmittags offen den Westen des Vorhersageraums erreichen.
Bis dahin gestaltet sich der Wetterablauf so, dass nach Passage der Kaltfront,
die noch im Verlauf des Vormittags erfolgt, erwärmte Meereskaltluft polaren
Ursprungs große Teile des Landes flutet, in der die 850-hPa-Temperatur auf -1
bis -4°C und die 500-hPa-Temperatur auf unter -30°C zurückgeht - mit Ausnahme
des äußersten Südens und Südostens, wo es etwas wärmer bleibt. An der Front
kommt es zu skaligen Niederschlägen, die oberhalb etwa 800 m als Schnee,
darunter als Regen oder in Mischform fallen. Rückseitig entwickeln sich
einzelne, teils gewittrige Regen- oder Graupelschauer, im Bergland
Schneeschauer, wobei der Schwerpunkt der Konvektion im W und NW zu sehen ist.
Mit Annäherung der offenen Welle setzt am Nachmittag von Frankreich her erneut
skaliger Niederschlag ein, der sich über den SW und Teile der Mitte rasch
ostwärts ausbreitet. Dabei steigt die Schneefallgrenze im Süden kurzzeitig auf
etwas über 1000 m, sinkt dann aber wieder ab auf 800 bis 600 m, in der Nacht
noch etwas tiefer. Die für den Schwarzwald laufende Dauerregenwarnung sollte bis
heute Abend durchlaufen, eine Verlängerung scheint aber ebenso wenig vonnöten
wie eine weitere Dauerregenwarnung für andere Gebiete. In den höheren Lagen des
süddeutschen Berglands fallen bis zum Abend um 5, in einigen Staulagen um 10, im
Allgäu teils um 15 cm Neuschnee.
Die zweite große Baustelle neben dem Niederschlag betrifft den Wind. Dieser
lässt im Süden nach Kaltfrontdurchgang bzw. nachfolgender Druckwelle
vorübergehend nach, während er aus SW kommend im W und in Teilen
Norddeutschlands (im NO weniger) zunächst noch flott unterwegs bleibt mit Böen 7
Bft, vereinzelt (freie Lagen, Schauer/Gewitter) 8 Bft, im Bergland je nach
Exposition 8 bis 10 Bft, Brocken auch darüber. Mit Übergreifen der Welle am
Nachmittag reißt der Gradient im W und N auseinander, was mit Ausnahme der
Nordseeküste eine merkliche Windabschwächung zur Folge hat. Dafür frischt der
vorübergehend auf südliche Richtungen rückdrehende Wind südlich der Welle wieder
auf, was zunächst im Südwesten, später in weiten Teilen Süddeutschlands Böen 7
bis 8 Bft, teils 9 Bft, im Bergland bis 10 Bft, auf dem Feldberg 11 Bft zur
Folge hat. Der Fokus liegt dabei auf der Kaltfront sowie der nachfolgenden
Druckanstiegswelle (Letztere vor allem im Bodenseeraum und im Alpenvorland). Es
gibt Anzeichen (hohe Scherung, Pseudoreflektivitäten, etwas überlagertes CAPE),
dass sich eine organisierte konvektive Linie mit eingelagerten Gewittern bildet,
die mit einem Windmaximum korreliert. Zwar sind die Höhenwinde nicht exorbitant
hoch und auch die Lage zum Jet ist ungünstig, trotzdem findet man in 850 hPa das
eine oder andere Windfähnchen mit rund 50 Kt, sprich, im worst case sind mit
Unterstützung orografischer Begebenheiten (Kanalisierung, Düse) durchaus auch
einzelne 10er-Böen nicht ausgeschlossen, was aber mit Nowcast-Handwerkszeug
abgearbeitet werden muss. Und auch der nachfolgende Druckanstieg sollte nicht
unterschätzt werden, zeigt doch z.B. COSMO-DE-EPS eine recht hohe
Wahrscheinlichkeit (teils über 50%) für Böen 10 Bft und bedingt sogar für Böen
11 Bft, was wohl aber etwas übertrieben scheint.

In der Nacht zum Mittwoch flutscht die Welle sehr schnell über die südliche
Mitte nach Osten durch und der Druck steigt rückseitig an. Dabei kommt es
anfangs noch zu Böen 8 Bft, vereinzelt 9 Bft bis in untere Lagen, allerdings
nimmt die Wahrscheinlichkeit dafür nach Osten hin ab. Auf den Bergen bleibt es
stürmisch bis hin zu Stärke 10 Bft, anfangs exponiert 11 Bft. In der zweiten
Nachthälfte kommt es auch im Westen zu einer Windauffrischung (7 Bft, Bergland
und freie Lagen 8 Bft), die mit der Annäherung einer weiteren Welle (Bodentrog)
von Benelux her steht.
Im Süden und in der Mitte kommt es in der einfließenden maritimen Polarluft zu
weiteren, teils schauerartigen und lokal gewittrigen Niederschlägen. Dabei sind
oberhalb 600 bis 800 m durchaus 3 bis 10 cm, in Staulagen auch mal 15 cm
Neuschnee möglich. Zwar kann es auch noch weiter runter als 600 m schneien, dort
sollte man dann aber mit einer Glättewarnung (geringfügiger Schneefall, Matsch)
auskommen. Abgesehen vom Bergland besteht vor allem im Norden stellenweise die
Gefahr gefrierender Nässe.

Mittwoch... schwenkt der Höhentrog incl. der höhenkalten Luft (T500 unter -30°C)
unter Verkürzung seiner Wellenlänge ostwärts durch. Dahinter zonalisiert die
Höhenströmung wieder, wobei zunächst aber noch ein flacher Höhenrücken in der
Potenzialverteilung zu erkennen ist. Die o.e. Welle/Bodentrog zieht am Vormittag
ostwärts über die Norddeutsche Tiefebene hinweg, was dort vorübergehend eine
Schwachwindsituation zur Folge hat. Nur an der See bleibt der SW-Wind südlich
des steuernden Doppeltiefs über der südlichen Norwegischen See bzw. Südschweden
frisch unterwegs mit Böen 7 Bft. In der Südhälfte und Teilen der Mitte ist der
Gradient in der relativ glatten geostrophischen westlichen Grundströmung stärker
ausgeprägt, was dort Böen 7 bis 8 Bft, im Bergland 8 bis 10 Bft (exponiert
vielleicht 11 Bft, vor allem auf dem Feldberg im Schwarzwald) aus Südwesten zur
Folge hat, Tendenz am Nachmittag und Abend vorübergehend nachlassend.
Ansonsten kommt es mit Trogpassage verbreitet zu Schauern, die im Bergland je
nach Intensität bis auf 700 bis 400 m herab als Schnee, sonst meist als Regen
oder Graupel fallen; vereinzelt sind auch noch kurze Gewitter dabei. Oberhalb
600-800 m können noch mal bis zu 5 cm, lokal auch etwas mehr Neuschnee
zusammenkommen. Temperaturmäßig landen wir morgen zwischen 6 und 12°C.

In der Nacht zum Donnerstag steht uns der nächste Knaller in Form eines
KW-Troges incl. korrespondierender Welle bzw. Wellentief bevor. Es zieht von
England kommend über die südwestliche Nordsee in Richtung Niederlande, um von
dort in den frühen Morgenstunden Ostfriesland bzw. das Emsland zu erreichen.
Ausgestattet mit einem kompletten Frontensystem (um 00 UTC Warm- und Kaltfront
plus zurückhängender Okklusion) breiten sich skalige oder wenn man lieber möchte
startiforme Niederschläge von Frankreich und Belgien ost-nordostwärts aus, wobei
die Schneefallgrenze im Warmsektor kurzzeitig auf über 1000 m ansteigt, bevor
sie später - bei allerdings nachlassender Niederschlagsneigung - wieder bis in
mittlere Lagen, im Süden auf 1000 bis 600 m sinkt. Besonders im Weststau von
Schwarzwald und Bayerischem Wald werden dabei von ICON und EURO4 größere Mengen
von z.T. etwas über 20 mm innert 6 h angeboten, was synoptisch nachvollziehbar
ist, in den Folgeläufen aber noch bestätigt werden muss.
Viel Arbeit wird der Wind respektive Sturm bereiten. Er frischt zunächst im SW
und W, bis zum Morgen dann im mit Ausnahme des NOs überall auf, wobei der
Schwerpunkt des Sturmfeld eindeutig auf der unmittelbaren Südflanke des Wellen-
bzw. Tiefkerns zu finden ist. Sollte ICON mit seiner apostrophierten Zugbahn
rechtbehalten, würden das südwestliche Niedersachsen und Teile NRWs in den
frühen Morgenstunden den fettesten Wind abbekommen, sprich, Böen 10 Bft wären
wahrscheinlich und 11 Bft möglich. Vor allem bei Kaltfrontdurchgang und auch
kurz danach ist ein erhöhter Impulstransport durch einzelne Gewitter oder
kräftige Schauer vorstellbar, der bei 925-hPa-Winden bis zu 60 oder gar 65 Kt
und 850-hPa-Winden bis zu 80 Kt!! erhebliche Wirkung zeigen würde, auch ohne
dass die Konvektion besonders hoch reicht. In den übrigen Gebieten muss mit Böen
7-8 Bft, im Bergland entsprechen höher, gerechnet werden.

Donnerstag... zieht das Wellentief rasch weiter in Richtung Lübecker Bucht (9
UTC) und von dort gen Bornholm (12 UTC, jeweils ICON). Diesem Kurs entsprechend
verlagert sich das Hauptsturmfeld über die Norddeutsche Tiefebene und die
nördliche Mitte hinweg nach Osten (vor allem BB), wobei weiterhin Böen 10 bis 11
Bft aus heutiger Sicht auftreten können. Aber auch sonst wird es verbreitet
stürmisch mit schweren Sturmböen und Orkanböen auf den Bergen. Auf Details soll
an dieser Stelle aber bewusst noch verzichtet werden, weil zum einen die Zugbahn
des Tiefs noch nicht zu 100% eingetütet ist und zum anderen der Verfasser
möglichst vorm mittäglichen Kantinengang noch zum Ende kommen möchte. Nur so
viel, am Nachmittag und Abend erfolgt von Westen her eine Windabschwächung.
Kurz noch zur Kaltfront, die rasch südostwärts durchschwenkt und am Mittag
bereits an den Alpen liegt. Es folgt erneut erwärmte Meereskaltluft (im Norden
bis -5°C in 850 hPa), in der es nach Abzug des skaligen Regens im NO (teils mit
Schnee vermischt) und des frontalen Niederschlags im Süden zu Schauern in Form
von Regen, Schnee oder Graupel mit kurzen Gewittern.

Modellvergleich und -einschätzung
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In der Basis simulieren die Modelle die weitere Entwicklung sehr ähnlich. Einige
Unschärfen wurden bereits im Text angesprochen, manches kann auch erst
kurzfristig anhand der aktuell auftretenden Wettermerkmale abschließend
beurteilt werden.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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