SXEU31 DWAV 0800UTC DWD Synoptische Uebersicht KURZFRIST

SXEU31 DWAV 280800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 28.11.2013 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: NWa (Nordwest antizyklonal), am Wochenende allmählicher Übergang in Richtung BM
(Brücke Mitteleuropa)

Heute in der Mitte und im Süden gefrierender Sprühregen mit Glatteis.
Am Freitag windig, an der See und in Hochlagen stürmisch, in der Nacht zum Samstag im
Süden teils kräftiger Schneefall.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... zeigt die großräumige Potenzialstruktur eine leicht mäandrierende
Frontalzone, die von Neufundland kommend über den Südteil des Europäischen Nordmeeres und
Südskandinavien bis nach Russland reicht. Südlich davon schließt sich - ausgehend von
einer abgeschlossenen Höhenantizyklone mit Schwerpunkt bei Irland - ein zonal nach Osten
exponierter Höhenkeil an, der heute über den Vorhersageraum hinweg allmählich nach Süden
abgedrängt wird.

Bedeutsamer als die Prozesse in der mittleren Troposphäre sind aber die Vorgänge im
unteren Teil der Troposphäre sowie in Bodennähe. Dort befindet sich der Vorhersageraum
zwischen einem umfangreichen Tief unweit des Weißen Meeres und einem Hoch über dem nahen
Ostatlantik. Dazwischen gelangt mit einer im Norden mäßigen, nach Süden hin zunehmend
"luschigen" westlichen Strömung erwärmte und niedertroposphärisch relativ milde (T850 >
0°C) Meeresluft vor allem in die nördlichen Bereiche des Landes. Im Süden, bedingt auch in
der Mitte hingegen lagert noch "schwere" Kaltluft, die mangels Durchmischung nicht so
einfach weggeräumt werden kann, sondern vielmehr in zäher Form wegerodiert werden muss.
Als Hauptimpulsgeber fungiert dabei ein Frontensystem, das von Norden her langsam nach
Süden zieht und zunächst noch einen schmalen Warmsektor aufweist. Im Verlaufe des Tages
holt die Kaltfront die vorlaufende Warmfront ein und das gesamte System okkludiert. Dabei
wird die niedertropospärisch milde Luft mehr und mehr getilgt, so dass die
850hPa-Temperatur auch in der Nordhälfte (im Süden bleibt das durchweg der Fall) auf 0°
oder etwas darunter sinkt.

Von essentieller Bedeutung sind natürlich die Niederschläge bzw. deren Phase, die sich im
Tagesverlauf aus dem Norden und der Mitte des Landes peu a peu nach Süden verlagern. Dabei
hat sich aufgrund der vertikalen Temperaturverteilung - grob skizziert - eine Dreiteilung
der Niederschlagsphasen herauskristallisiert: Nach Norden hin, wo die Durchmischung schon
gut gegriffen hat, fällt flüssiger Sprühregen. Daran anschließend, vornehmlich im
Mittelgebirgsraum, fällt gefrierender Sprühregen mit Glatteis (flache kalte Grundschicht
mit positiv temperierter "Nase" darüber). Und noch weiter südlich (durchweg negativ
temperierte Luftschicht) liegt teils die Schneephase vor, teils fällt aber auch dort
gefrierender Sprühregen ("supercooled droplets").
Bei insgesamt schwacher Hebung - es fehlt die dynamische Unterstützung aus der Höhe -
verlagert sich das Niederschlagsgebiet im Laufe des Tages langsam nach Süden, wobei sich
an der geschilderten Phasenverteilung zunächst nicht viel ändern dürfte. Vor allem im
Mittelgebirgsraum, wo sich zäh einige Kaltluftseen halten, gebietsweise aber auch zwischen
Main und Donau, muss mit gefrierendem Sprühregen gerechnet werden, während weiter südlich
mehr und mehr die Schneephase überwiegen sollte, ohne dass dabei viel Neuschnee
zusammenkommt. Zwar wird es streckenweise ziemlich glatt auf den Straßen (es hat
vergangene Nacht ja schon einige Unfälle gegeben), von einer überregionalen
Glatteis-Unwetterlage zu sprechen wäre aber übertrieben, so dass wahrscheinlich weiterhin
mit markanten Glättewarnungen operiert werden kann.

Nördlich der Mittelgebirge ist man über jeden Zweifel erhaben, weil sich zum einen die
mildere Luft durchgesetzt hat und es zum anderen auch allmählich aufhört zu nieseln. Vor
Norden her lockert die Wolkendecke sogar teilweise auf. Die Temperatur erreicht im Norden
und Westen Maxima zwischen 6 und 10°C, sonst 1 bis 6°C, im Süden und Südosten sowie in
einigen Mittelgebirgstälern nur Werte um 0°C oder sogar etwas darunter. Besonders an der
Küste sowie im nordostdeutschen Binnenland frischt der westliche bis nordwestliche Wind
mitunter stark böig auf mit Spitzen 7 Bft, an der Ostsee (vor allem MV) auch 8 Bft.

In der Nacht zum Freitag überquert die inzwischen vollständig okkludierte Front die Alpen
südwärts. Damit kommen auch die Niederschläge weitgehend zum Erliegen, nur hier und da
fällt im Süden noch etwas Schneegriesel oder Sprühregen, der allerdings auf dem z.T. noch
negativ temperierten Boden gefrieren kann. Warntechnisch muss das Ganze relativ
kurzfristig abgehandelt werden.
Ansonsten gilt zu konstatieren, dass vor allem in Süddeutschland nur ein bedingter
Luftmassenwechsel stattfindet. Vielmehr bekommt die dort lagernde Luftmasse
Mischluftcharakter, was bei Minima um 0°C oder im leichten Frostbereich zum einen
Mischungsnebel, zum anderen Glätte durch gefrierende Nässe bzw. Nebelfrostablagerungen zur
Folge hat. Auch im Mittelgebirgsraum wird es gebietsweise neblig und auch stellenweise
glatt, weil sich in einigen Senken und Tälern noch einige Kaltluftseen befinden. Im Norden
sind Frost und Nebel wahrscheinlich kein Thema, auch wenn der Wind vorübergehend schwächer
wird.

Freitag... wandern der Höhenrücken sowie das kleine Zwischenhoch, die den Vorhersageraum
bereits in der Nacht erfasst haben, rasch nach Osten bzw. Südosten ab. Gleichzeitig nähert
sich aus dem Seegebiet zwischen Schottland und Island ein kurzwelliger Höhentrog. Er
korrespondiert mit einem Bodentief, das von Island zur Norwegischen See zieht, wo es sich
rasch auffüllt. Allerdings bildet sich an der Okklusion mit orografischer Unterstützung am
Skagerrak (Lee) ein Teiltief, das in der Nacht zum Samstag mit seinem Kern bei den
dänischen Inseln liegt (00 UTC).

Tatsache ist, dass das zugehörige Frontensystem von Nordwesten her auf den Vorhersageraum
übergreift. Vorderseitig kommen skalige Niederschläge auf, die sich rasch ost-südostwärts
verlagern. Nur im äußersten Süden bleibt es bis zum Abend noch weitgehend trocken.
Ansonsten fällt überwiegend Regen und die Schneefallgrenze steigt im Mittelgebirgsraum
vorübergehend auf 700 bis 1000 m an, bevor sie mit der Zufuhr polarerer Meeresluft wieder
auf 500 bis 800 m sinkt. Bis zum Abend sind vor allem in den Hochlagen der östlichen und
südöstlichen Mittelgebirge sowie im Harz einige Zentimeter Neuschnee drin. Am Nachmittag
lockert die Wolkendecke im Nordwesten nach Frontpassage zwar auf, mit dem Übergreifen
höhenkalter Luft (T500 teils bis -35°C) erhöht sich aber Bereitschaft zu konvektiven
Prozessen, die sich in Form von Regen- oder Graupelschauern, vereinzelt auch kurzen
Gewittern niederschlagen können.

Ein zentrales Thema wird der Wind, der zunächst im Norden später auch in der Mitte sowie
in Hochlagen Süddeutschlands merklich auffrischt und dabei von Südwest auf West bis
Nordwest dreht. In tiefen Lagen sind dabei Böen 7 Bft, mit Passage der Kaltfront sowie
später bei Schauern/Gewittern auch 8 Bft möglich. Im Bergland sowie an der Küste (zunächst
Nordsee, später auch Ostsee) muss durchweg mit Sturmböen 8 bis 9 Bft, in exponierten
Gipfellagen sowie an der Nordsee auch mit schweren Sturmböen 10 Bft, auf dem Brocken und
dem Fichtelberg mit orkanartigen Böen gerechnet werden. In Verbindung mit den Schneefällen
kommt es in den höchsten Lagen der Mittelgebirge zu Schneeverwehungen. Wegen der besseren
Durchmischung kommt es auch im Süden zu einem Temperaturanstieg, die Spanne reicht
deutschlandweit von 2 bis 9°C, wobei es im Nordwesten am höchsten geht.

In der Nacht zum Samstag verlagert sich die Kaltfront des zu den dänischen Inseln
ziehenden Tiefs rasch nach Süden, wo sie die Alpen erreicht. Damit verlagert sich der
Schwerpunkt der skaligen Niederschläge in den Süden, wobei die Schneefallgrenze in der
einströmenden Polarluft deutlich nach unten auf etwa 200 bis 300 m rutscht. Mit Weststau
sind besonders im Schwarzwald, im Allgäu und im Bayerischen Wald 10 bis 20, lokal
vielleicht auch um 25 cm Neuschnee möglich (COSMO-EU). Aufgrund des andauernd lebhaften,
in Hochlagen stürmischen westlichen Windes kommt es entsprechend zu Schneeverwehungen. In
tieferen Lagen, wo der Schnee teilweise in nasser Form fällt, könnte es zu Schneebruch
kommen. Im Mittelgebirgsraum fällt auch noch zeitweise Schnee, in tiefen Lagen Schneeregen
oder Regen. Im Norden, wo sich aus dem Trog ein eigenständiges Höhentief löst, das gen
Polen zieht, entwickeln sich noch einige Regen- oder Graupelschauer, vor allem an der See
(diabatischer Effekt) z.T. mit Blitz und Donner.

Samstag... weitet sich der Höhentrog nach Südwesten aus, während das Höhentief über Polen
weiter nach Osten zieht. Gleiches gilt für das korrespondierende Bodentief, das sich gen
Baltikum verlagert und dabei allmählich auffüllt. Zwischen diesem Tief und einem neuen
Tief, das sich über dem Golf von Genua entwickelt, stellt sich bei uns leichter
Zwischenhocheinfluss ein, dessen Wirkung sich aber in Grenzen hält. Okay, der Wind lässt
gegenüber Freitag deutlich nach (noch einige 7er-Böen aus Nordwesten an der Küste) und
auch die Niederschlagsintensität nimmt merklich ab. Trotzdem, in der feuchten Grundschicht
mit überlagertem Trog überwiegt starke Bewölkung, aus der es gebietsweise leicht regnet
oder nieselt, im Bergland sowie an den Alpen schneit. Chancen auf etwas Sonne sind am
ehesten im Nordwesten, vornehmlich an der Nordsee gegeben. Die Tageshöchstwerte liegen
zwischen 1°C in Teilen Süddeutschlands und 8°C im Westen und Nordwesten. Im höheren
Bergland gibt es z.T. leichten Frost.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung wird von allen Modellen ähnlich simuliert. Einige Warnaspekte wie
Niederschlagsphase, Glätte oder Nebel müssen teilweise mit Nowcasting-Werkzeug bearbeitet
werden. Besonders schwierig dabei die Phasenbestimmung im Süden des Landes (Schnee
gefrierender Sprühregen).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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