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Thema des Tages

"High Impact Weather" oder: Es steppt der Bär am Mittelmeer!

Was für ein Timing! Am morgigen Dienstag beginnt für die Meteorologen
auf der Nordhalbkugel der Herbst und das Wetter scheint das wohl
mitbekommen zu haben. Denn pünktlich zum Herbststart setzt sich
wieder deutlich kühlere Luft in Deutschland durch. Manch einer wird
das sicherlich begrüßen, manch einer sich aber vielleicht auch die
Hitze zurück wünschen. Doch wie dem auch sei, in den Küstenregionen
des westlichen Mittelmeeres blicken derzeit vermutlich einige
Menschen mit Sorge auf das Jahreszeitenkarussell.

Speziell zwischen September und November kommt es nämlich im
westlichen Mittelmeerraum von der Iberischen Halbinsel bis Italien
vermehrt zur Bildung von Tiefdruckgebieten, auch Zyklogenese genannt,
mit nachfolgenden Starkniederschlägen. Ein wichtiger Grund für dieses
Phänomen ist die Wasseroberflächentemperatur des Mittelmeers, die
sich nur ganz langsam abkühlt und somit in diesem Zeitraum immer noch
sehr warm ist. Selbst im Oktober liegt die mittlere Wassertemperatur
dort meist noch über der 20 Grad Marke.

Obwohl diese Tiefdruckgebiete meist weder großräumig sind, noch einen
niedrigen Kerndruck besitzen, verursachen einige von ihnen trotzdem
immer wieder hohe Niederschlagsmengen. Vor allem vom Küstenbogen
Spaniens über Südfrankreich bis nach Italien und in den dahinter
liegenden Alpenregionen sind dann Tageswerte von bis zu 300 l/qm
nicht gerade selten. Hervorzuheben ist allerdings ein
Starkregenereignis in Vicomorasso in der Nähe von Genua im November
2011. Dort kam innerhalb von 24 Stunden (4.11. bis 5.11.) eine
unglaubliche Regenmenge von 465 l/qm zusammen!

Verbunden mit diesen enormen Niederschlägen sind unweigerlich
Überflutungen und Erdrutsche. In der Folge kommt es in diesen
Regionen und in diesem Zeitraum immer wieder zu verheerenden Schäden,
Verletzten und Toten. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom so
genannten "High Impact Weather" (HIW; frei übersetzt: "Wettersysteme
mit hohem Schadenspotenzial"). Die Begründung dieser enormen
Wassermengen liegt vor allem in einer nur langsamen bis sehr
langsamen Zuggeschwindigkeit der Tiefdruckgebiete und somit auch der
mit ihnen verbundenen Niederschläge. Natürlich spielt aber auch die
Orografie hierbei eine entscheidende Rolle, wie zum Beispiel
Staueffekte an den Alpen oder den Apenninen.

Die Beantwortung der Fragen wann, wo und warum manche
Tiefdruckgebiete HIW verursachen, während andere dies nicht tun, ist
Gegenstand gegenwärtiger Forschungsprojekte. Aufgrund ihrer komplexen
dynamischen Struktur und Entwicklung sind HIW-verursachende Tiefs nur
sehr schwierig vorherzusagen. Zudem gibt es eine Vielzahl an Faktoren
bezüglich ihrer Entstehung, Entwicklung und Vorhersage, die bisher
noch nicht ausreichend untersucht und damit verbunden auch nur zu
einem geringen Grad verstanden wurden.
Ziel der Forschung in diesem Bereich ist es, die Vorhersage von HIW
zu verbessern, um vor allem die Anzahl an mit HIW verbundenen
Verletzten und Todesfällen so weit wie möglich zu reduzieren.

Heute zeigt sich das Wetter im westlichen Mittelmeerraum allerdings
noch meist von seiner ruhigen Seite. Im Laufe der Woche nimmt der
Tiefdruckeinfluss dort allerdings zu, sodass die Gefahr vor zum Teil
kräftigen Schauern und Gewittern allmählich ansteigt.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 31.08.2015

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst


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