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Thema des Tages

Windgeschwindigkeiten schneller als die Polizei erlaubt

Deutschland erlebt zurzeit bei einer kräftigen westlichen Strömung
eine kleine Sturmserie. Verbreitet treten dabei warnwürdige
Windgeschwindigkeiten auf. Diese Wind- bzw. Sturmböen lassen sich
nicht nur mittels vor Ort installierter Windmessgeräte direkt
bestimmen. Eine weitere Möglichkeit der Abschätzung von
Windgeschwindigkeit und -böen ist mithilfe von Doppler-Radarsystemen
möglich.

Aber was ist ein Doppler-Radarsystem genau und wie funktioniert es?
Bei einer Radarmessung wird von dem Radarstandort aus ein sehr kurzer
elektromagnetischer Impuls im Mikrowellenbereich in eine bestimmte
Richtung ausgesendet. Dieser Impuls breitet sich mit nahezu
Lichtgeschwindigkeit aus. Trifft er auf einen Streukörper, d.h.
beispielsweise ein Niederschlags- oder Staubpartikel, auf Insekten
oder ähnliches, wird ein bestimmter Anteil des Impulses
zurückgestreut und am Radarstandort registriert. Bei den
Niederschlagsradarsystemen wird nun aus der Zeit zwischen Aussendung
und Empfang des zurückgestreuten Impulses, also der Laufzeit des
Impulses, die Entfernung des Streukörpers abgeleitet. Die Stärke des
zurückgestreuten Signals lässt Rückschlüsse auf die Niederschlagsart
und -intensität zu.

Was passiert aber nun beim Dopplerradar?

Der ausgesendete Impuls lässt sich generell als schwingendes
Wellensignal mit gleichmäßigen Wellenbergen und -tälern beschreiben.
Die Frequenz des Signals beschreibt die Anzahl dieser Berge und Täler
in einem bestimmten Zeitintervall. Wird das Signal an einem ruhenden
Streukörper reflektiert, empfängt man am Radarstandort den
zurückgestreuten Anteil des Signals mit der gleichen Frequenz wie das
gesendete Signal. Bewegt sich der Streukörper jedoch auf den
Radarstandort zu, werden aufeinanderfolgende Wellenberge und -täler
jeweils einen kleinen Moment früher zurückgestreut. Dadurch wird am
Radarstandort im Vergleich zum gesendeten Signal in der gleichen Zeit
eine höhere Anzahl an Wellenbergen und -tälern registriert. Es liegt
also eine zeitliche Stauchung des Wellensignals vor (siehe Grafik
unter www.dwd.de/tagesthema). Folglich ist die Frequenz des
rückgestreuten Signals höher als die des gesendeten. Umgekehrt kommt
es zu einer zeitlichen Dehnung des Signals, also einer
Frequenzerniedrigung, wenn sich ein Streukörper vom Radarstandort
entfernt. Diesen Effekt der Frequenzverschiebung bezeichnet man als
Doppler-Effekt. Akustisch kennt man ihn meist von vorbeifahrenden
Polizei- oder Krankenwagen. Während sich diese auf den ruhenden
Beobachter zubewegen, registriert dieser das ausgesendete Signal des
Martinshorns mit einer zeitlichen Stauchung, also einer erhöhten
Frequenz. Das Gehör nimmt eine höhere Tonlage wahr. Nachdem der
Krankenwagen den Beobachter passiert hat und sich von diesem
entfernt, ändert sich jedoch die Tonlage. Das vom Beobachter
registrierte Signal besitzt aufgrund des Doppler-Effekts eine
niedrigere Frequenz, er nimmt eine tiefere Tonlage des Signals wahr.


Mithilfe der Frequenzunterschiede zwischen gesendetem und
rückgestreutem Radarsignal lassen sich nun beim Doppler-Radar die
Geschwindigkeiten der Streukörper ableiten. Damit erhält man einen
Aufschluss über die dort vorherrschenden Windgeschwindigkeiten
relativ zum Radarstandort und kann Aussagen über potentielle, am
Boden auftretende Windböen treffen.
Gibt das Radar nun von seinem Standort aus Impulse in verschiedene
Höhen und Richtungen ab, können Streukörper in einem Umkreis von etwa
150 km in verschiedenen Höhen detektiert werden. Anschließend werden
die Informationen der gesendeten und empfangenen Radarstrahlen
zusammengetragen und ausgewertet. Damit lassen sie die
Windverhältnisse flächendeckend und in verschiedenen Höhen in einem
Radarbild darstellen. Bei der Betrachtung und Interpretation der
Doppler-Radarbilder ist jedoch Vorsicht geboten. Partikel, die sich
mit einer bestimmten Geschwindigkeit genau auf das Radar zu bzw. vom
Radar weg bewegen, weisen eine maximale Radialwindgeschwindigkeit
auf, während Partikel, die sich mit der gleichen Geschwindigkeit
exakt senkrecht zum Radarstandort bewegen, keine
Radialwindgeschwindigkeit zeigen. Bei der Betrachtung des
Doppler-Radars am Standort Flechtdorf am 29.03.2015 um 15 Uhr in 1000
m Höhe lassen sich Windgeschwindigkeiten von 24,5 m/s bis zu 31,5 m/s
(113,4 km/h) in Richtung des Radarstandorts (Mitte des Fadenkreuzes)
erkennen (siehe Grafik unter www.dwd.de/tagesthema). Am Boden wurde
beispielsweise in Düsseldorf im Westen des Radarstandorts eine
Windböe von etwa 104 km/h registriert, was die Aussage des
Doppler-Radars bestätigt. Anhand der Nulllinie (lila eingefärbt) kann
man die Windrichtung (weißer Pfeil) ableiten. Auf dieser Nulllinie
bewegen sich die Streukörper parallel zum Radarstandort.

Das Doppler-Radar stellt somit ein nützliches Hilfsmittel zur
flächendeckenden Abschätzung von Windgeschwindigkeiten in bestimmten
Höhen dar, mit denen unter anderem auch auf Windböen am Boden
geschlossen werden kann.

M.-Sc. Met. Sebastian Schappert und Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 30.03.2015
Copyright (c) Deutscher Wetterdienst


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