SXDL31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 291800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 29.04.2016 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Süden am Samstag nachmittags und abends Gewitter mit Sturmböen möglich. Im
Südwesten vor allem in der Nacht zum Sonntag gebietsweise Dauerregen.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland auf der Vorderseite eines umfangreichen
Langwellentroges über Nordwesteuropa, in welchem ein Zentraltief über der
Nordsee eingelagert ist, dass sich im Laufe der Nacht allmählich beginnt
aufzufüllen.
Im Laufe der Nacht verlagert sich an der Südwestflanke des Troges ein
kurzwelliger Randtrog über Südwestengland weiter südwärts zur Bretagne, wodurch
sich die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet aufsteilt. Vorderseitig des
Randtroges wird markante Hebung simuliert, die vor allem kräftiger PVA
geschuldet ist und auch im Bodenfeld zu einer Zyklogenese über
Nordwestfrankreich führt. Das hat eine vorübergehende leicht retrograde
Verlagerung des vom Nordseetief ausgehenden und über Nordwestdeutschland
verlaufenden, bis dahin quasistationären Frontensystems zur Folge.
In seinem Einflussbereich fällt auch nachts im Nordwesten und Westen
Deutschlands zeit- und gebietsweise schauerartiger Regen, der vorübergehend
etwas nachlässt, sich aber im Laufe der zweiten Nachthälfte von Westen her aber
wieder verstärkt. Kurze Gewitter sind dabei nicht ausgeschlossen,
wahrscheinlicher sind diese aber eher über der Nordsee in der dort in
Trogzentrumsnähe labilen Höhenkaltluft. Die von den Modellen recht unisono
simulierten Regenmengen liegen zwischen 1 und 8 mm in 12 Stunden.
Der Süden und Osten des Landes verbleiben noch im Einflussbereich eines
Hochdruckgebietes mit Schwerpunkt über dem südöstlichen Mitteleuropa. Dort löst
sich die vielerorts vorhandene flache Quellbewölkung nachts auf, teilweise klart
der Himmel auch auf. In ungünstigen Lagen kann es dann erneut leichten Frost
geben, ganz vereinzelt tritt auch Nebel auf.
Von Warnrelevanz ist ansonsten noch der Wind im Nordwesten, in der Nähe des
Nordseetiefs. Dieser schwächt sich im Laufe der Nacht mit beginnendem
Auffüllprozess und auch tagesgangbedingt ab, so dass nur noch über der offenen
Nordsee warnrelevante Böen auftreten.

Samstag ... tropft der Trog über Ostfrankreich aus, das nördliche Residuum zieht
bis zum Abend nach Südnorwegen, dazwischen erstreckt sich dann ein flach
konturierter kurzwelliger Rücken über Norddeutschland hinweg zur Nordsee.
An der Ost- und Nordostflanke des Cut-Off-Tiefs wird nach wie vor markante
Hebung simuliert, die auch im Bodenfeld zu Druckfall über Süddeutschland führt.
An der Westflanke des Bodentiefs führen Aufgleitprozesse zu länger anhaltenden,
teils schauerartig verstärkten Regenfällen, die vor allem nachmittags und abends
auch auf den Westen und Südwesten Deutschlands übergreifen. Dabei simuliert vor
allem der 06 UTC-Lauf des GFS im Schwarzwald bereits warnrelevante Mengen von
mehr als 20 mm in sechs Stunden, die anderen Modelle dagegen eher weniger.
Vereinzelt können auch kurze Gewitter eingelagert sein, am ehesten am Ostrand
des Regengebietes über den mittleren Landesteilen.
Verstärkt wird der Druckfall noch durch orographisches Auspumpen am
Alpennordrand aufgrund der südlichen föhnigen Höhenströmung. COSMO_EU und
ICON-Nest simulieren für den 18 UTC- Termin ein Bodentief mit Kerndruck um oder
knapp über 1010 hPa über dem oberbayerischen Alpenvorland. Dabei wird von
Südosten her eine zunehmend potentiell instabile Luftmasse vor allem nach Süd-
und Südostdeutschland und teilweise auch bis in die mittleren Landesteile
advehiert, die höher auflösenden Modelle simulieren zum späten Nachmittag und
Abend hin mehrere 100 J/kg ML-Cape bei allerdings (aufgrund der föhnigen
Abtrocknung der Luftmasse) recht niedrigen ppw-Werten von teilweise unter 15 mm.
Somit können die Temperaturen im sonnigen Bayern und in der Lausitz auf 15 bis
19 Grad, im Alpenvorland auch auf über 20 Grad steigen, während im verregneten
Westen/Südwesten kaum 10 Grad erreicht werden. Die hieraus entstehende
thermische Querzirkulation kann zur Ausbildung einer Druckwelle führen, die vor
allem Süddeutschland im Laufe des Abends überquert. Rückseitig der Druckwelle
simulieren die höher aufgelösten Modelle (COSMO_EU von 06 UTC und _DE von 03
UTC) teilweise einen Druckanstieg von 5 bis 10 hPa, so dass vor allem südlich
der Donau durchaus - unterstützt noch durch den Leitplankeneffekt - mit
stürmischen Böen (Bft. 8), vereinzelt auch mit Sturmböen (Bft. 9) zu rechnen
ist. Ob es entlang der Druckwelle auch zu Gewittern kommt, ist noch unsicher,
vor allem an den Alpen erscheint die Luftmasse zu trocken, weiter nördlich ist
das aber durchaus in Erwägung zu ziehen. Dann sind nicht zuletzt aufgrund der
niedertroposphärisch recht ausgeprägt vorhandenen Scherung (teils über 10 m/s in
0 bis 1 km) auch organisierte Strukturen denkbar, innerhalb derer auch schwere
Sturmböen (Bft. 10) nicht ausgeschlossen sind. Zudem ist kleiner Hagel möglich.
Das größte Potential für markante Gewitter existiert aus aktueller Sicht im
Osten Baden-Württembergs, in Franken, Schwaben und Oberbayern - zumindest mit
etwas Abstand vom Alpenrand.
Bzgl. des hier beschriebenen Szenarios bestehen aber noch größere
Modelldifferenzen. GFS und ECMWF (von 00 UTC) simulieren die Druckwellen- und
Böenentwicklung bei weitem nicht so markant wie die ICON-Kette und auch COSMO_EU
vor allem in den 06 UTC-Läufen. Die 12 UTC-Läufe haben das Szenario allerdings
mittlerweile etwas entschärft.
Weiter nördlich - über den mittleren Landesteilen - kann es ebenfalls kurze
Gewitter geben, die aber mangels Querzirkulation schwächer ausfallen dürften.
Auch im Bereich des nach Norden abziehenden Trogresiduums über dem Nordwesten
und Norden Deutschlands sind Schauer und kurze Gewitter möglich. In der
Osthälfte dürfte der Tag dagegen im Einflussbereich des sich von Osten
allmählich ausweitenden flachen Höhenrückens ruhig und warnfrei verlaufen.

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich das Höhentief nach Südfrankreich,
nördlich davon verstärkt sich ein von Polen nach Norddeutschland gerichteter
Höhenrücken.
Im Bodenfeld verlagert sich das Tiefdruckgebiet vom Alpenvorland nach Ostbayern
und füllt sich allmählich auf, die eventuelle Druckwelle zieht unter
Abschwächung rasch ostwärts ab. Übrig bleibt eine flache, von Ostösterreich bis
nach Westdeutschland reichende Tiefdruckrinne. Nördlich davon gelangt weiterhin
recht trockene Festlandsluft in die Osthälfte. Gleichzeitig weitet sich der Keil
eines Hochs über der Biskaya bis zur Nordsee aus und nimmt Verbindung zu einem
Hochdruckgebiet über Nordosteuropa auf.
Die schauerartigen Regenfälle an der West- und Nordwestflanke des Tiefs greifen
somit noch etwas weiter auf den Südwesten und Süden Deutschlands aus. Die
meisten Niederschläge werden dabei von der Eifel bis zur Schwäbischen Alb und
etwas südwestlich davon simuliert. Noch immer bestehen Modelldifferenzen
hinsichtlich der genauen räumlichen Verteilung und Intensität der Niederschläge.
ICON-EU und GFS (von 06 UTC) simulieren die höchsten Mengen mit 20 bis 40 mm in
12 Stunden (GFS lokal eng begrenzt auch mehr) vom Pfälzer Wald über den
Nordschwarzwald bis zur Schwäbischen Alb, COSMO_EU dagegen eher im Hunsrück, GFS
von 12 UTC im Schwarzwald. Aufgrund dieser Differenzen sollte aktuell noch von
der Ausgabe von Dauer- oder Starkregenwarnungen abgesehen werden. Unsicherheiten
bestehen auch noch bzgl. der Schneefallgrenze am Alpenrand und im
Südschwarzwald. Vor allem ICON_EU und COSMO_EU lassen dorthin schon kältere Luft
sickern mit Temperaturen bis -3 Grad in 850 hPa, simulieren dort aber keine
allzu hohen Niederschlagsmengen. Dennoch könnte die Schneefallgrenze auf nahe
800 m sinken.
Im Westen und Nordwesten - im Grenzbereich zur trockenen Festlandsluft weiter
östlich, der durch eine Warmfront im Bodenfeld markiert ist - gibt es ebenfalls
noch leichte Niederschläge, die allerdings zögernd abklingen, während es in der
gesamten Osthälfte und auch im Nordseeumfeld weitgehend trocken bleibt. Dort
können die Wolken stärker auflockern, vor allem in der Osthälfte bleibt der
Himmel vielerorts klar, vereinzelt tritt Nebel auf. Mit Frost oder Bodenfrost
ist hingegen kaum mehr zu rechnen.

Sonntag ... zieht das Höhentief von Südfrankreich nach Sardinien, wobei an
dessen Nordflanke über Süddeutschland weiterhin Hebungs- bzw. Aufgleitprozesse
erhalten bleiben. Über der Nordhälfte verstärkt sich hingegen ein über England
hinweg dorthin gerichteter Hochkeil.
Im Bodenfeld füllt sich die Rinne etwas auf und wird ein wenig nach Süden
abgedrängt, bleibt aber als solche noch bis zum Abend erhalten. Nördlich davon
weitet sich die Hochdruckbrücke allmählich bis nach Norddeutschland aus.
Somit kann die trockene und milde Festlandsluft in Nordostdeutschland noch etwas
nach Westen an Raum gewinnen. Im Grenzbereich bleibt es im Westen und Nordwesten
Deutschlands noch bewölkt, wobei es aber nur noch vereinzelte Schauer gibt und
sich vor allem nachmittags zunehmend die Sonne durchsetzt. Nach Osten zu scheint
dagegen überwiegend die Sonne.
Deutlich unbeständiger verläuft der Tag dagegen in der Südhälfte, im Bereich der
Tiefdruckrinne. Vor allem südlich der Donau fällt immer wieder Regen, zwischen
Main und Donau nehmen die Niederschläge eher Schauerform an und treten nicht
mehr so verbreitet auf, wobei aber auch vereinzelte kurze Gewitter dabei sein
können. Insgesamt simulieren die Modelle nochmals 1 bis 5 mm in 12 Stunden, an
den Alpen (ICON_EU) bzw. im Südschwarzwald (GFS) auch mehr. Für warnwürdige
Mengen dürfte es aber bei weitem nicht mehr reichen.
Tagesgangbedingt frischt vor allem in den mittleren Landesteilen der Wind aus
Nordost etwas auf, starke Böen Bft. 7 sind aber höchstens in freien Kammlagen zu
erwarten.
Die Temperaturen steigen im eher trüben Süden nur auf 8 bis 13 Grad, sonst
werden 13 bis 20 Grad erreicht.

In der Nacht zum Montag verlagert sich das Höhentief ins Tyrrhenische Meer,
verliert aber noch immer nicht seinen Einfluss auf das Wetter in Süddeutschland,
wo es an den Alpen und im angrenzende Alpenvorland noch zu weiteren
Niederschlägen kommt. Diese verstärken sich mit Südostverlagerung der
Tiefdruckrinne sogar noch ein wenig, da die Strömung rückseitig der Rinne am
Alpenrand auf Nordost dreht, so dass es zu Staueffekten kommt. Vor allem GFS
simuliert in exponierten Staulagen bis über 20 mm in 12 Stunden (bei
Mittenwald), die anderen Modelle, inklusive der ICON-Kette und COSMO_EU dagegen
kaum 10 mm.
Im übrigen Land verstärkt sich der Hochdruckeinfluss weiter, wobei die Achse der
Hochdruckbrücke sich allmählich südwärts in etwa zum Nordrand der Mittelgebirge
verlagert. Somit steht eine ruhige Nacht ins Haus, hier und da kann sich Nebel
bilden. Leichten Frost oder Bodenfrost dürfte es höchstens in höheren
Mittelgebirgstälern geben.

Montag ... schwenkt der nach Norddeutschland gerichtete Höhenrücken allmählich
südwärts und der Nordwesten gelangt bereits wieder auf die Vorderseite eines
umfangreichen Langwellentroges mit Drehzentrum bei Island. Das Frontensystem des
mit dem Trog korrelierenden Sturmtiefs im Bodenfeld überquert im Tagesverlauf
die Nordsee, die der Warmfront vorgelagerten Niederschläge erreichen am späten
Nachmittag zumindest nach Lesart der deutschen Modellkette den Nordwesten.
Die vorgelagerte Hochdruckbrücke schwächt sich ab und wird allmählich nach Süden
abgedrängt, wobei sich dieser Prozess im aktuellen GFS-Lauf langsamer vollzieht
als im ICON und es auch an der Nordsee bis zum Abend bzw. bis in die Nacht
hinein noch trocken bleiben soll.
Südlich der Brücke bleibt es vor allem südlich der Donau weiterhin stärker
bewölkt mit zeitweiligen Regenfällen an den Alpen und im angrenzenden Vorland.
Richtung Berchtesgadener Land simulieren GFS und ICON_EU in Staulagen sogar
nochmals Mengen um oder knapp über 10 mm in 12 Stunden.
Während es im Süden meist stark bewölkt bleibt, scheint sonst zunächst meist die
Sonne, ehe die Wolken im Nordwesten mit Annäherung der Warmfront dichter werden.
Dort frischt auch der Wind zum Abend hin etwas aus Süd auf, für warnwürdige Böen
dürfte es aber nicht reichen. Die Temperaturen steigen auf 15 bis 20 Grad, an
der See und vor allem Richtung Alpen bleibt es mit 10 bis 14 Grad allerdings
kühler.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen eine weitgehend ähnliche Entwicklung. Anhand der
synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten Unterschiede
ableiten.
Aufgrund der noch immer bestehenden Modellunsicherheiten bzgl. der Stark- bzw.
Dauerregensituation in der Nacht zum Sonntag im Südwesten wird zunächst noch auf
die Ausgabe von entsprechenden Warnungen verzichtet. COSMO-LEPS zeigt die
höchsten Wahrscheinlichkeiten für mehr als 25 mm/12 h im Schwarzwald und entlang
der Schwäbischen Alb, die deterministischen Läufe bieten, wie im Text
beschrieben, noch immer unterschiedliche Lösungen an.
Die markante Druckwelle, die in den 00 UTC- und 06 UTC-Läufen von ICON und
COSMO_EU bzw. im 03 UTC-Lauf vom COSMO_DE (sogar mit Böen bis in den
Unwetterbereich) für Süddeutschland simuliert wurde, wird in den aktuellen
Läufen deutlich "entschärft".


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff

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