SXDL31 DWAV 0800UTC DWD Synoptische Uebersicht KURZFRIST

SXEU31 DWAV 280800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 28.04.2015 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Mittelding zwischen WS (südliche Westlage)und TrM (Trog Mitteleuropa)

Heute im SO nachlassender Regen, im NW Schauer und kurze Gewitter. Kommende
Nacht verbreitet Frost. Morgen Zwischenhocheinfluss, am Donnerstag wieder Regen
und Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... hat die bisher wetterbestimmende schleifende Kaltfront den äußersten
Südosten Bayerns nun auch überquert, so dass die gesamte Republik in den
"Genuss" maritimer Polarluft gelangt. Bis heute Mittag sinkt die Temperatur in
850 hPa deutschlandweit auf 0 bis -3°C. Trotz Kaltfrontpassage kommt es im Süden
und Südosten - quasi von BW und Bayern bis hoch nach BB - noch zu weiteren
Regenfällen, wobei gebietsweise durchaus noch mal 10 bis 15 mm, lokal auch bis
zu 20 mm innert 6 Stunden oder auch etwas kürzerer Zeit zusammenkommen können.
Die aktuelle Warnsituation hinsichtlich Dauer- oder Starkregen deckt die
Situation recht gut ab, so dass wahrscheinlich kein weiterer Handlungsbedarf
besteht. Den dürfte es im Südosten auch nicht mehr in Bezug auf Gewitter geben,
weil die dort bisher lagernde labil geschichtete Warmluft weitgehend getilgt
ist. Dafür fallen in den Hochlagen der süd- und südostdeutschen Mittelgebirge
(meist oberhalb 600 bis 1000 m) noch ein paar Zentimeter Schnee, an den Alpen
liegt die Schneefallgrenze etwa bei 1000 bis 1300 m.
Auf der Suche nach den auslösenden Hebungsprozessen stößt man unweigerlich auf
"günstige" Scherungsbedingungen, die der Kaltfront klassischen Anacharakter
verleihen. Während nämlich in der unteren Troposphäre bis etwa 750 hPa
nordwestlicher Wind weht, dreht er weiter oben auf südliche Richtungen, was eine
deutliche Gegenstromsituation bedeutet. Im Laufe des Tages lässt die Scherung
aber sukzessive nach. Mit Annäherung eines Höhentroges von Westen her dreht der
Höhenwind zumindest in der mittleren Troposphäre auf Südwest, gleichzeitig kommt
es weiter unten zu einer Rückdrehung auf westliche Richtungen. Damit lassen die
Hebungsprozesse nach und von Westen her erfolgt ein Nachlassen bzw. Abklingen
der Dauerniederschläge.
Mit der Annäherung des Troges gelangt auch ein Schwall höhenkalter Luft vor
allem in den NW des Landes (T500 etwas unter -30°C), was dort - etwa von NRW und
Nordhessen bis hoch nach SH - mit Unterstützung des Tagesgangs sowie einer von
Westen hereinlaufenden "Pseudookklusion" (am frühen Morgen von der südwestlichen
Nordsee auf Belgien und die Niederlande übergreifend) zur Auslösung einiger
Schauer führt. Bei apostrophierten CAPE-Werten bis etwa 200 J/kg sind auch kurze
Gewitter Typus "Kaltluftgewitter" wahrscheinlich, die mit Graupel und steifen
Böen 7 Bft, vereinzelt vielleicht auch mal 8 Bft einhergehen können. Auch "nur"
bei Schauern sind einzelne 7er-Böen aus W bis NW möglich.
Apropros Wind, der spielt auch im südöstlichen Bayern sowie allgemein auf den
süd- und ostdeutschen Bergen eine prominente Rolle. Mit Durchgang der
postfrontalen Druckwelle frischt der nordwestliche Wind vorübergehend auch bis
in tiefe Lagen stark böig auf (bis 7 Bft), in Kamm- und Gipfellagen sind
Sturmböen bis 9 Bft zu erwarten. Dazu gibt es im gesamten Südosten gegenüber
gestern einen regelrechten Temperatursturz von z.T. 15 oder noch mehr Grad. Nur
noch 6 bis 12°C stehen im Süden und Osten als Maximum auf der Karte, wobei im
Südostzipfel Bayerns die Höchstwerte schon heute früh erreicht werden. Nach
Westen und Südwesten hin reicht es mit etwas Sonnenunterstützung immerhin für 11
bis 14, lokal vielleicht 15°C, wenn man nicht gerade in den Kammlagen der
Mittelgebirge "rumturnt".

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der Höhentrog über Norddeutschland hinweg in
Richtung Polen bzw. Baltikum. Es folgt ein flacher Rücken nach, der die durch
die KLA entstandene Bodenhochzelle (00 UTC mit Schwerpunkt über dem süddeutschen
Alpenrand) stützt. Kurzum, die Schauer und Gewitter fallen mit fehlender
Sonneneinstrahlung alsbald zusammen, nur unmittelbar in Seenähe können die
konvektiven Umlagerungen noch bis weit in die Nacht andauern. Ansonsten klart es
vielerorts auf und bei allgemein nachlassendem Wind geht die Temperatur
vielerorts in Gefrierpunktnähe zurück. Ergo: Es wird verbreitet leichten, im
Bergland punktuell auch mäßigen Frost in Bodennähe und gebietsweise leichten
Luftfrost geben. Letzterer tritt vor allem, aber nicht nur im Bergland auf, so
dass z.B. auch die Norddeutsche Tiefebene oder das westfälische Tiefland ebenso
frostgefährdet sind wie einige süddeutsche Flusstäler.


Mittwoch... wölbt sich der kurzwellige Höhenrücken im Zuge einer neuerlichen
Austrogung im Raum UK/Irland noch etwas auf und überquert den Vorhersageraum
dabei langsam ost-nordostwärts. Gleichzeitig verlagert sich auch die
Bodenhochparzelle gemächlich nach Osten, gleichwohl wird das Gros des Tages noch
antizyklonal bestimmt. Zwar bilden sich nach einem verbreitet kalten aber
sonnigen Tagesstart vielerorts Quellwolken, deren vertikale Mächtigkeit aufgrund
der inzwischen erfolgten Stabilisierung der eingeflossenen Kaltluft aber nicht
ausreicht, etwaige Schauer zu generieren.
Allerdings deutet das Stichwort "Austrogung UK/Irland" schon darauf hin, dass
wir unseren Blick bald wieder gen Westen werfen müssen. Korrespondierend zum
Höhentrog befindet sich dort ein dipolartiges Bodentief mit Kernen über
Schottland und nördlich von Irland (12 UTC). Die zugehörige Kaltfront nähert
sich von der Nordsee her dem europäischen Festland und erreicht in der Nacht zum
Donnerstag NW-Deutschland. Vorderseitig frischt der auf SW bis S rückdrehende
Wind im Nordwesten auf, die von C-EU vorhergesagten 7er, an der Nordsee später
8er-Böen, dürften aber nicht zuletzt wegen der stabilen Schichtung etwas zu hoch
gegriffen sein. Unabhängig davon zieht bereits am Nachmittag mehrschichtige
Bewölkung in die westlichen Landesteile, die immer dichter wird und ab den
Abendstunden Regen bringt, der sich in der Nacht zum Donnerstag langsam ostwärts
ausbreitet. Die vorhergesagten Mengen sind überschaubar und liegen bei allen
verfügbaren Modellen meist unter 10mm/12h. Abgesetzt vom frontalen Geschehen
setzt in der Nacht zudem schauerartiger Regen aus den Alpen heraus ein, der sich
über Teile Baden-Württembergs und Bayerns nordostwärts ausbreitet. Sie werden
offensichtlich von einem nordostwärts ablaufenden KW-Trog generiert, der sich
aus der relativ breiten Trogkonfiguration über Westeuropa löst. Die
vorhergesagten Mengen liegen wie im Westen unter 10mm/12h.
Nachdem die Temperatur tagsüber auf 13 bis 18°C (Küste z.T. etwas darunter)
gestiegen ist, geht sie in der Nacht zum Donnerstag nicht mehr so weit nach
unten wie noch in der Vornacht. Luftfrost tritt so gut wie gar nicht mehr auf,
Bodenfrost lokal am ehesten im östlichen und südöstlichen Mittelgebirgsraum.


Donnerstag... zieht das "Doppeltief" via Nordsee gen Norwegen. Die Kaltfront
überquert Teile des Vorhersageraums ostwärts, was im Norden deutlich forscher
vonstattengeht als im Süden, wo die Front zurückhängt. Der Grund dafür liegt im
nur schleppend nachfolgenden Höhentrog, der ebenfalls nach Südwesten
zurückhängt.
Fakt ist, dass mit der KF schauerartige, besonders nach Süden hin teils auch
andauernde Regenfälle ausgelöst werden, die sich auf das gesamte Bundesgebiet
ausbreiten. Ein Minimum der Regenfälle deutet sich für den Nordwesten an, wo die
Kaltfrontpassage früh erfolgt und die labilisierende Wirkung der spät
nachfolgenden Höhenkaltluft auf sich warten lässt. Der Schwerpunkt der
Regenfälle liegt - wenn man mal die nächtlichen Regenfälle auf den 1. Mai
dazuzählt - im Süden, wo nach Lesart der deutschen Modellkette 10 bis 30 mm, im
Allgäu vereinzelt sogar etwas über 30 mm innert 24 Stunden zusammenkommen
sollen. Eine große Rolle spielt dabei die in der Nacht zum Freitag
durchschwenkende Trogspitze, die über einen diffluenten und somit
hebungsfördernden Ausgang verfügt, welcher den Tanz in den Mai im wahrsten Sinne
des Wortes ins Wasser fallen lässt.
Ansonsten gilt zu konstatieren, dass die Luftmasse mit Ausnahme des äußersten
Südens sowohl prä- als auch postfrontal labilisiert wird. Das ML-CAPE geht hoch
auf z.T. 300 J/kg oder etwas darüber, was korrespondierend zum Tagesgang die
Gewitterwahrscheinlichkeit ansteigen lässt. Zwar hält sich das niederschlagbare
Wasser mit PPW-Werten meist unter 20 mm in Grenzen, so dass Starkregen nicht
überbordend wahrscheinlich, aber auch nicht ganz ausgeschlossen ist. Eher tritt
mal eine stürmische Böe 8 Bft auf, vor allem, wenn sich eine organisierte Linie
bilden sollte. Abseits von konvektiven Umlagerungen frischt der südliche bis
westliche Wind bevorzugt im Bergland mitunter böig auf mit einzelnen Sturmböen
in exponierten Kamm- und Gipfellagen. Die Tageshöchstwerte liegen zwischen 10
und 16°C.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die beschriebene Entwicklung wird von den verschiedenen Modellen ähnlich
simuliert. Unterschiede ergeben sich am ehesten bei der Verteilung und
Intensität der Niederschläge, wobei die deutsche Modellkette meist am
offensivsten zu Werke geht.
Bemerkenswert ist der krasse Temperaturrückgang im Südosten von gestern zu
heute. Wo man sich gestern noch leicht bekleidet bei über 20°C genüsslich einen
Pina Colada in sich reinschlürfen konnte, muss man heute bei wenig über 0°C
aufpassen, dass man sich im Schneematsch keine nassen Füße holt (ostdeutsche
Mittelgebirge plus Vorland). Was uns einmal mehr eindrucksvoll vor Augen hält,
dass wir nicht auf den Bahamas sondern im äußerst abwechslungsreichen
Mitteleuropa mit imposanten Wetter- und Temperaturgegensätzen binnen kürzester
Zeit leben - gut so.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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