SXDL33 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT MITTELFRIST

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 27.08.2017 um 10.30 UTC



Anfangs Passage einer schleifenden Kaltfront, am Wochenende Trend in Richtung
zyklonal und unbeständig bei niedriger Prognosesicherheit.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 03.09.2017


Zu Beginn des mittelfristigen Vorhersagezeitraums am kommenden Mittwoch sind es
gerade noch zwei Tage, bis der Sommer 2017 vorbei ist - zumindest auf dem Papier
beginnt am 1. September (Freitag) der meteorologische Herbst. Ob die Natur diese
Spielchen auch mitmacht, ist unsicherer denn je, doch dazu später mehr.
Zunächst mal allerdings stehen die Zeichen in der Atmosphäre noch auf Sommer, in
weiten Teilen des Landes gar auf Hochsommer. Dabei befindet sich Deutschland
laut IFS_ECMF von heute 00 UTC im Übergangsbereich zwischen einem umfangreichen,
vom westlichen Mittelmeer über das östliche Mitteleuropa bis in den Nordwesten
Russlands reichenden Höhenrücken und einem vom Europäischen Nordmeer bis
hinunter zur Biscaya reichenden Trog. Eingekeilt zwischen dem Azorenhoch und
einem weiteren Hoch über dem nahen Osteuropa schwenkt eine meridional
orientierte Rinne ganz langsam ost-südostwärts über den Vorhersageraum hinweg.
Sie wird nach hinten, also im Westen und Nordwesten von einer Kaltfront
begrenzt, die über eine sehr hohe Baroklinität verfügt (Delta T von 10 Grad auf
knapp 300 km in 850 hPa). Die Kaltfront kommt am Mittwoch ebenfalls etwas
ost-südostwärts voran, allerdings mit stark angezogener Handbremse, was zum
einen ihrer nahezu höhenströmungsparallelen Exposition, zum anderen einer nach
Nordosten ablaufenden Welle geschuldet ist. Zur Verdeutlichung, am Ende des
Tages reicht die Spanne der 850-hPa-Temperatur von rund 6°C an der Nordseeküste
und 18°C südlich der Donau bzw. zwischen Erzgebirge und Lausitz.
Wettertechnisch soll es laut Numerik vor allem im Nordwesten schauerartig
verstärkt und mit einzelnen Gewittern durchsetzt regnen, allerdings wird von den
Modellen gerne mal die konvektive Aktivität in der präfrontalen Warmluft
unterschätzt.

Wie auch immer, bis Donnerstagabend kommt die Kaltfront langsam aber sicher
(sicher im Sinne der Modellsimulation) nach Südosten voran, so dass dann auch
der Süden und Osten in den "Genuss" (wie immer Ansichtssache) von schauerartigen
Regenfällen und Gewittern kommen. Rückseitig breitet sich ein Schwall
subpolarer, mäßig warmer Meeresluft aus, in der die 850-hPa-Temperatur in der
Nordhälfte bei gleichzeitigem Druckanstieg (Azorenhochkeil) auf 10 bis 4°C
zurückgeht. Weiter südlich sinkt die Temperatur zwar auch, bleibt mit 10 bis
punktuell 16°C aber relativ hoch, was gegen einen reinen Luftmassenwechsel und
eher für Mischluft spricht.

Richtung Wochenende rückt der o.e. Höhentrog immer dichter an den europäischen
Kontinent heran, bevor er wahrscheinlich schon am Freitag über der Biscaya oder
Westfrankreich abtropft. Dabei formiert sich über Süddeutschland eine neue
Tiefdruckrinne, die im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin allerdings zonal
ausgerichtet ist. Sie wird in ihrem Nordteil durch die Luftmassengrenze
markiert, die zuvor nicht ganz die Alpen und das Vorland erreicht hat (o.e.
Kaltfront) und nun als Warmfront wieder ein Stück nach Norden gesteuert wird.
Dabei kommt es zu weiteren, teils gewittrigen und gebietsweise auch kräftigen
Regenfällen, die zunächst (Freitag) noch weitgehend frontgebunden sind, am
Wochenende dann aber zunehmend von dem Richtung Zentral- und Nordfrankreich
vorstoßenden Höhentief getriggert werden. Regen und Gewitter weiten sich dabei
peu a peu nach Norden und Osten aus, wo anfangs aber noch die mittlerweile
eigenständig gewordenen Reste des Azorenhochkeils etwas dagegenhalten -
wahrscheinlich mit mäßigen Erfolgen.
Fakt ist, dass nun von Westen und Südwesten her kühlere Atlantikluft einsickert
(T850 unter 10°C), während sich tiefvorderseitig eine Warmluftzunge (T850 10 bis
14°C) über die östlichen Landesteile zunächst nach Norden und dort am Sonntag
dann noch ein Stück nach Westen verlagert.

In der erweiterten Mittelfrist ab Montag deutet sich eine andauernde
Einflussnahme des Höhentiefs an, das sogar Kurs auf Deutschland nimmt. Es kommt
zu weiteren Regenfällen und Gewittern. Zudem breitet sich die Atlantikluft immer
weiter aus und die Warmluft respektive die Reste davon werden bis Mittwoch aus
dem Nordosten abgedrängt.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Wie bereits gestern schon angeklungen, haben die für die Mittelfrist relevanten
Globalmodelle aktuell große Schwierigkeiten, einen einigermaßen konsistenten
Kurs einzuschlagen. Darin reiht sich auch der heutige 00-UTC-Lauf des IFS (ECMF)
ein, der sich vor allem ab dem nächsten Wochenende fundamental von der gestrigen
12-UTC-Version unterscheidet. Dort, wo gestern noch hoher Luftdruck und hohes
Geopotenzial simuliert wurden (große Teile West- und Mitteleuropas), erscheint
heute ein veritables Höhentief. Die Folgen für uns wären deutlich
unbeständigeres Wetter mit wiederholten Regenfällen und Gewittern bei
niedrigeren Temperaturen.
Immerhin passt sich der heutige Lauf dem gestrigen 00-UTC-Lauf an, der ebenfalls
zyklonal aufgestellt war. Und auch die neuesten Läufe von GFS und ICON schlagen
in diese Kerbe, wenn auch jeweils mit "individuellen" (also im Detail sich
durchaus unterscheidenden Lösungen, besonders hinsichtlich
Niederschlagsverteilung und -intensität). Einzig das kanadische GEM hält dem
Hochdruckszenario die Stange. Von daher bleibt die Prognosesicherheit ziemlich
gering, verbunden mit der Hoffnung, dass sich Kongruenz (zwischen den Modellen)
und Konsistenz (innerhalb der einzelnen Modelle) in den nächsten Läufen erhöhen
werden.

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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Siehe Kapitel zuvor.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die ECMF-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte beginnen bereits am
Mittwoch auseinanderzulaufen. Allerdings ist ein klarer Trend erkennbar, der die
o.e. Kaltfrontpassage bestätigt. Unscharf ist nur, wann das genau der Fall sein
wird. Nimmt man z.B. Offenbach für die Mitte Deutschlands, dann könnte die
Passage von Mittwochvormittag bis Donnerstagabend erfolgen, im Extremfall sogar
erst am Freitag (zwei Lösungen). Das Gros der Kurven deutet aber auf den späten
Mittwoch oder den Donnerstag hin.
Auffallend ist das Splitting der 850-hPa-Temperatur in zwei Äste im Süden und
Südosten des Landes. Ein Teil der Ensembles setzt auf einen klaren
Luftmassenwechsel wie weiter nördlich auch, ein zweiter geht gemäßigter an die
Sache heran, was für die deterministische Mischluftvariante sprechen würde.
Am Wochenende und danach wird das Bild diffus und der Spread hoch, so dass keine
klare, eigentlich nicht einmal eine tendenzielle Aussage möglich ist. Nur so
viel, bei den kühleren Lösungen im unteren Potenzialbereich herrscht ein
leichtes, aber keinesfalls signifikantes Übergewicht.

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass auch bei der Clusterung kein
einheitliches Bild gezeichnet wird. Das geht schon für den Zeitraum T+72...96h
(Mittwoch-Donnerstag) los, wo drei Cluster auf der Agenda stehen. Sie
unterscheiden sich hauptsächlich im Timing der Kaltfront, die in CL 1 (20 Fälle)
am schnellsten, in CL 3 (13 Fälle) am langsamsten ist. CL 2 (18 Fälle plus
HL/KL) steht dazwischen.
Für T+120...168h (Freitag bis Sonntag) erhöht sich die Zahl der Cluster auf sechs.
Vier davon (insgesamt 32 Fälle + HL/KL) setzen auf ein zyklonales Szenario mit
jeweils etwas anderer Geometrie des Höhentiefs bzw. -trogs. Zwei Cluster
(immerhin 19 Fälle) favorisieren eine antizyklonale Lösung mit einem Rücken über
Mitteleuropa. Von daher setzt sich Aussage aus der deterministischen Betrachtung
fort, "nichts Genaues weiß man nicht" mit leichtem Hang zum Zyklonalen.
In der erweiterten Mittelfrist T+192...240h (Montag bis Mittwoch) vereinfacht sich
die Angelegenheit insofern, als dass nur noch drei Cluster im Portfolio zu
finden sind. CL 1 (21 Fälle + HL/KL) setzt dabei auf eine Troglage Mitteleuropa
(TrM) mit frühherbstlichem Touch, während CL 2 und 3 (16, 14 Fälle) auf eine
antizyklonale Westlage (Wa) mit einem nach Mitteleuropa vorstoßenden
Azorenhochkeil.

Zurück noch mal zu den Rauchfahnen, in diesem Fall von GFS-EPS. Diese zeigen den
Durchgang der Kaltfront etwas verzögert (im Norden) und in der Mitte und im
Süden zunächst auch nur halbherzig (viele Lösungen mit nur geringer Abkühlung).
So richtig nach unten soll es dort erst am Wochenende gehen, allerdings hat bis
dahin auch die Streuung merklich zugenommen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Die Hinweise probabilistischer Prognosetools auf signifikante
Wettererscheinungen fallen eher dünn aus. Zwar findet man über den gesamtem
Vorhersagezeitraum hinweg leicht diffus und ohne klaren räumlichen Trend
schwache Signale für überdurchschnittlichen Regen (Starkregen, vielleicht auch
12h-Dauerregen), so richtig anfangen kann man damit aber nix.

So lässt sich mehr oder weniger aus synoptischen Überlegungen heraus ableiten,
dass bei den beschriebenen Rahmenbedingungen sowohl kräftige GEWITTER (bis hin
zu lokalen Unwettern, vor allem, aber nicht ausschließlich durch STARKREGEN) als
auch gebietsweise nicht-gewittriger STARKREGEN möglich sind. Hinsichtlich des
Wie, Wo und Wann müssen wir uns noch etwas gedulden.

Sollte sich zum Ende hin das Höhentief von Frankreich her nach Deutschland
verlagern, was durchaus möglich ist, wären - wie in der jüngsten Vergangenheit
schon mehrfach beobachtet - stärkere Regenereignisse zu erwarten.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit ECMF-EPS, dabei nach hinten heraus eher die zyklonale, unbeständige
Variante.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann

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