SXDL31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 311800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 31.08.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Südlich der Donau Dauerregen, an den Alpen vereinzelt auch Unwetter. Ansonsten
bis zum Wochenende leicht unbeständig mit kurzen Schauern und Gewittern und
kühl.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland auf der Vorderseite eines
Langwellentroges, der von der Barentssee bis zu den Britischen Inseln bzw. nach
Westfrankreich reicht. Im Laufe der Nacht nimmt der Trog eine immer mehr
meridionale Ausrichtung an und erstreckt sich Freitagfrüh mit seiner Achse über
die Nordsee hinweg nach Frankreich. Somit verbleiben wir auf dessen Vorderseite
unterhalb einer südwestlichen Höhenströmung. Mit Annäherung eines kurzwelligen
Randtroges wird vor allem über dem Alpenraum einiges an Hebung generiert, die
auch auf den südostdeutschen Raum übergreift und noch durch die sich
einstellende Scherungssituation (Nordnordwestwind am Boden, Südwestwind in der
Höhe) zusätzlich gestützt wird.
Im Bodenfeld wurde die potenziell instabile Luftmasse inzwischen nahezu komplett
aus dem Vorhersagegebiet verdrängt, lediglich anfangs gibt es in Süd- und
Ostbayern sowie in der Lausitz noch einzelne Gewitter. Ansonsten hat sich
erwärmte Polarluft durchgesetzt mit Temperaturen in 850 hPa zwischen 4 Grad im
Westen und 8 Grad im äußersten Südosten.
Mit der einsetzenden Hebung im Alpenraum kommt es über Norditalien und über dem
südöstlichen Mitteleuropa zu Bodentiefentwicklungen. Dadurch wird das
verwellende Frontensystem knapp östlich und südöstlich des Vorhersagegebietes
bzw. über den Alpen zurückgehalten. An dessen Nordflanke verstärken sich im
Laufe der Nacht die Niederschläge vor allem südlich der Donau, aber auch im
Bereich Erzgebirge/Zittauer Gebirge/Ostsachsen. Vor allem in Süddeutschland
stellt sich dabei eine Dauerregensituation ein, die - mit nur kurzen
Unterbrechungen - wohl bis Samstag oder der Nacht zum Sonntag andauert. Bereits
heute Nacht simuliert ICON-EU von Oberschwaben bis ins westliche Oberbayern
verbreitet mehr als 25 mm in 12 Stunden, im Allgäu auch mehr als 40 mm in 12
Stunden (Unwetter). GFS und ECMWF haben geringere Mengen unterhalb der
Unwetterwarnschwellen auf der Karte.
Für die Oberlausitz werden (ebenfalls lediglich vom ICON-EU) markante Mengen bis
30 mm in 24 Stunden (bis Freitagabend) simuliert.
Insgesamt dürfte diese Dauerregenlage zumindest in den Regionen südlich der
Donau wohl bis zum Samstag, eventuell auch bis zur Nacht zum Sonntag anhalten.
Schwerpunkt dürfte wohl in erster Linie der Alpenrand, insbesondere das Allgäu
und Werdenfelser Land sein, wo von heute Abend bis zum Samstagabend bzw.
Sonntagfrüh (also in 48 bis 60 Stunden) teilweise über 60 mm, in Spitzen auch
bis 90 mm simuliert werden. Dort zeigen auch die probabilistischen Verfahren
(COSMO-LEPS und ECMWF-EPS) die höchsten Wahrscheinlichkeiten für Unwetter.
Weiter östlich fallen die Wahrscheinlichkeiten deutlich geringer aus, genauso
wie im Alpenvorland, für markante Mengen reicht es dort aber wohl allemal.
Im übrigen Land verläuft die Nacht warntechnisch relativ ruhig. Vor allem im
Norden und Westen lockern die Wolken auch mal auf, im Nordseeumfeld reicht es
über dem relativ warmen Oberflächenwasser eventuell noch für vereinzelte kurze
Schauer. Im Nordwesten bildet sich bei geringer Bewölkung auch gebietsweise
Nebel. Mit Tiefstwerten zwischen 13 und 6 Grad wird die Nacht herbstlich frisch,
lediglich im unmittelbaren Küstenbereich bleibt es etwas milder.

Freitag ... greift der Trog auf das westliche Mitteleuropa über, wobei lediglich
der Südosten des Landes noch auf dessen Vorderseite verbleibt, so dass die
Hebungsprozesse und somit auch die Niederschläge dort weiterhin anhalten. Das
Bodentief über Norditalien verlagert sein Zentrum allmählich von Ligurien zur
nördlichen Adriaküste, so dass der Schwerpunkt der in ihrer Intensität etwas
abschwächenden Niederschläge an dessen Nordflanke allmählich nach Ostbayern
verlagert. Insgesamt dauern die Regenfälle aber im gesamten Ost- und Südbayern
und auch in Sachsen und Südbrandenburg weiter an. Ob bzw. wie lange die
Dauerregensituation in Ostsachsen bzw. Südbrandenburg noch andauert, ist noch
unklar, da zwischen den Modellen noch leichte Differenzen bzgl. der Zugbahn
eines weiteren Bodentiefs über dem östlichen Mitteleuropa bestehen (tendenziell
verlagert es sich bis zum Abend nach Slowenien oder Südostpolen). Südlich der
Donau und eventuell auch im Bayerwald ist aber weiterhin mit warnrelevanten
Mengen zu rechnen (siehe im Text weiter oben).
Im übrigen Land verläuft der Tag bei am Boden schwachgradientigen
Druckverhältnissen überwiegend bewölkt, wobei sich im Tagesverlauf mit der
"Aufheizung" vermehrt Quellwolken bilden. Der Westen und Nordwesten gelangen
zunehmend in den unmittelbaren Einflussbereich des Troges, die Temperaturen in
500 hPa sinken dort auf knapp unter -20 Grad. Die dadurch generierte Labilität
dürfte für die Ausbildung einzelner Schauer reichen, bei simulierter ML-Cape von
100 bis 300 J/kg sind auch kurze Gewitter möglich. Als Begleiterscheinungen
kommen aber wohl maximal Böen Bft 7 bis 8, Graupel und eventuell auch mal ein
ganz kleinräumiges Starkregenereignis in Frage. Nebenbei sei noch erwähnt, dass
im Nordseeumfeld bei ähnlichen Umgebungsbedingungen schon mal die ein oder
andere Wasserhose (Typ 2-Tornado) beobachtet wurde, wobei andererseits momentan
in den einzelnen Modellsimulationen nirgendwo ein wirklich konvergentes
Bodenwindfeld auszumachen ist.
Während es im Süden und Osten überwiegend stark bewölkt bis bedeckt bleibt, kann
sich im Norden und Westen zwischen den einzelnen Schauern durchaus auch mal
länger die Sonne durchsetzen, vor allem Richtung Nordsee. Die Höchstwerte
überschreiten im Dauerregen an den Alpen kaum die 10 Grad, ansonsten werden 14
bis 20 Grad erreicht, im Westen mit mehr Sonne eventuell auch knapp darüber.

In der Nacht zum Samstag wird der Trog über dem westlichen Mitteleuropa durch
eine von Nordwesten hineinlaufenden Randtrog regeneriert und verlagert sein
Drehzentrum nach Mitteleuropa. Lediglich der äußerste Südosten verbleibt noch
auf dessen Vorderseite, so dass dort die Scherungs- und Aufgleitsituation noch
aufrecht bleibt und die Niederschläge an den Alpen und im angrenzenden
Alpenvorland länger anhalten.
Das Bodentief über der nördlichen Adria füllt sich ein wenig auf, das über
Südostpolen vertieft sich dagegen ein wenig und zieht allmählich nordwärts.
Niederschlagstechnisch wird von diesem - wenn überhaupt - lediglich noch die
Lausitz tangiert und auch nicht mehr mit warnwürdigen Mengen. Allerdings
verschärft sich der Druckgradient über dem Vorhersagegebiet ein wenig, zumal von
Westen her auch der Keil des Azorenhochs allmählich etwas näher rückt. Das hat
zur Folge, dass sich die bodennah und immerhin bis etwa 700 hPa reichende
nördliche Anströmung gegen die Alpen verstärkt und entsprechend auch die
Stausituation (während die Aufgleitkomponente mehr und mehr abnimmt). ICON-EU
simuliert 12-stündig etwa 25 bis 45 mm am Alpenrand, die externen Modelle etwas
weniger. Hinzu kommt, dass sich niedertroposphärisch noch die Advektion kühler
Luftmassen gegen die Alpen verstärkt, die wiederum durch die
Verdunstungsabkühlung direkt am Alpenrand noch zusätzlich ein wenig abgekühlt
werden. Als Konsequenz daraus simuliert ICON-EU am Samstagfrüh nur noch Werte um
2 Grad in 850 hPa, die Schneefallgrenze dürfte somit in windschwachen Tälern auf
etwa 1800 bis 1600 m sinken, lokale Überraschungen mit noch etwas niedrigeren
Schneefallgrenzen nicht ausgeschlossen.
Ansonsten verläuft die Nacht relativ ruhig, wobei sich vor allem im Westen noch
einzelne Schauer, eventuell auch ein kurzes Gewitter entwickeln können.

Samstag ... verbleibt der Trog über Mitteleuropa, wobei er sich noch ein wenig
über die Alpen hinweg nach Süden ausweitet und sich über Norditalien ein
weiteres Drehzentrum ausbildet, der ganze Komplex also Dipol-Struktur annimmt.
Das Bodentief über Ostpolen verlagert sich allmählich nordwärts Richtung
Königsberg. An dessen Westflanke reichen schwache Aufgleitniederschläge
weiterhin bis in die Osthälfte Deutschlands, wobei aber meist weniger als 5 mm
in 12 Stunden simuliert werden.
Das übrige Land gelangt in den Einflussbereich höhenkalter Meeresluft, die
Temperatur in 500 hPa sinkt auf etwa -20 bis -23 Grad. In 850 hPa bewegen sich
die Werte weiterhin um 5 Grad, so dass die Luftmasse insgesamt labil geschichtet
bleibt. Erneut werden etwa 100 bis 300 J/kg ML-Cape simuliert. Somit dürfte im
Tagesverlauf die Schauertätigkeit erneut aufleben, schwerpunktmäßig im Südwesten
und Süden (nach ECMWF auch im Westen). Auch kurze Gewitter mit Graupel und
starken bis stürmischen Böen sind erneut dabei. Die nördliche bis nordwestliche
Grundströmung bleibt erhalten und somit werden die höchsten Mengen mit über 10
mm in 12 Stunden in den Nordweststaulagen der südwestdeutschen Mittelgebirge
simuliert. In den Staulagen der Alpen regnet es teilweise auch länger anhaltend
mit Mengen bis über 15 mm, nach ECMWF auch bis über 20 mm in 12 Stunden. Die
Schneefallgrenze steigt mit dem Tagesgang wieder ein wenig an.
Insgesamt steht ein eher bewölkter Tag ins Haus, an den Nordseiten der
Mittelgebirge und vor allem am Alpenrand bleibt es wohl teilweise ganztätig
trüb. Am häufigsten dürfte sich die Sonne wohl noch im Norden und Nordwesten
zeigen. Die Temperaturen erreichen am verregneten Alpenrand nicht mehr die 10
Gradmarke, ansonsten werden 13 bis 18 Grad, mit etwas Sonne bis zu 20 Grad
erreicht.

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich der nördliche Dipol des Troges etwa in
die Mitte des Vorhersagegebietes, der südliche verbleibt in etwa über der
nördlichen Adria und füllt sich wieder etwas auf. Summa summarum verbleiben wir
also im Einflussbereich des Höhentiefs.
Im Bodenfeld schiebt sich allmählich ein flacher Hochkeil in den Westen des
Landes, so dass der Gradient etwas auffächert. Insgesamt klingt die
Schauertätigkeit im Laufe der Nacht tagesgangbedingt ab, vor allem südlich der
Donau und am Erzgebirge regnet es aber weiterhin zeitweise, im Stau der Alpen
auch länger anhaltend. Dort werden nochmals Mengen zwischen 10 und 20 mm in 12
Stunden simuliert, stellenweise auch etwas mehr. Erneut kann es wieder bis auf
knapp unter 2000 m herab schneien.
Im übrigen Land lockern die Wolken auch mal stärker auf, so dass sich Nebel
bilden kann. Die Nacht wird noch etwas frischer als die Vornacht, die
Tiefstwerte bewegen sich meist zwischen 10 und 4 Grad, lediglich an den Küsten
bleibt es wärmer. In ungünstigen Lagen kann bei längerem Aufklaren Bodenfrost
nicht ausgeschlossen werden.

Sonntag ... verlagert sich der Schwerpunkt des Höhentiefkomplexes nur sehr
zögerlich nach Osten, so dass wir nach wie vor vollkommen in dessen
Einflussbereich verbleiben.
Im Bodenfeld stellt sich eine schwachgradientige, aber leicht antizyklonal
konturierte Druckverteilung ein. Nach wie vor bleibt die Luftmasse bei Werten
knapp unter -20 Grad in 500 hPa und um 5 Grad in 850 hPa labil geschichtet, so
dass sich im Tagesverlauf erneut einzelne Schauer und kurze Gewitter entwickeln
können, schwerpunktmäßig im Süden und in der Mitte. Die simulierten Mengen
betragen aber abgesehen von einigen Staulagen meist weniger als 5 mm. Ob der
Osten des Landes noch von Aufgleitvorgängen an der Westflanke des zur
südöstlichen Ostsee ziehenden Tiefs tangiert wird, ist noch unsicher. ICON-EU
lässt es dort trocken, ECMWF von 00 UTC simuliert dort wenige mm.
Ansonsten besteht das geringste Schauerrisiko voraussichtlich im Nordwesten, wo
es vielerorts (aber nicht überall) wohl trocken bleibt und sich auch die Sonne
am häufigsten Zeit.
Die Temperatur macht nach wie vor keine großen Sprünge und erreicht Höchstwerte
zwischen 14 und knapp 20 Grad, am Alpenrand kaum mehr als 10 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die großräumige Wetterentwicklung wird von allen vorliegenden Modellen ähnlich
simuliert.
Leichte Modelldifferenzen gibt es bzgl. der simulierten Regenmengen, wobei
ICON-EU in Summe über den gesamten Zeitraum heute Abend bis Sonntagfrüh, die
höchsten Mengen auf der Karte hat. Für die Alpenstaulagen etwa westlich des Inns
zeigen die probabilistischen Verfahren (COSMO-LEPS und ECMWF-EPS) recht hohe
Wahrscheinlichkeiten für ein Überschreiten der Unwetter-Warnschwelle für
Dauerregen.
Nach aktuellem Stand der Dinge erscheint die Unwetterwarnung somit etwas zu weit
ins Alpenvorland und nach Osten reichend. Ob sie so aufrechterhalten oder
teilweise aufgehoben wird, werden die kommenden Modellläufe zeigen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff

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