SXDL31 DWAV 0800UTC DWD Synoptische Uebersicht KURZFRIST

SXEU31 DWAV 290800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 29.05.2015 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Wz (West zyklonal)

Heute in der Südhälfte einzelne Gewitter. Morgen in der Nordhälfte wechselhaft
und windig mit Schauern/Gewittern und stürmischen Böen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... früh befindet sich Deutschland auf der Süd-Südostflanke eines
hochreichenden Tiefs über dem Südrand der Norwegischen See. Im Zuge einer
Austrogung über UK/Irland dreht die Höhenströmung bei uns zurück auf Südwest,
wobei sie sich tagsüber relativ glatt, wenn auch leicht zyklonal konturiert
präsentiert. Darunter hat die gestern in den Vorhersageraum eingedrungene
Kaltfront inzwischen Süddeutschland erreicht, wo sie aufgrund ihrer nahezu
strömungsparallelen Exposition kaum noch vorankommt. Im Gegenteil, sie zeigt
nicht nur schleifende Wesenszüge, es läuft im Tagesverlauf auch noch eine Welle
an der Front ab, die am Nachmittag von Frankreich kommend über die südlichen
Landesteile ost-nordostwärts zieht. Südlich der Luftmassengrenze wird dabei
vorübergehend eine "Portion" Subtropikluft angezapft, in der die
850-hPa-Temperatur südlich der Donau auf etwa über 10°C steigt. Gleichzeitig
wird die Luftmasse zunehmend labilisiert (unten wärmer, oben nahezu konstant),
was an der Erhöhung der CAPE-Werte ablesbar ist. Diese steigen im Laufe des
Tages zum Teil auf über 300 J/kg, punktuell sogar in die Nähe von 500 J/kg an
bei gleichzeitig negativen lapse-rates von rund -0,75K/100m. Für Hebung wird
durch die Annäherung der Welle gesorgt, hinzu kommt noch die diabatische
(Auslösetemperatur bei erreichbaren 21 bis 24°C) und orografische Komponente.
Kurzum, es kommt im Süden sowie teilweise bis zur Mitte ausgreifend zu
schauerartigen Regenfällen und zur warmen Seite hin zu Gewittern, die mit
stürmischen Böen und kleinkörnigem Hagel, weniger wohl mit Starkregen
(allerdings auch nicht kategorisch ausgeschlossen) einhergehen können. Wo genau
es "zündet", ist freilich erst in situ erkennbar, dass etwas passiert, wird aber
von nahezu allen Modellen signalisiert. Unabhängig von den konvektiven
Geschehnissen frischt der südliche bis westliche Wind im Süden mit Annäherung
der Welle auf, wobei im Hochschwarzwald und in den Alpen mit einzelnen Sturmböen
8 bis 9 Bft in exponierten Kamm- und Gipfellagen gerechnet werden muss.
Nach Norden tut sich zunächst nicht viel, wenn man mal von etwas Wind bis zu 7
Bft und später einzelnen Schauern im Nordseeumfeld absieht, die sich im
Tagesverlauf ostwärts ausbreiten. Interessanter wird die Lage zum Abend hin,
wenn sich der o.e. Trog nebst einer vorgeschalteten Kaltfront nähert, die zu
einer Welle respektive zu einem Wellentief auf der Südflanke des steuernden
Tiefs über der Norwegischen See gehört. Das Wellentief zieht unter leichter
Vertiefung von der südwestlichen Nordsee via Jütland zum Skagerrak (Samstag, 06
UTC), wobei die KF große Teile West- und Norddeutschlands ost-südostwärts
überquert. Dabei kommt es zu schauerartigen Regenfällen, die über den Norden und
die Mitte ostwärts ziehen. Ob dabei auch einzelne Gewitter eingelagert sind, ist
noch fraglich. Die Labilität ist sowohl präfrontal als auch an der Front
limitiert, was u.a. an den lapse-rates (um -0,6K/100m) sowie den geringen
CAPE-Werten (unter oder nur wenig über 100 J/kg) deutlich wird. Wahrscheinlicher
sind Gewitter in der postfrontal einfließenden Meeresluft polaren Ursprungs,
allerdings wohl erst in den frühen Morgenstunden im NW, wenn dort die höhenkalte
Luft (T500 nahe -30°C) anlandet. Auffallend sind die hohen Scherungswerte
(sowohl "deep" als auch "low"), die auf organisierte Linienstrukturen hindeuten.
Zwar sind noch einige Fragen zum Detailablauf offen, es deutet aber Vieles
darauf hin, dass der von S/SW auf westliche Richtungen drehende Wind mit
Frontpassage besonders im nördlichen und mittleren Drittel vorübergehend stark
böig auffrischt mit Spitzen 7 bis 8 Bft, bei stärkeren konvektiven Umlagerungen
punktuell 9 Bft. Selbst schwere Sturmböen 10 Bft scheinen nicht gänzlich
ausgeschlossen zu sein.
Nach Süden hin lassen Schauer und Gewitter im Laufe der Nacht mehr und mehr
nach, am längsten sollte noch am Alpenrand damit gerechnet werden. Dort, wo es
für längere Zeit aufklart, bildet sich stellenweise Nebel.

Samstag... verbleibt Deutschland auf der Südflanke des Höhentiefs, das zum
Mittagstermin etwa über der nördlichen Nordsee positioniert ist. Ein
kurzwelliger Troganteil zieht in den frühen Morgenstunden über NO-Deutschland
ab, es folgt von der Nordsee und den Niederlanden aber noch ein zweiter nach, so
dass vor allem über der Nordhälfte eine Trogkonfiguration in der Höhenströmung
erhalten bleibt. Erst im Laufe des Nachmittags zonalisiert die Höhenströmung
zunehmend.
Im Bodendruckfeld gestaltet sich die Angelegenheit so, dass das Wellentief mit
etwas unter 1000 hPa nur langsam vom Skagerrak nordwärts zieht. Da gleichzeitig
der Luftdruck von Frankreich her steigt, baut sich besonders über
Norddeutschland ein veritabler Gradient auf, der zum Teil bis in den
Mittelgebirgsraum reicht. Entsprechend weht in der Nordhälfte ein lebhafter und
böiger westlicher Wind, der wahrscheinlich erst am späten Nachmittag und Abend
von Westen her merklich nachlässt. Die maximalen Böen liegen in der Breite bei
Stärke 7 Bft, vereinzelt 8 Bft, in einigen Kamm- und Gipfellagen bis 9 oder
(Brocken) gar 10 Bft. Nach Süden weht der Wind allgemein schwächer, gleichwohl
sind vor allem am Vormittag ebenfalls einzelne Böen 7 Bft, in höheren Lagen 8
bis 9 Bft möglich, Tendenz im weiteren Tagesverlauf nachlassend.
Bedingt durch die besonders nach Norden hin ausgeprägten Trogstruktur, vor allem
aber aufgrund der eingeflossenen Höhenkaltluft - im Norden schwenkt ein
thermischer Trog mit 500-hPa-Temperaturen von unter -30°C durch bei gleichzeitig
rund 0°C in 850 hPa - gestaltet sich der Wetterablauf in der Nordhälfte sehr
wechselhaft mit wiederholten Schauern und einzelnen Gewitter, die mit
Graupel/kleinkörnigem Hagel und stürmischen 8 Bft einhergehen. Ob auch mal eine
9er-Böe dabei ist, muss angesichts von 850-hPa-Höhenwinden von meist unter 40 Kt
in Frage gestellt werden.
Etwas gediegener geht es im Süden zu, wo die zweite Kaltfront die erste einholt
und dabei Richtung Alpen zieht. Im frontalen Bereich kommt es noch zu einzelnen
Schauern, im Bergland vielleicht auch einem Gewitter, sonst bleibt es aber im
Großen und Ganzen trocken. In der frisch einfließenden Meereskaltluft geht
allerdings die Temperatur gegenüber heute zurück, 20°C werden nur noch punktuell
im südlichen Bayern und BW überschritten. Kühler bleibt es freilich im Norden,
wo man sich vielerorts mit weniger als 15°C begnügen muss, und das kurz vor
Beginn des meteorologischen Sommers.

In der Nacht zum Sonntag beruhigt sich die Wetterlage, die konvektiven Prozesse
im Norden brechen zusammen. Dafür führt die deutsche Modellkette bereits was
Neues "im Schilde", indem sie WLA vorderseitig einer sich von Südgrönland bis
nach UK etablierenden Tiefdruckrinne bis nach NW-Deutschland ausgreifen lässt,
was dort in der zweiten Nachthälfte für einsetzenden Landregen sorgen würde. Der
Konjunktiv entpuppt sich an dieser Stelle allerdings einmal mehr als äußerst
wertvoll, wird doch dieses Szenario von den externen Modellen etwas anders bzw.
weiter westlich gesehen. Kurzum, es deutet darauf hin, dass der
Zwischenhocheinfluss etwas stärker ausfällt als von der deutschen Modellkette
apostrophiert. Tatsache ist, dass sich bei längerem Aufklaren das eine oder
andere Nebelfeld bilden kann.

Sonntag... schwenkt nach Lesart der deutschen Modellkette ein flacher
Höhenrücken ostwärts über den Vorhersageraum hinweg, bevor die Höhenströmung
wieder rückdreht auf SW. Der Rücken wird von WLA überlaufen und sorgt in
Verbindung mit einer Warmfront, die zu besagter Tiefdruckrinne gehört, für einen
regnerischen Vormittag in Norddeutschland. Später folgt die Kaltfront von Westen
her nach, die im W und NW weitere Regenfälle generiert. Der Süden und
größtenteils auch die Mitte gelangen in den breiten Warmsektor des
Frontensystems, in dem nicht allzu viel passiert und bei wieder steigenden
Temperaturen (im äußersten Süden punktuell bis zu 25°C!!) zum Teil für längere
Zeit die Sonne scheint. Etwas Restlabilität findet sich am Alpenrand, wo im
Tagesverlauf durchaus ein Gewitter ausgelöst werden kann.
Der südwestliche Wind frischt besonders im Norden und in der Mitte zeitweise auf
mit Böen 7 Bft, im höheren Bergland und vereinzelt an der Küste 8 Bft. Wegen der
stabilen Schichtung bleibt die Böigkeit aber relativ limitiert.

Modellvergleich und -einschätzung
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Anfangs simulieren die Modelle das Geschehen ähnlich. Gleichwohl bleiben einige
Detailfragen offen, was im Text weitgehend erörtert wurde. Zum Sonntag hin
ergeben sich insofern Modellunterschiede, als dass die deutsche Modellkette den
Höhenrücken flacher und den Zwischenhocheinfluss schwächer rechnet. Zudem wird
das Frontensystem progressiver simuliert als z.B. bei GFS, ECMF und auch UKMO.
Angesichts der allgemeinen "Regenfreudigkeit" von ICON, die von der Natur häufig
nicht bestätigt wird, bestehen an diesem Szenario größere Zweifel, so dass die
externen Lösungen favorisiert werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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