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Thema des Tages

Waldbrandgefahr (Teil 2) ? der Teufelshauch


Im Thema des Tages vom 14. Juli 2017 wurden bereits die Zutaten für
ein hohes Waldbrandrisiko beschrieben, die sich aus der Dichte und
Struktur des Brennholzes, aus den meteorologischen Parametern wie der
Temperatur, Luftfeuchte und Windgeschwindigkeit sowie ?richtung und
auch aus der Topografie zusammensetzen. Dabei wurde die Bedeutung des
Windes hervorgehoben, denn dadurch entscheidet sich unter anderem,
wie schnell sich das Feuer in welche Richtung ausbreiten kann.
Lokales Wissen bezüglich dieser Windphänomene ist daher von großem
Vorteil während der Löscharbeiten. Ob Europa, Asien oder Amerika,
jede Region hat ihre eigenen lokalen Windphänomene, die im Falle
eines Waldbrandes die Entwicklung eines Feuers stark beeinflussen
können. Ihre Entstehungsweise hingegen ist sehr häufig dieselbe. Im
Folgenden soll der Übersicht halber nur auf zwei lokale und
unterschiedlich bekannte Windregime eingegangen werden, die immer
wieder im Bundesstaat Kalifornien im Westen der USA auftreten können.


Eines dieser Windregime wird als sogenannter Sundowner bezeichnet und
tritt im Umfeld der Stadt Santa Barbara auf, die im Südwesten des
Bundesstaates gelegen ist. Dieser markante Nord- bis Nordostwind
schafft es zwar im Gegensatz zum größeren und weitaus bekannteren
Windereignis, dem sogenannten Teufelshauch, oder auch Santa-Ana Wind,
nicht in die internationale Presse, doch seine Auswirkungen bei
Waldbränden fallen nicht weniger gefährlich und unberechenbar aus.

Zur Entstehung dieser Winde bedarf es keiner komplexen Wetterlage und
Luftdruckverteilungen. Vielmehr kann die Entstehung mithilfe einer
recht einfachen Übersicht erklärt werden (siehe beigefügte Grafik).
Da es sich aber nicht um eine ungewöhnliche Konstellation von Hoch-
und Tiefdruckgebieten handelt, bedeutet das auch, dass diese
Wetterlage den Westen der USA recht häufig heimsuchen kann.

Wenn hoher Luftdruck über den westlichen Ausläufern der Rocky
Mountains und tiefer Luftdruck über dem östlichen Pazifik (speziell
westlich vor Kalifornien) analysiert werden, dann entsteht ein
Luftdruckgefälle, das vom Land zum Wasser gerichtet ist, da die
Luftmasse vom hohen zum tiefen Luftdruck strömt. Hinzu kommt auch die
Orografie entlang der Westküste der USA, die sehr komplex ist und
unterschiedliche Gebirgsabschnitte aufweist, wie die in der Grafik
eingetragenen ?Santa Ynez Mountains? und die ?Transverse Ranges?. Die
Luft wird dabei aus den Wüstengebieten oder den trockenen
Gebirgsregionen im Westen der USA in Richtung Pazifik geführt und
fällt nach dem Überqueren der genannten Gebirgsketten zum Pazifik hin
ab. Während die Luftmasse zum Pazifik sinkt, trocknet sie noch weiter
ab und erwärmt sich dabei um 1 Grad pro 100 Meter, was in der
Meteorologie als "trockenadiabatische Erwärmung" bezeichnet wird.
Dabei entscheidet die Ausrichtung des Luftdruckgradienten, welcher
der beiden Winde aktiv weht. Zumeist verlagert sich das
Hochdruckgebiet allmählich von Nordwest nach Südost über die
westlichen Ausläufer der Rocky Mountains, sodass der "Sundowner"
entsprechend einige Tage vor dem eigentlichen Santa-Ana-Ereignis
auftreten kann, der mit noch größerer Intensität aus nordöstlicher
Richtung weht. Der Name ?Sundowner? rührt übrigens vom häufigen
Auftreten dieses Fallwindes in den späten Nachmittags- oder
Abendstunden her.

Bei beiden Windereignissen ist eine rapide Temperaturzunahme auch
direkt am eigentlich kühlen Küstenbereich zu beobachten, wo der
Pazifik während der Sommerzeit mit 16 bis 19 Grad Wassertemperatur
eigentlich kühlt. Beim Durchbruch des "Sundowners" mit Sturmstärke
sind z.B., am 19. Juli 1992 direkt im Küstenumfeld bei einer extrem
niedrigen Luftfeuchtigkeit Temperaturmaxima von über 40 Grad gemessen
worden.

Kritisch wird es besonders dann, wenn der Luftdruckgradient sehr hohe
Werte annimmt, der Wind also stark weht und ein Feuer während dieser
Wetterbedingungen auflodert. In solchen Fällen kann sich ein Feuer
unkontrolliert und sehr rasch ausbreiten, wie geschehen Ende
Juni/Anfang Juli 2016 bei dem sogenannten "Shepa Feuer", das schnell
auf eine Größe von mehr als 30 Quadratkilometer anwuchs und über rund
28 Tage brannte.

Diese lokalen Winde können in unterschiedlicher Intensität und Dauer
auftreten, ähneln sich jedoch meist in ihrer Entstehung, sind es doch
zumeist trockene und warme Fallwinde. Weitere Beispiele wären der
"Chinook", der in Colorado ein gefürchteter Wind ist, da er mit
enormen Windgeschwindigkeiten über längere Zeit wehen und die Feuer
rasant ausbreiten kann, oder der "Washoe Zephyr" in der Sierra Nevada
(zum größten Teil in Kalifornien gelegen), der besonders stark durch
zahlreiche Canyons weht und Brände lokal stark beeinflussen kann.

Das Gute ist, dass man die Entstehung dieser lokalen Winde
mittlerweile dank zahlreicher Messstationen und hoch aufgelöster
Modelle recht gut vorhersagen und die Brandbekämpfer entsprechend
frühzeitig warnen kann. Das Problem stellen allerdings Feinheiten dar
wie die Fragen, wann genau der Wind einsetzt und wie intensiv er
wehen wird. Dies wird auch weiterhin nur unzureichend geklärt.
Eine weitere Problematik ist, dass ein Feuer sein eigenes Wetter
inklusive Windregime erzeugen kann, doch dazu mehr in einem späteren
Thema des Tages.


Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.07.2017

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

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