SXDL31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 311800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 31.07.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zyklonale Südwestwetterlage, ausgeprägte Schwergewitterlage mit Höhepunkt am
Dienstag!

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... herrscht eine zyklonale Südwestwetterlage vor. Ein Langwellentrog
erstreckt sich von Skandinavien, Schottland/Irland bis westlich der Iberischen
Halbinsel. Dem gegenübersteht steht eine Hochdruckzone über Süd und
Südosteuropa, die mit ungewöhnlich warmer Saharaluft angereichert ist
(850-hPa-Temperaturen Flächendeckend über 20°C). Deutschland befindet sich
zwischen diesen Systemen in einer straffen südwestlichen Strömung. Dabei trennt
eine Luftmassengrenze kühlere Meeresluft im Nordwesten und die feucht-heiße,
extrem labil geschichtete Luftmasse im Süden. Mit dem über den Norden
verlaufenden Höhenjet, der die nötige Scherung bereitstellt, bildet sich in
Deutschland das Setup für eine ausgeprägte Schwergewitterlage.
12UTC-Soundings zeigen 600 - 1000 J/kg MU-CAPE bei einer DLS von 20 - 25 m/s.
Eine Sperrschicht auf etwa 700 hPa hat die Auslösung weitestgehend verhindert.
Am Nachmittag zog ein Zellenkomplex über dem Norden Baden-Württembergs über
Nordbayern in Richtung Sachsen. Diese Zellen haben sich bis jetzt nicht in die
Grenzschicht vorgearbeitet und haben sich vor kurzem aufgelöst.
Ansonsten sorgt eine weitere Erwärmung in mittleren Schichten für Verstärkung
des Deckels. Konvektion ist dort unwahrscheinlich. Die COSMO-DE-EPS simulieren
in vielen Mitgliedern eine Superzelle die im Lechtal entsteht und entlang der
Alpen zieht. Eine schwächere Zelle wurde gerade in dieser Region ausgelöst,
zieht aber eher inneralpin.

Das Hauptaugenmerk sollte auf die Entwicklungen über Frankreich gelenkt werden,
die gerade im Wolkenband an der Front in Gang gekommen sind. Dort entstehen
südlich eines Kurzwellentroges Gewitter die nordostwärts vorankommen und über
die Mitte Deutschlands ziehen. Dort ist die Schichtung im Umfeld der Front mit
MU-CAPE von etwa 700 J/kg noch ziemlich labil. Des Weiteren ist die DLS mit etwa
25 m/s relativ groß. Vorhersagesoundings von COSMO-DE deuten eine
Konvektionsbasis oberhalb von etwa 800 hPa an, während die Grenzschicht relativ
warm únd gedeckelt bleibt. So wird von allen Lokalmodellen Gewitter über der
Mitte im Bereich der Vorabinformation simuliert. Während AROME, EURO4 und
GFS-WRF0z die Gewitter Strömungsparallel berechnen, werden im neuen ICON-WRF12z
und in COSMO-DE12z linienhafte Strukturen und Bogenechos berechnet die die
Gefahr von orkanartigen Böen bergen. Nach diesen Läufen ist eventuell eine
weitere Ausdehnung der Vorabinformation nach Süden erforderlich. In wie weit
Sturmböen oder orkanartige Böen auftreten, hängt davon ab, ob sich die Gewitter
in die Grenzschicht vorarbeiten können. Allerdings besteht die Gefahr von
heftigen Starkregen bei einer strömungsparallelen Anordnung der Zellen, sowie
anfangs auch die Gefahr von größerem Hagel.

Dienstag ... erwartet uns der Höhepunkt der Schwergewitterlage. Dann greift der
westeuropäische Langwellentrog weiterhin von den Britischen Inseln über Spanien
bis nach Marokko aus. Vorderseitig kommt die Warmluft über dem Nordosten
Deutschlands weiter nach Norden voran, sodass Deutschland in einem weit
geöffneten Warmsektor liegt. Nördlich davon ist die Schichtung stabil, es ist
wolkig und es fällt zeitweise Regen. Im Warmsektor zeigen die Modellsoundings
eine abgehoben Mischungsschicht (EML) zwischen 700 - 600 hPa. Die große Menge an
CAPE bereitstellt. Die simulierten ML-CAPE-Werte gehen teilweise über 3000 J/kg.
Der sich verstärkende Höhenjet sorgt für starke DLS von 25 - 40 m/s. Bodennaher
Ostwind in der Osthälfte und ein zunehmender Südwestwind in der Höhe sorgt für
stark gekurvte, langgezogen Hodographen (hohe SRH, Jet-Streak mit 50 kt auf 700
hPa!) All diese Zutaten sorgen für das Setup für eine ausgeprägte
Schwergewitterlage.

Unsicherheiten bestehen noch bezüglich der Auslösung. Vor der Front lassen sich
nur diffuse Hebungsantriebe ausmachen. In der stark gedeckelten Warmluft
herrschen Auslösetemperaturen von 34 - 38 °C. Mit den niedrigsten Werten in
Frontnähe. Von den meisten Modellen wird die Auslösung relativ spät am
Nachmittag berechnet. Bezüglich der Auslösung tiefer im Warmsektor sind die
Modelle sehr zurückhaltend. Die Hauptgewitteraktivität wird in Frontnähe über
der Mitte und nördlichen Mitte berechnet. Die Entwicklung von starken, rechts
ausscherenden Superzellen ist bei den gegebenen Zutaten sehr wahrscheinlich.
ICON- und GFS-WRF zeigen Zellen mit sehr starker Updraft-Helizität. Auch der
neue COSMO-DE-Lauf zeigt isolierte Superzellen in Frontnähe. Diese können sehr
großen Hagel und Orkanböen produzieren. Dabei sollte das Tornadopotenzial
besonders in der nördlichen Mitte und im Nordosten nicht unerwähnt bleiben (LLS
~ 20 m/s, feuchte Grenzschicht durch nächtliche Konvektion). Am Abend und in der
Nacht simulieren die meisten Modelle, allen voran die WRF-Schiene einen
Linienhafte Organisation der Gewitter, an der Front mit Aufzug eines
Kurzwellentroges, mit dem Potenzial von mehreren Bow-Echos und eventuelle
eingelagerten Superzellen. Im Westen liegt der Scherungsvektor noch
linienparallel. Im Osten zunehmend senkrecht auf der Front. Bei den vorhandenen
Scherungswerten geht die Hauptgefahr besonders im Nordosten von verbreiteten
Sturm und Orkanböen aus.

Unsicherheiten bei der Gewitterlage bestehen bezüglich der Auslösung vor der
Front (hohe CIN-Werte, LowLevel-Feuchte, etc.), Restbewölkung von der
nächtlichen Konvektion, der genauen Frontposition und das Timing des
Front/Kurzwellentrogdurchganges. ICON beispielsweise rechnet das Konvektion
deutlich früher, noch aus den Restzellen der Nach heraus.

Mittwoch ... und in der Nacht zu Donnerstag wird der Trog über Westeuropa durch
einen in seine Rückseite hineinlaufenden kurzwelligen Anteil regeneriert, die
Trogachse zeigt am Tage eine retrograde Verlagerung, bevor er in der Nacht
wieder von Westen her auf Frankreich übergreift. Dabei liegen vor allem im Süden
die CAPE-Werte nochmals über 1000 J/kg, allerdings sind die Scherungswerte
moderater als noch an den Vortagen (DLS um 25 m/s, LLS um 5 m/s). So beschränkt
sich das Unwetterpotenzial auf den Süden und Südosten.

Donnerstag ... ändert sich an der Situation nur wenig. Die Frontalzone verläuft
weiterhin über Mitteleuropa. Diese wird durch die Kaltfront des Atlantiktiefs,
die in die Luftmassengrenze hinein läuft aktiviert. Dabei kommt es zu einer
stärkeren zonalen Ausrichtung der Höhenströmung. So bleibt die Zweiteilung
weiterhin erhalten. Im Süden hält sich die labile, aber stark gedeckelte heiße
Luft, während der Norden von kühlerer Meeresluft beeinflusst wird. Während GFS
kaum Konvektion im Süden auslösen lässt, simulieren ICON und ECMWF bereits am
Vormittag gewittrigen Regen. Dabei besteht am Nachmittag im Süden, besonders in
Frontnähe bei mäßigem CAPE und stärkerer Scherung wieder ein erhöhtes
Unwetterpotenzial. Rückseitig fließt in den Nordwesten ein weiterer Schwall
rückkehrender Polarluft ein, in der sich Kaltluftschauer bilden. Des Weiteren
nimmt der Gradient im Westen zu, sodass besonders im Lee der westlichen
Mittelegebirge und in der Nordwesthälfte mit starken Böen zu rechnen ist.


Modellvergleich und -einschätzung
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Es bestehen größere Unterschiede bezüglich des Ablaufs am morgigen Dienstag.
Größter Unsicherheitsfaktor sind die Konvektionsreste aus der Nacht, die
Gewitterauslösung und die Intensität und des Kurzwellentroges.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Christian Herold

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