SXDL31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 281800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 28.07.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Zunehmende Gewitterneigung. Am Samstag lediglich an den Alpen einzelne kräftige
Gewitter, in der Nacht zum Sonntag im Nordwesten. Sonntag tagsüber im Süden und
Osten aufkommende Gewitter mit Unwetterpotenzial.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland an der Südostflanke eines umfangreichen
Höhentroges mit Drehzentrum nordwestlich von Schottland unterhalb einer recht
kräftigen, aber zunächst noch relativ glatt konturierten westlichen
Höhenströmung. Im Laufe der Nacht verlagert sich ein flacher kurzwelliger Anteil
von der Irischen See zur Nordsee, ein vorgelagerter, ebenso nur sehr flach
ausgeprägter Höhenrücken über Mitteleuropa zieht unter leichtem, durch WLA
verursachten Amplitudengewinn rasch weiter nach Polen. Rückseitig steilt die
Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet ein wenig auf und dreht auf Westsüdwest.

Trogvorderseitig setzt im Laufe der Nacht über dem Nordwesten des Landes
verstärkt dynamische Hebung ein, die in erster Linie WLA geschuldet ist.
Im Bodenfeld greift die Warmfront eines mit dem Kurzwellentrog korrespondieren
und zur mittleren Nordsee ziehenden Wellentiefs ausgangs der Nacht auf den
Nordwesten Deutschlands über, die Kaltfront erreicht dann die westliche Nordsee.
Dabei setzt im Laufe der zweiten Nachthälfte und der Frühstunden etwa vom
Niederrhein bis ins östliche Niedersachsen, dem Hamburger Raum und
Schleswig-Holstein leichter Regen ein, bis Samstagfrüh werden vom ICON-EU aber
meist nur wenige mm simuliert, lediglich über der Nordsee (Helgoland) teilweise
über 5 mm. GFS hat höhere Mengen (bis 10 mm in Nordfriesland) auf der Karte und
lässt die Regenfälle auch etwas weiter nach Osten ausgreifen.
Im übrigen Land verläuft die Nacht im Einflussbereich des durchschwenkenden
Rückens wettertechnisch ruhig, die aktuelle Gewittertätigkeit kommt im Laufe der
ersten Nachthälfte rasch zum Erliegen. Auch der Wind im Nordwesten schwächt sich
ab und ist vorübergehend nicht mehr warnwürdig. Mit Annäherung der Warmfront
verschärft sich in der zweiten Nachthälfte allerdings der Druckgradient im
Nordwesten und der Wind frischt dort wieder auf. Morgens kann es im
Nordseeumfeld steife Böen (Bft 7), über der offenen Nordsee eventuell auch
stürmische Böen (Bft 8) aus Südwest geben.

Samstag ... schwenkt der flache Kurzwellentrog rasch weiter nordostwärts,
dahinter bleibt die südwestliche Höhenströmung sehr glatt konturiert und es sind
keine nennenswerten Hebungsantriebe auszumachen. Lediglich auf den Südwesten und
Süden greift am Nachmittag und Abend ein ebenfalls nur flach ausgeprägter
kurzwelliger Troganteil über, wobei aber nur geringe dynamische Hebungsantriebe
wirksam sind.
Im Bodenfeld überquert die Warmfront des nach Südnorwegen ziehenden Randtiefs
den Norden Deutschlands rasch ostwärts, die Kaltfront erreicht den Nordwesten,
kommt dagegen mangels Schubkomponente kaum weiter nach Süden voran. Mit Abzug
des Troges verliert das Frontensystem mehr und mehr an Wetterwirksamkeit,
insgesamt werden über der Nordhälfte bis zum Abend weniger als 5 mm in 12
Stunden simuliert. Vor allem entlang und im Vorfeld der Kaltfront kann es im
Westen und Norden auch einzelne Schauer geben, für Gewitter dürfte die Labilität
allerdings kaum reichen, zumindest geben die Modelle kaum Hinweise darauf.
Sollte es dennoch reichen, kommen als markante Begleiterscheinungen am ehesten
noch stürmische Böen in Frage.
Der Wind spielt allerdings auch außerhalb der Schauer und eventueller Gewitter
warntechnisch eine Rolle. Zwar fächert der Gradient bereits mittags und am
Nachmittag wieder etwas auf, allerdings wirkt dem das tagesgangbedingte
Auffrischen des Windes aufgrund der besseren turbulenten Durchmischung entgegen.
Somit kann es im Tagesverlauf im Nordwesten und Westen sowie in den mittleren
Landesteilen zumindest in freien Lagen einzelne steife Böen aus Südwest geben,
im Nordseeumfeld und in den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge ist mit
stürmischen Böen, auf exponierten Gipfeln eventuell auch mit Sturmböen zu
rechnen.
Auch in der Südosthälfte schwächt sich der Zwischenhocheinfluss etwas ab und mit
Annäherung des oben genannten schwachen Kurzwellentroges lebt zumindest im
Bergland Südwestdeutschlands (dort allerdings nur nach ICON-EU) und an den Alpen
am Nachmittag die Schauertätigkeit etwas auf. Dabei gelangt der Alpenbereich
bereits in den Einflussbereich instabil geschichteter Luftmassen mit einer
ML-Cape von inneralpin über 500 J/kg bei PPW-Werten um 30 mm. Ob es die
inneralpin sich entwickelnden Gewitter bis zum bayerischen Alpenrand schaffen,
ist noch unsicher (lediglich ICON-EU hat entsprechende Signale in petto), sollte
das aber der Fall sein, kommen als Begleiterscheinungen Starkregen und
kleinkörniger Hagel in Frage.
Ansonsten scheint vor allem in der Südhälfte meist die Sonne, auch postfrontal
im Nordseeumfeld kann sich die Sonne wieder häufiger durchsetzen. Im Warmsektor
steigt die Temperatur in 850 hPa wieder auf Werte zwischen 12 und 16 Grad, so
dass dort Höchstwerte zwischen 24 und 29 Grad zu erwarten sind. Im Norden und
Nordwesten wird es mit 20 bis 25 Grad dagegen "nur" mäßig warm.

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich ein weiterer, deutlich markanter
ausgeprägter Kurzwellentrog rasch vom Seegebiet südlich Irlands bis nach
Ostengland. Die dynamischen Hebungsprozesse auf dessen Vorderseite fallen
deutlich stärker aus, zumal neben WLA auch markante PVA ins Spiel kommt, und
greifen im Laufe der zweiten Nachthälfte auf den äußersten Nordwesten
Deutschlands über.
Im Bodenfeld geht die über dem Nordwesten liegende Kaltfront über in die
Warmfront eines vom Westausgang des Ärmelkanals bis Sonntagfrüh rasch zur
mittleren Nordsee ziehenden und sich vertiefenden Tiefdruckgebietes über. Vor
allem im Laufe der zweiten Nachthälfte verstärkt sich aufgrund der kräftigen
Hebung die Niederschlagstätigkeit im Bereich der Front und ist aufgrund der
durch die Hebung mitteltroposphärisch erhöhten Labilität auch konvektiv
durchsetzt ("Warmfronteinschubgewitter"). Vor allem im Laufe der zweiten
Nachthälfte greifen die Niederschläge dann auch auf den Nordwesten Deutschlands
über und kommen allmählich nordnordostwärts voran. Bei einer MU-Cape von meist
unter 500 J/kg und PPW-Werten von etwa 30 mm oder knapp darüber ist auch von
Gewittern auszugehen, die aufgrund der recht markanten hochreichenden Scherung
(bis 25 m/s) eventuell als MCS organisiert auftreten können. So oder so - als
Begleiterscheinungen kommen nach aktueller Modelllage Starkregen und Sturmböen
in Frage, die Unwettergefahr ist aber wohl eher als gering einzustufen, wobei
darüber wohl noch nicht das letzte Wort gesprochen wurde.
Im Süden und Südosten kommt die Schauer- und eventuell auch Gewittertätigkeit im
Laufe der Nacht dagegen allmählich zum Erliegen, lediglich an den Alpen kann es
noch länger dauern. Ansonsten ist es dort teils gering bewölkt, wobei sich
örtlich Nebel bilden kann. Vor allem im Westen verläuft die Nacht sehr mild, in
einigen Ballungszentren werden die 20 Grad wahrscheinlich kaum unterschritten.
Der Wind schwächt sich nachts rasch ab, lediglich auf einigen Berggipfeln kann
es noch Böen Bft 7 bis 8 geben.

Sonntag ... verlagert sich der Kurzwellentrog rasch von der Nordsee weiter nach
Südnorwegen. Ein weiterer flacher Kurzwellentrog greift am Nachmittag von
Ostfrankreich her auf Südwestdeutschland über. Während sich die
trogvorderseitigen Hebungsprozesse über Norddeutschland unter Abschwächung nach
Osten verlagern, setzt über Süddeutschland im Tagesverlauf markante, vor allem
aus PVA resultierende dynamische Hebung ein.
Das Bodentief über der Nordsee zieht bis zum Abend nach Südnorwegen, die
Kaltfront erreicht dann von Westen her in etwa eine Linie Vorpommern - Pfälzer
Wald. Vorderseitig der Front kann sich indes von Südwesten her eine sehr warme
bis heiße und instabil geschichtete Luftmasse auf weite Teile der Ost- und vor
allem der Südhälfte ausbreiten. Die Temperatur in 850 hPa steigt nachmittags auf
15 bis 20 Grad. ICON-EU simuliert eine ML-Cape von über 1500 J/kg vor allem im
Südosten Bayerns, WRF 4 km (von 03 UTC) hat die höchste Cape dagegen eher über
der Osthälfte auf der Karte. Die PPW-Werte liegen verbreitet und teils deutlich
über 30 mm und auch die Scherung nimmt vor allem im Süden mit Trogannäherung
noch weiter zu auf 20 bis 25 m/s 0 bis 6 km bzw. 10 bis 15 m/s 0 bis 1 km.
Somit ist im Vorfeld der Kaltfront teilweise mit organisierter Konvektion zu
rechnen und entsprechend auch mit erhöhtem Unwetterpotenzial, und zwar wohl alle
Begleiterscheinungen betreffend. Über die räumliche Verteilung und die Art der
Konvektion kann dagegen nur spekuliert werden. ICON-EU legt den Schwerpunkt eher
auf Süddeutschland, WRF 4 km dagegen sowohl auf die Südhälfte als auch auf den
Nordosten.
Postfrontal gelangt dagegen eine kühlere (abends 9 bis 13 Grad in 850 hPa) und
deutlich stabiler geschichtete Luftmasse in den Norden und Westen des Landes, in
der sich ebenfalls noch einzelne Schauer, eventuell auch ein kurzes Gewitter
entwickeln können. Die Begleiterscheinungen der eventuellen Gewitter spielen
sich aber maximal im markanten Warnbereich ab.
Im Süden und Osten scheint zunächst noch meist die Sonne und es wird mit
Höchstwerten zwischen 28 und 33 Grad sehr warm bis heiß. Im Norden und Westen
macht sich die Sonne rarer, allerdings wird es auch dort mit Höchstwerten
zwischen 22 und 27 Grad recht warm, Lediglich an der Nordseeküste bleibt es
gebietsweise kühler. Der Wind weht auch außerhalb der Gewitter im Norden und
Westen lebhaft aus West bis Südwest mit steifen Böen in freien Lagen,
stürmischen Böen im Nordseeumfeld sowie im Bergland und Sturmböen auf
exponierten Gipfeln. Mit Abzug des Tiefs nimmt er zum Abend hin allerdings ab.

In der Nacht zum Montag überquert ein weiterer, in die südwestliche
Höhenströmung eingebetteter Kurzwellentrog Deutschland nordostwärts. Die
Kaltfront kommt im Norden recht rasch, nach Süden zu dagegen kaum nach Osten
voran, morgens erreicht sie in etwa eine Linie Nordbrandenburg - Nordbaden.
Somit dauert die Schauer- und Gewittertätigkeit vor allem im Osten und Süden,
teilweise auch bis in die mittleren Landesteile reichend weiter an, auch der
Durchzug eines oder mehrerer konvektiver Systeme ist nicht ausgeschlossen, zumal
sich an den guten Scherungsbedingungen nur wenig ändert. Nach wie vor ist
Unwetterpotenzial gegeben, am ehesten noch in der ersten Nachthälfte und vor
allem bzgl. Starkregens.
Im Nordwesten und Westen gibt es dagegen - wenn überhaupt - nur einzelne
Schauer, oft bleibt es dort auch trocken. In der zweiten Nachthälfte geht die
Häufigkeit und Intensität der Gewitter wohl allgemein zurück.

Montag ... weitet sich der ostatlantische Langwellentrog mit Drehzentrum bei
Schottland allmählich südsüdwestwärts aus, so dass die Höhenströmung über dem
Vorhersagegebiet etwas aufsteilt. Insgesamt ist sie vorübergehend etwas
antizyklonaler konturiert und erst gegen Abend nimmt der dynamische
Hebungsantrieb im Südwesten mit Annäherung eines weiteren kurzwelligen Anteils
etwas zu.
Im Bodenfeld kommt die Kaltfront nicht weiter nach Süden voran und beginnt sich
ab dem Nachmittag im Südwesten als Warmfront wieder etwas retrograd, also nach
Norden zu verlagern. Somit verbleibt der süddeutsche Raum im Einflussbereich der
instabil geschichteten Luftmasse mit einer ML-Cape von über 1000 J/kg am
Alpenrand. GFS (von 06 UTC) und ECMWF (von 00 UTC) lassen dabei die instabile
Luftmasse bereits wieder etwas weiter nach Norden ausgreifen als ICON-EU bzw.
nicht so weit nach Süden abdrängen. Wie auch immer - erneut dürfte im Süden -
zunächst wohl ausgehend vom Bergland bzw. von den Alpen - im Laufe des
Nachmittags die Gewittertätigkeit in Gang kommen, vor allem auch abends mit
Annäherung des Hebungsgebietes. Das Unwetterpotenzial bei eventuell auftretenden
Gewittern bleibt vor allem bzgl. Starkregens und Hagels recht hoch.
Im übrigen Land steht ein leicht wechselhafter Tag bevor. In der Osthälfte gibt
es vor allem vormittags, im Nordseeumfeld wohl eher am Nachmittag vereinzelte
kurze Schauer mit nur geringer Gewitterwahrscheinlichkeit. Vielerorts bleibt es
aber trocken. Die Sonne scheint vor allem im Süden und Osten, aber auch im
Norden und Westen darf man sich wohl über das ein oder andere Sonnenfenster
freuen. Die Temperatur steigt im Süden im Warmsektor bei 15 bis 21 Grad in 850
hPa auf 27 bis 33 Grad. Sonst werden 22 bis 28 Grad erreicht, an der Nordsee bei
in Böen frischem bis starkem Südwestwind oft nur etwa 20 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle zeigen im Kurzfristbereich eine ähnliche
Wetterentwicklung. Unterschiede ergeben sich aber - wie bei konvektiven Lagen
üblich - bzgl. der Verteilung und Intensität der Niederschläge. Bereits für den
Sonntag stellt sich die Frage, welche Regionen denn nun von eventuellen
Schwergewittern betroffen sein werden. Ziemlich sicher ist aber wohl, dass der
Norden und Westen weitgehend außen vorbleiben. Die Unsicherheiten werden dann zu
Beginn der kommenden Woche noch etwas größer.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff

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