SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 261800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 26.03.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Unbeständig mit zunehmenden Niederschlägen, im NO teils als Schnee. Windiger. Am
Mittwoch möglicherweise Passage eines Wellentiefs, Details aber nach wie vor
sehr unsicher.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... ist ein kurzwelliger, vergleichsweise zahnloser Höhentrog dabei,
Deutschland südostwärts zu überqueren. Er stellt sozusagen die S-SW-Spitze eines
quasistationären LW-Trogs über Fennoskandien dar, während sich über dem
mittleren Nordatlantik die Frontalzone in Stellung bringt. An ihrem Ostrand
befindet sich ein flacher Rücken, der am morgigen Dienstag auf den
Vorhersageraum übergreift, von dem man aber - so viel sei schon verraten - keine
großen Wunderdinge erwarten darf.
Zunächst mal, also in der Nacht, beschäftigt uns neben dem erwähnten KW-Trog
auch noch eine mickrige Okklusion, die im thermischen Feld kaum erkennbar ist.
Sie erreicht die Alpen, wo sie anfängt, sich aufzulösen. Die schwachen frontalen
Niederschläge (meist unter 5mm/12h, nur an den Alpen durch Stau lokal etwas
mehr) erreichen den S und SO des Landes, wo sie sich (in Alpennähe) mit den
schwachen Schauern vom Tage vermischen. Im Stau des Erzgebirges und der Alpen
fällt etwas Neuschnee, so dass sich oberhalb von 400 bis 600 m, an den Alpen
oberhalb 800 bis 1000 m teilweise eine dünne Schneedecke bildet, zumindest aber
etwas Schneematsch und entsprechenden Glätte auftritt.
Ansonsten sei noch erwähnt, dass die Bewölkung in der postfrontal einfließenden
maritimen Polarluft (T850 um oder sogar etwas unter -5°C) teilweise auflockert
(die tagesgangbedingten Quellungen lösen sich meist auf), so dass die Temperatur
besonders dort ebenso wie allgemein im Bergland in den leichten Frostbereich
zurückgeht. Da die Bewölkungsprognose für die Nacht nicht ganz einfach ist,
wurden die Frostwarnungen relativ großzügig ausgegeben, wohlwissend, dass es an
der einen oder anderen Stelle (die man im Vorfeld aber nicht genau verorten
kann) frostfrei bleibt. Die Chancen, dass sich der Hochnebel im Norden zumindest
größtenteils auflöst, stehen nicht schlecht (nur dünne Feuchteschicht bei 950
hPa, aktuell schon Auflösungstendenzen), allerdings kann sich dort gebietsweise
neuer Nebel bilden.
Zuletzt noch ein Wort zu möglichen Schauern, die von Benelux her auf die
westlichen und nördlichen Landesteile übergreifen und auf die Passage eines
thermischen Troges (T500 bei -30°C) zurückgehen. Diese Schauer fallen im
Bergland oberhalb 400 bis 600 m als Schnee (zu schwach, um eine Schneedecke zu
generieren), darunter als Regen oder Schneeregen (Norden). Eine
Glatteissituation, wie sie von ICON angedeutet wird, ist unwahrscheinlich, weil
keine vorherige substanzielle Abkühlung vor allem auch des Bodens erfolgt und
jeder zarte Rückgang in den Frostbereich durch Gegenstrahlung sofort wieder
zunichte gemacht wird.

Dienstag ... wandert der ohnehin nur flache Höhenrücken unter weiterer
Abflachung südostwärts, gefolgt von einem unscheinbaren Sekundärtrog und einem
weiteren Rücken, der in der Nacht zum Mittwoch den Vorhersageraum erfasst. Schon
der erste Rücken wird von WLA überlaufen, die den Besuch eines okkludierten
Frontensystems ankündigt, welches spätestens am Abend auf die westlichen
Landesteile übergreift. Es gehört zu einem elliptisch konfigurierten Bodentief
(DEIRDRE), das um 12 UTC mit seinem Kern und etwas unter 990 hPa bei den Äußeren
Hebriden liegt. Ihm gegenüber steht eine von Ostgrönland über das Europäische
Nordmeer bis nach Skandinavien reichende Hochdruckzone, an deren Südrand mit auf
Ost drehendem Wind eine kleine und aufgewärmte Portion arktischer Polarluft in
den äußersten NO (vor allem Vorpommern, bedingt SH) advehiert wird. Diese
Luftmasse wird von der weiter südlich liegenden und heute eingeflossenen
maritimen Polarluft durch eine Kaltfront getrennt, die kaum nach SW vorankommt
und an der sich einzelne Regen-, Graupel- oder Schneeschauer entwickeln können,
was aber nicht von allen Modellen so gesehen wird.
Schauer respektive leichte Niederschläge treten anfangs auch noch im Süden auf,
was zum einen dem abziehenden KW-Trog, zum anderen den kümmerlichen Resten der
in den Wetterkarten sehr wahrscheinlich nicht mehr zu detektierenden Okklusion
geschuldet sind. Die Schneefallgrenze steigt dabei langsam wieder an.
Gegen Mittag, vielleicht auch schon am späten Vormittag setzen dann auch im
Westen die präfrontalen skaligen Regenfälle ein, die sich bis zum Abend bis in
die mittleren Landesteile vorarbeiten. Sie sind das Produkt großflächiger WLA,
zu der sich am Nachmittag etwas PVA (vorderseitig des o.e. flachen
Sekundärtroges) gesellt. Meist werden 1 bis 5 mm, im äußersten Westen sowie in
Staulagen der westlichen Mittelgebirge bis zu 10 mm innert 12 h simuliert. Die
Schneefallgrenze steigt im Zuge der kräftigen WLA (T850 im äußersten Westen am
Abend auf etwas über 0°C) bis in die Kammlagen der Mittelgebirge bzw. darüber
hinaus.
Nach Tagen relativer Flaute rückt morgen mal wieder der Wind in den Blickpunkt
des Warnmanagements, wenn auch noch relativ kleinräumig. So frischt der südliche
Wind mit Annäherung des Frontensystems im SW allmählich auf, Böen 7-8 Bft,
vereinzelt 9 Bft (exponiert Schwarzwald) beschränken sich bis zum Abend aber auf
Kamm- und Gipfellagen des Berglands. Auch an der Küste, wo der Wind - allerdings
um Ost - ebenfalls zulegt, dürften Warnschwellen zunächst noch nicht gerissen
werden.
Temperaturmäßig stehen Tageshöchstwerte von 6 bis 12°C, an der See z.T. nur bei
4°C auf dem Programm. Wer dabei mal die Sonne zu Gesicht bekommen möchte, sollte
sich irgendwo in einem Streifen zwischen Nordsee und Sachsen tummeln, wo die
Chancen auf Lücken oder gar sonnige Abschnitte am größten sind.

In der Nacht zum Mittwoch vertieft sich das bei den Hebriden stationäre Tief
noch etwas. Die Okklusion kommt im Süden schneller ostwärts voran als im Norden,
wo sie durch den vorweglaufenden Rücken sowie die Hochdruckzone über
Skandinavien geblockt wird. Gegen Morgen liegt sie diagonal über Deutschland,
mitten in einer nw-so-orientierten Tiefdruckrinne, wobei sich über der
südwestlichen Nordsee eine Teiltiefbildung andeutet.
Fakt ist, dass sich die der Niederschlag mit Vordringen der Okklusion weiter
ausbreitet, wahrscheinlich bleibt nur der Nordosten weitgehend verschont. An der
Grenze zur dort weiterhin von Osten einfließenden kontinentalen Kaltluft kann es
bis ganz nach unten schneien, für mehr als etwas Schneematsch (wenn überhaupt)
sollte es aber nicht reichen. Ansonsten kann es in den östlichen und
südöstlichen Mittelgebirgen anfangs bis in mittlere Lagen schneien, bevor die
Schneefallgrenze auch dort wie an den Alpen auf über 1000 m steigt. Die
12h-Niederschlagsraten bleiben meist unter der 10mm-Schwelle, lediglich in
einigen Staulagen wird punktuell etwas mehr erwartet, im Allgäu sogar bis zu 20
mm (ICON). Dort sollte am Dienstag vor dem Hintergrund weiterer Regenfälle am
Mittwoch über eine markante Tauwetterwarnung nachgedacht werden. Für den
Schwarzwald wurde bereits eine markante Dauerregenwarnung von Dienstagnachmittag
bis Donnerstagnacht herausgegeben.
Der Wind weht im Süden sowie an der Küste mäßig bis frisch, einmal aus SW,
einmal aus O. Warnwürdige Böen treten aber nur in höheren Lagen (7 bis 9 Bft)
sowie auf offener See und an exponierten Küstenabschnitten (7-8 Bft) auf.
Im größten Teil des Landes bleibt es frostfrei, einzig im äußersten NO sowie im
höheren Bergland blinken noch mal die Minuszeichen auf.

Mittwoch ... wandert der Höhenrücken nach Osten aus und die Frontalzone greift
zunehmend auf den Kontinent über. Sie wird "angeführt" von einem knackigen
KW-Trog mit diffluenter Vorderseite, dessen Achse zur Mittagszeit über dem
Ärmelkanal und Nordfrankreich liegt und in den Abendstunden auf den
Vorhersageraum übergreift. Dynamische Hebungsprozesse resultieren im
Wesentlichen aus trogvorderseitiger PVA, während WLA etwas abgesetzt im O und NO
wirksam ist.
Fast noch relevanter als der Auftritt des KW-Troges ist ein kleines, aber sehr
prominent auftretendes Wellentief, das sich über Frankreich an der Kaltfront des
o.e. Frontensystems bildet und von dort unter Intensivierung nach Deutschland
zieht. Gegen Mittag passiert es auf Höhe Saarland/RP die Grenze, um im weiteren
Verlauf etwa die Mainlinie entlang ostwärts zu ziehen und am späten Abend mit
knapp über 990 hPa Kerndruck Sachsen zu erreichen. Damit bleibt ICON seiner
relativ weit südlich ansetzenden Zugbahn weitgehend treu, rechnet das Tief jetzt
aber noch ein Stück intensiver als die Läufe zuvor - mit drastischen
Konsequenzen insbesondere für die Windentwicklung. So soll sich nach aktueller
Lesart ein Sturmfeld auf der S-SW-Flanke des Tiefs von BW her über weite Teile
Bayerns, das Saarland, den Süden von RP und Hessen bis nach Thüringen und
Sachsen verlagern, bei dem es in tiefen Lagen verbreitet zu Böen 9 bis 10 Bft!,
in Hochlagen zu Orkanböen 11 bis 12 Bft kommen würde. Mit Kaltfrontdurchgang am
Nachmittag und Abend wären bei dieser Konstellation in Verbindung mit kräftiger
Konvektion (einzelne Gewitter) und Impulstransport von oben sogar in tiefen
Lagen orkanartige Böen 11 Bft denkbar. Windig bleibt es auch an der Ostsee, im
küstennahen Binnenland sowie an der Nordseeküste SHs, wo die Böen Stärke 7-8
Bft, exponiert 9 Bft aus Osten erreichen.
Darüber hinaus kommt es verbreitet zu teils kräftigen Regenfällen, bei denen in
der Mitte und im Süden vor allem in Staulagen durchaus 10 bis 15, punktuell um
20 mm innert 12 h zusammenkommen können. Weniger intensiv ist der Regen im
Norden und Osten (unter 10 mm/12 h), wobei ganz im NO sogar etwas Schneefall
oder Schneeregen, allerdings zunächst ohne Schneemannpotenzial (bleibt nix
liegen), möglich ist. Am Abend sinkt die Schneefallgrenze in der Mitte in der
postfrontal frisch einfließenden maritimen Polarluft (T850 um -4°C) auf 800 bis
600 m, bevor der Niederschlag alsbald nachlässt bzw. ganz aufhört.
Interessant an diesem Tag auch die Temperaturverteilung: während der äußerste N
und NO in der weiter von Osten einfließenden Kaltluft nicht über 3-5°C
hinauskommt, werden in Süddeutschland (grob südlich der Mainlinie) im Warmsektor
verbreitet zweistellige Höchstwerte zwischen 10 und 14°C angesteuert. Zwischen
den Extremen liegt dann noch ein breiter Streifen mit gemäßigter Meereskaltluft,
in der sich die Temperatur zwischen 5 und 10°C einpendelt. Ach ja, gibt´s auch
irgendwo mal die Sonne zu sehen? - Nö, sehr wahrscheinlich nicht, allenfalls am
östlichen Alpenrand könnten es leebedingt einige Strahlen bis zum Erdboden
schaffen.

In der Nacht zum Donnerstag zieht das Wellentief nach Polen ab. Dabei verlagert
sich der skalige Niederschlag mehr und mehr in den Nordosten, wo es zum Teil
markant bis in tiefe Lagen nass schneien soll (teils hebungsgünstige
Gegenstromlage bis 800 hPa mit Ostwind unten und Westwind oben). In den übrigen
Landesteilen fallen nur noch vereinzelte Schauer, teils als Schnee, teils als
Regen. Vor allem im Bergland gibt es leichten Frost (=> gefrierende Nässe).
Dass an das Wellentief gebundene Sturmfeld zieht ebenfalls nach Osten raus, in
Bayern, Thüringen und Sachsen ist es aber anfangs noch stürmisch mit Orkanböen
auf den Bergen. Im Laufe der Nacht beruhigt sich der Wind von Westen her. An der
Ostsee hingegen bleibt der ruppige Ostwind mit Böen 7-8 Bft zäh wie Leder.

Donnerstag ... befinden wir uns am Nordrand der relativ weit südlich
verlaufenden Frontalzone. Über dem nahen Ostatlantik beginnt es aber
auszutrogen, so dass die Höhenströmung bei uns ganz allmählich auf SW rückdreht.
Nennenswerte dynamische Hebungsimpulse sind dabei nicht auszumachen.
Im Bodendruckfeld fächert der Gradient weiter auf, die in weite Teile des Landes
frisch eingeflossene maritime Polarluft kommt zur Ruhe. Dabei entwickeln sich
einzelne Schnee- (Bergland) oder Regenschauer. Im Norden kommt es an der immer
noch präsenten Luftmassengrenze zu skaligem Niederschlag, der teils als Schnee
fällt. Am Alpenrand regnet es etwas, ausgelöst von einem Tief über Oberitalien.

Im Osten sind ebenso wie an der Ostsee anfangs noch einige 7er-Böen möglich,
bevor der Wind immer schwächer wird. Im äußersten N und NO bleibt es frisch mit
2 bis 6°C, sonst werden 6 bis 12°C erreicht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Keine Frage, nach einigen Tagen des meteorologischen Dahindämmerns wird es nun
wieder hochinteressant. Besonders die Entwicklung am Mittwoch birgt einige
spannende Aspekte. Freunde und Anhänger extremer Wetterparameter könnten auf
ihre Kosten kommen, wenn, ja wenn das ICON mit seiner jüngsten Lösung recht
behält. Schwerer Sturm und markanter KF-Durchgang, evtl. mit TS, im Süden,
kräftiger Nassschneefall im Nordosten, das hätte was. Dass der auf Wetterextrema
wenig Wert legende Normalverbraucher diesbezüglich eine andere Sichtweise an den
Tag legt, ist ebenso verständlich. Er oder sie werden hoffen, dass ICON sich
irrt und die Chancen dafür stehen gar nicht mal so schlecht. Zwar bleibt ICON in
der Zugbahn einigermaßen konsistent, die starke Intensivierung ist aber neu. GFS
hingegen favorisiert weiterhin eine weiter nördliche und spätere Tiefpassage, an
deren Südflanke es zwar auch stürmisch wird, aber nicht so fett wie bei ICON.
Außerdem fände der Schneefall weiter nördlich statt. Das letzte Wort ist
freilich noch nicht gesprochen, was u.a. auch der Spread von GFS-EPS beweist. Es
bleibt spannend!


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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