SXDL31 DWAV 0800UTC DWD Synoptische Uebersicht KURZFRIST

SXEU31 DWAV 270800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 27.07.2015 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Verbreitet stark böig, vor allem Richtung Norden auch gewittrig.

Ws

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... gewinnt das Tief ANDREAS mehr und mehr an Einfluss auf das Wetter in
Deutschland. Um die Mittagszeit liegt es zonal über den Britischen Inseln und
der Nordsee, wobei der Schwerpunkt über der Nordsee markanter ausgeprägt ist als
der über Irland. An der Südflanke des Tiefs zeigt sich ein kräftiger Gradient im
Bodendruckfeld, wobei die vorherrschende Windrichtung eine westliche bis
südwestliche ist. Demgegenüber ist die Höhenströmung über Westeuropa in 500 hPa
eher eine nordwestliche, wobei sie über Deutschland recht scharf nach Norden
"abbiegt". Dies geschieht unter deutlichem Auffächern der Isohypsen. Auch wenn
ein solches Muster am Boden nicht zu erkenne ist, so fächert der Gradient über
Deutschland doch nach Nordosten hin deutlich auf. Entsprechend erscheinen vor
allem der Süden, die Gebiete westlich von Werra und Weser sowie die Nordseeküste
bezüglich des Auftretens von starken Böen gefährdet. In höheren Lagen oberhalb
von 600 bis 800 Metern muss auch mit stürmischen Böen oder Sturmböen gerechnet
werden, In Gipfellagen sind auch punktuell höhere Windgeschwindigkeiten möglich.
Im Detail bietet ICON am verbreitetsten das Auftreten von stürmischen Böen oder
Sturmböen an. Gestützt wird diese Interpretation vom Vorlauf des EZMW. Die
hochauflösenden Modelle COSMO-EU und COSMO-DE beschränken sich dagegen in der
Fläche auf starke Böen und deuten Wind der Stärke 8 und 9 nur lokal an. Speziell
das streifenförmige Muster von COSMO-DE signalisiert Sturmböen in Zusammenhang
mit konvektiven Umlagerungen. Doch zurück zum Geopotentialfeld. Das oben
angedeutete "Umbiegen" der Höhenströmung in 500 hPa entspricht natürlich einer
Trogstruktur, wobei die entsprechende Achse gegen 12 UTC von der Nordsee bis zum
Böhmischen Becken reicht. Vor allem in den Norden strömt im Trogbereich
Höhenkaltluft mit Temperaturen um -18 Grad, was zusammen mit den dortigen 850er
Temperaturen von etwa 7 Grad eine deutliche Temperaturabnahme mit der Höhe
bedeutet. Durch die dort divergente Höhenströmung und hohe Scherungswerte wird
die Atmosphäre zusätzlich labilisiert. Entsprechend deuten KO-Indices von unter
-4 (COSMO-EU) bzw -2 (ICON) und CAPE-Werte von bis zu 1000 J/kg auf Gewitter
hin, Starkregen von über 15 L/qm in kurzer Zeit ist dabei nicht ausgeschlossen,
aufgrund der hohen Windgeschwindigkeiten aber eher unwahrscheinlich. Vielmehr
scheint bedeutsam, dass ein Heruntermischen von Sturmböen in diesen Umlagerungen
(850er Wind bis zu 40 kt) erfolgen kann.




In der Nacht zum Dienstag lässt der Wind dann deutlich nach. Einerseits fächert
der Gradient im Süden deutlich auf. Andererseits geht auch die tagesgangbedingte
Labilisierung zurück, was nicht nur die Winddurchmischung dämpft, sondern
grundsätzlich auch die Gewittertätigkeit. Aber: Im 500er Geopotentialfeld stellt
sich die Situation so dar, dass der Trog über Norddeutschland und Tschechien
nach Nordosten auswandert. Allerdings folgt von Westen schon wieder ein neues
kurzwelliges Trogmuster. Dieses zeigt eine ausgesprochen kurze Wellenlänge, so
dass sein Einflussbereich schon im Bereich der nördlichen Mittelgebirge endet.
Dennoch bedeutet dies, zusammen mit einem sich von Nordwesten wieder etwas
verschärfenden Druckgradienten, ein erneutes Aufleben des Windes und eine
weiterhin vorhandene dynamische Labilisierung. Da darüber hinaus in der Höhe im
erweiterten Nordseeküstenumfeld die Temperatur nochmals etwas zurück geht und
dort die diabatische Komponente unterstützend wirkt, kann es speziell im Norden
die gesamte Nacht durch zu Gewittern kommen.



Dienstag... bleibt die synoptische Grundkonstellation weitgehend erhalten. Das
steuernde Tief bewegt sich über Dänemark sehr zögerlich in Richtung Nordosten.
Der angesprochene 500er Kurzwellentrog wird rasch über Norddeutschland nach
Osten geführt, um die Mittagszeit liegt er schon über der Oder. Dabei sinkt in
seinem Bereich die Temperatur unter -20 Grad, und auch über den übrigen Gebieten
Norddeutschlands liegen die Werte nur unwesentlich höher, so dass dort weiter
grundsätzlich labile Verhältnisse vorzufinden sind. Das hat einerseits
Auswirkungen auf die Gewittertätigkeit, die quasi ganztägig im Norden möglich
ist, andererseits auf die Windsituation. Was die Gewitterentwicklung anbelangt,
so erscheint eine allmähliche Ostwärtsverlagerung der Gewitter bzw. des
Gewitterpotentials plausibel, zumal sich nach Durchzug des Kurzwellentroges über
dem Norden vorübergehend eine leicht antizyklonale Höhenströmung einstellt. Die
Begleiterscheinungen gestalten sich ähnlich wie heute, mit stürmischen Böen oder
Sturmböen ist immer zu rechnen, Starkregen steht durch die Zuggeschwindigkeit
nicht so sehr im Focus, ist aber nicht ausgeschlossen, vor allem, wenn mehrere
Gewitter über denselben Ort hinweg ziehen. Bezüglich des Windes muss
festgehalten werden, dass der Süden im Hinblick auf warnwürdiger Böen weitgehend
außen vor bleibt. Im Norden und der Mitte muss im Tagesverlauf hingegen, durch
eine erneute Gradientverschärfung (der Bodentrog mit dem schärfsten Gradienten
greif um die Mittagszeit auf den Nordwesten über) ebenso wie durch die
tagesgangbedingte Labilisierung, mit starken Böen, lokal (Berge, Küste) auch mit
stürmischen Böen oder Sturmböen gerechnet werden. Den besagten Schwerpunkt an
der Küste arbeiten besonders die deutschen Modelle heraus, und hier speziell
COSMO-EU. Ansonsten ist in einem Streifen von der Eifel und dem Niederrhein bis
nach Brandenburg mit den höchsten Windgeschwindigkeiten zu rechnen, alles ab Bft
8 (stürmische Böen) wird aber im Vergleich zu starken Böen (Bft 7) deutlich
unterrepräsentiert sein.

In der Nacht zu Mittwoch fächert der Gradient großflächig auf, nur im
Küstenumfeld bleibt er recht kräftig. In den Rücken des Langwellentroges läuft
ein kurzwelliger Anteil hinein, der diesen regeneriert, und darüber hinaus
weitere Höhenkaltluft einsteuert. Mit dem Übergreifen dieses Troganteils auf den
Nordwesten ausgangs der Nacht wird die Luft erneut labilisiert.

Mittwoch... wandert der besagte Trog über den Norden hinweg ostwärts. Ausgangs
der Nacht hat er den Nordosten Deutschlands schon wieder verlassen, dann greift,
allerdings auf einer etwas südlicheren Zugbahn, ein weiterer Kurzwellentrog auf
den Westen über. Das Bodentief hat sich in dem gesamten Zeitraum kaum verlagert,
es ist um die Mittagszeit weiterhin an der Nordspitze Dänemarks zu finden, erst
in der Nacht erreicht es Südschweden. Dadurch dreht der Wind, zumindest im
Nordwesten, von West auf Nordwest. Der Gradient fächert vor allem nach Südosten
hin deutlich auf, so dass dort warnwürdige Böen kaum zu erwarten sind.
Demgegenüber bleibt der Gradient im Nordwesten deutlich ausgeprägter vorhanden,
was hier starke, in exponierten Lagen aber auch einzelne stürmische Böen oder
Sturmböen denkbar erscheinen lässt. Ein sehr ausgeprägtes Bodentief vor Dänemark
mit markantem Bodentrog und Starkwindfeld simuliert zum Abend COSMO-EU,
allerdings handelt es sich dabei um eine singuläre Lösung. Im Norden kommt vor
allem bei Durchzug des Troges und der Höhenkaltluft erneut zu konvektiven
Umlagerungen, die häufiger von stürmischen Böen oder Sturmböen als von
Starkregen begleitet werden sollten.

Modellvergleich und -einschätzung
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Insgesamt modellieren die Modelle die anstehende Wettersituation recht ähnlich.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Globalmodelle die erwarteten
Windgeschwindigkeiten etwas offensiver prognostizieren als die höher auflösenden
Modelle, in denen sich deutlich die Konvektion auf böenauslösender Parameter
erkennen lässt. Bezüglich der Gewitter ist GFS etwas defensiver als die
Deutschen Modelle, aber auch als EZMW. Weitere Unterschiede wurden im Text
angesprochen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas

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