SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 301800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 30.07.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Weiterhin verbreitet heiß und trocken, tendenziell aber etwas zunehmende
Gewitterneigung.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... gibt es nicht viel Neues von der europäischen Wetterkarte zu
berichten. So steht nach wie vor ein hochreichendes und umfangreiches Tief
(JULI) mit Drehzentrum südlich Islands einem nicht minder umfangreichen und
ebenfalls bis in höhere Troposphärenschichten reichenden Hoch (INGOLF) über
Fennoskandien respektive NW-Russland gegenüber. Letzteres ist über eine schmale
Brücke mit einem sich vom westlichen Mittelmeer nordostwärts aufwölbenden Rücken
verbunden, der in der kommenden Nacht die südlichen und östlichen Landesteile
des Vorhersageraums traktiert. Der Westen und Norden hingegen liegen unter einer
leicht zyklonal konturierten südwestlichen Höhenströmung vorderseitig des
besagten Atlantiktiefs. Komplettiert wird das Strömungsbild von einem flachen
Trog mit eingelagerten Höhentiefs über Rumänien und der südlichen Ägäis. Das
gesamte Muster zeigt sich von seiner gemütlichen Seite und ist nur wenig
geneigt, nennenswerte Positionsänderungen in Augenschein zu nehmen.
Erwähnenswert ist lediglich ein scharfer KW-Trog, der vom nahen Ostatlantik
kommend via Ärmelkanal zum Ostausgang desselbigen zieht, wo er in den frühen
Morgenstunden anlanden dürfte. Sein im Wesentlichen durch PVA ausgelöstes
Hebungsfeld soll Deutschland aber nicht tangieren, so dass im Westen und
Nordwesten zwar mal mehr, mal weniger dichte Wolkenfelder durchziehen,
substanzielle Regenfälle oder gar Gewitter aber nur wenig wahrscheinlich sind.
Im großen Rest des Landes passiert im Bereich geringer Luftdruckgegensätze nicht
allzu viel in der Nacht. Anfänglich einzelne Schauer oder Gewitter im Osten und
Südosten fallen rasch dem Tagesgang zum Opfer. Schwierig wird es einmal mehr mit
dem Lüften, bleibt doch die Temperatur vielerorts (vor allem im Norden, aber
auch in Ballungsräumen sowie in einigen Hanglagen) oberhalb der 20°C-Marke
stehen, vereinzelt sogar bei 22 oder 23°C - widerlich!

Dienstag ... schwenkt der o.e. KW-Trog über die Nordsee hinweg in Richtung
Südnorwegen. Ob er dabei in der Lage ist, dem Nordwesten, insbesondere dem
Nordseeumfeld irgendwelche Impulse in Form konvektiver Umlagerungen zugutekommen
zu lassen, ist mehr als fraglich. Zum einen passt die Tageszeit (Vormittag)
nicht so richtig, zum anderen ist er wahrscheinlich ein klein wenig zu weit
west-nordwestlich positioniert, um seinen Wirkungsradius bei uns nachhaltig in
Szene zu setzen. Gleichwohl gilt das Motto "Vorsicht ist die Mutter der
Porzellankiste", will heißen, die Nacht- und auch die Frühdienste sollten die
besagte Region voll im Blick haben und sich nicht allein auf die Numerik
verlassen.
Dass die Schauer- und Gewitterneigung im Westen und Nordwesten spätestens im
Tagesverlauf trotzdem etwas zunimmt, ist der Tatsache geschuldet, dass sich von
Benelux und der Nordsee her eine schleifende Kaltfront nähert. Diese gehört zu
einer Welle, die heute Abend über Südengland startet, um von dort via westliche
Nordsee Richtung Shetland-Inseln zu ziehen. Zwar ist die Labilität an der Front
bzw. kurz davor ebenso wenig gut ausgeprägt wie das ML-CAPE, auf der anderen
Seite könnte es in Verbindung mit einem Feuchtemaximum (spezifische Feuchte in
der unteren Schicht bei 10 bis 13g/kg) ausreichen, den einen Schauer oder das
andere Gewitter zu produzieren. Trotz anfänglich recht gut ausgeprägter Scherung
(LLS bis 10 m/s, DLS bis zu 30 m/s, Tendenz mit Abzug des KW-Troges allerdings
abnehmend) wird sich wahrscheinlich keine geschlossene Linie bilden, vielleicht
reicht es aber für einzelne, etwas länger lebende Zellen (besonders im
Nordwesten). Wenn ja, dann gilt es vor allem auf Starkregen und/oder Sturmböen
zu achten, während Hagel nur eine untergeordnete Rolle spielt. Es soll nicht
unerwähnt bleiben, dass sich zwischen der Kaltfront (knapp davor) und einer
weiter östlich positionierten Tiefdruckrinne (von der noch die Rede sein wird)
eine Druckanstiegswelle etabliert, die besonders von COSMO-D2 in eine veritable
Böenlinie transferiert wird. Diese soll den Nordwesten und Norden etwa ab Mittag
ostwärts passieren, allerdings werden die von C-D2 apostrophierten Spitzen (7-8
Bft) von den anderen Modellen nicht gestützt.
Weg vom Nordwesten, hin in den Osten, der zusehends auf die Rückseite des nur
langsam südostwärts abwandernden Höhenrückens gelangt. Leichter Druckfall lässt
dort eine flache und eigentlich nur mit dem Vergrößerungsglas erkennbare Rinne
entstehen, die am Nachmittag laut ICON etwa von Westmecklenburg bis nach
Ostthüringen reicht und dabei - bei allerdings sehr geringer
Grundgeschwindigkeit - ein stark konfluentes Windfeld aufweist. Ob das
allerdings ausreicht, konvektive Umlagerungen entstehen zu lassen, ist insofern
fraglich, als dass die heiße Luftmasse in der Rinne zwar labil genug geschichtet
ist, es möglicherweise aber an ausreichend Feuchtigkeit mangelt. Insbesondere
die Grundschicht ist sehr trocken mit einem hohen Spread (spez. Feuchte nur 6-9
g/kg) und zudem extrem hochreichend (bis knapp an 600 hPa heran). Hinzu kommt
eine stabile Zwischenschicht (fast Isothermie) bei 550 hPa, die es zu überwinden
gilt. Kurzum, etwa in einem Korridor, der von der westlichen Ostsee bis hinunter
nach Thüringen, vielleicht auch noch bis ins westliche Sachsen reicht, sind mit
Hilfe starker Erhitzung sowie dort, wo vorhanden, orografischer Unterstützung
einzelne Überentwicklungen möglich, die - so sie denn entstehen - nicht zu
unterschätzen sind. Zwar mangelt es an Organisation und ausreichend CAPE, so
dass Hagel wohl keine prominente Rolle spielen dürfte, dafür spricht die
ausgeprägte inverse V-Struktur von Temperatur und Taupunkt für einzelne
Micro-/Downbursts, auch wenn die Numerik davon wenig bis gar nichts wissen will.
Starkregen ist angesichts PPWs von 25 bis 30 mm (oder auch etwas darüber)
schnell mal eingetütet, auch wenn die Grenzschicht wie gesagt ziemlich trocken
ist.
Nachdem nun so viel über die Ausnahme philosophiert wurde (wir
Vorhersagemeteorologen neigen manchmal dazu, potenzielle Gewitteraktivität - sei
sie noch so gering wahrscheinlich - ausgiebig zu sezieren respektive zu
kommentieren), gehört es sich, wenigstens noch ein paar Sätze über die Regel zu
verlieren. Da steht uns morgen zum letzten Mal in diesem Monat (wie schreiben
schließlich den 31.) ein verbreitet heißer, trockener und sonnenscheinreicher
Tag ins Haus. Bei 850-hPa-Temperaturen zwischen 16 und 22°C (Ausnahme Westen und
Nordwesten) erhitzt sich die Luft auf 34 bis 38°C, in der Mitte lokal vielleicht
sogar auf 39°C. Wohl dem, der sich zwischen Eifel und Nordsee aufhalten darf, wo
es mit lediglich 27 bis 33°C "angenehm frisch" bleibt. An der Nordsee steht mit
Winddrehung auf Nordwest am Nachmittag sogar ein Unterschreiten der 25°C-Marke
auf der Karte, was den meisten Urlaubern dort aber durchaus recht sein dürfte
(sonst würden die nämlich ihren Urlaub in der Südsee buchen).

In der Nacht zum Mittwoch kommt die schliefende, zur Wellenbildung neigende
Kaltfront noch etwas landeinwärts voran. Damit gelangt der ganze Nordwesten auf
die stabilere, maritim geprägte Rückseite (T850 11 bis 14°C). Ob und wenn ja,
wie stark die Front unterhalb der relativ glatt konturierten südwestlichen
Höhenströmung durch mögliche, mit dem bloßen Auge kaum erkennbare Instabilitäten
aktiviert wird, ist derzeit noch offen. GFS simuliert auf der unmittelbaren
Vorderseite einen recht breiten, von Südwest nach Nordost verlaufenden Korridor,
in dem es vermehrt zu Schauern und Gewittern kommt - eine sehr progressive
Variante. EURO4 wiederum lässt die Konvektion an der Rinne im Nordosten lange
leben, bevor gegen Morgen ein schmaler Streifen mit gewittrigem Starkregen Teile
von RP, dem Saarland und NRW erfasst. ICON und IFS dagegen agieren sehr
zurückhaltend, während z.B. WRF und SuperHD einzelne, teils verclusternde
konvektive Umlagerungen im unmittelbaren Vorfeld der Kaltfront anbietet. Welches
"Gericht" sich letztlich durchsetzen wird oder ob möglicherweise noch andere
Varianten ins Spiel kommen, muss derzeit noch offen bleiben.
Fakt ist, dass die Nacht mit verbreitet 18 bis 23°C ziemlich warm bleibt, einzig
im Nordwesten kann man sich über eine spürbare Abkühlung (teils unter 15°C
freuen).

Mittwoch ... schwenkt ein Sekundärtrog nach Frankreich, auf dessen Vorderseite
der o.e. Höhenrücken noch mal regeneriert wird. Dessen Achse reicht am Abend von
Norditalien bis zur südöstlichen Ostsee. Die blockierende Wirkung des Rückens
ist mitverantwortlich dafür, dass die weiterhin schleifende Kaltfront nur noch
wenig Boden nach Südosten hin gut macht. Entsprechend verbleiben der Osten und
Süden sowie Teile der Mitte im Bereich potenziell instabiler Heißluft (T850 17
bis 21°C), während sich nach Westen und Nordwesten hin weniger heiße und
stabilere Luftmassen durchsetzen.
Was daraus letztlich für ein Wetterablauf resultiert, ist derzeit noch mit
einigen Unsicherheiten behaftet, so dass sich die Ausführungen an dieser Stelle
in Grenzen halten sollen. Während sich in ICON in extremer Zurückhaltung übt
(etwas schauerartiger, vereinzelt gewittriger Regen an der Front im Südwesten,
wenig Konvektion in der Heißluft), bleibt GFS seiner offensiven Linie mit
präfrontalen Schauern und Gewittern im Süden, Osten und der Mitte treu. IFS
wiederum favorisiert ana-mäßigen Regen auf der "kalten" Seite der Front (Westen,
Nordwesten) sowie etwas Konvektion vorderseitig. Diese Konvektion wir auch von
WRF und SuperHD simuliert, während frontaler Regen nirgendwo erscheint.
Wie auch immer, die präfrontal wahrscheinlich letztlich doch auftretende
Konvektion hat das Zeug für einzelne Unwetter durch Starkregen und/oder Hagel,
dazu können (schwere) Sturmböen kommen. Trotzdem deutet sich aus heutiger Sicht
keine ausgewachsene Unwetterlage an.
Während im Westen und Nordwesten bei wolkigem bis bedecktem Himmel "nur noch" 24
bis 29°C anvisiert werden, gilt es im großen Rest des Landes sonnenscheinreiche
30 bis 36°C, lokal vielleicht auch noch mal um 37°C zu verdauen.

In der Nacht zum Donnerstag greift besagter Sekundärtrog unter Konturverlust auf
Deutschland über, wobei der etwas südostwärts vorankommende Kaltfront aktivieren
soll. Dies macht sich in Form von schauerartigen, teils gewittrigen
(Stark)Regenfällen bemerkbar, die in einem von Südwest nach Nordost verlaufenden
Streifen auftreten.
Wie auch immer der genaue Wetterablauf sein wird, die Nacht bleibt mit Ausnahme
einiger Regionen im Westen und Nordwesten (nämlich dort, wo es aufklart) warm
mit Tiefstwerten um 20°C.

Donnerstag ... wird der o.e. Höhenrücken von einem weiteren, sich von der
Iberischen Halbinsel ost-nordostwärts ausweitenden Rücken "eingefangen", was am
Ende des Tages ein extrem langgetrecktes Potenzialmaximum zur Folge hat, das von
Südwesteuropa bis zum Baltikum bzw. zum Nordkap zur Folge hat. Sie stützt eine
langgetreckte Hochdruckzone, die vom nahen Atlantik bis nach Westrussland weist
und dabei große Teile des Vorhersageraums überdeckt.
Die heiße und potenziell instabile Luftmasse wird sukzessive in den Osten und
Süden zurückgedrängt, wo es zu schauerartigen Regenfällen und teils kräftigen
Gewittern kommt (Details folgen). Ansonsten setzt sich häufig die Sonne durch
und es bleibt trocken. Die Isothermen nehmen zunehmend eine zonale Ausrichtung
an, wobei im Norden die am wenigsten heiße Luft anzutreffen ist (25 bis 30°C).
Im Süden hingegen stehen weiterhin 32 bis 36°C auf dem Zettel.


Modellvergleich und -einschätzung
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Wenn auch die grobe Richtung ähnlich simuliert wird, ergeben sich in den Details
- vor allem hinsichtlich Niederschlag und Gewitter - noch erhebliche Unschärfen
(siehe Text).


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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