SXDL31 DWAV 1800UTC DWD Synoptische Uebersicht KURZFRIST

SXEU31 DWAV 291800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 29.06.2015 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Ruhiges und zunehmend heißes Hochdruckwetter. Vor allem ab Mittwoch von
Südwesten hohe, teilweise extreme Wärmebelastung.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... setzt sich die Austrogung über dem mittleren Nordatlantik weiter
fort, Dienstagfrüh reicht die Achse des Troges - ausgehend vom Drehzentrum
südlich von Island - bis ins Seegebiet südöstlich der Azoren. Vorderseitig kann
sich - gestützt durch die WLA - der Höhenrücken weiter aufwölben, kommt
allmählich wenig nach Osten voran und befindet sich in der Früh mit seiner Achse
bereits knapp östlich der Britischen Inseln.
Somit verbleibt das Vorhersagegebiet bei weiterem Potent6ialanstieg noch
vorderseitig des Rückens unterhalb einer nordwestlichen Höhenströmung, wobei NVA
und somit Absinken dominieren.
Im Bodenfeld füllt sich somit auch die flache Tiefdruckrinne über der Osthälfte
Deutschlands zusehends auf und verlagert sich ostwärts. Vor allem die
Globalmodelle (in erster Linie GFS und ICON, weniger ECMWF) simulierten in den
Vorläufen bis in die erste Nachthälfte hinein vor allem in Südostbayern nicht
unerhebliche konvektive Niederschläge (teilweise bis an die 10 mm), die mangels
bodennaher Feuchte, dem entsprechenden Feuchtefluss und Hebung so nicht bzw. nur
ganz vereinzelt eingetroffen sind. Die höher aufgelösten Modelle (COSMO_EU)
hatten diese Situation etwas besser im Griff.
Das recht flach ausgeprägte Bodenhoch verlagert einen Schwerpunkt allmählich
nach Nordwestdeutschland, so dass der Bodenwind auf nördliche bis östliche
Richtungen dreht. Dabei gelangt von Nordosten her eine etwas trockenere,
kontinental geprägte Luftmasse ins Vorhersagegebiet.
Somit verläuft die Nacht warntechnisch ruhig und die Minima dürften mit 16 bis
10 Grad, in einigen Senken und Tälern auch noch darunter, noch etwas unter denen
der vergangenen Nacht liegen.

Dienstag ... setzt sich die Meridionalisierung der großräumigen Strömung weiter
fort. Sowohl der Trog als auch der Höhenrücken vergrößern auf Kosten der
Wellenlänge ihre Amplitude und kommen dadurch auch etwas schneller nach Osten
voran. Die Achse des Rückens erreicht am Abend bereits die Westhälfte
Deutschlands.
Dabei dominiert über dem Vorhersagebereich vor allem in der mittleren und
höheren Troposphäre nach wie vor starkes Absinken, so dass die Anteile der
mittelhohen und hohen Wolken weiter abnehmen und es in diesen Wolkenstockwerken
überwiegend wolkenlos bleiben dürfte.
Im Bodenfeld sind die Absinkprozesse aufgrund der kompensatorisch wirkenden
bodennahen Überhitzung nicht ganz so kräftig ausgeprägt. Das Bodenhoch verlagert
seinen Schwerpunkt ohne große Intensitätsänderung allmählich zur Nordsee bzw.
nach Dänemark. Mit der ostsüdöstlichen Bodenströmung gelangt somit eine recht
trockene, kontinental geprägte Luftmasse ins Vorhersagegebiet.
Vor allem in der Osthälfte ist diese Luftmasse in der Grenzschicht - unterhalb
der Absinkinversion (zwischen 850 und 800 hPa) - anfangs noch labil geschichtet,
COSMO_EU simuliert von Südbrandenburg bis nach Ostbayern sogar noch etwas
ML-Cape. Mangels feuchte dürfte es aber maximal nur für die Ausbildung flacher
Quellwolken ausreichen, die sich am späten Nachmittag dann wieder auflösen.
Die Erwärmung macht vor allem niedertroposphärisch weitere Fortschritte, in 850
hPa steigt die Temperatur bis zum Abend auf Werte zwischen 8 Grad auf Rügen und
18 Grad am Oberrhein. Die Höchstwerte liegen somit im Norden und Osten bei
angenehm warmen 22 bis 27 Grad, an der Ostsee bei auflandigem Wind zum Teil
sogar noch um oder knapp unter 20 Grad. Im Süden und Westen werden dagegen schon
25 bis 32 Grad erreicht, am Oberrhein sind durchaus auch schon die 33 oder 34
Grad denkbar. Insgesamt wird die Wärme aber auch dort aufgrund der relativ
niedrigen Taupunkte (meist unter 15 Grad) noch als einigermaßen angenehm
empfunden.

In der Nacht zum Mittwoch ändert sich an der Potentialverteilung nur wenig, der
Höhenrücken kommt noch etwas ostwärts voran und verläuft Mittwochfrüh vom
westlichen Mittelmeerraum über Mitteleuropa bis nach Mittelnorwegen.
Im Bodenfeld verstärkt sich das Hochdruckgebiet noch etwas und verlagert seinen
Schwerpunkt Richtung Ostsee bzw. Nordostdeutschland.
Die Nacht verläuft somit weitgehend wolkenlos und warnfrei. Dabei kühlt es in
der noch recht trockenen Luft auf angenehme 17 bis 10 Grad ab, in Senken und
Tälern bzw. den üblichen "Kältelöchern" auch noch darunter.

Mittwoch ... bleibt der Höhenrücken quasistationär über Mitteleuropa und wölbt
sich sogar noch etwas auf, was zu einem weiteren, leichten Potentialanstieg über
dem Vorhersagegebiet führt.
Das Bodenhoch verstärkt sich noch etwas auf über 1025 hPa Kerndruck und
verlagert seinen Schwerpunkt nur sehr langsam Richtung südöstliche bzw. mittlere
Ostsee.
Damit wird von Osten bzw. Südosten her weiterhin eine recht trockene
Kontinentalluftmasse nach Deutschland geführt.
Die Erwärmung macht weitere Fortschritte. Einerseits geschieht das aufgrund der
ungehinderten Einstrahlung bei einem weitgehend wolkenlosen Himmel (lediglich im
östlichen Bergland reicht es vielleicht noch für flache Quellwolken),
andererseits wird aber mit der dort allmählich mehr auf südliche Richtungen
drehenden Höhenströmung auch niedertroposphärisch sehr warme Luft ins westliche
Mitteleuropa geführt, die sich durch Absinken noch zusätzlich erwärmen kann. Die
20 Grad Isotherme in 850 hPa überdeckt am Mittwochabend das gesamte westliche
Mitteleuropa von Ostengland bis nach Westdeutschland und kommt nach Norden bis
zur südwestlichen Nordsee voran, das Zentrum der Hitze in 850 hPa befindet sich
nach COSMO_EU am Mittwoch, 18 UTC mit etwa 25 Grad über Nordfrankreich.
Dabei führt die bodennahe Überhitzung über Zentral- und Nordwestfrankreich bis
nach Ostengland zur Ausbildung einer flachen Tiefdruckrinne, mit der auch
bodennah eine potentiell instabile Luftmasse mit recht hohen Taupunkten weiter
nach Norden gelangen kann (COSMO_EU: 15 bis 20 Grad im westlichen Mitteleuropa
und auch in Südwestdeutschland am Mittwochabend). Dabei steigt die ML-Cape nach
COSMO_EU im Südwesten des Vorhersagegebietes bereits auf nahe 1000 J/kg,
allerdings reicht es aufgrund der starken Deckelung (selbst in 500 hPa steigt
die Temperatur auf etwa -8 Grad) noch nicht zur Auslöse.
Über Deutschland erreichen die Temperaturen in 850 hPa bis zum Abend bereits
Werte zwischen 15 Grad an der vorpommerschen Ostseeküste und 22 Grad im
Westen/Südwesten. Somit dürfte in den Flusstälern Südwestdeutschlands die
35-Gradmarke knapp überschritten werden (bis etwa 37 Grad am Oberrhein). Die 30
Grad werden etwa südwestlich einer Linie Emsland - Erzgebirgsvorland doch recht
verbreitet erreicht bzw. überschritten, im Nordosten werden etwa 24 bis 29 Grad
erreicht, wobei es an der Ostseeküste bei auflandigem Wind gebietsweise deutlich
kühler bleibt.
Die Wärmebelastung ist insbesondere im Südwesten schon sehr hoch - nicht nur
wegen der Hitze, sondern auch aufgrund der allmählich zunehmenden Schwüle
(höhere Taupunkte). Im Großteil des Landes steht aber ein durchaus angenehmer
Hochsommertag ins Haus - zumal der auffrischende Ostwind zusammen mit der (mit
Ausnahme des Südwestens) recht trockenen Luft auch für ein wenig "Abkühlung"
sorgen könnte.

Die Nacht zum Donnerstag verläuft warntechnisch weiterhin ruhig. Die
Potentialgebilde in 500 hPa verlagern sich kaum, der Trog greift vor der
portugiesischen Küste weiter nach Süden aus, der Höhenrücken wölbt sich weiter
nach Norden auf, über Deutschland steigt das Geopotential noch etwas an.
Das Hoch über der Ostsee bleibt ebenfalls quasistationär, wobei es sich noch
etwas verstärkt (COSMO_EU mit Kerndruck um 1030 hPa). Die Tiefdruckrinne über
Westeuropa bzw. dem westlichen Mitteleuropa kommt ein wenig ostwärts voran und
verläuft Donnerstagfrüh von Zentralfrankreich über das westliche Belgien und den
Niederlanden bis zur westlichen Nordsee. Auch, wenn seitens der Modelle noch
keine Hinweise darauf gegeben werden, ist innerhalb der Rinne eventuell bereits
mit konvektiver Aktivität zu rechnen, vielleicht auch in Form eines MCS.
Allerdings dürfte diese mit recht großer Wahrscheinlichkeit noch nicht das
Vorhersagegebiet erfassen.
Somit verläuft die Nacht warntechnisch ruhig. Die höheren Taupunkte lassen die
Nacht vor allem im Westen und Südwesten auch schon recht unangenehm schwül
erscheinen, hier gehen die Temperaturen wohl nur noch auf 15 bis 20 Grad zurück,
in den Innenstädten steht eventuell auch schon eine tropische Nacht (Tmin über
20 Grad) ins Haus. In der Osthälfte kühlt es dagegen nochmals auf angenehme 12
bis 17 Grad ab, in den Mittelgebirgstälern auch noch darunter.

Donnerstag ... ändert sich an der großräumigen Potentialverteilung weiterhin nur
wenig. Die Achse des nach wie vor umfangreichen und weit nach Norden reichenden
Höhenrückens verläuft am Nachmittag und Abend etwa über die mittleren
Landesteile hinweg nordwärts, so dass der äußerste Westen so ganz allmählich in
den trogvorderseitigen Bereich gelangt. Dynamische Hebungsprozesse spielen sich
aber weiterhin noch recht weit westlich des Vorhersagegebietes ab und tangieren
uns nicht weiter.
Im Bodenfeld ändert sich das Ostseehoch in Lage und Intensität kaum. Die
Tiefdruckrinne über dem westlichen Mitteleuropa kommt hingegen etwas weiter nach
Osten voran und erreicht zum Abend hin auch bereits den äußersten Westen
Deutschlands.
Somit macht die Advektion potentiell instabiler Luft in der Grundschicht weitere
Fortschritte, die Taupunkte können im Westen punktuell bereits auf 20 Grad oder
knapp darüber steigen. Entsprechend simuliert COSMO_EU dort eine ML-Cape von
teils über 2000 J/kg. Dagegen hält noch der durch die warme niedere und mittlere
Troposphäre bedingte Deckel, wir haben es also mit einer klassischen "loaded
gun"-Situation zu tun mit sehr warmer bis heißer und recht feuchter Luft in der
Grundschicht und einer darüber liegenden trockenheißen, aber recht labil
geschichteten Luftmasse. Allerdings ist der Deckel in den Prognosesoundings noch
recht "breit" angelegt, so dass es zur Auslöse von Konvektion, also zur
"Zündung", einiges an Hebung bedarf. Die ist über dem Vorhersagegebiet
allerdings so gut wie gar nicht vorhanden. Am ehesten könnte es noch
orographisch getriggert irgendwo in den westlichen Mittelgebirgen, vielleicht
auch im Schwarzwald für ein Gewitter (dann auch gleich mit Unwetterpotential)
reichen, die Wahrscheinlichkeit dafür ist aber nach aktuellem Modellstand nur
gering.
Spannender wird es erst am späteren Abend und in der Nacht, wenn
tagesgangbedingt die Temperaturen in der niederen Troposphäre ein wenig absinken
und somit der Deckel etwas "gelockert werden kann. Denkbar ist dann z.B. das
Szenario des Übergreifens eines mesoskaligen Systems von Westen her auf den
Westen Deutschlands. Um genauere Aussagen darüber zu treffen, sollte man aber
noch einige Modellläufe ins Land ziehen lassen.
Insofern sollte der Tag warntechnisch noch ruhig verlaufen. Bodennah kann sich
die Luftmasse (vor allem auch wegen des höheren Ausgangsniveau, sprich: Der
höheren Temperaturen aus der Nacht heraus) eventuell noch etwas erwärmen, auch,
wenn die Temperaturen in 850 hPa nicht mehr bzw. nur in der Osthälfte noch etwas
ansteigen. Somit liegen die Höchstwerte wohl recht verbreitet über 30 Grad, vom
Emsland bis zum Bodensee und südwestlich bzw. westlich davon auch über 35 Grad.
Als Spitze sind 38 oder gar 39 Grad irgendwo entlang des Rheins denkbar, auch
die Mos-Verfahren simulieren entsprechende Temperaturen. Östlich und nördlich
der Elbe sorgt der recht frische Südost- bis Ostwind (an der Ostsee auch
durchaus Böen bis Bft. 6) für deutlich angenehmere Temperaturen zwischen 27 und
32 Grad, im Ostseeumfeld werden bei auflandigem Wind kaum 25 Grad erreicht.
Vor allem im Westen und Süden ist somit zusammen mit den recht hohen Taupunkten
mit einer sehr hohen bis extremen Wärmebelastung zu rechnen.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Die externen Modelle simulieren eine der deutschen Modellkette ähnliche
Wetterentwicklung.
Allerdings haben sowohl ECMWF (von 00 UTC) als auch GFS am Mittwoch und
Donnerstag nicht ganz so hohe Temperaturen in 850 hPa auf der Karte wie die
deutsche Modellkette. Auch diesbezüglich ist somit noch nicht das letzte Wort
gesprochen. Nach COSMO_EU wären sogar die 40 Grad, wenn auch "gequält" (also
gerundet) irgendwo im Westen denkbar, allerdings sollte man angesichts der
anderen Modelllösungen und des schon teilweise grassierenden Medienhypes noch
den "Ball flach halten".


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff

Beliebte Posts aus diesem Blog

SXDL31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

DWD -> Amtliche Warnung vor markantem Wetter - STARKES GEWITTER (-Esslingen-)