SXDL31 DWAV 0800UTC DWD Synoptische Uebersicht KURZFRIST

SXEU31 DWAV 300800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 30.06.2015 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HM (Hoch Mitteleuropa), Übergang zu Sa (Süd antizyklonal)

Von Südwesten her weitere Erwärmung, am Donnerstag verbreitet über 30°C.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Dienstag... zeigt die großräumige Potenzialverteilung ein deutlich meridionales
Muster mit Langwellentrögen über dem östlichen Nordatlantik und dem nahen
Osteuropa. Dazwischen befindet sich ein veritabler Rücken, der das westliche
Mitteleuropa bereits erreicht hat und von dort noch etwas nach Osten vorankommt.
Um 24 UTC des heutigen Tages erstreckt sich seine Achse in 500 hPa etwa vom
westlichen Mittelmeer über Westdeutschland und die Nordsee bis zum südlichen
Europäischen Nordmeer. Vorderseitiges Absinken sorgt für eine weitere
gesamttroposphärische Erwärmung sowie ein Abtrocknen insbesondere der hohen und
mittleren Schichten, so dass die Anteile von Alto- und Cirrusbewölkung immer
weniger werden.
Im Bodenniveau befindet sich der Vorhersageraum im Bereich einer meridional
ausgerichteten Hochdruckzone, die - gemessen am hohen Potenzial - gar nicht mal
einen so hohen Luftdruck aufweist (etwa über 1020 hPa), was auf der anderen
Seite im Sommer aufgrund der kontinentalen Überhitzung aber auch wieder normal
ist. Wie auch immer, im Fokus des Geschehens steht die Erwärmung der bodennahen
Luftschichten, die bei verbreitet ungehinderter Einstrahlung (nur in den
östlichen Landesteilen bilden sich unterhalb einer etwa bei 850 hPa liegenden
Inversion einige flache Quellwolken) weitere Fortschritte macht. Zwar bleibt das
Maximum der niedertroposphärischen Warmluft nach wie vor westlich von uns,
gleichwohl geht es step by step hoch mit der 850-hPa-Temperatur, wobei aber ein
deutliches SW-NO-Gefälle erhalten bleibt. Nach ICON reicht die Spanne am Abend
(18 UTC) von rund 7°C am Oderhaff und bis zu 18°C an der deutsch-schweizer
Grenze. Unter dem Strich bedeutet das im Norden und Osten Tageshöchstwerte von
22 bis 27°C, an Küstenabschnitten mit Seewind auch noch etwas darunter.
Ansonsten reicht die Spanne von 26 bis 32°C, im südlichen Oberrheingraben sowie
im westlichen Grenzbereich zur Schweiz sind lokal auch 33 oder 34°C denkbar. Das
ist zwar ganz schön heiß, sollte aber aufgrund der moderaten Taupunkte (die von
COSMO-EU prognostizierten Werte bis zu 20°C sind wahrscheinlich zu hoch) noch
einigermaßen im Rahmen des Erträglichen liegen, auch wenn das natürlich
subjektiv ist.

In der Nacht zum Mittwoch ändert sich an der großräumigen Situation für unseren
Raum nichts Relevantes. Es klart verbreitet auf und die Temperatur geht auf 17
bis 10°C, im Norden punktuell sogar auf etwas unter 10°C zurück. Etwas
kritischer könnte es mit dem nächtlichen Lüften bereits im Südwesten werden, wo
die Tiefstwerte insbesondere in Ballungsräumen sowie in etwas höher gelegenen
Orten (sofern es sich nicht um Tal- oder Muldenlagen handelt) mit bis zu 20°C
(MOS-Mix) langsam in den "unschönen" Bereich rücken.

Mittwoch... verbleibt Deutschland unter dem sich noch etwas verstärkenden
Höhenrücken, der seine Achse nur noch minimal nach Osten verschiebt. Das
korrespondierende Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt in den Ostseeraum,
wobei der Luftdruck auf etwas über 1025 hPa steigt. Im Gegenzug sorgt die starke
Überhitzung westlich von uns für die Ausbildung einer Tiefdruckrinne, die sich
von UK über Westfrankreich bis hinunter zur Iberischen Halbinsel erstreckt.
Zwischen den Druckgebilden kommt eine schwache östliche Strömung in Gang, mit
der relativ trockene Luft kontinentaler Prägung in den größten Teil des
Vorhersageraums gelangt. Allerdings deutet sich für Teile West- und
Südwestdeutschlands zwar keine überbordende, aber doch schon gewisse
Feuchteakkumulation in den unteren Schichten an, wobei die Td-Prognose des
COSMO-EU mit Werten von z.T. über 20°C immer noch etwas zu hoch gegriffen
scheint. Immerhin nimmt die potenzielle Instabilität der heißen Luftmasse im
Westen und Südwesten zu (abnehmende KO-Werte und Lapse-Rates, zunehmende
ML-CAPE-Werte auf z.T. über 1000 J/kg), allerdings liegt eine überproportionale
Deckelung vor (CIN weit im dreistelligen Bereich), so dass mögliche Konvektion
bei uns noch kein Thema ist.
So steht der morgige Mittwoch einmal mehr im Zeichen der Frage, wie warm
respektive heiß es wo in Deutschland wird. Die nahezu ungehinderte Einstrahlung
(einzig im östlichen Bergland sind vielleicht noch ein paar flache Quellungen
möglich) sorgt für eine weitere Erwärmung von "unten" her, aber auch
niedertroposphärisch legt die Temperatur noch etwas zu. Am Abend (18 UTC)
befindet sich Deutschland in 850 hPa zwischen 10°C im Bereich der Odermündung
und rund 20°C vom Nieder- über den Oberrhein bis zum Alpenrand. Damit dürfte in
den Flussniederungen SW-Deutschlands die 35°C-Marke geknackt werden, irgendwo an
Mosel, Saar oder Rhein könnten es 37°C werden. Ansonsten ist die Zone mit
Temperaturen jenseits von 30°C deutlich auf dem Vormarsch, so dass Maxima
darunter südwestlich einer Linie Emsland-Harz-Vogtland eher die Ausnahme
darstellen und im Wesentlichen auf höhere Orte beschränkt bleibt. Weiter
nordöstlich liegen die Tageshöchstwerte zwischen 24 und 29°C, an der Ostsee bei
auflandigem Wind teils nur um 20°C. Im Südwesten nimmt die Wärmebelastung nicht
nur wegen der hohen Temperaturen, sondern auch wegen der o.e.
Feuchteanreicherung (zunehmende Schwüle) merklich zu.

In der Nacht zum Donnerstag ändert sich nicht viel an der Großwetterlage, wir
verbleiben unter Hochdruckeinfluss. Allerdings fällt die Abkühlung nicht mehr so
stark aus wie noch die Nächte zuvor. Vor allem im Westen und Südwesten werden
Minima von 20°C oder sogar darüber mehr und mehr ein Thema (sogenannte
Tropennächte; "echte" Tropennächte sind noch mal eine ganz andere Nummer),
während es in der Osthälfte vielfach noch unter 15°C abkühlt.
Es kann gut sein, dass sich westlich von uns in der besagten Tiefdruckrinne und
vorderseitig des LW-Troges nennenswerte Konvektion bildet, aus der z.B. ein MCS
erwächst, der sich nord-nordostwärts verlagert und dabei - möglicherweise - auch
Teile W- und NW-Deutschlands tangiert. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist aber
sehr gering, zumal auch westlich von uns der berühmte "Deckel" noch sehr
veritabel ist.

Donnerstag... ändert sich die großräumige Potenzialverteilung nur wenig. Der
Höhenrücken legt noch etwas an Potenzialstärke zu bei gleichzeitig geringer
Verlagerung der Achse gen Osten. Damit gelangen die westlichen Landesteile
faktisch zwar zunehmend auf die Trogvorderseite, daraus resultierende mögliche
Hebungsantriebe sind zunächst aber nicht zu erwarten bzw. spielen sich weiter
westlich ab.
Im Bodendruckfeld verstärkt sich das quasistationäre Hoch über dem Ostseeraum
auf über 1030 hPa, gleichzeitig rückt die Tiefdruckrinne von Westen her dichter
an den Vorhersageraum heran. Dabei baut sich im Norden ein gewisser Gradient
auf, der dort einen spürbar auflebenden südöstlichen bis östlichen Wind zur
Folge hat. Mit Unterstützung des Tagesgangs und leichter Supergeostrophie sind
an der Ostsee sogar einzelne 7er-Böen möglich, die dort angesichts der
landesweiten Hitze wahrscheinlich eher als Segen denn als Fluch empfunden
werden.
Apropros Hitze, die ist deutschlandweit weiter auf dem Vormarsch und erfasst nun
auch zunehmend die östlichen und nördlichen Landesteile. Höhere morgendliche
Starttemperaturen und eine weitere, teils absink-, teils advektionsbedingte
niedertroposphärische Erwärmung sorgen für einen weiteren Anstieg der
2m-Temperatur. In 850 hPa liegt die Westhälfte am Abend unter einer
"20-bis-22°C-Zunge", der eine kleine Zone mit 13°C über Oberlausitz
gegenübersteht (ICON). Auf Basis von MOS-Mix erhitzt sich Luft etwa westlich
einer gebogenen Linie Emsland-Rhön-Bodensee verbreitet auf 35°C oder darüber,
wobei die "Topps" (die übrigens auch kleidungstechnisch zumindest in den
Freibädern und an den Badeseen sehr präsent sein dürften) in den Tälern von
Rhein, Mosel und Saar mit bis zu 39°C (lokal) auftreten. Ob es irgendwo für 40°C
reicht, ist vor dem Hintergrund der etwas defensiveren Prognose der
850-hPa-Temperatur seitens der externen Modelle fraglich. Aber was nicht ist,
kann ja an den Folgetagen noch was werden. Ansonsten gilt zu konstatieren, dass
die 30°C-Marke die Elbe nordostwärts überschreitet, einzig im äußersten Norden
und Nordosten wird es mit 25 bis 29°C nicht ganz so heiß. Als mögliches Refugium
hitzegeplagter BundesbürgerInnen bleiben einige Küstenabschnitte an der Ostsee
übrig, wo der Wind von der kühlen See her weht und die Temperatur unter 25°C
hält. Dagegen werden z.B. auf den Ostfriesischen Inseln bei leichter
Südostkomponente des Windes und dem daraus resultierenden kurzen Weg über das
sowieso nur bedingt kühlende Wattenmeer (je nach Tidenkalender) 30°C oder sogar
noch etwas mehr erreicht.
Stellt sich abschließend noch die Frage, wie es mit möglichen Gewittern
aussieht. Fakt ist, dass die Luftmasse besonders im Süden und Westen weiter
labilisiert wird (CAPE-Werte z.T. auf über 2000 J/kg) und sich besonders in den
unteren Luftschichten die Feuchteakkumulation fortsetzt, was an der Erhöhung der
Taupunkte sowie der spezifischen Feuchte (Werte bis zu 14 g/kg in 200 m)
deutlich wird. Trotzdem, über allem hängt nach wie vor ein markanter Deckel, der
nicht so leicht zu durchstoßen sein wird. Am ehesten käme - was die Konvektion
vor Ort angeht - noch die Orografie in Frage (z.B. Schwarzwald), die
Wahrscheinlichkeit ist aber nicht überbordend groß. Etwas wahrscheinlicher, aber
mitnichten sicher, ist da eher schon ein Szenario, wonach sich Tagesverlauf
westlich von uns konvektive Umlagerungen bilden, die dann verclustern und
möglicherweise zum Abend und zur Nacht hin als MCS oder Multizellencluster rein
advektiv die westlichen und nordwestlichen Landesteile touchieren oder sogar
treffen. Wenn dem so ist, wäre schnell eine Unwetterwarnung fällig, noch gibt es
aber zu viele Fragezeichen.



Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die Modelle simulieren letztlich die gleiche Entwicklung. Unsicherheiten
hinsichtlich der Temperaturentwicklung oder auch möglicher Gewitter am
Donnerstag wurden im Text erörtert.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

Beliebte Posts aus diesem Blog

SXDL31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

DWD -> Amtliche Warnung vor markantem Wetter - STARKES GEWITTER (-Esslingen-)