SXDL31 DWAV 1800UTC DWD Synoptische Uebersicht KURZFRIST

SXEU31 DWAV 271800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 27.01.2015 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In der Nacht zum Mittwoch vielfach Glätte durch Schnee, Schneematsch oder
gefrierende Nässe.
Tagsüber merklich auffrischender SW-Wind, teils mit Sturmböen, an der Nordsee
und in einigen Hochlagen schweren Sturmböen, in exponierten Kamm- und
Gipfellagen bis Orkanböen.
Ansonsten in den nächsten Tagen immer wieder Niederschläge, teils bis in tiefe
Lagen als Schnee. In höheren Lagen anfangs Gefahr von Schneeverwehungen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
-------------------------------------------------------------
Aktuell ... befindet sich Deutschland auf der Vorderseite eines Höhenrückens,
dessen Achse zum 18-UTC-Termin etwa von der Biscaya über die Nordsee bis nach
Mittelschweden reicht. In Verbindung mit einem Höhentief, das von
Tschechien/Österreich südwärts gen Adria zieht, wird bei uns zunächst eine
nördliche Höhenströmung generiert. In der zweiten Nachthälfte dreht die Strömung
dann mit Annäherung des Höhenrückens von Norden auf westliche Richtungen zurück,
während gleichzeitig ein gut ausgeprägter Höhentrog Irland und UK erreicht.
Nicht nur in der Höhe, auch im Bodenniveau dreht die Strömung nördlich eines
schwachen, bis nach Süddeutschland bzw. zu den Alpen zonal ausgerichteten Keils
auf W bis SW zurück, wobei der Gradient noch etwas auffächert. Somit spielt der
Wind nur anfangs in den Höhenlagen noch eine gewisse Rolle (7 bis 8 Bft,
exponiert 9 Bft), bevor es eine vorübergehende Pause gibt. Erst am Morgen legt
der auf SW rückdrehende Wind an und auf der Nordsee allmählich wieder zu mit
ersten Böen der Stärke 7 Bft.
Mit dem Rückdrehen der Strömung wird auch die Staukomponente zunächst am
Erzgebirge, dann auch an den Alpen schwächer, so dass die dortigen Schneefälle
an Intensität verlieren. Immerhin reicht es an und in den Alpen noch für weitere
5 bis 10 cm Neuschnee, während die Mengen im Erzgebirge maximal bei 1 bis 3 cm
liegen.
Ansonsten gilt zu konstatieren, dass trotz der erwähnten Änderungen in der
Strömungskonfiguration leichte WLA erhalten bleibt, aus der schwache
Hebungsprozesse resultieren. Diese spiegeln sich in verbreitet starker bis
geschlossener Bewölkung wider, aus denen gebietsweise etwas Niederschlag fällt.
Die Schneefallgrenze liegt dabei etwa zwischen 200 und 400 m, wobei große
Neuschneemengen nicht zu erwarten sind. Gleichwohl kann es natürlich vielerorts
glatt werden durch Schnee, Schneematsch oder gefrierende Nässe. Im Bergland und
im Süden oberhalb etwa 200 bis 300 m ist das durchweg der Fall. Etwas
differenzierter sieht es in tiefen Lagen West- und Norddeutschlands sowie der
östlichen Landesteile aus. Größere Wolkenauflockerungen werden von der Numerik
vor allem für den NO, teils auch für den O signalisiert, was anhand der
aktuellen synoptischen Situation durchaus nachvollziehbar ist. Dort geht die
Temperatur zumindest in Bodennähe gebietsweise auf 0°C oder etwas darunter
zurück, was Glätte durch gefrierende Nässe zur Folge hat. Nach W und NW zu nimmt
die Wahrscheinlichkeit für Glätte zumindest auf Basis der numerischen
Vorhersagen ab, weil aufgrund der simulierten Bewölkung kein ausreichender
Temperaturrückgang erfolgt. Die vergangene Nacht hat aber gezeigt, dass die
Temperatur bei wider Erwarten auftretenden Wolkenauflockerungen schnell bis in
Gefrierpunktnähe absinkt (vor allem am Boden) und bei vorhandener Feuchte für
entsprechende Glätte sorgt. Entsprechende Warnungen können aber - wenn man nicht
den "Farbeimer" ausschütten und die FAR (False Alarm Ratio) niedrig halten will
- nur in situ ausgegeben werden.

Mittwoch ... überquert der Höhenrücken den Vorhersageraum relativ zügig
ostwärts. Ein wirkliche Wetterberuhigung respektive -besserung geht damit aber
nicht einher, sorgt doch andauernde WLA weiterhin für reichlich Bewölkung und
gebietsweise leichte Niederschläge (Größenordnung 0,1 bis maximal 2 mm innert 6
Stunden). Diese fallen oberhalb 200 bis 400 m durchweg als Schnee, darunter
teils als Regen/Nieselregen, teils als Schnee/Schneeregen. Einige Aufhellungen
oder Auflockerungen sind im Tagesverlauf am Alpenrand sowie im Lee des
Erzgebirges am wahrscheinlichsten.
Richtig interessant wird es etwa ab Mittag, wenn sich der o.e. Höhentrog unter
Verkürzung seiner Wellenlänge von der Nordsee und Benelux her nähert, um
schließlich im Laufe des Nachmittags und Abends auf NW-Deutschland
überzugreifen. Der Trog verfügt über eine gut ausgeprägte diffluente
Vorderseite, so dass zu der sich vorübergehend noch mal verstärkenden WLA ein
substanzieller Anteil PVA dazukommt. Entsprechend verstärken sich die
Hebungsprozesse vorderseitig des dem Trog vorgeschalteten okkludierendem
Frontensystems, was eine Intensivierung der Niederschläge zur Folge hat. Diese
erfassen bis zum Abend den gesamten Westen, die westliche Mitte und große Teile
Norddeutschlands, wobei COSMO-EU 6-stündige Raten von 2 bis 8, lokal bis 10 mm
anbietet. Recht schwer prognostizierbar ist die Schneefallgrenze, die im Zuge
der präfrontal auftretenden WLA kurzzeitig etwas ansteigt (Anstieg von T850 in
einer schmalen Zunge auf 0°C oder etwas darüber), aufgrund des rasch
fortschreitenden Okklusionsprozess aber schnell wieder absinkt. Außerdem sieht
es in der Numerik so aus, dass die schmale Warmluftzunge dem eigentlichen
Niederschlag etwas vorauseilt. Lange Rede, kurzer Sinn, nach jetzigem Stand der
Dinge sollte man in den genannten Gebieten von einem kurzzeitigen Anstieg der
Schneefallgrenze auf etwa 600 bis 800 m ausgehen.
Fast noch interessanter als die Niederschlagsentwicklung dürfte der Verlauf des
Windes werden. Mit Annäherung der teilokkludierten Kaltfront frischt der auf
Südwest rückdrehende Wind merklich und verbreitet auf. Bis zum Abend davon
ausgenommen bleiben eigentlich nur die tiefen Lagen Süddeutschlands. Ansonsten
stehen in tiefen Lagen Böen 7 bis 8 Bft, an der Küste und im unmittelbar
angrenzenden Binnenland 8 bis 9 Bft, an der Nordsee auch 10 Bft auf der Karte.
Am Nachmittag und Abend sind im nordwestdeutschen Binnenland mit Frontpassage
ebenfalls schwere Sturmböen 10 Bft möglich (850-hPa-Winde 50 bis 65 Kt). Ob es
an der Front auch für ein kurzes Gewitter reicht, ist mehr als fraglich. Zwar
wird von C-EU ein schmaler Streifen mit leicht erhöhten CAPE-Werten simuliert,
die Labilität bleibt aufgrund der erst etwas später nachrückenden Höhenkaltluft
zunächst aber noch limitiert. Am windigsten bzw. stürmischsten wird es auf den
Bergen, wo in der Spitze je nach Exposition Böen der Stärke 10 bis 12 Bft
auftreten werden, Schneeverwehungen inclusive.
Bei meist guter Durchmischung steigt die Temperatur auf 3 bis 8°C mit den
höchsten Werten an und um den Niederrhein. Nur in einigen windschwachen Regionen
Süddeutschlands sowie im Bergland bleibt es etwas kälter, in höheren Lagen bei
Dauerfrost.

Am Abend und in der Nacht zieht die Okklusion bzw. Kaltfront rasch über
Deutschland ostwärts hinweg, nur nach Süden hin hängt sie noch zurück.
Postfrontal strömt ein neuerlicher Schwall maritimer und hochreichend kalter
Polarluft heran, wobei sich die höhenkälteste Luft mit Passage des Höhentroges
über Norddeutschland breitmacht. Dort sinkt die 500-hPa-Temperatur auf -38/39°C
bei 850-hPa-Temperaturen von rund -7°C. Kurzum, mit zunehmender Labilität kommt
es zu konvektiven Umlagerungen, die in Schnee- und Graupelschauer, im Bereich
der Nordsee (Stichwort diabatische Komponente) auch in kurze Graupelgewitter
teils mit Sturmböen 8 bis 9 Bft münden.
Ansonsten erreichen die Niederschläge mit Verlagerung der Front die östlichen
und südlichen Landesteile, wobei im Osten teils Regen, teils Schnee fällt,
während im Süden die feste Phase überwiegt. Die Neuschneemengen liegen meist
unter oder um 5 cm, in einigen Staulagen auch bis 10 cm. Am meisten Neuschnee
wird von der deutschen Modellkette für das Allgäu und den Südschwarzwald
simuliert, wo durchaus 10 bis 20, punktuell um 25 cm zusammenkommen können.
Damit bleiben ICON und C-EU ihrer zuvor eingeschlagenen Linie weitgehend treu,
werden aber auch u.a. vom neuesten Lauf des GFS unterstützt.
In den frühen Morgenstunden deutet sich im Westen neuer Schneefall oder
Schneeregen an, der offensichtlich der Annäherung eines flachen Bodentroges
geschuldet ist.
Der kurzzeitig auf West, später wieder auf Südwest drehende Wind nimmt allgemein
etwas ab. Vor allem im Norden und im Bergland bleibt es aber ziemlich windig
bzw. stürmisch, wobei Sturmböen vornehmlich in Kamm- und Gipfellagen und an der
Küste auftreten. Allerdings sind bei kräftigen Schauern auch im norddeutschen
Binnenland einzelne Sturmböen 8 bis 9 Bft nicht ausgeschlossen.

Donnerstag ... etabliert sich vor der südnorwegischen Küste ein steuerndes Tief
mit einem Kerndruck von unter 960 hPa. Es korrespondiert mit einem Höhentief,
welches als Drehzentrum eines mächtigen, sich über dem westlichen Mitteleuropa
weit nach Süden ausweitenden Höhentroges fungiert. Die Austrogung, die sich auch
im Bodendruckfeld widerspiegelt (einschließlich eines in den Bodentrog
eingebetteten okkludierenden Frontensystems), findet leicht westlich von uns
statt, so dass der Vorhersageraum vorübergehend unter eine auf W bis SW
rückdrehende Höhenströmung gelangt. Damit einhergehend setzt WLA ein, die vor
allem in der Mitte und im Süden für einen eher skalig geprägten Hebungsantrieb
mit schauerartiger Verstärkung sorgt. Im äußersten Süden steigt die
850-hPa-Temperatur vorübergehend auf rund 0°C, was einen Anstieg der
Schneefallgrenze auf 400 bis 600 m, kurzzeitig vielleicht sogar bis 800 m zur
Folge hat. Allerdings bleibt es besonders zum östlichen Alpenrand hin leebedingt
längere Zeit niederschlagsfrei und erst zur Nacht hin, wenn wieder kältere Luft
einfließt, setzt Niederschlag ein, der dann bis in die Täler als Schnee fällt.
Zur Mitte hin liegt die Schneefallgrenze niedriger, teils fällt bis in die
tiefsten Lagen Schnee oder Schneeregen. Besonders in Staulagen sind 5 bis 10,
lokal vielleicht um 15 cm (C-EU) Neuschnee möglich, wobei die Modelle
hinsichtlich Intensität und genauer räumlicher Verteilung naturgemäß noch
divergieren.
In Norddeutschland überwiegt eher die konvektive Komponente mit einzelnen
Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauern, vereinzelt auch kurzen Gewittern.
Besonders nach NO hin, aber auch im Lee des Erzgebirges deuten sich nur wenige
oder sogar überhaupt keine Schauer an.
Der auf S bis SW rückdrehende Wind bleibt mit Ausnahme tiefer gelegener Regionen
südlich der Donau flott unterwegs mit Böen 7 Bft, an der Küste anfangs 8 bis 9
Bft (10 Bft nicht ausgeschlossen). Im höheren Bergland liegen die Windspitzen
zwischen 8 und 10 Bft, wobei es teilweise zu kräftigen Schneeverwehungen kommt.
Möglicherweise werden an einigen Orten sogar die Unwetterkriterien gerissen. Im
Laufe des Nachmittags und Abends nimmt der Wind zunächst im Norden, später auch
in den übrigen Regionen deutlich nach. Die höchste Tagestemperatur liegt
zwischen 1 und 7°C, im höheren Bergland gibt es leichten Frost.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der Bodentrog rasch nach Osten durch.
Gleichzeitig verlagert sich der Höhentrog sukzessive weiter nach Osten, so dass
ganz Deutschland mit hochreichender Meereskaltluft polaren Ursprungs geflutet
wird (bis zum Morgen in 500 hPa durchweg unter -35°C, in 850 hPa unter -5°C;
dazu ein sehr niedriges Geopotenzial mit rund 110 gpdam in 850 und rund 504
gpdam in 500 hPa). Die deutsche Modellkette (vor allem C-EU) entwickelt aus dem
Bodentrog über dem NO des Landes ein eigenständiges Tief, was dort zu einer
merklichen Intensivierung der Schneefälle sorgen würde. Dieses Szenario ist aber
noch nicht sicher, sollte aber im Hinterkopf abgespeichert werden.
Ansonsten kommt es zu weiteren, meist schauerartigen Niederschlägen, die bis in
tiefe Lagen als Schnee fallen können. Es muss verbreitet mit winterlichen
Straßenverhältnissen gerechnet werden, wenn nicht durch Schnee oder Schneematsch
so zumindest durch gefrierende Nässe.

Freitag ... bestimmt ein breiter, bis nach Nordafrika reichender Höhentrog das
Wettergeschehen in Mitteleuropa respektive Deutschland. In der eingeflossenen,
hochreichend kalten Polarluft kommt es zu schauerartigen Niederschlägen, die
meist bis in tiefe Lagen als Schnee oder Schneeregen fallen. In der
auffächernden Strömung spielen Staueffekte keine große Rolle, allerdings könnten
in den großskaligen Trog eingelagerte Randtröge oder kleine Höhentiefs für eine
regional begrenzte Intensivierung der Schneefälle sorgen. Wo genau das der Fall
sein wird und ob überhaupt, ist aus heutiger Sicht noch nicht belastbar zu
prognostizieren. Temperaturmäßig läuft es auf Tagesmaxima von 1 bis 6°C, im
höheren Bergland auf leichten bis mäßigen Dauerfrost hinaus.


Modellvergleich und -einschätzung
----------------------------------------------------------------
Die großräumige Entwicklung ist relativ unstrittig, die Details offenbaren noch
Unschärfe, was im Text bereits angesprochen wurde.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

Beliebte Posts aus diesem Blog

SXDL31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

DWD -> Amtliche Warnung vor markantem Wetter - STARKES GEWITTER (-Esslingen-)