SXDL31 DWAV 0800UTC DWD Synoptische Uebersicht KURZFRIST

SXEU31 DWAV 290800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 29.01.2015 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Bis auf weiteres winterlich, in tiefen Lagen teils nasskalt. Im Bergland zum
Teil erheblicher Neuschneezuwachs, in höheren Lagen Gefahr von
Schneeverwehungen. Verbreitet Glätte durch Schnee, Schneematsch und gefrierende
Nässe.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... befindet sich Deutschland auf der Rückseite einer weitgehend
okkludierten Kaltfront, die heute früh die Alpen überquert und die zu einem
steuernden Tief unmittelbar vor der norwegischen Westküste gehört. Dahinter hat
sich ein frischer Schwall hochreichender Meereskaltluft polaren Ursprungs über
den gesamten Vorhersageraum ausgebreitet, die bis auf weiteres für winterliche
Witterungsverhältnisse sorgt. Im Potenzialfeld formiert sich dabei zusehends ein
GWL-Muster TrM (Trog Mitteleuropa), in dem eingebettete Drehzentren oder
Randtröge wiederholt für mesoskalige Hebungsmaxima sorgen, die - so viel sei
vorweggenommen - von allen Modellen gebracht werden, aber nicht immer an der
gleichen Stelle.
Aktuell stellt sich die Situation so dar, dass besagter Trog über mehrere
Drehzentren über der Nordsee bzw. Südskandinavien verfügt, die für unseren Raum
nur mittelbar von Bedeutung sind. Trotzdem kommt es heute zu weiteren, meist
konvektiv geprägten Hebungsprozessen, die für weitere Niederschläge sorgen. Im
Norden, wo die höhenkälteste Luft mit T500-Temperaturen unter -35°C liegt, kommt
es zu weiteren Schnee-, Schneeregen- oder Graupelschauern, vereinzelt auch
kurzen Gewittern, die mit stürmischen Böen oder Sturmböen einhergehen können.
Die Intensität der konvektiven Umlagerungen dürfte meist so stark sein, dass es
auch tagsüber für Glätte durch eine vorübergehend sich bildende dünnen
Schneedecke oder zumindest durch Schneematsch reicht. Es zeichnet sich aber ab,
dass nach NO hin ein gewisses Minimum der Schaueraktivität zu verzeichnen ist.
Zur Mitte und nach Süden hin gestaltet sich die Angelegenheit so, dass die
frontgebundenen Schneefälle an den Alpen alsbald nachlassen. Ansonsten
verstärken sich die schauerartigen, in Staulagen der Mittelgebirge teils auch
andauernden Niederschläge nach einer kurzen Pause von Belgien und Ostfrankreich
her wieder, wovon bis zum Abend betrachtet vor allem die mittleren Landesteile
und der Südwesten "profitieren". Ein wesentlicher Antrieb für die Niederschläge
ist einsetzende und weit nach Osten ausgreifende WLA vor einem sich bei
UK/Irland im Tagesverlauf formierenden Randtrog, zu der sich später auch noch
ein gewisses Quantum PVA gesellt. Kurzum, oberhalb etwa 200 bis 400 m kommt es
zu weiteren Schneefällen, die über 12 Stunden akkumuliert 5 bis 10 cm, in
exponierten Staulagen einiger Mittelgebirge (am ehesten Saar-Nahe-Bergland,
Hunsrück, Rhön, Thüringer Wald) auch rund 15 cm Neuschnee bringen können, Glätte
und Behinderungen auf den Straßen inclusive. Am Nachmittag und Abend verstärken
sich dann auch die Schneefälle im Schwarzwald und in der Schwäbischen Alb,
während der Alpenrand heute mal eine Pause einlegt.
In tiefen Lagen kann es je nach Intensität ebenfalls schneien, teils ist aber
auch die Mischphase im Spiel oder es regnet vorübergehend. Allerdings lässt sich
nicht kategorisch ausschließen, dass es nicht auch weiter unten vorübergehend
Glätte durch etwas Schnee oder -matsch gibt.
Mit Ausnahme tiefer Lagen Süd- und Südostdeutschlands frischt der südwestliche
Wind mit Unterstützung des Tagesgangs wieder auf und erreicht auch außerhalb von
Schauern in Böen Stärke 7 Bft, im Bergland und an der Küste 8 bis 9 Bft, in
exponierten Kamm- und Gipfellagen auch 10 Bft. Entsprechend muss in freien Lagen
des höheren Berglands mit Schneeverwehungen gerechnet werden. Am Nachmittag und
Abend nimmt er tendenziell zwar ab, besonders in den Hochlagen treten aber noch
Böen 8 bis 9 Bft auf.
Einige Auflockerungen oder auch mal sonnige Abschnitte stellen sich heute am
ehesten in der Osthälfte ein. Die Temperatur erreicht Höchstwerte zwischen 1 und
6°C, am Oberrhein vielleicht auch 7°C. Im Bergland liegen die Maxima bei 0°C,
nach oben hin eher im leichten Dauerfrostbereich.

In der Nacht zum Freitag weitet sich der o.e. Randtrog weiter nach Süden aus,
gleichzeitig nähert er sich dem Vorhersageraum. Um 06 UTC liegt seine Längsachse
bereits über der Westhälfte des Landes. Dem Höhentrog vorgeschaltet ist ein
deutlich strukturierter Bodentrog, der Deutschland von West nach Ost passiert
und in den frühen Morgenstunden über Ostdeutschland liegt. In Verbindung mit den
Trögen werden weitere Niederschläge generiert, die schwerpunktmäßig in der
Südhälfte auftreten und durch Stau an den Mittelgebirgen noch verstärkt werden.
Die deutsche Modellkette sieht vor allem die nordostbayerischen Mittelgebirge
sowie den Schwarzwald und die Alb vorne mit 15 bis 20, örtlich um oder sogar
über 25 cm Neuschnee. Die probabilistischen Vorhersagen stützen diese Variante,
allerdings bezieht z.B. PEPS auch den Thüringer Wald, COSMO-LEPS sogar den Harz
noch mit ein. Dagegen wurde das Maximum im Allgäu etwas zurückgenommen,
gleichwohl ist laut COSMO-LEPS auch dort noch eine größere Menge (10 bis 20 cm)
möglich. Fakt ist, dass vor allem in den nordostbayerischen Mittelgebirgen und
im Schwarzwald das Unwetterkriterium gerissen werden kann (15 bis 25cm/12h unter
800 m), zumal dort auch noch Schneeverwehungen dazukommen. Eine endgültige
Entscheidung über die Herausgabe von UW sollte spätestens am Nachmittag
getroffen werden.
Ansonsten gilt zu konstatieren, dass nicht nur das Bergland den winterlichen
Komponenten ausgesetzt ist, auch in tiefen Lagen kommt es zu Schauern oder auch
schauerartigen Niederschlägen, die meist als Schnee fallen mit entsprechender
Glätte. Ins Auge fällt dabei übrigens ein Maximum (5-10mm/12h) in den östlichen
Landesteilen, das nicht nur von ICON und C-EU, sondern auch von GFS angeboten
wird, während z.B. EURO 4 defensiver aufgestellt ist. Es wäre auf alle Fälle
keine völlige Überraschung, wenn für einige Regionen eine markante
Schneefallwarnung (>10cm/12h) gezogen werden müsste, was wahrscheinlich aber
erst heute Abend wirklich belastbar feststeht. Was unstrittig ist, dass auch in
den Tieflagen, wo in der Nacht kein Niederschlag fällt, Glätte durch gefrierende
Nässe auftreten kann (sichtbare Warnungen).
Ein Wort noch zum Wind, der im Norden weitgehend einschläft, nach Süden hin vor
allem in höheren Lagen aber noch spürbar ist mit Spitzen 7 bis 8 Bft, exponiert
auch darüber (incl. Schneeverwehungen). Auf dem Feldberg im Schwarzwald sowie
auf den Alpengipfeln sind sogar schwere Sturmböen oder orkanartige Böen möglich.


Freitag... gelangt Deutschland vollständig in den zentralen Bereich des weit
nach Süden gerichteten LW-Troges, wobei sich über Jütland ein eigenes
Drehzentrum etabliert. In der weiterhin mit hochreichend kalter und labil
geschichteter maritimen Polarluft (T500 um oder etwas unter -35°, T850 um -6°C)
kommt es zu weiteren schauerartigen Niederschlägen und einzelnen Gewittern, die
aber am Vormittag und um die Mittagszeit möglicherweise eine kleine
"Schwächephase" einlegen, ohne wirklich ganz zum Erliegen zu kommen. Ursache ist
eine kleine antizyklonale Anomalie im Bodendruckfeld, die sich nach Abzug des
o.e. Bodentroges in Form eines Keils über Süddeutschland einstellt, bevor später
von Benelux her aber bereits der nächste Bodentrog folgt.
Akkumuliert bis zum Abend kommen in Lagen oberhalb 200 bis 300 m noch mal 1 bis
5, punktuell auch 10 cm Neuschnee zusammen, wobei die Modelle der GWL angemessen
naturgemäß divergieren, was Intensität und räumliche Verteilung angehen. Von
daher wird sich das detaillierte Warnmanagement stark an der In-situ-Entwicklung
orientieren müssen. Es ändert sich aber nichts an der Aussage, dass auch in
tiefen Lagen die feste Phase auftreten kann mit den bereits erwähnten
Begleiterscheinungen.
Der südwestliche bis westliche Wind spielt keine prominente Rolle mehr, am
ehesten sind noch in den Hochlagen Süddeutschlands markante, teils auch
stürmische Böen zu erwarten. Bei wechselnder bis starker Bewölkung liegen die
Tageshöchstwerte zwischen 1 und 6°C, im Bergland um 0°C.

Interessanter als am Tag könnte es dann wieder in der Nacht zum Samstag werden,
wenn besagter Bodentrog von Westen her auf den Vorhersageraum übergreift. Dabei
wird derzeit von einigen Modellen (vor allem die deutsche Modellkette und GFS)
ein relativ schmales, quasi um den Trog herumgewickeltes Niederschlagsmaximum
simuliert, das sich etwa ins nördliche NRW und das südliche bzw. südwestliche
Niedersachen verlagert. Die 12-stündigen Summen liegen bei 5 bis 15, bei C-EU
teils sogar 20 mm. 1:1 umgesetzt in Schnee - und der würde bei dieser
Hebungsintensität bis in tiefe Lagen fallen - bedeutet das etwa 10 bis 25 cm
Neuschnee ergo zumindest gebietsweise Unwetter. Allerdings sind diesbezüglich
noch nicht alle Messen gelesen, ECMF und auch EURO4 beispielsweise simulieren
ein weniger bandförmiges Maximum zur Nordsee hin. Wie auch immer, auch abgesetzt
von diesem speziellen Ereignis muss mit weiteren Schneeschauern bis in tiefe
Lagen gerechnet werden, wobei sich - da sind sich die Modelle weitgehend einig -
nach Osten hin ein Minimum, ja vielerorts sogar eine niederschlagsfreie Phase
abzeichnet.

Samstag... wird der LW-Trog durch einen von Westen hereinlaufenden Sekundärtrog
regeneriert, so dass sich an der großskaligen Verteilung nicht viel ändert. Im
Bodendruckfeld schwenkt der Trog allmählich nach Osten, wodurch sich das besagte
Schneefallband unter leichter Abschwächung etwas weiter nach Süden verlagert.
C-EU simuliert in einem schmalen Streifen vom Westerwald über die Rhön bis zum
Thüringer Wald 5 bis 15mm/12h, und auch im Schwarzwald tauchen ein paar Peaks
mit 10 bis 15mm/12h auf. Es sei an dieser Stelle aber noch mal auf die
Modellunsicherheiten hingewiesen werden, die gerade bei TrM-Lagen obligatorisch
sind. Unstrittig ist, dass die winterliche, in tiefen Lagen eher nasskalte
Witterung mit zeitweiligen Schnee- oder Schneeregenfällen andauert. Dazu frischt
der südwestliche Wind besonders in der Mitte und im Süden mitunter böig auf,
wobei es in höheren Lagen Böen 8 bis 9 Bft geben kann plus Schneeverwehungen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die großräumige Potenzial- und Druckverteilung in Richtung TrM wird von allen
Modellen simuliert. Unterschiede gibt es im Detail, vor allem hinsichtlich
Intensität, Exposition und Phase der Niederschläge. Das meiste davon wurde im
Text bereits angesprochen. In Bezug auf die Niederschlagsphase sei noch erwähnt,
dass das Potenzialniveau teilweise sehr niedrig ist. Die 850-hPa-Fläche sinkt
zeitweise auf rund 104 gpdam, die 500-hPa-Fläche auf knapp unter 500 gpdam (im
Norden), was einer erheblichen Schrumpfung der gesamten Troposphäre gleichkommt.
Vor diesem Hintergrund sind auch die nach unten projizierten Temperaturen zu
bewerten, schließlich ist es ein Unterschied, ob eine -6°C in 850 hPa auf etwa
1400-1500 m oder auf knapp über 1000 m liegt. Von daher sollte man immer im Auge
haben, dass auch in tiefen Lagen - vor allem bei entsprechender Intensität - die
feste Phase auftritt. Ob dann immer gleich alles nachhaltig liegen bleibt, steht
auf einem anderen Blatt Papier. Auf alle Fälle ist das im Bergland oberhalb 200
bis 400 m der Fall, wo es in den nächsten Tagen zu einer nachhaltigen
Einwinterung kommt bzw. sich die begonnene Einwinterung fortsetzt.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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