SXDL31 DWAV 0800UTC DWD Synoptische Uebersicht KURZFRIST

SXEU31 DWAV 270800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 27.06.2014 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Ws (südliche Westlage)

Heute im Norden und Westen einzelne Gewitter.
Am Wochenende verbreitet Gewitter und/oder Starkregenfälle, evtl. auch
Dauerregen. Unwetter möglich.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... befindet sich über Westeuropa respektive dem nahen Ostatlantik ein
seichter, dafür recht breit konturierter Höhentrog mit einem eigenen Drehzentrum
knapp südwestlich von Irland. Vorderseitig hat sich ein flacher Rücken
aufgewölbt, der gerade dabei ist, den Vorhersageraum ostwärts zu überqueren. Er
sorgt derzeit noch für ruhiges Wetter, was in großen Teilen Süd- und
Ostdeutschlands auch so bleiben wird. Dort scheint heute - abgesehen von einigen
hohen und mittelhohen Wolkenfeldern - vielfach die Sonne, wobei die Temperatur
etwa südlich von Main und Mosel auf 24 bis 27°C, punktuell vielleicht auf 28°C
steigt, während die Höchstwerte im Osten bei 22 bis 25°C liegen. Dabei bleibt es
allgemein trocken, nur ganz vereinzelt könnte sich am Nachmittag über dem
Bergland ein Gewitter entwickeln.

In den übrigen Regionen startet der Freitag ebenfalls ruhig, allerdings macht
sich im Tagesverlauf peu a peu eine flache Tiefdruckzone bemerkbar, die sich -
ausgehend von einem eigenständigen Tief bei Irland - bis nach Südnorwegen sowie
ins westliche Mitteleuropa erstreckt. Diese Zone ist quasi gespickt mit mehreren
Fronten, von denen die östlichste (Warm-/Kaltfront) an eine flache Welle
gekoppelt ist, die um 3 UTC etwa vor der Rheinmündung positioniert war.
Vorderseitig der Warmfront driften bereits mehrschichtige Wolkenfelder über den
Westen und Norden nordostwärts, ohne allerdings nennenswertes Wetter zu
produzieren. Das wird sich im Tagesverlauf aber ändern, wenn nämlich die Welle
unter leichter Vertiefung gen Deutscher Bucht zieht und von W/SW her allmählich
feuchtere und potenziell instabile Luft eingesteuert wird. Zwar weist die
Luftmasse insbesondere in der Nordhälfte bereits jetzt ein Quantum an Labilität
auf, allerdings ist auch ausreichend CIN vorhanden, die substanzielle konvektive
Umlagerungen zunächst noch zu unterbinden vermag. Später, wenn der Höhenrücken
endgültig durch ist und der Westen und Norden auf die leicht diffluente
Vorderseite des Troges gelangen, wird ein dynamischer Hebungsimpuls generiert,
der den aktuell noch etwa zwischen 700 und 600 hPa befindlichen "Deckel" tilgt
und somit den Weg frei macht für Schauer und Gewitter. Da die ML-CAPE-Werte
vergleichsweise limitiert bleiben, die PPW-Werte bei schwachen
Strömungsverhältnissen aber deutlich ansteigen auf 24 bis nahe 30 mm, besteht
vor allem die Gefahr von Starkregen, der lokal sogar die Unwetterschwelle reißen
könnte, was aber wirklich den worst case darstellt. Kleinkörniger Hagel ist
allerdings auch möglich. Sollte sich, was nicht ausgeschlossen ist, innerhalb
der Tiefdruckzone zusätzlich noch eine Konvergenz ausbilden, ist auch
organisierte Konvektion möglich, bei der dann auch Sturmböen auftreten könnten.

Die Temperatur steigt im Norden und Westen meist auf 20 bis 25°C.

In der Nacht zum Samstag wird aus der Welle ein kleines und flaches
eigenständiges Tief, das nach Jütland zieht. In der Höhe schwenkt in der
südwestlichen Strömung ein KW-Trog nordostwärts, der für weitere Hebungsantriebe
sorgt, so dass das konvektive Geschehen vor allem im Norden, teils aber auch in
der Mitte erhalten bleibt, während es nach Süden hin weitgehend ruhig bleibt.
Die Gewitter reichen bis in den markanten Bereich, wobei vornehmlich Starkregen
als begleitendes Element auf der Karte steht.

Samstag... weitet sich der Trog über Westeuropa unter Verkürzung seiner
Wellenlänge nach Süden in Richtung Iberische Halbinsel aus. Das eingelagerte
Drehzentrum verlagert sich dabei zum Westeingang des Ärmelkanals. Gestützt durch
einen weiteren Trog, der von Skandinavien bis zur Nordsee reicht, wird die noch
etwas rückdrehende südwestliche Höhenströmung bei uns aufrechterhalten. Dabei
ziehen nach wie vor kurzwellige Anteile nordostwärts, die mit dem bloßen Auge
nicht immer erkennbar sind, anhand der numerischen Omegafelder aber dokumentiert
werden.

Im Bodendruckfeld sieht die Angelegenheit so aus, dass das flache "Jütlandtief"
weiter in Richtung Südschweden zieht und die dazugehörige - mögliche Konvergenz
- am Vormittag den Norden und Osten überquert. Dabei kommt es zu weiteren
schauerartigen Regenfällen und Gewittern, die in der Basis weiterhin markant
ausfallen mit Priorisierung "Starkregen", in Einzelfällen und räumlich eng
begrenzt aber auch als Unwetter auftreten können. Da die CAPE-Werte zumindest
nach Lesart von COSMO-EU etwas zunehmen sollen (gebietsweise zwischen 500 und
750 J/kg), ist auch etwas größerer Hagel denkbar.
Ansonsten nähert sich von Westen die Kaltfront des westeuropäischen Tiefs,
dessen Kern am Mittag (12 UTC) etwa bei Cornwell (Südwestengland) positioniert
ist. Im Vorfeld dieser KF, die nach Süden hin durch eine über Nordspanien
ansetzende Wellenbildung etwas zurückgehalten wird, setzten zunächst im W und
SW, später aber auch im N schauerartige Regenfälle ein, die z.T. gewittrig
durchsetzt sein können aber nicht müssen. Vor allem nach Süden hin hält sich die
Labilität doch sehr in Grenzen, so dass dort nicht zwingend Gewitter auftreten
müssen. Auffallend ist die deutliche Zunahme der PPW-Werte von SW her auf über
30 mm, was die Möglichkeit von unwetterartigem Starkregen ins Spiel bringt. Bis
zum Abend halten sich die Modelle diesbezüglich allerdings noch zurück, was -
bezogen auf die allgemeine konvektive Aktivität - auch für den Südosten des
Landes gilt. Zwar weist die Luftmasse von den Alpen über das Vorland bis hinüber
zum Bayerischen Wald ein gewisses Maß an ML-CAPE auf, allerdings sind auch die
CIN-Werte mit z.T. über 100 J/kg nicht unerheblich, was das Auslösen von
Gewittern doch erheblich erschwert. Trotzdem, einige Überentwicklungen, vor
allem getriggert durch die Orografie, sind freilich nicht ausgeschlossen.
Temperaturmäßig steht im Süden und Südosten sowie in der östlichen Mitte noch
mal in Sommertag mit 25 bis maximal 28°C auf der Karte, während die Spanne sonst
bei 19 bis 24°C liegt, an der Nordsee mit Winddrehung auf NW auch noch etwas
darunter.

In der Nacht zum Sonntag überquert die KF den Norden ostwärts, während sie zur
Mitte und vor allem nach Süden hin durch mehrere Wellen zurückgehalten wird.
Eine dieser Wellen soll zumindest nach Lesart der deutschen Modellkette von SW
her bis in die Mitte des Landes ziehen. Mit Unterstützung eines in der Höhe
ablaufenden KW-Troges kommt es zu kräftiger Hebung, die mit Gewittern
durchsetzte Starkregenfälle generiert. Diese breiten sich von SW
(Frankreich/Schweiz) nordostwärts bis in die mittleren Landesteils aus, wobei
nach der deutschen Modellkette gebietsweise das Unwetterkriterium für Stark-
oder Dauerregen überschritten wird. COSMO-EU bietet für den Süden BWs und den
Westen Bayerns 25 bis 50 mm, punktuell sogar bis 60 mm innert 12 Stunden an, und
auch im Mittelgebirgsraum werden einige Peaks (bis etwa 40mm/12h) simuliert.
Externe Modelle sehen die Angelegenheit deutlich entspannter und von den
EPS-Verfahren liefert eigentlich nur COSMO-LEPS stärkere Signale für
Stark-/Dauerregen (bis 50%), insbesondere für den Südschwarzwald.
Gewitter treten zwar auch auf, dürften wahrscheinlich aber nicht die "erste
Geige" spielen. Am ehesten bilden sie sich noch am warmen Rand des gesamten
Regenstreifens nach Südosten hin. Außen vor hinsichtlich der Niederschläge
bleibt voraussichtlich der Südosten Bayerns (teils durch Leeeffekte) sowie der
größte Teil Norddeutschlands, wo bereits etwas stabilere Luft von der Nordsee
eingeflossen ist.



Sonntag... verlagert sich das Frontensystem ostwärts, wodurch große Teile des
Landes auf die Rückseite der KF gelangen. Die Welle zieht über den Osten des
Landes bis in den NW Polens, wo sie sich etwa im Grenzbereich zu MV in ein
flaches Bodentief umwandelt. In der Spur der Welle simuliert besonders GME am
Vormittag ein Regenmaximum bis zu 35mm/6h zwischen Thüringen und Brandenburg.
Synoptisch ist das zwar nachvollziehbar, allerdings ist fraglich (siehe auch
Konsistenz der Modellläufe), ob es von der Intensität und der räumlichen
Verteilung tatsächlich so kommt.
Tatsache ist, dass postfrontal etwas kühlere Luft in den Vorhersageraum (Tmax 17
bis 22°C) strömt, die durch den nachfolgenden Höhentrog zunehmend labilisiert
wird. Die Folge sind verbreitete Schauer und Gewitter, die vielfach markant, vor
allem durch Starkregen, ausfallen.
In Alpennähe kommt die Front ins Schleifen bzw. wird durch eine südlich der
Alpen ansetzenden Welle gebremst. Entsprechend kann es unmittelbar am Alpenrand,
aber auch bis ins Vorland ausgreifend, noch längere Zeit teils kräftig regnen.
Die 12-stündigen Spitzen liegen bei der deutschen Modellkette zwischen 25 und 30
mm, nur ganz vereinzelt (Allgäu) auch darüber. Insgesamt fällt aber auf, dass
die meisten Modelle den Niederschlagsschwerpunkt eher im inneralpinen Bereich
oder sogar noch etwas weiter südlich sehen.
Mit Passage frischt der auf westliche Richtungen drehende Wind vor allem im
äußersten Süden vorübergehend böig auf, wobei in einigen Hochlagen (Schwarzwald,
Alpen) einzelne Sturmböen möglich sind.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Umstellung der Wetterlage wird im groben Maßstab betrachtet von allen
einschlägig untersuchten Modellen simuliert. Vor diesem Hintergrund hat der
Verfasser versucht, eine einigermaßen differenzierte Abhandlung der kommenden
Ereignisse wiederzugeben, die im Wesentlichen auf der deutschen Modellkette
fußen. Gleichwohl, und wie sollte es bei einer solchen Lage auch anders sein,
offenbaren sich noch mehrere offene Fragen, die zum Teil mit Hilfe folgender
Modellläufe, zum Teil aber auch erst in situ mit Hilfe der üblichen
Nowcastwerkzeuge beantwortet werden können.
Grundsätzlich ist natürlich die genaue Niederschlags- respektive
Gewitterentwicklung anzusprechen, die von Modell zu Modell, aber auch von Lauf
zu Lauf innerhalb eines einzigen Modells immer wieder variiert.
Was den heutigen Tag angeht, fällt auf, dass die Numerik insgesamt recht
verhalten an die bevorstehende Konvektion herangeht. Offensichtlich zeigen der
durchschwenkende Höhenrücken und die damit verbundene "Deckelung" in der
Atmosphäre so viel Wirkung, dass es zunächst nur für einzelne Schauer und
Gewitter reicht.
Unklar ist auch noch der genaue Ablauf in Verbindung mit der Welle von Samstag
zu Sonntag, was im Text bereits angerissen wurde. Es ist durchaus möglich, dass
im Laufe des Samstags (vielleicht schon nach der Konferenz, wenn es die
Modelllage hergibt) eine Vorabinformation "Unwetter" wegen Stark- oder
Dauerregen (auch die Frage, ob das eine oder andere, ist noch offen)
herausgegeben werden muss.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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