DWD Synoptische Uebersicht KURZFRIST

SXEU31 DWAV 301800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 30.06.2013 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Montag vor allem im Westen, Nordosten und in der Mitte einzelne kräftige Gewitter,
Dienstag dann ganz vereinzelt im Süden. Mittwoch verbreitet Schauer und teils kräftige
Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... hat sich, ausgehend von einem Langwellentrog, der von Grönland bis zu den
Britischen Inseln reicht, ein Höhentief über Südostschweden abgeschnürt und verlagert sich
bis Montagfrüh allmählich zur mittleren Ostsee. Der Langwellentrog wandert ebenfalls
langsam ostwärts. Zwischen diesen beiden Systemen zieht im Laufe der Nacht ein flacher
Höhenrücken von Westen her nach Deutschland.
Im Bodendruckfeld wandert das mit dem Höhentief korrespondierende Bodentief unter
allmählicher Auffüllung ebenfalls zur mittleren Ostsee und verliert damit seinen Einfluss
auf unser Wetter insofern, dass der anfangs noch recht scharfe Druckgradient zwischen
Azorenhochkeil und eben jenem Tief weiter auffächert und sich der Wind an der Ostsee
entsprechend abschwächt.
Die Warmfront des mit dem Langwellentrog interagierenden Tiefs ostsüdöstlich von Island
hat inzwischen den Nordwesten Deutschlands überquert. Die vorderseitige WLA hat inzwischen
die Achse des Höhenrückens überlaufen, somit wird die dadurch induzierte Hebung nicht mehr
durch das Absinken im Höhenrücken überkompensiert und macht sich in Form von meist
leichten, vorübergehend auch mal mäßigen Regenfällen vor allem noch im Nordosten
Deutschlands bemerkbar. Mit meist weniger als 5 mm, punktuell auch mal um 10 mm bewegen
sich die zwölfstündigen Regenmengen aber weit abseits jeglicher Warnschwellen.
In der Mitte, vor allem aber im Süden Deutschlands dominiert der Einfluss des
Azorenhochkeils. Dort bleibt es vielerorts locker oder gering bewölkt, nach Süden zu teils
auch klar. Vereinzelt kann sich allerdings Nebel bilden.
Die mit der Warmfront advehierte deutlich mildere Luftmasse macht sich im Norden
Deutschlands insofern bemerkbar, dass die Nacht unter den dichten Wolken mit Tiefstwerten
zwischen 14 und 10 Grad deutlich milder bleibt als die vergangene. In der Mitte und vor
allem im Süden kann es bei teils geringer Bewölkung dagegen noch einmal deutlich stärker
auskühlen, so dass sich die Minima dort zwischen 11 und 6 Grad bewegen.

Montag ... schwenkt der mehr und mehr abgeflachte Höhenrücken über die Osthälfte
Deutschlands hinweg weiter nach Osten. Der nachfolgende Langwellentrog erreicht am Abend
den Nordwesten Deutschlands. Die Warmfront des mit ihm korrespondierenden Bodentiefs
befindet sich vormittags bereits über Polen. Die Kaltfront erreicht im Vormittagsverlauf
den Nordwesten Deutschlands, hängt aber nach Südwesten zu mangels Schubkomponente deutlich
zurück.
Weite Teile Deutschlands befinden sich somit im breiten Warmsektor des Frontensystems.
Somit wird zunehmend eine Luftmasse subtropischen Ursprungs wetterwirksam mit der
entsprechend vorhandenen mäßig hohen potentiellen Instabilität (COSMO_EU simuliert für die
Mitte und den Süden pseudopotentielle Temperaturen von ca. 45 bis knapp über 50 Grad). Die
simulierten CAPE- und PPW- Werte sind naturgemäß unmittelbar vorderseitig der Kaltfront am
höchsten mit Werten über 200 J/kg, punktuell in der Mitte Deutschlands auch um 500 J/kg
(CAPE) bzw. über 25 mm (PPW) in einem Streifen von Westdeutschland über die Mitte bis in
den Nordosten Deutschlands. Die Auslösetemperaturen bewegen sich dort zwischen 21 und 24
Grad, die auch erreicht werden dürften. Entsprechend ist in diesen Regionen vor allem in
den Nachmittags- und Abendstunden mit einzelnen Schauern und Gewittern zu rechnen.
Organisierte Strukturen sind zwar eher Richtung Abend zu erwarten, wenn mit Trogannäherung
vor allem die hochreichende Scherung etwas zunimmt (auf der "warmen" Seite ca. 15 bis 20
m/s 0 bis 6 km Scherung, im äußersten Westen vielleicht auch mehr), dennoch können die
stärkeren konvektiven Entwicklungen auch schon vorher von Starkregen, kleinkörnigem Hagel
und stürmischen Böen (sollte es organisierte Strukturen geben, von Sturmböen) begleitet
werden. Unwetterartige Entwicklungen sind nach momentanem Stand der Dinge eher
unwahrscheinlich, aber vor allem, was das niedrig angesetzte Hagelkriterium angeht,
durchaus nicht ausgeschlossen.
In der Modellphysik kommt diese Tatsache insofern zum Tragen, dass die höchsten
Niederschläge im unmittelbaren Kaltfrontbereich simuliert werden, allerdings werden
keinerlei Hinweise auf Starkregen gegeben.
Die Südhälfte kommt zwar in den Genuss der etwas wärmeren und potentiell instabileren
Luftmasse. Allerdings ist dort einerseits die Deckelung stärker, andererseits ist die
Luftmasse dort auch nicht sonderlich labil geschichtet. Die PPW- Werte liegen meist unter
20 mm, die Auslösetemperaturen teilweise über 28 Grad, dynamischer Antrieb ist kaum
vorhanden. Lediglich im unmittelbaren Alpenbereich könnte es vielleicht für (dann
orographisch getriggerte) Auslöse reichen, dort wird auch etwas CAPE simuliert.
In den Nordwesten strömt rückseitig der Kaltfront bereits deutlich kühlere Meeresluft
subpolaren Ursprungs (zwar erwärmt, aber immerhin noch mit 850 hPa- Temperaturen von unter
5 Grad). Diese Luftmasse ist mitteltroposphärisch recht stabil geschichtet mit einem
starken Deckel in etwa 800 hPa. Somit dürfte die niedertroposphärische Labilität zwar für
Quellwolken ausreichen, wegen der geringen vertikalen Mächtigkeit allerdings kaum für
Schauer, so dass es mit Durchzug der Kaltfront zu einer raschen Wetterberuhigung kommt.
Die Höchstwerte erreichen in der Mitte und vor allem im Süden mit 23 bis 28 Grad, die
höchstens Werte am Oberrhein, durchaus sommerliches Niveau. Im Norden bleibt es mit 19 bis
24 Grad nur mäßig warm, auf den Nordseeinseln werden kaum mehr als 17 Grad erreicht.
In der Nacht zum Dienstag schwenkt die Achse des Langwellentroges über den Norden und die
Mitte Deutschlands hinweg ostwärts. Dabei wird der Trog im aktuellen Lauf (12 UTC) der
deutschen Modellkette schärfer simuliert als in den Vorläufen. Entsprechend ist auch
stärkere (PVA- induzierte) Hebung auf dessen Vorderseite vor allem über der Osthälfte
Deutschlands mit im Spiel. Die Niederschlagsprognosen des GME und vor allem des COSMO_EU
unterscheiden sich deshalb auch deutlich von denen der Vorläufe. Im Bereich der über der
Mitte angelangten Kaltfront, nämlich in einem Streifen, ausgehend von Nordhessen über
Nordthüringen, Sachsen Anhalt bis nach Brandenburg südlich von Berlin, werden vom COSMO_EU
recht verbreitet zwölfstündige Regenmengen über 20 mm, punktuell auch über 30 mm
simuliert. Häufig fallen diese Niederschläge auch innerhalb von 6 Stunden und sind vor
allem in der ersten Nachthälfte noch konvektiv durchsetzt. Ob diese Modellsimulation jetzt
der Wahrheit letzter Schluss ist, sei mal dahin gestellt. Dennoch dürfte nach aktueller
Modelllage gebietsweise das (zumindest markante) Starkregenkriterium überschritten werden.

Die Kaltfront kommt kaum mehr nach Süden voran, sondern geht über in die Warmfront eines
flachen Tiefs über Südwestfrankreich. In der Südhälfte bleibt somit Hochdruckeinfluss
dominant; dort ist der Himmel teils gering bewölkt, vereinzelt kann sich mal Nebel bilden.
Auch im Nordwesten lockern die Wolken zeitweise stärker auf.

Dienstag ... schwenkt der Langwellentrog weiter ostwärts, dessen Achse befindet sich
mittags bereits über Westpolen. Von Westen her folgt ein flacher Höhenrücken. Deutschland
befindet sich somit vorderseitig dieses Rückens in einer mehr und mehr von Nordwest auf
West drehenden Höhenströmung. Gegen Abend erreicht ein weiterer Langwellentrog den Westen
der Britischen Inseln.
Im Bodendruckniveau zieht der Hochdruckkeil über Süddeutschland allmählich weiter ostwärts
und die Bodenströmung dreht auf der Vorderseite einer Tiefdruckrinne über Südwesteuropa
auf Südwest. Das als Luftmassengrenze fungierende Frontensystem über der Mitte
Deutschlands kommt somit zunächst kaum, in der zweiten Tageshälfte als Warmfront dann aber
wieder allmählich nordwärts voran. Es trennt kühle Meeresluft subpolaren Ursprungs in der
Nordhälfte von Subtropikluft aus Südwesteuropa im Süden.
Vorderseitig des Höhenrückens gelegen erweist sich die Luftmassengrenze nur als wenig
wetterwirksam, da Absinken jeglichen frontogenetischen Antrieb überkompensiert. Ob es in
der weiter südlich gelegenen potentiell instabilen Luftmasse zur Auslöse reicht, ist
ebenfalls noch fraglich. Zwar werden seitens des COSMO_EU vor allem für das südliche
Bergland zum Abend hin recht hohe CAPE- Werte simuliert (über 500 J/kg, punktuell in
Südostbayern gar über 1000 J/kg), allerdings ist diese Luftmasse wegen der nieder- und
mitteltroposphärischen WLA auch stark gedeckelt.
Sollte es, hauptsächlich orographisch getriggert, zur Auslöse reichen, dürften die
jeweiligen Gewitter bei PPW- Werten, die im Südwesten bei über 25 mm liegen, zumindest mit
markant zu bewarnen sein, Unwetter nicht ausgeschlossen. Auch wären dann vor allem im
Südwesten zum Abend hin auch organisierte Strukturen denkbar, da die hochreichende (0 bis
6 km) Scherung Werte zwischen 20 und 25 m/s erreicht.
Das Temperaturniveau bleibt zweigeteilt. Im unmittelbaren Bereich der Luftmassengrenze und
weiter nördlich werden Höchstwerte zwischen 18 und 23 Grad erreicht, in der Mitte und vor
allem im Süden dagegen 23 bis 28, am Oberrhein vielleicht auch 29 Grad.
In der Nacht zum Mittwoch gerät der Vorhersagebereich mehr und mehr auf die diffluente
Vorderseite des von Westen heranschwenkenden Langwellentroges. Aufgrund von WLA und PVA
verstärken sich somit die Hebungsvorgänge über dem westlichen Mitteleuropa und nehmen vor
allem ab der zweiten Nachthälfte auch zunehmend Einfluss auf das Wetter im Westen
Deutschlands.
Dazu korrespondierend erreicht das weitgehend okkludierte Frontensystem eines nach
Nordschottland ziehenden Tiefs in den Frühstunden den Westen Deutschlands.
Im Laufe der Nacht setzt somit von Westen her schauerartiger Regen ein, der in den
Frühstunden die gesamte Westhälfte überdeckt. Dabei sind auch eingelagerte Gewitter
möglich Ob dabei die Warnkriterien für Stark- oder Dauerregen erreicht werden, ist derzeit
noch unsicher, liegt aber durchaus im Bereich des Möglichen.

Mittwoch ... zieht der oben angesprochene Langwellentrog weiter ostsüdostwärts, zeigt aber
Cut off- Tendenzen, so dass sich zum Abend hin über Mitteleuropa ein eigenständiges
Höhentief mit Drehzentrum über Norddeutschland befindet. Korrespondierend dazu zieht das
Bodentief von Nordschottland bis zum Abend zur Westküste Jütlands, schwächt sich dabei
aber ein wenig ab. Das okkludierte Frontensystem überquert im Tagesverlauf Deutschland und
liegt abends bereits östlich des Vorhersagebereiches. Zwar wird die potentiell instabilste
Luftmasse bis zum frühen Nachmittag weitgehend nach Osten verdrängt, dennoch kann es vor
allem im äußersten Osten und Südosten vor allem vom späten Vormittag bis zum frühen
Nachmittag noch zu stärkeren konvektiven Entwicklungen kommen, bevorzugt dann, wenn
vormittäglicher Sonnenschein dort noch für genügend Erwärmung gesorgt hat. Unwetterartige
Entwicklungen sollten zwar nach aktueller Modelllage auch dort die Ausnahme bleiben, sind
aber wegen der hohen PPW- Werte (über 30 mm) bzgl. Starkregens nicht ausgeschlossen.
In den übrigen Regionen entwickeln sich verbreitet Schauer und Gewitter. Schwerpunkte sind
derzeit noch nicht auszumachen, allerdings sind vor allem im Süden und in der Mitte
aufgrund der starken Scherung (0 bis 1 km: 10 bis 15 m/s, stellenweise mehr; 0 bis 6 km:
25 bis über 30 m/s) durchaus organisierte Strukturen und somit in Verbindung mit
Konvektion auch Sturm- oder gar schwere Sturmböen denkbar.
In der einströmenden erwärmten subpolaren Meeresluft liegen die Höchstwerte allgemein
zwischen 18 und 23 Grad, lediglich im äußersten Osten und Südosten können eventuell noch
einmal bis zu 26 Grad erreicht werden.



Modellvergleich und -einschätzung
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Der schärfer simulierte Trogdurchgang in der Nacht zum Dienstag spiegelt sich auch in der
Modellinterpretation der 12 Uhr- Läufe des GFS und des UK-finemesh wider, wenn auch
abgeschwächt gegenüber dem COSMO_EU- Lauf. Regenmengen im warnwürdigen Bereich werden
ansonsten von keinem Modell simuliert. Diskrepanzen treten (naturgemäß) auch bzgl. der
Simulation der konvektiven Aktivität am Montag und am Dienstag tagsüber auf.
Ansonsten gibt es, vor allem, was die großräumigen synoptischen Strukturen angeht, kaum
Unterschiede zwischen den einzelnen Modellen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff

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