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Thema des Tages

Regentanz oder wie man die Dürre vertreibt

Menschen auf der ganzen Welt glauben daran, dass sie mit Opfergaben
eine ihnen übergeordnete metaphysische Macht milde stimmen oder sich
für etwas bedanken können. Bis in die heutige Zeit hat sich zum
Beispiel der Erntedank gehalten. Für eine reiche Ernte muss das
Wetter gut sein: Es muss ausreichend warm, aber auch feucht sein. In
diesem Jahr war es sehr warm, aber die Feuchtigkeit, in Form von
Regen, hat vielerorts gefehlt. Zwar gab es immer mal wieder Gewitter,
diese traten naturgemäß aber nur punktuell auf und brachten keinen
flächendeckenden Regen, der Zeit hatte die Böden zu durchdringen und
für nachhaltige Befeuchtung der Wiesen und Felder zu sorgen. Im
Gegenteil, bei kräftigen Gewittern fiel in kurzer Zeit so viel Regen,
dass der Boden das Wasser nicht aufnehmen konnte und im schlimmsten
Fall mit weggeschwemmt wurde. Können wir gar nichts gegen die Dürre
tun? Die Wissenschaftlerin in mir verneint, aber jeder Mensch hat
mindestens zwei Seiten.

Erzählungen zufolge wurden in früheren Zeiten Regentänze aufgeführt,
um die Götter dazu zu veranlassen, die Erde mit Wasser zu versorgen.
Heutzutage macht das kaum noch jemand. Jedenfalls ist es nicht so
verbreitet, als dass es in den (sozialen) Medien Erwähnung findet.
Aber warum? Wieso führen wir nicht einfach einen Regentanz auf, statt
uns wieder und wieder darüber zu beschweren, dass es zu trocken ist.
Was kann passieren?

Es kann lächerlich aussehen. - Okay, aber wenn man durch YouTube,
Facebook und Twitter surft, bekommt man den Eindruck, dass sich an
selbstauferlegter Lächerlichkeit schon lange keiner mehr stört. Und
soweit bekannt, wurden die Bewegungen beim Regentanz immer nur
mündlich von Generation zu Generation weitergegeben, es gibt also
kein "richtig" oder "falsch".
Es kann trotz Regentanz nicht regnen. - Dann hat man sich immerhin
etwas an der frischen Luft bewegt und kann sich selbst sagen, dass
man alles versucht hat.

Wenn man sich an Überlieferungen halten möchte, so trägt man beim
Regentanz bläuliche Farben. Wahrscheinlich in Anlehnung an die
verschiedenen Farbnuancen von Wasser. Die Zuni, ein indigenes Volk in
Nordamerika, führen ihren Regentanz noch heute am 19. August auf.
Dabei stehen sie in zwei Reihen, Frauen und Männer getrennt, und
tanzen verschiedene Figuren zu einem Lied, das jedes Jahr variiert.
An den Beinen befestigte Rasseln und Schellen bestimmen den Beat und
sollen das Plätschern von Wasser imitieren.
In Rumänien und Bulgarien tanzt ein Mädchen singend durch die Straßen
und bleibt vor jedem Haus stehen, wo die Bewohner sie mit Wasser
begießen. Mit viel Gesang und Gepolter, der vermutlich dem Donner
nachempfunden ist, verfolgen Einheimische den Weg des Mädchens durch
das Dorf. Mit dem künstlichen Regen und der Freude des Mädchens
sollen die Götter vermutlich dazu angeregt werden es regnen zu
lassen, damit man sich noch mehr freuen kann.

In Thailand gibt es einen ähnlichen Brauch, allerdings hält sich dort
der Glauben, dass Katzengeschrei Regen bringt. Ist es lange Zeit
trocken, wird eine weibliche Katze in einen Korb gesperrt und mit
Wasser bespritzt. Ihr Geschrei, weil sie kein Wasser mag, soll
innerhalb von 3 bis 7 Tagen Regen erzeugen.
In China glaubten die Schamanen früher, dass ihr Schweiß Regen
bringt. Sie tanzten so lange mit Feuer, bis sie ausreichend
schwitzten und die Schweißtropfen sich bei der Bewegung verteilten.

So zahlreich wie die Kulturen waren auch die Regentänze. Wieso also
nicht selbst einen Regentanz probieren? Zum Lieblingslied im Einklang
mit der Natur schwingen, seinen Unmut über das fehlende Nass von oben
heraustanzen, mit künstlerischer Freiheit die Götter beschwören. Und
wenn es anfängt zu regnen: sehr gut. Dann ist zu hoffen, dass es
lange genug anhält und verbreitet auftritt. Und wenn Sie sich bei
Ihrem Regentanz auch noch filmen oder fotografieren lassen und es in
den sozialen Medien verbreiten, dann ist Ihnen der Ruhm des
Regenmachers sicher.

Zum Abschluss noch kurz zur wissenschaftlichen Sicht auf den Regen:
Im September sind bisher im Gebietsmittel über Deutschland 17 Liter
pro Quadratmeter gefallen. Das entspricht einem Drittel der
durchschnittlichen Regenmenge. Wobei zu sagen ist, dass allein im
Nordwesten und Südosten Regenmengen zwischen 30 und 50 Liter zu
verzeichnen sind, im Nordosten sind im gleichen Zeitraum nicht einmal
5 Liter zusammengekommen. Wenn man von ein paar einzelnen Schauern
oder Gewittern über den südlichen Bergen, die sich aufgrund eines
schwachen Troges zur Wochenmitte bilden können, mal absieht, dann
bleibt uns die Trockenheit diese Woche erhalten, mit südlichem Wind
wird es auch wieder sehr warm. Erst zum Ende der Woche könnte eine
Kaltfront etwas Regen bringen, dann geht es mit den Temperaturen auch
wieder bergab.

Dipl.-Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.09.2018

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

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