SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 130800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 13.09.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Mittelding zwischen Wa (West antizyklonal) und BM (Brücke Mitteleuropa)

Heute im Süden noch mal sommerlich geprägte Konvektion mit einzelnen starken
Gewittern, in der Nacht zum Freitag teils in (nicht)gewittrigen Starkregen
übergehend.
Am Freitag und Samstag wahrscheinlich keine markanten Wettererscheinungen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... befindet sich Deutschland am Südrand der Frontalzone, die mit
leicht zyklonaler Krümmung vom mittleren Nordatlantik bis nach Russland
verläuft. Bei genauerem Hinsehen erkennt man einen sehr flachen, dafür umso
breiteren Trog, dessen positive Achse in 500 hPa heute früh etwa von der
südwestlichen Nordsee bis hinunter zur Bretagne reicht. Auf der Vorderseite
dieses Troges findet man in den Diagnosekarten einen schmalen Streifen mit
verstärkter Hebung, der um 06 UTC von Westfrankreich über Deutschland bis in den
Nordwesten Polens reicht. Er ist offensichtlich das Resultat leichter PVA,
allerdings scheint auch eine räumlich eng begrenzte Querzirkulation mit im Spiel
zu sein.
Auf alle Fälle spiegelt sich dieser Streifen in einem schmalen Regenband wider,
das man sehr gut im Radar erkennen kann. Und nur zu gerne würde man an dieses
Band auch die langgestreckte Kaltfront eines kräftigen Tiefs unweit des Weißen
Meeres legen, doch man wird schnell erkennen (und die Nachtdienste haben das
getan), dass man bei der Analyse Probleme bekommt. Legt man die Front nämlich -
ohne sich weitere Bodendaten anzusehen - an, das Regenband, landet man mitten im
Hochkeil, der sich zonal vom nahen Ostatlantik nach Osten ausweitet. Das sieht
nicht nur nicht gut aus, es ist auch wenig lehrbuchhaft, wobei man das Lehrbuch
im vorliegenden Fall ohnehin nur bedingt gebrauchen kann. Nimmt man die
pseudopotenzielle Temperatur als Referenz (charakterisiert den latenten und den
fühlbaren Energiegehalt der Luftmasse), findet man eine Drängungszone nördlich
des Regenbandes, wo der Taupunkt deutlich nach unten geht, und eine zweite
Drängungszone weiter südlich. Für Letzteren hat man sich in der Analyse
entschieden, zumal dort zusätzlich noch ein einigermaßen gut ausgeprägter
Windsprung gegeben ist und man den Hochkeil im "Rücken" hat. Außerdem sprechen
historische Gründe für diese Position, die Kaltfront ist ja nicht erst seit
heute Morgen auf den Wetterkarten zu finden.
Nun aber genug der theoretischen Gedanken und hin zur praktischen
Wettervorhersage. In den äußersten Norden, als weit hinter der Kaltfront und
etwas weniger weit hinter dem Regen, strömt heute mit mäßigem westlichen Wind
ein Schwall subpolarer, relativ trockener Meeresluft ein, in der die
850-hPa-Temperatur auf unter 5°C zurückgeht. Da ist so kühl, dass es trotz
vorhandener Einstrahlung ausreicht, die 2m-Temperatur auf Sparflamme zu halten,
sprich, mehr als 17 bis 20°C sind nicht drin.
Etwas weiter südlich verlagert sich das Regenband ganz langsam über die Mitte
Richtung Süddeutschland, wobei es vor allem in der Mitte langsam anfängt
auseinanderzubröseln. Weiter im Osten gab es heute früh sogar mal schwache
Signale für Starkregen, die inzwischen aber gestutzt wurden. Und auch weiter
westlich wird der Regen wahrscheinlich am Leben gehalten werden (wenn dort auch
keine großen Mengen zu erwarten sind), weil sich besagter Trog etwas stärker
formiert und als Kurzwellenexemplar ostwärts schwenkt, wobei er gegen Abend
Belgien bzw. Ostfrankreich erreicht. Auf seiner Vorderseite werden weiterhin
Hebungsprozesse generiert, die zunehmend (ab dem Nachmittag) Süddeutschland
zugutekommen, das sich noch lange im präfrontalen Bereich der sich nur sehr
schleppend süd-südostwärts verlagernden Kaltfront befindet. Zwar wird dabei
keine klassische Portion hochgradig labiler Subtropikluft angezapft, die Zeit
reicht aber, um die vor allem in Teilen Bayerns und BWs liegende potenziell
instabile Warmluft (T850 12 bis 16°C, Tmax gebietsweise noch mal 24 bis 28°C)
immer weiter anzufeuchten (Anstieg der spezifischen Grundschichtfeuchte auf z.T.
über 12 g/kg, PPW auf über 30 mm). Die höchsten CAPE-Werte mit 500 bis 1000 J/kg
werden südlich der Donau sowie über dem Schwarzwald generiert, so dass besonders
dort - mit gütiger Unterstützung der Orografie und des Tagesgangs - die Auslöse
von einzelnen Gewittern wahrscheinlich ist. Dabei dürfte es sich im Wesentlichen
um unorganisierte Konvektion mit langsam ziehenden Gewitterzellen handeln, was
die Gefahr von markanten Starkregen birgt. In Einzelfällen kann freilich die
25mm-Schwelle überschritten werden, und auch etwas größerer (aber nicht wirklich
großer) Hagel bis 2 cm Durchmesser ist denkbar, will heißen, wir sollten uns
nicht über die eine oder andere rote Karte wundern. Es soll nicht unerwähnt
bleiben, dass das genannte Areal das Gebiet mit der energiereichsten Luftmasse
und dementsprechend mit der höchsten Starkgewitter-Wahrscheinlichkeit ist. Es
sind aber auch weiter nördlich - etwa vom östlichen BW über Franken bis
schlechtestenfalls ins Erzgebirge - einzelne, weniger intensive
Überentwicklungen nicht ausgeschlossen.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der mittlerweile zu einer veritablen kurzen
Welle mutierte Trog langsam über Süddeutschland ostwärts, wodurch auch die
Kaltfront etwas weiter nach Süden vorankommt. Eine vollständige Frontpassage
erfolgt aber nicht, so dass sich im äußersten Süden und Südosten noch Reste der
feuchten Warmluft halten können, auch wenn die 850-hPa-Temperatur auf 12 bis
10°C zurückgeht. Fakt ist, dass es in weiten Teilen Bayerns und BWs (am
wenigsten in den nördlichen und nordwestlichen Landesteilen) durch Verclusterung
zu schauerartig verstärkten und vor allem anfangs auch noch gewittrigen
Regenfällen kommt. Dabei besteht am Alpenrand sowie im südlichen Vorland, evtl.
auch noch im äußersten Süden BWs die Gefahr von mehrstündigem Starkregen
(markant, 20-35 mm innert 3-6 h).
Im großen Rest des Landes verläuft die Nacht eher unspektakulär im Zeichen des
weiterhin vorhandenen Hochkeils, der besonders im Norden vielerorts für klare
oder nur gering bewölkte Verhältnisse sorgt, bei denen sich gebietsweise Nebel
bildet. In einigen Trockengebieten wie z.B. der Lüneburger Heide sinkt die
Temperatur lokal auf etwas unter 5°C, was nicht weit von Bodenfrost entfernt
ist.
Zur Mitte und nach Süden hin sollte die noch vorhandene Bewölkung eine
nennenswerte Nebelbildung verhindern.

Freitag... zieht der KW-Trog nur langsam - offensichtlich ist es so schön im
südlichen Freistaat - in Richtung Österreich und Tschechien ab. Ihm folgt ein
nur schwach ausgeprägter, sehr flacher Rücken, bevor sich die westliche
Höhenströmung später wieder glättet. Die Kaltfront, die ja den Süden erreicht
hatte, wird zunehmend von Druckanstieg überlaufen, was eindeutig ihre Existenz
bedroht respektive die frontolytischen Bestrebungen befeuert. Zwar wird die in
der Vorhersagekarte T+36h noch mit leichter Rückläufigkeit geführt, man sollte
sich morgen aber nicht wundern, wenn sie in den aktuellen Analysen nicht mehr
oder nur stark verkürzt auftaucht.
So oder so, den Ton auf der Bodenwetterkarte gibt morgen eindeutig der weiterhin
präsente Keil des Hochs RODEGANG an, dessen Zentrum um 12 UTC am Nordrand der
Biscaya (12 UTC) liegt. Die Regenfälle im Süden und Südosten ziehen sich mehr
und mehr in die Alpen bzw. zu unseren östlichen Nachbarn zurück, was am
unmittelbaren Alpenrand (vor allem am östlichen) am längsten, sprich bis in den
Nachmittag dauert. Ansonsten stellt sich im größten Teil des Landes ein wolkiger
(teilweise noch Restbewölkung vom Vortag, teilweise Quellungen, die von einer
zwischen 800 und 750 hPa positionierten Sperrschicht gedeckelt werden), aber
weitgehend trockener Wettercharakter ein. Einzelne Schauer, im worst case sogar
ein vereinzeltes Gewitter sind wegen der langsamen Verlagerung des Troges am
ehesten noch über den süddeutschen Mittelgebirgen nicht ausgeschlossen. Die
größten Chancen auf längere sonnige Abschnitte sind laut MOS am ehesten im
Nordosten gegeben, wo die eingeflossene Luftmasse am trockensten ist. Von der
Nordsee her nähert sich zum Abend hin die Kaltfront eines Tiefs über dem
Nordmeer, die nicht nur schauerartigen Regen induziert (der bis zum Abend
größtenteils aber ins Wasser fällt), sondern auch den Südwestwind an der
Nordseeküste und den Inseln auffrischen lässt bis hin zu Böen der Stärke 7 Bft.

Temperaturmäßig pendeln wir uns zwischen 17 und 23°C ein mit den höchsten Werten
im Südwesten.

In der Nacht zum Samstag erreicht die Kaltfront den äußersten Nordwesten, so
dass es im gesamten Küstenbereich und in weiten Teilen SHs zu schauerartigem
Regen kommt. Dabei bleiben die 12h-Mengen meist unter der 5mm-Schwelle. Das
Starkwindfeld weitet sich von der Nord- bis zur Ostsee aus, wo es auch für die
eine oder andere 7er-Böe reichen sollte. In der zweiten Nachthälfte nimmt der
Wind über der Nordsee postfrontal schon wieder etwas ab.
Im großen Rest des Landes stellt sich ein teils wolkiger (vor allem im Süden, wo
sogar noch einzelne Schauer möglich sind), teils gering bewölkter oder klarer
Wettercharakter ein, wobei sich gebietsweise Nebel bildet.


Samstag... verbleibt Deutschland am südlichen Rand der Frontalzone unter einer
sehr glatten westlichen Höhenströmung. Die Kaltfront des in Richtung des
Bottenbusens ziehenden Bodentiefs dringt nur wenig ins norddeutsche Binnenland
ein, wird dann aber wieder rückläufig und geht in die Warmfront eines neuen
Tiefs über, das um 12 UTC süd-südwestlich von Island liegt. Der größte Teil
Deutschlands liegt unter dem Einfluss von Hoch RODEGANG, das seinen Schwerpunkt
(etwas über 1025 hPa) langsam aber sicher nach Nordfrankreich verlagert.
So ist das Wetter zum 3. Spieltag der Fußballbundesliga relativ zügig erzählt.
Im südlichen Drittel scheint zeitweise die Sonne, flankiert von Quellungen, die
aber nicht höher als die auf rund 850 hPa runtergedrückte Inversion reichen.
Tendenziell wolkiger präsentiert sich der unmittelbare Alpenrand, wo es mitunter
auch noch etwas regnen kann. Von der Mitte bis hoch in den Norden stellt sich
wechselnde bis starke Bewölkung ein, aus der besonders an der See sowie im
küstennahen Binnenland schauerartiger Regen fällt ((12h-Summen meist unter 5 mm,
nur örtlich bis 10 mm). Wie weit die Schauer in die Norddeutsche Tiefebene
ausgreifen, ist noch offen. ICON agiert sehr defensiv (=> trocken), während IFS
und GFS sogar den nördlichen Mittelgebirgsraum touchieren. Unterschiede gibt es
auch noch in der Bewertung des Windes, der von ICON ebenfalls zurückhaltend
simuliert wird (kaum 7er-Böen an der Küste), wohingegen IFS einige steife Böen
bis ins Binnenland ausgreifen lässt.
Temperaturmäßig stehen im Norden 17 bis 20°C, sonst 18 bis 24°C auf der Karte.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die großräumigen Basisfelder werden von den verschiedenen Modellen ähnlich
simuliert. Kleine Unterschiede respektive Unschärfen wurden im Text angerissen,
aber nicht abschließend geklärt. Das größte Problem aus der Sicht der warnenden
Meteorologenschaft dürfte der Übergang von den heutigen Gewittern im Süden zu
(nicht?-)gewittrigen Starkregen in der kommenden Nacht werden, wo man
wahrscheinlich nur mit kurzer Vorlaufzeit operieren kann.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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