SYNOPTISCHE UEBERSICHT MITTELFRIST

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 15.09.2018 um 10.30 UTC



Zunächst Spätsommer pur, zum Ende der Woche wechselhafter und kühler
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 22.09.2018


Mit Beginn des Mittelfristzeitraums am kommenden Dienstag ist der ehemalige
tropische Sturm HELENE endgültig in einem komplexen mehrkernigen Tief südlich
von Island aufgegangen und übernimmt steuernden Charakter. Es sorgt auf seiner
Vorderseite mit einer süd- bis südwestlichen Strömung über Mitteleuropa für
massive Warmluftzufuhr (xS), wobei die 15 Grad-Isotherme in 850 hPa noch einmal
weit nach Norden bis zur Nord- und Ostsee vorstoßen kann. Dadurch wird der
zunächst noch recht flache Rücken über Mitteleuropa weiter gestützt, so dass
dieser sich weiter amplifizieren kann und am Mittwoch mit seiner Achse östlich
von uns über Polen und dem Baltikum liegt.
Der Nordwesten ist dabei anfällig für flache Kurzwellentröge, die auf der
Keilrückseite nordwärts gesteuert werden. So lässt sich am Dienstag in 300 hPa
ein markanter Kurzwellentrog ausmachen, dem aber niedertroposphärisch jegliche
Unterstützung fehlt und so allenfalls ein paar dichtere Wolkenfelder produziert.
Über den Alpen ist die Schichtung noch leidlich labil, so dass mit Hilfe der
Orographie und des Tagesgangs jeweils in den Nachmittagsstunden lokale Schauer
und Gewitter entstehen. Aufgrund der fehlenden Dynamik und der mittlerweile
schon fortgeschrittenen Jahreszeit und damit limitierten kurzwelligen
Einstrahlung ist das nicht mehr als eine Randnotiz. Summa summarum stehen also
zwei größtenteils störungsfreie und damit sonnenscheinreiche Spätsommertage ins
Haus bei Höchstwerten zwischen 25 und 30 Grad, lokal auch etwas darüber. Durch
die ablandige Windkomponente kommen höchstwahrscheinlich selbst Touristen und
Küstenbewohner noch einmal in den Genuss eines Sommertages (Tmax > 25 Grad).


Am Donnerstag ist der Höhepunkt der spätsommerlichen Hitze überschritten, wobei
der freundliche Wettercharakter wohl noch größtenteils "hält". Zwar arbeitet
sich der Höhentrog langsam zu den Britischen Inseln vor, so dass wir auf dessen
Vorderseite kommen. Die Strömung ist allerdings so glatt, dass PVA - wenn
überhaupt - wohl erstmal auf den äußersten Nordwesten beschränkt bleibt. Das
Bodenhoch mit dem ungewöhnlichen Namen Rodegang hat sich inzwischen weit nach
Osten zur Ukraine verabschiedet, ein flacher Keil ist aber über Deutschland noch
auszumachen. Allerdings haben es nun die bereits erwähnten alpinen Gewitter
durch Druck- bzw. Potentialfall etwas leichter. Fehlende Scherung und Dynamik
verhindern aber weiterhin langlebige oder organisierte Strukturen.

Zum Ende der Mittelfrist "wird das Eis ziemlich dünn". Die zahlreichen aktiven
Wirbelstürme und deren Interaktionen fordern ihren Tribut. "Zünglein an der
Waage" ist eine rapide Zyklogenese über Kanada. Dieses Tief interagiert
möglicherweise noch mit den "Resten" des ehemaligen Hurrikans FLORENCE und zieht
ins Seegebiet östlich von Neufundland. Die in der Folge induzierte WLA auf der
Vorderseite ist natürlich Gift für den o.e. westeuropäischen Trog, der nun
entweder zugeschüttet wird oder abtropft. In jedem Fall kündigt sich zum Ende
der kommenden Woche ein Wetterumschwung mit Abkühlung aus Nordwesten und
zeitweiligen Niederschlägen an.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis einschließlich Donnerstag ist der aktuelle EZMW Lauf ausreichend konsistent.
Kleinere Unterschiede, wie beispielsweise in der Zugbahn des ehemaligen
Tropensturms HELENE, liegen in der Natur der Sache. Sie sind jedoch für das
mitteleuropäische Wettergeschehen belanglos - wenngleich natürlich für das
Vereinigte Königreich höchst relevant, wo in der Nacht zum Dienstag Orkanböen
und heftige Regenfälle drohen.
Mit der weiteren Entwicklung hat das Modell so seine Probleme. Es behält zwar
die Tendenz zum Abtropfen bei, aber nicht wie im gestrigen Lauf über der
Iberischen Halbinsel, sondern nun genau über Deutschland nach Italien. Zudem
greifen schauerartig verstärkte Niederschläge nun deutlich früher (bereits
Freitag Früh) und weiter östlich über. Konsequenterweise setzt dadurch auch von
Nordwesten eine rasche Abkühlung ein. Lag im gestrigen 00 UTC Lauf die 15
Grad-Isotherme selbst am Samstag noch über Mitteleuropa, so sind es im heutigen
00 UTC Lauf im Trogbereich unter 5 Grad.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis einschließlich Mittwoch zeigen auch die anderen Globalmodelle für
Deutschland herrlichstes Spätsommerwetter. Der Trogbereich am Südrand des
steuernden Tiefs südlich von Island (EX-Helene) ist aber schon unterschiedlich
ausgeprägt. Während er bei EZ und GEM recht breit und flach simuliert wird, ist
er bei GFS deutlich spitzer gerechnet. Die dadurch beschleunigt progressive
Verlagerung nach Osten induziert beim amerikanischen Modell sogar am Donnerstag
schon eine Tiefdruckrinne und konvektiv geprägte Niederschläge über Deutschland
- eher eine Außenseiterlösung. Zusammengefasst gehören der "Abtropffraktion" mit
ähnlichen zeitlichen und räumlichen Strukturen GEM und EZ an. UKMO, das nur bis
Freitag 00 UTC vorliegt, tendiert ebenfalls stark zur "Abtropffraktion". ICON
und GFS hingegen favorisieren zum Ende der Mittelfrist eine stramme Westlage -
im Süden eher antizyklonal, im Norden zyklonal geprägt.

ABER: Fusion von Subtropen- und Polarfrontjet über dem Nordatlantik sowie die
bereits erwähnte Interaktion der tropischen Wirbelstürme liefern einen guten
Nährboden für unliebsame Überraschungen in Form von Schnellläufern und/oder
Orkantiefentwicklungen.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Spannend wird nun sein, wie sich der Hauptlauf in das Ensemble eingegliedert.
Und siehe da: Haupt- und Kontrolllauf laufen parallel und finden zudem eine
deutliche Mehrheit im Ensemble beim Abfall der 850 hPa Temperatur von 15 Grad am
Mittwoch auf unter 5 Grad am Freitag. Dabei bröckelt die Unterstützung vom
Ensemble im Süden Deutschlands, wo die derartige Abkühlung demnach weniger
sicher ist als in der Mitte und im Norden des Landes. Im Geopotential ist die
Streuung allerdings deutlich diffuser und Haupt-/Kontrolllauf eher am unteren
Ende der Verteilung. Sprich: Auch ein flacherer Trogdurchgang ohne Abtropfen ist
bei weitem nicht vom Tisch.

Die Niederschlagssignale sind am Freitag und Samstag im Süden auch im EPS am
größten, wodurch die Wahrscheinlichkeit einer eventuellen Dauerregenlage an den
Alpen nicht kleiner geworden ist.

Die Bewertung der 6 gebildeten Cluster (120-168h, Do-Sa) ergibt eine
überwältigende Mehrheit der "Abtropffraktion". Die Unterschiede untereinander
beschränken sich hauptsächlich in Position und Stärke des Cut-Offs, wobei
tendenziell mehr die westliche Variante über Ostfrankreich und die Schweiz im
Gegensatz zum Hauptlauf bevorzugt wird. Cluster 5 mit nur 7 der insgesamt 51
Ensemblemember (knapp 14%) repräsentiert die ICON/GFS Lösung mit starker
Zonalisierung.

FAZIT: Bis zur Wochenmitte Spätsommer, deutlicher Wetterumschwung mit Abkühlung
zum Freitag recht wahrscheinlich - vor allem im Norden und der Mitte. Am
Freitag/Samstag im Falle des Abtropfens potentielle Dauerregenlage an den Alpen.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


GEWITTER:
Von Dienstag bis Donnerstag sind am Alpenrand und im Südschwarzwald einzelne
Wärmegewitter in Verbindung mit markantem Starkregen und kleinkörnigem Hagel
nicht ausgeschlossen. Der Median des EZ-EPS zeigt konstant CAPE-Werte um 300
j/kg über Süddeutschland, die allerdings nur vereinzelt und dann nur mithilfe
der Orographie freigesetzt werden. Am Freitag gibt es im Zuge der
Kaltfrontpassage mitsamt schauerartig verstärkten Regenfällen landesweit eine
geringe
Wahrscheinlichkeit für eingelagerte Gewitter.

STURM:
Während der EFI signifikant auf HELENE über UK reagiert, sucht man hierzulande
vergeblich nach Signalen. Wie in der gestrigen Übersicht nimmt der Gradient
zwischen dem osteuropäischen Hoch und dem steuernden Tief südlich von Island
über der Nordsee zwar zu, einzelne Windböen Bft 7 aus Südwest bis Süd sind aber
allenfalls auf den Nordfriesischen Inseln zu erwarten (nach COSMO-Leps 30-40%).
Zum Ende der Mittelfrist erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für Sturmböen an der
Nordsee durch Gradientverschärfung und Winddrehung auf Südwest bis West etwas.


DAUERREGEN:
Eine Woche im Voraus liefert das EZ-EPS immerhin schwache Signale von 10-20%)
für Überschreitung der Warnschwellen von 30 l/qm binnen 24 Stunden am Alpenrand
zum Freitag/Samstag. Sollte der Abtropfvorgang tatsächlich Richtung Norditalien
stattfinden, ist dieses Szenario recht wahrscheinlich. Zudem sollte nicht
unerwähnt bleiben, dass beim Temperaturrückgang auf unter 5 Grad in 850 hPa
Lagen oberhalb von 2000 Metern trotz warmer Böden bei stärkeren Intensitäten mit
einer Neuschneeauflage rechnen können.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ, EZ-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen

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