SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 311800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 31.05.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Weiterhin gradientschwache Gewitterlage, dabei heute Nacht bis in den Freitag
hinein im Südwesten und Westen erhöhte Unwettergefahr insbesondere durch
Starkregen. Im Laufe des Wochenendes ganz allmählich abnehmende Gewitterneigung.


Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... befinden wir uns zwischen einem vom zentralen Mittelmeer bis in den
Ostseeraum reichenden Höhenrücken und einem umfangreichen Trogkomplex über
Westeuropa respektive dem nahen Atlantik. Beide Systeme induzieren eine schlappe
süd-südöstliche Höhenströmung, in die ein markanter, zonal ausgerichteter
Randtrog eingelagert ist, der aktuell noch südlich der Alpen liegt, diese in den
nächsten Stunden aber beabsichtigt zu überqueren, was ihm bis Freitagfrüh aber
nicht ganz gelingt. Es reicht aber, um Teile Süd- und Westdeutschlands auf seine
Vorderseite zu bringen, auf der im Wesentlichen durch PVA dynamische Hebung
generiert wird.
Bodennah bleibt alles beim Alten, will heißen, flache Druckverteilung bis zum
Abwinken mit Tiefdrucksumpf über West- und Südwesteuropa und Rinne (selten so
ein zähes Gerät gesehen) mit eingelagerter Konvergenz mittemang über
Deutschland. Insbesondere im Bereich der Hauptachse (und somit der Konvergenz)
kam es und kommt es auch noch den gefühlt 50. Tag hintereinander vermehrt zu
konvektiven Umlagerungen bis in den (extremen) Unwetterbereich, ein Bild, was
mittlerweile schon Alltäglichkeitscharakter erlangt hat - leider. Man muss es
der Atmosphäre lassen, das Zusammenspiel von Druck- und Potenzialverteilung,
Tagesgang/Orografie und Luftmasse (feucht, labil) funktioniert von Tag zu Tag
immer wieder bestens, so dass den Vorhersagemeteorologen auch im weiteren
Verlauf eine Menge Arbeit bevorsteht.
Zunächst aber mal zur Nacht zum Freitag, die es ebenfalls in sich hat. Da gilt
es zunächst mal festzuhalten, die am Abend noch aktive Konvektion beginnt, sich
abzuschwächen, was in dem einen oder anderen Fall aber etwas länger dauern kann.
Entsprechend gilt es, das weitere Geschehen zu beobachten und mit den
klassischen Methoden des Nowcastings zu bewarnen. Tendenziell richtet sich der
Fokus aber mehr und mehr auf den Südwesten, wo - getriggert vom o.e. Randtrog -
von Frankreich und der Schweiz ein Gewittercluster (evtl. entwickelt sich dieser
zu einem MCS) zunächst nach BW, vielleicht auch noch ins westliche Bayern zieht,
um sich von dort langsam nord-nordwestwärts in Richtung Mitte, Südhessen, RP,
Saarland und am Ende auch noch ins südliche NRW zu verlagern. Quasi alle Modelle
incl. der statistischen Anschlussverfahren signalisieren eine deutlich erhöhte
Niederschlagsaktivität bis hin zu (extremen) Unwettern durch Starkregen (ein-
oder mehrstündig). Möglicherweise wird man warntechnisch nicht nur auf Gewitter
setzen können, sondern ggf. auch mal mit einer mehrstündigen Starkregenwarnung
agieren müssen, auf die man dann einzelne Gewitterwarnungen draufsetzt. Hagel
sollte nicht das große Thema sein (eher kleinkörnig), Sturmböen 8-10 Bft können
nicht ausgeschlossen werden bzw. sollten keine Überraschung sein.

Freitag ... kommt besagter Randtrog unter zunehmenden Konturverlust nur noch
marginal nach Norden voran, was aber nur für die mittlere und höhere Troposphäre
gilt. Weiter unten macht der Trog sehr wohl Boden nach Norden hin gut bis in die
mittleren Landesteile, wobei sich nach Westen hin sogar die Abspaltung eines
kleinen Tiefs andeutet. Im Gegenzug arbeitet sich ein Ableger des östlich von
uns positionierten Höhenrückens bis nach Nord- und Ostdeutschland vor. Ob er
sich dort nachhaltig in Szene setzen kann oder nur ein Muster ohne Wert
darstellt, dazu später mehr.
Tatsache ist, dass unsere Tiefdruckrinne (es handelt sich übrigens um WILMA)
kurz davor ist, eine Treueprämie zu bekommen, tummelt sie sich doch schon seit
etwa einer Woche auf den Wetterkarten. Nach ICON verschiebt sich morgen mal
wieder etwas nord-nordostwärts, während gleichzeitig der Luftdruck über
Frankreich etwas ansteigt. Er ist der leichten KLA auf der Südflanke der Rinne
geschuldet, die auch auf den Süden und Südwesten des Vorhersageraums übergreift
und dort mit westlichem Wind etwas weniger warme (T850 10 bis 12°C) und auch
weniger labile Luft advehiert. Die Rinne selbst und auch die Region knapp
südlich der Hauptachse hingegen ist weiterhin mit feuchter und labil
geschichteter Subtropikluft angefüllt, während auf der Nord-Nordostflanke
wiederum etwas trockenere (gleichwohl labil geschichtete) Warmluft aus dem Osten
herangeführt wird. Die Krux für Mensch und Maschine (Meteorologen und Modelle -
4x"M", wow!) liegt u.a. nun darin, die Übergangszonen respektive
Demarkationslinien zwischen den verschiedenen Luftmassen richtig zu platzieren,
um daraus letztlich die Areale abzuleiten, in denen die "Post" am meisten und am
hochfrequentesten abgeht (=> ggf. eine Vorabinfo geschaltet wird).
Versucht man, daraus für Freitag mal einen Fahrplan zu erstellen, dann könnte
dieser folgendes Aussehen haben (ohne Gewähr, wie bei echten Fahrplänen ). In
den Frühstunden bis in den Vormittag hinein kommt es in den westlichen
Landeteilen (RP/Saarland bis NRW), bedingt auch in der Mitte zu kräftigen
Gewittern oder teils gewittrigen Starkregenfällen, die dem System aus der Nacht
geschuldet sind. Dabei besteht Unwettergefahr durch vor allem durch Starkregen
und das besonders nach Westen hin, wo die Organisation der Konvektion durch den
niedertroposphärischen Trog bzw. dem möglichen Cut-Off am größten und die
Verlagerungsgeschwindigkeit nur sehr langsam ist. Abseits dieser Region können
aber ebenfalls schon die ersten einzelnen Gewitter oder Schauer auftreten,
sowohl nördlich als auch südlich davon.
Im Tagesverlauf kristallisiert sich - bei aller Unschärfe der Vorhersagen - grob
die Nordhälfte als die Region heraus, wo sich wahrscheinlich die meisten
konvektiven Umlagerungen entwickeln werden. Der Westen hat dabei möglicherweise
immer noch mit den Resten des nächtlichen MCS zu kämpfen, nach Osten hin sorgt
vorherige Einstrahlung für den nötigen Energieinput und den Aufbau
entsprechenden ML-CAPEs. Auffallend ist, dass die globalen Modelle (insbesondere
ICON) vergleichsweise zurückhaltend agieren mit der Gewittertätigkeit im Osten
der Nordhälfte. Dagegen simulieren die hochauflösenden Modelle, angefangen von
COSMO_D2 über EURO4, AROME und SuperHD bis hin zu WRF sehr wohl Konvektion im
Osten, wenn auch vielleicht mit gedämpfter Unwettergefahr (erklärbar durch
Entrainment trockenerer Luft von Osten her). Leicht unterschiedlich (von der
Größe her) wird lediglich der konvektionsfreie Streifen im äußersten Norden und
Nordosten (siehe Aussage weiter oben). Wie auch immer, im Falle von Gewittern
muss wieder mit örtlichen Unwettern gerechnet werden (Starkregen, Hagel), vor
allem nach Westen hin, wo teils auch extremer Starkregen möglich ist. Sturmböen
8 bis 9 Bft sind ebenfalls denkbar, zumal die Grundschicht teilweise recht
trocken ist (inverses V, zudem hohes KKN => Downbursts).
Weiter im Süden werden sich auch wieder Gewitter entwickeln, wahrscheinlich aber
nur isoliert und das bevorzugt über dem Bergland. Bedingt durch das nächtliche
Gewittersystem und die nachfolgende Zufuhr etwas weniger warmer Luft ist der
Saft etwas raus aus der Nummer. Trotzdem gilt, dort wo es hochquillt und
letztlich zum Gewitter reicht, ist das Unwetter nicht weit weg (Starkregen durch
Standzellen).
Während die Temperatur im Süden und Westen auf 20 bis 25°C gestutzt wird, sind
es sonst 27 bis zu 34°C (im Osten).

In der Nacht zum Samstag kommt es im Norden im Bereich der Windkonvergenz (die
Rinne ist immer noch existent) zu weiteren Schauern und Gewittern, die sich
wahrscheinlich bis in die frühen Morgenstunden halten. Die Unwettergefahr nimmt
allerdings ab, einzig im Nordwesten, im Grenzbereich zu den Niederlanden,
signalisiert ICON, etwas abgeschwächt auch EURO4 und IFS, weiterhin stärkere
RR-Signale, die den Resten des niedertroposphärischen Randtroges bzw. Höhentiefs
geschuldet sind. Hier muss man mal abwarten, was wirklich davon übrig bleibt.
Weiter südlich dürfte vor allem der Alpenrand anfällig für nächtliche Konvektion
sein.

Samstag ... Kommen wir zum Samstag, an dem sich - Achtung, aufgepasst - seit
langer Zeit mal wieder eine allmähliche Änderung der gesamttroposphärischen
Verhältnisse andeutet. Da sei zunächst mal auf das Potenzial hingewiesen, dass
langsam aber sicher steigt, was sich in einem schmalen, von den Alpen bis nach
Südnorwegen gerichteten Höhenkeil widerspiegelt. Und auch in Bodennähe steigt
der Luftdruck zwar nicht überbordend, aber doch erkennbar an, was der guten
(oder war sie doch eher böse) WILMA nicht besonders zuträglich ist. Oder mit
anderen Worten, die Tiefdruckrinne verschiebt sich ganz allmählich ins östliche
Mitteleuropa, wo sie im weiteren Verlauf sehr wahrscheinlich schon bald das
Zeitliche segnen wird.
Zunächst mal aber findet man über Nord- und Nordostdeutschland noch Reste, die
sich von Nordpolen bis zur Deutschen Bucht erstrecken. Mit dem zunehmend auf
westliche Richtungen drehenden Wind wird sukzessive stabilere und weniger warme
Luft advehiert, die im Nordosten zuletzt ankommt. Dort muss noch am längsten mit
konvektiven Umlagerungen gerechnet werden. Zwar nehmen Labilität und CAPE immer
mehr ab, aufgrund des zunächst noch hohen Feuchtegehalts sind die Gewitter aber
weiterhin markant, lokal auch unwetterartig (Starkregen).
In den übrigen Landesteilen wird mit schwachem West- bis Nordwestwind ebenfalls
etwas trockenere und weniger labile Meeresluft herangeführt, in der es zu
konvektiven Umlagerungen kommt, die aber nicht mehr so stark ausfallen wie an
den Vortagen. Laut ICON sollen Schauer und Gewitter nur im Süden und Südwesten
auftreten, andere Modelle sind in ihrer räumlichen Ausdehnung nach Norden
progressiver. Fakt ist, dass die Unwettergefahr zwar abnimmt, aber noch nicht
gänzlich gebannt ist (lokaler Starkregen!).
Die Temperatur steigt noch mal auf 25 bis 29°C, sonst auf 21 bis 26°C, im
äußersten Nordwesten mit Wind von der Nordsee z.T. nicht über 20°C.

In der Nacht zum Sonntag schwächen sich Schauer und Gewitter tagesgangbedingt
allgemein ab. Da im Norden immer noch Reste der extrem zähen Rinne WILMA zu
finden sind, dauert es dort mit der Abschwächung am längsten, wobei der alte
Lauf von IFS (00 UTC) sogar noch recht erkleckliche Regenmengen in petto hat
(teils über 20 mm).

Sonntag ... bringt von der Erde bis zum Mond gradientschwache Verhältnisse
sowohl beim Potenzial als auch beim Luftdruck. Im Nordosten sowie im Süden
scheint die Sonne, dazwischen eine Zone mit dichterer tiefer Bewölkung. Im Süden
einzelne Gewitter, wohl aber keine Unwetter mehr - Durchatmen!. Temperaturen in
den Gebieten mit Sonnenschein 24 bis 29°C, sonst 19 bis 24°C, an der Nordsee
z.T. auch etwas darunter.


Modellvergleich und -einschätzung
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Im Großen und Ganzen ist alles gesagt. Am irritierendsten sind die
unterschiedlichen Niederschlagsprognosen der Modelle. Der Verfasser hat wie
immer versucht, einen synoptisch nachvollziehbaren Konsens aus den vielfältigen
Prognosen zu erstellen und mit Hilfe theoretischer Überlegungen in ein
Vorhersagekonzept zu pressen. Aber man weiß ja, wie das mit Theorie und Praxis
manchmal so ist. Schaun mer mal...


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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