SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 290800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 29.05.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: schwierig! Mischung aus HNFz (Hoch Nordmeer-Fennoskandien zyklonal), SEz
(Südost zyklonal) und TM (Tief Mitteleuropa).

Heute, morgen und übermorgen mit wechselnder Positionierung Gewitter bis in den
(extremen) Unwetterbereich (Starkregen, Hagel).

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... zeigt die großräumige Potenzialverteilung ein vom Europäischen
Nordmeer bis in den Westen Russlands bzw. in die Ukraine verlaufendes Maximum,
das an seiner Südflanke von einem kleinen zähen Kaltlufttropfen unterlaufen
wird. Er befindet sich schon seit Tagen auf den Wetterkarten und liegt heute
früh vor der Südspitze Norwegens, von wo aus er im Laufe des Tages die Nordsee
in Richtung Schottland überquert. Dort wird er irgendwann Anschluss an einen
Trog mit integriertem Dipol (zwei Drehzentren) über West- und Südwesteuropa
finden. Während sich das eine Höhentief von Portugal langsam auf die spanische
Seiter der Iberischen Halbinsel schiebt, tendiert das zweite Tief von der
französischen Atlantikküste eher nach Westen in Richtung Biscaya. Wichtig für
unseren Raum ist die Tatsache, dass sich vom letzteren Tief ein Randtrog nach
Osten erstreckt, der die Alpen bereits weitgehend überquert hat und sich in den
nächsten Stunden mehr nach Osten ausweitet als dass er nach Norden vorankommt.
Nur zum Verständnis, wir sprechen hier bei der gesamten Potenzialverteilung über
extrem geringe Gradienten, will heißen, signifikante Höhenstrukturen wie
Frontalzonen, Jets und dergleichen sind nicht vorhanden respektive weit weg vom
Geschehen, so dass von substanziellen dynamischen Prozessen mitnichten die Rede
sein kann. Unter diesem Aspekt ist auch der angesprochene Randtrog alles andere
als ein "Kracher", auf der anderen Seite ist er natürlich auch kein
Spielverderber für konvektive Umlagerungen, nein, er gibt vielleicht sogar den
entscheidenden Kick, dass die heute bevorstehende (Schwer)Gewitterlage nicht
ganz ohne ablaufen wird.
Nun von oben nach unten, sprich die bodennahe Dimensionen, wo die
Druckverteilung - wie sollte es nach der obigen Schilderung auch anders sein -
ziemlich flau ist. Korrespondierend zum Potenzialmaximum findet man eine vom
Nordmeer bis weit nach Osten reichende Hochdruckzone, dem ein von Südwest- bis
nach Mitteleuropa reichender "Tiefdrucksumpf" mit etwas unter 1015 hPa und
diversen, ständig ihren Ort wechselnden kleinen Druckminima gegenübersteht.
Immerhin lässt sich über dem Vorhersageraum eine Rinne ausmachen, die den Westen
und Süden schon erreicht hat und sich bis Tagesende langsam nord-nordostwärts
verlagert. Die Rinne ist angefüllt mit feuchter und potenziell instabiler
Warmluft, in der die PPW-Werte verbreitet über 30 mm, im Westen und der Mitte
lokal sogar nahe 40 mm liegen, die spezifische Feuchte in der unteren
Grenzschicht bis zu 14 g/kg aufweist und ein ML-CAPE generiert wird, das
punktuell bis an die 2000-J/kg-Marke stößt. Damit ist in einem breiten, etwa von
West- und Nordwestdeutschland bis hinunter nach Bayern reichendem Streifen ein
sehr gewitterträchtiger Treibstoff vorhanden, der etwa ab den Mittagsstunden
(ganz vereinzelt mag es auch schon etwas eher losgehen) zusehends gezündet wird.

Losgehen dürfte es zum einen über den Mittelgebirgen, aber auch im
Konvergenzbereich der Rinne sowie - von einigen hochauflösenden Modellen gezeigt
- südlich davon. Letztlich bleibt uns nichts anderes übrig, als abzuwarten und
die Gewitter in situ abzuwarnen, die Weichenstellung ist mit Herausgabe der
Vorabinfo erfolgt. Aufgrund der nach wie vor geringen Scherung muss im
Wesentlichen von Einzel- und Multizellen mit Hang zur Verclusterung ausgegangen
werden, die sich nur langsam verlagern (im Süden eher nach Nordosten, weiter
nördlich nach Nordwesten), zum Teil auch stehen und/oder von hinten anbauen.
Folgerichtig steht einmal mehr Starkregen ganz oben auf der Agenda unangenehmer
Begleiterscheinungen, wobei lokal wohl auch wieder das extreme Unwetterkriterium
von mehr als 40 mm/h bzw. 60 mm in wenigen Stunden überschritten wird. Doch
damit nicht genug, auch größerer Hagel von 3 bis 5 cm Durchmesser respektive
größere Hagelansammlungen, die de jure zwar kein, de facto aber sehr wohl ein
Unwetter darstellen, stehen mit oben auf der Karte. Der Wind spielt dagegen eine
eher untergeordnete Rolle, auch wenn es durchaus mal für Böen bis Sturmstärke (8
bis 9 Bft) reichen kann, vor allem im Grenzbereich zum stärkeren Gradienten bzw.
der trockeneren Luft im Norden und Nordosten.
Apropos Nordosten, dort führt der mitunter leicht böig auflebende
Ost-Nordostwind (ganz vereinzelt Böen 7 Bft) trockenere, aus dem
nordeuropäischen Hoch ausfließende Warmluft heran (T850 um 15°C), in der es
nicht nur trocken bleibt, sondern zudem die Sonne die Temperatur auf 30 bis 34°C
hochtreibt (außer an der Ostsee, wo der meist auflandige Wind die Hitze dämpft).

Außer im Nordosten deutet sich auch im Südwesten an, dass es wahrscheinlich
nicht ganz so hoch her geht mit der Gewitterei wie in den Regionen dazwischen.
Auf der Südflanke der Rinne wird von Westen her etwas weniger warme bzw. heiße
Luft advehiert (T850 um 12 UTC 10 bis 13°C), die zudem auch etwas trockener und
weniger labil ist. Zudem erkennt man bereits jetzt schon, das von A und CH sowie
Ostfrankreich dichtere Bewölkung und z.T. sogar etwas Regen insbesondere auf BW
übergreift. Das führt dazu, dass durch reduzierte Einstrahlung der Energieinput
geringer ist, was wiederum potenziellen konvektiven Umlagerungen abträglich ist.
Da aber die Bewölkung im Tagesverlauf aufdröseln soll, sind auch im Südwesten
einzelne Gewitter zu erwarten, aber eben nicht ganz so viele und auch nicht ganz
so kräftig wie weiter nördlich. Während sonst die Temperatur auf 27 bis 33°C
steigt, reicht es im Südwesten gebietsweise nicht mal für 25°C.

In der Nacht zum Mittwoch ändert sich an der GWL wenig bis gar nichts. Zwar
sorgt der Tagesgang ein Stück weit dafür, dass die konvektiven Prozesse
tendenziell schwächer werden, ein Ende ist aber mitnichten in Sicht.
Insbesondere durch die Verclusterung halten sich einige Gewitter (bzw. zum Teil
auch gewittriger Starkregen) im W/NW, in der Mitte und im SO bis weit in die
Nacht, anfängliche Unwettergefahr inclusive. Letztlich wird auch den
Nachtdiensten nichts anderes übrig bleiben, als die Lage mit dem Handwerkskoffer
des Nowcastings zu beackern.

Mittwoch... verlagert sich die Tiefdruckrinne etwas weiter nach Norden bzw.
Nordosten. Sie wird weiterhin überlagert von dem o.e. Randtrog, der sich nach
Osten hin bis nach Tschechien und Polen ausbeult. Mit Verlagerung der Rinne
verschiebt sich auch die Position der feuchtesten und potenziell instabilsten
Warmluft etwas weiter nach Norden. Sie beschreibt - mit ähnlichen
Qualitätsmerkmalen wie heute - grob einen Korridor, der von Niedersachsen über
die östliche Mitte bis in den Osten Bayerns reicht. Dort stehen dann (schwere)
Gewitter auf der Karte, die mit den gleichen Begleiterscheinungen ausgestattet
sind wie heute. Es bietet sich an, auch dafür wieder eine Vorabinfo
herauszugeben, allerdings sollte sie nicht mit dem heutigen Geschehen
(Vorabinfo, später Akutwarnungen) kollidieren, um nicht noch mehr Verwirrung zu
stiften. Von daher wird vorgeschlagen - auch wenn der Zeitpunkt vielleicht nicht
der günstigste ist - die neue Vorabinfo im Laufe der kommenden Nacht
herauszugeben, wenn sich eine Ende der heutigen Lage abzeichnet.
Ansonsten gilt noch festzuhalten, dass der äußerste Nordosten wahrscheinlich
auch morgen außen vor bleibt in puncto Gewitter. Zwar schwächt sich der östliche
Wind gegenüber heute etwas ab, die Luft dürfte aber weiterhin trocken genug
sein, um nennenswerte Konvektion zu unterbinden. Nordöstlich der Elbe steigt die
Temperatur auf 29 bis 33°C, abzüglich des unmittelbaren Küstenstreifens.
Wenig Konvektion wird es auch im Westen und Südwesten geben, wo sich auf der
Südflanke der Rinne vorübergehend etwas weniger labile und feuchte Warmluft
platziert. Gleichwohl sind besonders über dem Bergland einzelne Gewitter
möglich, die im Extremfall sogar die Unwetterschwelle wegen Starkregen reißen
können. Temperaturmäßig landen wird morgen verbreitet zwischen 24 und 30°C.

In der Nacht zum Donnerstag schwächen sich die Gewitter und gewittrigen
Regenfälle im o.e. Korridor zwar ab, es dauert aber wahrscheinlich bis in die
zweite Nachthälfte, bis sie ganz zum Erliegen kommen. Zudem gilt es den Blick
auch wieder in Richtung Südwesten zu schärfen, wo sich eines unserer Höhentiefs
von Spanien nach Südfrankreich verlagert und dabei einen neuerlichen, wenn auch
flachen Sekundärtrog Richtung Südwestdeutschland schickt. Damit verbunden sind
Gewitter oder möglicherweise sogar ein Gewittercluster, der Teile BWs, RPs und
das Saarland erfasst (Unwettergefahr).

Donnerstag... Spätestens jetzt fängt die Großwetterlage an - so viel Ehrlichkeit
sei an dieser Stelle erlaubt - dem Verfasser aus dem Halse herauszuhängen.
Anstatt dass mal wieder eine anständige Kaltfront oder ein veritables Tief
durchzieht, um dem ganzen unorganisierten Gewitterspuk ein Ende zu bereiten,
regeneriert sich die Tiefdruckrinne erneut, überlagert von einer extrem
schwachen, leicht zyklonal konturierten süd-südöstlichen Höhenströmung. Auch die
Luftmasse bekommt neue Nahrung in Form von Wasserdampf, so dass weite Teile des
Landes an diesem Teilfeiertag (Fronleichnam) sich zum x-ten Mal in diesem Mai
auf teils kräftige Gewitter einstellen können - auch wenn diese, wie bei
eigentlich allen zurückliegenden Lagen, bei weitem nicht alle, sondern meist nur
einen kleinen Teil des Vorhersageraums treffen.
Am wenigsten wahrscheinlich sind konvektive Umlagerungen aus heutiger Sicht im
Osten und Nordosten. Ansonsten gilt weiterhin Unwettergefahr durch Starkregen
und/oder Hagel in der Hoffnung, dass sich bis Donnerstag noch ein paar Details
herausarbeiten lassen, wenn sich die hochauflösenden Modelle dem Termin nähern.
Im Osten wird die 30°C-Marke überschritten, sonst läuft es auf 23 bis 29°C
hinaus.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die grobe Einschätzung passt, in den Details offenbaren die hochauflösenden
Modelle Unterschiede hinsichtlich der Positionierung der Gewitter.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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