SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 301800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 30.05.2018 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Weiterhin, mit Ausnahme des Nordostens, starke Gewitter mit lokalem
Unwetterpotential.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... sind die Geopotentialgegensätze wie schon seit geraumer Zeit gering.
Über Westeuropa liegt ein Langwellentrog, dessen Kern zwischen Island und den
Azoren zu erkennen ist. Von dort weist die Trogachse zur Iberischen Halbinsel
und nach Nordwestafrika. Dabei überdeckt er weite Teile Westeuropas, eine
Situation, die sich auch in der Nacht nicht ändert. Im Bodendruckfeld sind die
Gegensätze ebenfalls gering, wobei das mit dem Langwellentrog korrespondierende
Tief, das aktuell noch weite Teile Westeuropas überdeckt, in der Nacht etwas an
Ausdehnung verliert und zum Morgen nur noch von Irland bis nach Nordfrankreich
reicht. Von diesem erstreckt sich in den Frühstunden eine Tiefdruckrinne vom
Niederrhein bis nach Bayern. Damit ändern sich auch die niederschlagsgefährdeten
Bereiche in Deutschland.

Aktuell ist noch die Nordosthälfte und dort ein Streifen von der Deutschen Bucht
bis in die Lausitz und nach Sachsen für Unwetter besonders prädestiniert. Die
Basis für diese Aussagen bilden beispielsweise bei ICON-EU PPW-Werte von bis zu
35 mm und CAPE-Werte von bis zu 1700 J/kg. Im Kern werden diese Werte auch von
anderen Modellen gestützt, GFS hat beispielsweise CAPE-Werte von um die 1500
J/kg und PPW-Werte über 30, Etwas höher greift beispielsweise COSMO-D2 mit
CAPE-Werte mit knapp 2000 J/kg und PPWs über 40 mm. Die Liste lässt sich recht
lange fortführen, und die bisher beobachteten Niederschläge stützen bzw. belegen
die Modelleinschätzung. Erwartungsgemäß sind bei den langsam ziehenden Zellen
vor allem die Niederschlagsmengen von Interesse, auch größere Hagelansammlungen
sind lokal möglich. Bezüglich des Windes haben die Gewitterzellen nichts
Beängstigendes zu bieten, Sturmböen sind nicht gänzlich ausgeschlossen, aber
sehr unwahrscheinlich.

Während die besagten Gewitter im Nordosten in der Nacht relativ rasch schwächer
werden (aber dennoch unter Abschwächung bis in die zweite Nachthälfte anhalten
können), zieht die o.e. Tiefdruckrinne in den Südwesten. Die meisten Modelle
reagieren darauf bzw. auf die mit der Tiefdruckrinne verbundenen bodennahen
konvergenten Strömungsbedingungen und der daraus resultierenden Hebung mit
Niederschlägen, MOSMIX sieht auch eine gewisse Gewitterwahrscheinlichkeit
(punktuell bis 20%), aber auch die Pseudosynops von EZMW und ICON zeigen ein
paar Gewittersymbole. Die Niederschläge ziehen dabei von Frankreich und Belux
(Benelux ohne die Niederlande) nach Rheinland-Pfalz sowie, in geringerem Maße,
nach Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Dies sehen die globalen Modelle
(z.B. ICON, GFS, EZMW) ähnlich wie die hoch aufgelösten (z.B. COSMO-D2, EURO4,
Arome). Arome lässt die Niederschläge sogar schon in der ersten Nachthälfte
hereinziehen, damit simuliert dieses Modell eine recht rasche
Verlagerungsgeschwindigkeit. Insgesamt wird die Hebung in der Nacht im Südwesten
von einer leicht diffluenten Höhenströmung gestützt, und da die Luft wieder
feuchter wird (ICON-EU simuliert PPWs bis zu 35 mm), ist auch mit kräftigen
Niederschlägen zu rechnen. Ob es für Unwetter reicht? Der Tagesgang spricht
eindeutig dagegen, die von den hoch ausgelösten Modellen simulierten
Niederschlagsmaxima ebenso (EURO4 und COSMO-D2 haben maximal etwa 30 mm in 3
Stunden im Angebot) und die dynamischen Hebungsantriebe aus der Höhe sind zwar
da, aber schwach.

Neben den möglichen Gewittern bleibt warntechnisch noch die eine oder andere
Nebelwarnung übrig, speziell dort, wo es tagsüber geregnet hat und die
Grundschicht entsprechend feucht ist.

Donnerstag ... bleibt es in der Höhe bei geringen Geopotentialgegensätzen. Der
Langwellentrog schwenkt in seinem südlichen Teil etwas nach Osten, zum Abend
weist seine Achse in Richtung Korsika, am Freitagmorgen dann in Richtung
nördliche Adria. Damit gerät Deutschland, insbesondere in der zweiten
Nachthälfte, auf die Vorderseite dieses Troges. Die Tiefdruckrinne, die aus der
Nacht heraus von Benelux nach Bayern weist, wird im Tagesverlauf etwas breiter,
am Nachmittag und Abend liegt sie von West nach Ost orientiert über Deutschland,
die 1015er Isobare schmiegt sich dabei im Süden an die Alpen, im Norden verläuft
sie etwa von den Ostfriesischen Inseln bis in den Berliner Raum. Da in der Nacht
der Druck über Westeuropa etwas ansteigt, wird bis Freitagmorgen aus der
Tiefdruckrinne ein abgeschlossenes Tief mit Kern über der Mitte Deutschlands,
wobei sich laut ICON nunmehr eine schmale Rinne in Richtung Balkan erstrecken
soll. All das bedeutet aber auch, dass kein wirklicher Luftmassenwechsel
stattfindet.

Grob lassen sich in dieser Konstellation zwei Schwerpunkte für Hebung und damit
auch Gewitter ausmachen. Am Tage sind dies die Gebiete in der Tiefdruckrinne, in
der Nacht die Gebiete im Südwesten, wo die trogvorderseitige Hebung zum Tragen
kommt. Für eine genauere Spezifizierung der Risikogebiete ist ein Blick in die
Gewitterrelevanten Felder nötig. Es zeigt sich, dass am Tage bei ICON-EU im
Nordwesten (Niedersachsen, NRW) sehr hohe CAPE-Werte bis zu 1800 J/kg zu
erwarten sind. Aber auch in größeren Gebieten des Südens liegen die CAPE-Werte
bei etwa 1500 J/kg. Deutschlandweit werden von diesem Model hohe PPW-Werte um 30
mm berechnet. Wie schon am Vortag steht das Modell damit nicht allein. So
schlagen GFS (CAPE bis 1800 J/kg bei im Vergleich zu ICON-EU etwas nach
Nordosten verschobenen Schwerpunkten, PPW über 30 mm), COSMO-D2 (CAPE bis 2000
J/kg, PPW über 40; höchste CAPE-Werte im Westen, höchste PPW-Werte im Norden) in
die gleiche Kerbe. Will man die Gebiete mit dem höchste Unwetterpotential
herausarbeiten, so kristallisiert sich aktuell in der Zusammenschau der Modelle
(bei allen vorhandenen Modellunterschieden) ein Streifen heraus, der von
Ostfriesland, dem Emsland und dem Niederrhein im Nordwesten bis nach Nordbayern
und Westsachsen verläuft. Dort bieten COSMO-D2 und EURO4 die stärksten
Niederschläge an. Auch Arome deutet in diese Richtung, Arpege ist zwar deutlich
diffuser, aber auch bei diesem Modell kann man den entsprechenden Schwerpunkt
der Niederschläge (mit etwas gutem Willen) ausmachen. Nicht verschwiegen werden
soll, dass es auch Modelle gibt, die in besagtem Bereich nur wenig Niederschlag
simulieren, wozu auch die globalen Modelle ICON, GFS und EZMW oder Hirlam
gehören. Ob die bisher gewonnenen Erkenntnisse ausreichen, um in dem
beschriebenen Gebiet eine Vorabinformation herauszugeben (und wann), wird sich
zeigen. Klar ist aber, dass wieder der Starkregen im Vordergrund steht, auch
kleinerer Hagel ist weiterhin möglich, Sturmböen dagegen weiterhin weniger, auch
wenn sich verbrietet über bzw. in einer recht trockenen Grundschicht eine
inverse V-struktur erkennen lässt. Damit sind zwar Fallböen möglich, ein
Heruntermischen nennenswerter Höhenwinde ist aber mangels Höhenwinden nicht zu
erwarten.

Aufgrund der geschilderten synoptischen Entwicklung in der Nacht verlagern sich
die Hebungsschwerpunkte in der Nacht zu Freitag auf den Nordwesten. Dadurch
kommt es im Süden und Westen zu kräftigen Gewittern mit Starkregen oder
(teils-)gewittrigem Starkregen. Selbst die globalen Modelle reagieren mit
erhöhten Niederschlagssignalen, ICON und ICON-EU bieten 3-stündig über 20 mm an,
EZMW am Bodensee sogar über 30 mm (kleinräumiges, kreisförmiges Maximum;
Modellartefakt?). Auch GFS setzt im Süden und Westen verbreitet auf Regen, aber
in deutlich schwächerer Intensität als ICON oder EZMW. Möglicherweise formiert
sich über Frankreich schon ein größerer Gewittercluster, der in den Südwesten
zieht, dies sieht z.B. EURO4 so mit 3-stündigen Niederschlagmengen bis 80 mm.
Hier gilt es aber noch, die Details noch abzuwarten, dann wie schon am Tage gibt
es auch Modelle mit anderen Schwerpunkten, beispielsweise Arpege, dass die
Niederschlagsschwerpunkte eindeutig in den Gebieten südlich der Donau setzt. In
den übrigen Regionen schwächen sich die konvektiven Prozesse mehr und mehr ab,
Nebel kann vor allem in der Westhälfte ein Thema werden.

Freitag ... kommt der Randtrog unter allmählichem Amplitudenrückgang noch etwas
weiter nach Norden voran, seine Achse wird aber auch bis zum Abend, wenn
überhaupt, allenfalls auf den äußersten Süden übergreifen. Die vorderseitigen
Hebungsprozesse erfassen vor allem den Westen und Nordwesten sowie die mittleren
Landesteile, heftige Umlagerungen sind nach aktueller Lesart von ICON-EU vor
allem in einem Streifen vom Westen bis nach Bayern und ins Böhmische Becken zu
erwarten. Dies sind die Bereiche, wo die CAPE-Werte mit bis zu 2000 J/kg und die
PPWs mit über 41 mm ihr Maximum erreichen. Dabei bewegt sich die Zone der
stärksten Umlagerungen allmählich nach Norden, so dass am Vormittag ein Streifen
von der Eifel bis nach Niederbayern, am Nachmittag dagegen ein Streifen von den
Niederlanden bis zum Böhmischen Becken besonders betroffen sein sollte. In den
besagten Gebieten sind weitere schwere Gewitter und/oder gewittrige oder
nicht-gewittrige Starkregenfälle bis in den Unwetterbereich zu erwarten.
ICON-Nest platziert über den Südwesten NRWs einen Hot-Spot mit bis zu 80 mm/12h,
den man vielleicht nicht unmittelbar für bare Münze nehmen muss, als Signal aber
durchaus ernstnehmen sollte. Insgesamt sehen die Niederschlagsprognosen der bis
dahin rechnenden Modelle noch sehr uneinheitlich aus, EZMW beispielsweise legt
den Niederschlagspeak mit über 50 mm in 12 Stunden in den Schwarzwald, um von
dort aus nach Norden (bis nach Osnabrück) und auch in Nordbayern die
intensivsten Regenfälle und Gewitter zu sortieren. GFS ist mit den Spitzenmengen
zurückhaltender und weiter nördlich vertreten. Fakt aber ist, dass sowohl der
besagte Trog als auch die von ihm ausgehende Intensivierung des Wettergeschehens
von allen Modellen simuliert wird.

Die zuvor zonal exponierte Tiefdruckrinne kippt etwas im Uhrzeigersinn und nimmt
zur Mittagszeit eine diagonal von NW nach SE verlaufende Position ein, wobei sie
sich etwas nach Norden verlagert und sich am Abend von der Nordsee bis zur
Lausitz und weiter nach Südwestpolen erstreckt. Auf der Nord-Nordostflanke wird
mit östlichem Wind weiterhin vergleichsweise trockene Luft advehiert, in der
häufig die Sonne scheint und konvektiv nicht allzu viel passieren dürfte.

Samstag ... befinden wir uns weiter in einer schwachen Druckverteilung. Über
Westeuropa bzw. bis zur Iberischen Halbinsel erstreckt sich ein schwacher
Höhentrog. Eingelagert befinden sich Samstag 00 UTC westlich von Irland und über
Portugal zwei Höhentiefs. Über Deutschland zeigt sich in der Höhe zwar ein
schwacher Rücken, am Boden ist jedoch eine schwache Tiefdruckrinne bzw.
Konvergenz zuerkennen, an der sich weiterhin kräftige Gewitter entwickeln
können. Nachfolgend fließt von Nordwesten her etwas kühlere und trockenere Luft
in den Westen Deutschlands. Im Rest des Landes hält sich allerdings die
feuchtwarme und potenziell instabile Luft.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Abläufe in den großräumigen synoptischen Scales
ähnlich, im Detail zeigen sich, speziell bezüglich der wann, wo und in welcher
Ausprägung zu erwartenden Gewitter, teils deutliche Unterschiede. Auf die
hoffentlich wesentlichen wurde in den Texten eingegangen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas

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