SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 300800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 30.05.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: nicht ganz einfach, aber am ehesten wohl TM (Tief Mitteleuropa)

Heute und in den nächsten Tagen mit wechselnder Regionalität immer wieder teils
kräftige Gewitter mit Unwettergefahr durch Starkregen und/oder Hagel.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... befinden wir uns nach wie vor vorderseitig eines mit mehreren
Drehzentren gespickten Höhentrogkomplexes über Westeuropa respektive dem nahen
Ostatlantik. Von dort aus erstreckt sich ein zonal exponierter Randtrog mitten
über Deutschland bis nach Polen und Tschechien. Er kommt heute geringfügig nach
Norden voran, wo er wiederum mit einer flachen Tiefdruckrinne korrespondiert,
die ein Ableger des umfangreichen Tiefdrucksumpfs über West- und Südwesteuropa
ist. Ihre Hauptachse wird durch eine Konvergenz markiert, die sich im Laufe des
Tages ebenfalls noch etwas nord-nordostwärts verlagert. Angefüllt ist die Rinne
mit feuchter und labil geschichteter Subtropikluft, dessen Feuchtemaximum heute
Nachmittag etwa in einem von der Nordsee bis in die östliche Mitte
(Sachsen/südliches BB) reichenden Korridor zu finden ist (PPW über 30 mm, lokal
bis nahe 40 mm, Taupunkte z.T. bei 18/19°C). Richtung Süden und Westen ist
dagegen etwas trockenere (relativ gesehen), die aber immer noch feucht und labil
genug ist, um nicht völlig aus dem Spiel zu sein beim Kampf um potenzielle
konvektive Umlagerungen. Am trockensten und stabilsten (zumindest im untersten
Troposphärenbereich) ist die Luft im äußersten Norden und Nordosten (Taupunkte
heute früh 11 bis 15°C), die weiterhin aus dem über Nordeuropa liegenden Hoch
ausfließt und mit einem mäßigen, an der Ostsee mitunter auch frischen Ostwind
herangeführt wird.
Ausgehend von dieser Konstellation lässt sich für heute folgender Wetterablauf
konstruieren. Bereits heute früh und am Vormittag kommt es im Bereich der
Hauptkonvergenz etwa zwischen Niedersachsen/HH und Sachsen/Thüringen zu
schauerartigem Regen und ersten Gewittern, die durchaus kräftig ausfallen
können. Ob es dabei aber schon für lokale Unwetter reicht, ist fraglich, da
durch die in diesem Streifen vorhandene Bewölkung möglicherweise etwas der
Energieinput fehlt und der besagte Höhentrog für nennenswerte Dynamik zu schwach
auf der Brust ist. Mit zunehmender Tageslänge nimmt dann die Wahrscheinlichkeit
für schwere Gewitter zu, wobei die Hauptauslöse knapp nordöstlich des
Wolkenstreifens stattfinden sollte (Einstrahlung), was von einigen
hochauslösenden Modellen auch so gezeigt wird. Für die Gebiete mit der
vermeintlich höchsten Wahrscheinlichkeit für Schwergewitter wurde eine Vorabinfo
geschaltet. Aufgrund des hohen Feuchtegehalts der Luftmasse sowie der geringen
Verlagerungsgeschwindigkeit bzw. dem von Südosten rückseitigen Anbaupotenzial
der Zellen liegt die Hauptgefahr einmal mehr auf dem Starkregen, wobei nicht nur
25 bis 40 mm/h, sondern lokal auch um oder über 60 mm binnen 1-3 Stunden fallen
können. Trotz geringer Scherung und damit geringer Wahrscheinlichkeit
rotierender Zellen (zumindest über einen längeren Zeitraum) sollte auch das
Thema "Hagel" nicht unterschätzt werden, schaffen es einzelne Zellen auch bei
diesen Bedingungen (ML-CAPE immerhin bis zu 1500 J/kg) immer wieder, einen
robusten Aufwindschlauch zu generieren, der für größeren Hagel um 3 cm oder aber
größere Hagelansammlungen gut ist (siehe Gewitter der vergangenen Tage).
Sturmböen 8-9 Bft spielen gemessen an den anderen beiden Parametern zwar nur
eine Außenseiterrolle, sollten aber auch nicht gänzlich negiert werden (sie z.B.
gestern). Die Frage ist, wie weit es die Gewitter in den äußersten Norden und
Nordosten schaffen, wo das Entrainment der trockeneren Ostluft dämpfend auf
konvektive Umlagerungen wirkt. Beantwortet wird die Frage schlussendlich im
Nowcasting, der Norden SHs sowie die Ostseeküste haben aber gute Chancen, von
den Gewittern verschont zu bleiben. Noch ein Wort in eigener Sache, trotz der
für heute in Teilen Nord- und Ostdeutschlands erwarteten Gewitter bleibt das
Thema "(extreme) Trockenheit" dort allgegenwärtig. So wird der morgen endende
Mai dort gebietsweise nicht mal 5 mickrige Millimeter Regen gebracht haben, was
man bei allem Hype um die Gewitter nicht vergessen sollte.
Im Süden und Westen sieht die Monatsbilanz des Niederschlags nicht so trist aus
wie im Nordosten (auch wenn es mancherorts auch mal wieder dringend regnen
müsste), so dass man es größtenteils verschmerzen kann, dass es heute in weiten
Teilen trocken bleibt. Ganz ohne Gewitter geht es aber auch in diesen Regionen
nicht, was oben ja bereits angedeutet wurde. Betroffen ist einmal mehr das
Bergland, wo es im Tagesverlauf zu lokalen Überentwicklungen kommt. Dort, wo das
der Fall ist, dürften die Gewitter wieder Stehversuche unternehmen, sprich, sich
kaum verlagern, so dass bei PPWs hoch in den Zwanzigern und CAPE von 500-1000
J/kg (lokal darüber) ebenfalls mit Starkregen und Hagel bis in den
Unwetterbereich zu rechnen ist.
Die Temperatur steigt auf 26 bis 30°C, im Nordosten und Osten bis zu 34°C.

In der Nacht zum Donnerstag schwächen sich die Hebungsprozesse ergo Gewitter ab,
was aber dauern kann. Vor allem in der ersten Nachthälfte dürften noch einige
Gewitter unterwegs sein, anfänglich auch mit Unwettergefahr. Darüber hinaus wird
der Südwesten von einem kleinen, in die südliche Höhenströmung eingelagerten
Sekundärtrog gestreift, der dort (vor alle Westteil BWs, Teile RPs und das
Saarland) für Gewitter oder gewittrigen Starkregen sorgt. Ob dabei auch die
Unwetterschwelle gerissen wird (Starkregen), ist nicht sicher, zu heterogen sind
die Signale der Numerik.

Donnerstag... wird der o.e. Randtrog über dem Norden/Nordosten zusehends
zugeschüttet und auch der Sekundärtrog aus der Nacht zieht gen Benelux ab. Übrig
bleibt eine schwache und leicht flatternde Süd-Südostströmung vorderseitig des
westlich von uns positionierten Trogkomplexes. Darüber hinaus gilt es zu
konstatieren, dass sich die Tiefdruckrinne regeneriert und sich dabei wieder ein
Stück nach Süden verlagert. Ein wirklicher Luftmassenwechsel findet nicht statt,
allerdings nimmt der Wasserdampfgehalt in weiten Teilen des Landes wieder zu auf
verbreitet über 30 mm PPW. Einzig nach Osten und Südosten hin simuliert ICON
etwas trockenere Luft, was sich u.a. in einem hohen HKN/KKN widerspiegelt (über
2000 m).
So lässt sich unter dem Strich bilanzieren, dass die Gewitterneigung bezogen auf
die Fläche gegenüber heute wieder zunimmt, besonders im Süden und Westen. Dabei
ist es auf Basis der zahlreichen numerischen Produkte nicht ganz einfach, eine
strukturierte räumliche Verteilung der Gewitter zu präsentieren bzw. Areale
herauszuarbeiten, in denen die Gewitterwahrscheinlichkeit signifikant höher ist
als woanders. Nimmt man COSMO-DE2(-EPS) als Basis, käme man auf einen Streifen,
der von den Niederlanden über Teile Niedersachsens und NRW bis in den
Norden/Nordosten Bayerns reicht, in dem eine erhöhte Signaldichte für
(unwetterartigen) Starkregen gegeben ist. Auch EURO4 scheint dieses Szenario gar
nicht so schlecht zu finden und kommt auf eine ähnliche Lösung. Ob man daraus
für genau diese Regionen am Ende (also kommende Nacht oder morgen früh) eine
Vorabinfo vor schweren Gewittern (Starkregen, aber auch Hagel) schaltet, kann
jetzt noch nicht abschließend beurteilt werden und muss - nolens volens - auf
den Spätdienst abgegeben werden, der dann über weitere, hoffentlich
erkenntnisbringende und wünschenswerterweise weitgehend kongruente Modellläufe
verfügt.
Wie immer diese Entscheidung auch ausfallen wird, Tatsache ist, dass auch
außerhalb des genannten Streifens Gewitter auftreten (häufig beginnend im
Bergland), besonders nach Süden und Westen hin. Dabei besteht ebenfalls
Unwettergefahr, insbesondere durch Starkregen, aber auch durch Hagel. Auch nach
Osten und Nordosten hin sowie im äußersten Norden können einzelne Gewitter nicht
ausgeschlossen werden, labil genug ist die Luftmasse. Allerdings zeigen die
Vorhersagetemps eine relativ trockene Grundschicht, die konvektionsdämpfend
wirkt, außerdem mangelt es an dynamischen Antrieben.
Am heißesten wird es wieder im Osten mit bis zu 34°C, sonst stehen 25 bis 30°C
auf der Karte.

In der Nacht zum Freitag schwenkt von Frankreich und der Schweiz her ein
veritabler Randtrog nach Norden, auf dessen Vorderseite dynamische Hebung
generiert wird (insbesondere durch PVA). Dadurch kommt es im Süden und Westen zu
kräftigen Gewittern mit Starkregen oder (teils-)gewittrigem Starkregen. Selbst
die globalen Modelle reagieren mit erhöhten Niederschlagssignalen.
Möglicherweise formiert sich über Frankreich schon ein größerer Gewittercluster,
der in den Südwesten zieht. Hier gilt es die Details noch abzuwarten.
In den übrigen Regionen schwächen sich die konvektiven Prozesse mehr und mehr
ab.

Freitag... kommt der Randtrog unter allmählichen Konturverlust noch etwas weiter
nach Norden vor an, wird aber die Südhälfte nicht überschreiten. Die
vorderseitigen Hebungsprozesse erfassen vor allem den Westen und Nordwesten
sowie die mittleren Landesteile. Die zuvor zonal exponierte Tiefdruckrinne kippt
etwas im Uhrzeigersinn und nimmt zur Mittagszeit eine diagonal von NW nach SE
verlaufende Position ein. Auf der Nord-Nordostflanke wird mit östlichem Wind
weiterhin vergleichsweise trockene Luft advehiert, in der häufig die Sonne
scheint und konvektiv nicht allzu viel passieren dürfte.
Gleiches gilt für den Südwesten (zumindest nach ICON und bedingt auch GFS), wo
mit westlichem Wind nicht mehr ganz so warme (T850 10-12°C), vor allem aber
stabilere Luft einströmt. Dazwischen allerdings liegt ein Streifen, der von
Westdeutschland bis hinüber in den Norden und Osten Bayerns reicht und in dem es
weitere schwere Gewitter und/oder gewittrige oder nicht-gewittrige
Starkregenfälle bis in den Unwetterbereich gibt. ICON-Nest platziert über den
Süden NRWs einen Hot-Spot mit über 100 mm/12h, den man vielleicht nicht
unmittelbar für bare Münze nehmen muss, als Signal aber durchaus ernstnehmen
sollte. Insgesamt sehen sie Niederschlagsprognosen der bis dahin rechnenden
Modelle noch sehr uneinheitlich aus. Fakt aber ist, dass sowohl der besagte Trog
als auch die von ihm ausgehende Intensivierung des Wettergeschehens von allen
Modellen simuliert wird.
Während es im Süden und Westen auf unter 25°C "abkühlt", startet der Juni (=
Beginn des meteorologischen Sommers) mit 26 bis 30°C, im Osten mit 29 bis 34°C.


Modellvergleich und -einschätzung
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Fast gebetsmühlenartig kann man derzeit jeden Tag die gleiche Aussage an
gleicher Stelle treffen: Die großräumige Entwicklung wird sehr ähnlich
simuliert, die Details nicht unbedingt. Einige Unterschiede vor allem die
räumliche Verteilung der Gewitter betreffend, wurden im Text angerissen. Auch
die mit dem Randtrog am Freitag zusammenhängende Wetterentwicklung lässt im
Detail noch einige Fragen offen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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