SXDL31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 290800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 29.09.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Wa (West antizyklonal)

Heute vor allem im Norden und im Mittelgebirgsraum windig, teils stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... befindet sich Deutschland am Südrand der Frontalzone, die leicht
mäandrierend vom mittleren Nordatlantik bis weit auf den europäischen Kontinent
reicht. Ein eingelagerter flacher Rücken wandert im Laufe des Vormittags aus dem
Vorhersageraum heraus, wodurch wir auf die Vorderseite eines sehr breiten Troges
über dem Ostatlantik gelangen. Entsprechend dreht die Höhenströmung auf Südwest
zurück, wobei die Frontalzone mehr und mehr Zugriff auf unser Land bekommt.
Das wird man auch in der unteren Troposphäre respektive im Bodenniveau spüren,
wo aktuell das Sturmtief WALPURGA dabei ist, von den Faröer- und den
Shetlandinseln in Richtung Haltenbank zu ziehen. Während die zugehörige
Warmfront über die Ostsee gen Baltikum zieht und uns dabei gar nicht oder nur
äußerst peripher tangiert, erreicht Kaltfront etwa am frühen Nachmittag die
deutsche Nordseeküste, von wo aus sie langsam landeinwärts eindringt. Langsam
deswegen, weil sie eine ziemlich strömungsparallele Exposition aufweist, so dass
die für den Vortrieb notwendige frontsenkrechte Komponente eher gering ausfällt.

Wie auch immer, vor der Kaltfront strömt von Südwesten her sehr milde, ja fast
schon eine als warm zu bezeichnende maritime Luftmasse vom Atlantik in den
Vorhersageraum, in der die 850-hPa-Temperatur zwischen 10 und 15°C liegt. Da der
Süden und größtenteils auch die Mitte vom hohen Luftdruck über dem
Mittelmeerraum profitieren, steht in diesen Regionen trotz einiger hoher und
mittelhoher Wolkenfelder und etwas Frühnebel ein heiterer und warmer
Altweibersommertag auf der Karte mit Tageshöchsttemperaturen zwischen 23 und
27°C, am Oberrhein lokal vielleicht 28°C - Respekt.
Synoptisch interessanter geht es freilich im Norden und Nordwesten vonstatten,
wo sich ein veritabler Gradient aufgebaut hat bzw. das noch tun wird (stärkerer
Druckfall im Norden als im Süden). Entsprechend frischt der Südwestwind in der
gesamten Norddeutschen Tiefebene bis hinunter ins westfälische Tiefland sowie
bis in den Mittelgebirgsraum (dort vor allem aber in den Hochlagen) auf mit Böen
7 Bft, an der Küste sowie im küstennahen Binnenland (SH, nördliches Nds.) 8 Bft,
an der Nordsee teils auch 9 Bft. In den mittleren und höheren Lagen der
Mittelgebirge sowie in exponierten Leelagen erreichen die Böen Stärke 7 bis 9
Bft, auf dem Brocken 10 Bft, vielleicht sogar eine untere 11 Bft. Ein
Windmaximum dürfte mit der Passage der Kaltfront einhergehen, während
postfrontal der Wind am späten Nachmittag bzw. am Abend beginnt nachzulassen.
Mit Annäherung der Front setzt spätestens in den Mittagsstunden von der Nordsee
her Regen ein, der sich bis zum Abend langsam ins nord- und nordwestdeutsche
Binnenland vorarbeitet. Meist liegen die Mengen im einstelligen Bereich, im
Nordseeumfeld örtlich auch mal etwas über 10 mm. Ob die Labilität an der Front
ausreicht, um vereinzelt für Blitz und Donner zu sorgen, ist mehr als fraglich.
Im Nordwesten wird es mit 18 bis 23°C nicht so warm wie in den übrigen Gebieten,
aber auch nicht wirklich kalt.

In der Nacht zum Freitag ändert sich an der Konstellation der Höhenströmung kaum
etwas. Das Sturmtief hingegen zieht weiter gen Nordskandinavien, gleichzeitig
kommt die Kaltfront bei uns noch etwas landeinwärts voran. Nach ICON erreicht
sie bis zum Morgen etwa eine Linie Ruhrpott-Berliner Raum. Damit verlagert sich
auch das Regenband ein kleines Stück süd-südostwärts, im Westen bis knapp an die
Eifel heran, im Nordosten bis zur Uckermark. Warnwürdige Mengen werden nach wie
vor nicht vorhergesagt. Vor allem auf und an der Nordsee entwickeln sich
einzelne Schauer.
Auf dem absteigenden Aste befindet sich der Südwestwind, weil der Gradient
rückseitig der leicht schleifenden Kaltfront auffächert. An der Front selbst
treten anfangs noch vereinzelte 7er-Böen auf, ansonsten fokussieren sich
warnwürdige Böen nur noch auf den unmittelbaren Küstenstreifen (7 Bft, Nordsee
vereinzelt 8 Bft) sowie einige exponierte Hochlagen (7-8 Bft, Brocken 9 Bft).
Im Süden bildet sich in windschwachem Umfeld stellenweise Nebel, wobei die
Donau, der Hochrhein und der Bodensee die Favoritenstellung einnehmen.


Freitag... verbleibt Deutschland unter der glatten südwestlichen Höhenströmung,
die im Zuge einer fortschreitenden Austrogung über dem nahen Ostatlantik aber
etwas zurückdreht. Bodennah befinden wir uns weiterhin zwischen hohem Luftdruck
im Süden Europas und tiefem Druck im Norden (Sturmtief WALPURGA liegt um 12 UTC
mit einem Kerndruck von unter 970 hPa über Lappland). Allerdings fächert der
Gradient gegenüber heute merklich auf, was im Wesentlichen einer Welle
geschuldet ist, die von Frankreich kommend an der Kaltfront über die Mitte des
Landes ost-nordostwärts steuert. Diese entpuppt sich nicht nur als Windhemmer,
sie bremst auch die Verlagerung des Regengebiets nach Süden bzw. Südosten. So
scheint in weiten Teilen Bayerns und Baden-Württembergs, teils aber auch im
Süden Sachsens und Thüringens nach Nebelauflösung erneut die Sonne, einzig
Richtung Unterfranken und Nordbaden zeigen sich mehr Wolken, die wahrscheinlich
aber kaum Regen bringen. Der konzentriert sich auf einen Streifen, der etwa vom
nördlichen RP und dem südlichen NRW bis hinüber nach BB reicht. Nur stellenweise
sollen dabei mehr als 10 mm innert 12 h überschritten werden (einzelne
Staulagen).
In den Norden und Westen strömt rückseitig ein Schwall erwärmter Meereskaltluft
subpolaren Ursprungs heran, in der sich ein wechselnder Bewölkungscharakter
einstellt. Einzelne Schauer, vielleicht auch ein kurzes Gewitter dürften sich am
ehesten über und an der Nordsee sowie im äußersten Norden entwickeln, wo etwas
Höhenkaltluft im Spiel ist (T500 etwas unter -20°C). Der Südwest- bis Westwind
weht vor allem an der Küste und in einigen Hochlagen noch frisch mit Böen 7 Bft,
in exponierten Kamm- und Gipfellagen sowie in einem möglichen Gewitter 8 Bft,
auf dem Brocken bis zu 9 Bft.
Während es in der Südosthälfte noch mal für 21 bis 26°C, am Oberrhein punktuell
vielleicht sogar 27°C reicht, sind es im Rest des Landes 16 bis 20°C, bei
Dauerregen sowie im westdeutschen Bergland etwas darunter.

In der Nacht zum Samstag zieht die besagte Welle nordostwärts ab, von Frankreich
her folgt wahrscheinlich aber eine zweite nach, die in ihrer Geometrie etwas
schwächer ausgeprägt ist als ihre Vorgängerin (siehe Bodenvorhersagekarte
T+48h). Dabei verstärkt sich der Regen im W und SW etwas, wobei nun auch Teile
BWs davon erfasst werden. Die Mengen bleiben sehr wahrscheinlich aber unterhalb
jedweder Warnschwellen.
Im Süden und Südosten bleibt es noch längere Zeit gering bewölkt, örtlich bildet
sich Nebel. Dagegen sind an bzw. auf der Nord- und Ostsee weiterhin einzelne
Schauer oder auch kurze Gewitter möglich. Diese können von stärkeren Böen 6-7
Bft begleitet werden, während rein gradientbedingt der Wind weiter nachlässt.


Samstag... rückt der o.e. Höhentrog etwas nach Osten voran, wodurch bei uns die
südwestliche Höhenströmung noch etwas aufsteilt. Am Tagesende reicht die
Trogachse etwa von Zentralfrankreich bis hoch zur Nordsee. Im bodennahen Niveau
beschäftig uns weiterhin die Kaltfront, an der sich die von Frankreich gekommene
Welle noch etwas formiert. Letztlich nehmen die Front und auch das von ihr
verursachte Regengebiet eine diagonal von SW nach NO ausgerichtete Formation an,
die von den Modellen in ihrer exakten räumlichen Verteilung noch leicht
unterschiedlich simuliert wird. Fakt ist aber, dass keines der Modelle
warnwürdige Regenmengen im Portfolio hat. Ob es im Südosten, quasi am warmen
Rand des Regengebiets zu vereinzelten Gewittern kommt, ist äußerst fraglich.
Zwar deuten einige Modelle eine gewisse Labilität an, die ML-CAPE-Werte sind
aber sehr gering. Im Hochsommer jedenfalls würde man einer solchen Konstellation
größere Chancen auf Gewitter zugestehen.
Im Norden und Westen bleibt es postfrontal bei wechselnder Bewölkung mit
Schauern, die insbesondere im Bereich der Nordsee, später mit Trogannäherung
vielleicht auch im Grenzbereich zu Benelux gewittrig ausfallen können. Mit
Ausnahme einiger weniger Hochlagen spielt der Wind keine prominente Rolle mehr.
Temperaturmäßig landen wir bei 16 bis 20°C, im Bergland zum Teil etwas darunter,
in Ober- und Niederbayern mit Sonnenunterstützung etwas darüber.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren eine ähnliche Entwicklung wie oben beschrieben. Einige,
im Text bereits angedeutete Fragezeichen (z.B. zum Thema "Gewitter" oder
Intensität und genaue räumliche Ausdehnung der Regenfälle) können heute noch
nicht abschließend getilgt werden und erfordern ein weiteres Monitoren der
nächsten Modellläufe sowie ggf. auch Nowcastingmethoden. Vor diesem Hintergrund
sollte es auch nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass in den nächsten Tagen
nicht doch irgendwo eine Dauerregenwarnung vonnöten sein wird, auch wenn die
Modelle nebst probabilistischer Anschlussverfahren diesbezüglich nicht sehr
ergiebig sind.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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