SXEU31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 310800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 31.08.2018 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang zu NEa (Nordost antizyklonal)

Im äußersten Süden Dauerregen, teils bis in die Nacht auf Sonntag andauernd.
Sonst eher wenig los auf dem Wettermarkt.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... befindet sich Deutschland vorderseitig eines Höhentroges über
Westeuropa, der sich im Tagesverlauf unter Verkürzung seiner Wellenlänge
wesentlich stärker nach Süden ausweitet als dass er ostwärts vorankommt. Bereits
heute früh ist über BeLux ein kleines abgeschlossenes Höhentief (HT) erkennbar,
das bis Tagesende über Ostfrankreich zu den Westalpen zieht. Dort beginnt es,
sich mehr und mehr vom eigentlichen Troggebilde zu lösen, so dass das ganze
Prozedere den Anschein eines Cut-Offs erhält, obwohl das vermeintliche
Cut-Off-Tief ja eigentlich schon vorhanden ist.

Wie auch immer, der nördliche Troganteil schwenkt langsam über Norddeutschland
hinweg ostwärts, ohne dass er dabei allzu viel ausrichten kann. Deutlich
wirksamer sind der südliche Part respektive das HT, auf dessen Vorderseite
reichlich PVA generiert wird, die einen nicht unerheblichen Beitrag zu
synoptischer Vertikalbewegung leistet. Hinzu kommt im Süden aber noch ein
anderer Aspekt, bekannt unter dem Namen "Gegenstromlage". Während die
Höhenströmung etwa oberhalb 700 hPa immer weiter zurückdreht auf Süd-Südwest,
baut sich in der unteren Troposphäre eine nordöstliche Grundströmung auf. Gerade
um 700 hPa kommt es zu einer markanten Rechtsdrehung des Windes, was nach
thermischer Windgleichung den Tatbestand der WLA erfüllt. Kurzum, in den
südlichen Landesteilen von Bayern und BW wird reichlich Hebung generiert, die
wiederum länger andauernde, tagesübergreifende Niederschläge zur Folge hat und
die am Alpenrand sowie im südlichen Vorland am intensivsten ausfallen, weswegen
dort auch schon eine markante, teilweise bis in die Nacht zu Sonntag anhaltende
Dauerregenwarnung gezogen wurde. Bis heute Abend jedenfalls sollen etwa 10 bis
20 mm, lokal um oder etwas über 25 mm Regenfallen, wobei hier und da auch
schauerartige Verstärkungen mithelfen. Zwar ist Luftmasse nicht überbordend
labil, gleichwohl liegt etwas CAPE bis maximal 150 J/kg vor, dazu spezifische
Feuchten um 10 g/kg und PPWs von rund 30 mm. Ob es auch für ein kurzes Gewitter
reicht, ist fraglich, allerdings auch nicht ausgeschlossen, wie die Beobachtung
von heute früh über NO-Frankreich zeigt (also an der o.e. Vorderseite des HTs),
wo es ein paar Mal geblitzt hat. Vor diesem Hintergrund sollte nachher auch ein
besonderes Augenmerk auf die Region Schwarzwald-Bodensee-Alb gerichtet werden,
wo es durchaus mal stärker regnen kann (auch nicht gewittrig), was von einigen
hochauflösenden Modellen wie EURO4 oder WRF (12 UTC), teils auch von COSMO-D2
(-EPS) simuliert wird.

Ansonsten noch mal zurück zur niedertroposphärischen bzw. bodennahen
nordöstlichen Strömung. Sie resultiert aus der Luftdruckentwicklung, die geprägt
ist vom in Richtung Baltikum abziehenden Ostseetief WANDA (gab´s da nicht mal
´nen Film mit dem Titel "Ein Fisch namens ...) und einer sich vom Azorenraum über
UK und die Nordsee bis nach Skandinavien aufbauenden Hochdruckzone (ORTWIN).
Zwischen diesen beiden Systemen fließt ein Schwall frischer Nordseeluft nach
Deutschland (im Norden mit nordwestlichem, im Süden mit besagtem nordöstlichem
Wind) in den Vorhersageraum, in der die 850-hPa-Temperaturen um 4°C in
Ostfriesland und bis zu 9°C zwischen Schwaben und Oberpfalz betragen. Mit Abzug
des Tiefs bei gleichzeitig nur schwachem Druckanstieg weicht der Gradient immer
weiter auf, so dass Wind aus warntechnischer Perspektive heute keine Roll
spielt. Während im Süden und vielfach auch in der Mitte der Laden
bewölkungstechnisch dicht bleibt, kann sich im Norden die Sonne wenigstens zeit-
und gebietsweise mal in Szene setzen, vereinzelte Schauer an und über der Ostsee
inclusive. Obwohl niedertroposphärisch mit am wärmsten, bleibt es im alpennahen
Dauerregen heute eher frisch mit Maxima zwischen 12 und 15°C. Sonst stehen
landesweit Höchstwerte von 16 bis 23°C auf der Karte.

In der Nacht zum Samstag überquert das HT die Westalpen und erreicht in den
frühen Morgenstunden - quasi pünktlich zu einem gepflegten Frühstücksespresso -
Oberitalien. Zur gleichen Zeit hängt das extrem schlaffe nördliche Trogresiduum
noch über Norddeutschland, während im Westen bereits leichter Potenzialanstieg
erwartet wird. Dieser fördert leichten Druckanstieg am Boden, was zur Bildung
einer kleinen 1025-hPa-Hochparzelle über den Niederlanden führt. Unter ihrer
Ägide lockert die Wolkendecke von Westen her vielfach auf, was niedrige
Tiefsttemperaturen (im Binnenland lokal um oder etwas unter 5°C) zur Folge hat,
wohingegen Nebel zwar nicht ausgeschlossen ist, sehr wahrscheinlich aber nicht
zum überregionalen Problem wird.
Im Süden regnet es um die Donau herum bis hinunter zu den Alpen bzw. zum
Hochrhein munter weiter, wobei der Regen auf der baden-württembergischen Seite
sich tendenziell nach Süden zurückzieht, während er im östlichen Bayern minimal
nordwärts ausgreift. An der laufenden Dauerregenwarnung sollte das allerdings
nichts ändern, die höchsten Mengen fallen weiterhin am Alpenrand bzw. im
südlichen Vorland (10 bis 20, exponierte Staulagen um oder etwas über 25 mm).


Samstag... zieht unser HT von Oberitalien über den Umweg Golf von Genua in
Richtung Toskana, was ja auch keine schlechte Gegend ist. Weit weniger mobil
gibt sich das Trogresiduum über Nord-Nordostdeutschland, von wo aus es nur
äußerst schleppend in Richtung Polen bzw. Ostsee in Gang kommt. Allerdings wird
der Trog durch den von Westen andauernden Potenzialanstieg immer weiter
zugeschüttet, so dass aus seiner ohnehin nur wenig prominenten Rolle eine
mickrige Komparsenrolle wird. Man sollte aber so fair sein zu erwähnen, dass mit
Hilfe der immer noch manierlich temperierten Ostsee ein, zwei Schauer im
Nordosten nicht ausgeschlossen sind. Von ganz anderem Kaliber allerdings ist der
Höhenrücken, der sich von SW-Europa über UK und der Nordsee bis nach
Südskandinavien aufwölbt und dabei noch etwas kräftigt. Gemeinsam mit dem sich
vergrößernden, mit seinem Zentrum zur deutschen Nordseeküste wandernden
Bodenhoch sorgt er für Absinken, vom dem vor allem der Norden und Westen unseres
Landes profitieren. Ganz lässt sich die Bewölkung aber nicht vertreiben, zumal
sich unterhalb einer bei rund 800 hPa positionierten Absinkinversion (im Norden
eher etwas höher, im Westen etwas darunter) Quellungen bilden, die sich
zumindest teilweise ausbreiten und der Sonne somit zeitweise einen Riegel
vorschieben.
Im Süden und Südosten stellt sich die Frage nach der Sonne erst gar nicht, dort
bleibt es dicht, auch wenn sich das verantwortliche HT langsam aber sicher vom
Vorhersageraum entfernt. Immerhin lassen die Regenfälle von Nordwesten her nach,
ohne aber ganz aufzuhören, Rund 10 mm innert 12 h sind an der einen oder anderen
Stelle am Alpenrand durchaus noch drin und nach Osten zu kommt der Regen sogar
etwas nach Norden voran (vornehmlich auf österreichischer und tschechischer
Seite), so dass sogar Oberfranken, das Vogtland und das Erzgebirge ein paar
Tropfen abbekommen können. Temperaturmäßig tut sich am ersten Tag des
meteorologischen Herbstes nicht allzu viel, hat es die Temperatur in der
eingeflossenen Nordseeluft bei weiterhin nördlicher Windkomponente und zumindest
teilweise reduzierter Einstrahlung schwer, substanziell nach oben zu klettern.
18 bis 23°C, im Süden und Südosten 15 bis 18°C, bei Dauerregen keine 15°C sind
die Werte, die wir morgen ertragen müssen oder genießen dürfen oder sonst was,
je nach Gusto.

In der Nacht zum Sonntag weitet sich der Hochdruckeinfluss aus, das
federführende Bodenhoch reicht dann von Deutschland bis zum Bottenbusen mit
einem Ableger in Richtung Baltikum. An der Ostsee ist anfangs noch mal ein
Schauer drin, sonst klart es im Norden und Westen vielerorts auf, örtlich bildet
sich Nebel. Auch wenn die Temperatur zum Teil wieder in den einstelligen Bereich
zurückgeht, wird es insgesamt nicht mehr so frisch wie die Nacht zuvor.
Im Süden und Südosten stellt sich die Frage nach der Abkühlung nur bedingt,
bleibt es doch weitgehend bedeckt, was einem bewegten Tagesgang der Temperatur
wenig zuträglich ist. Interessant ist die Entwicklung der Niederschläge. So
zieht sich der Regen unter weiterer Abschwächung zunächst immer weiter in den
äußersten Südosten bzw. nach Austria zurück, bevor er im Laufe der zweiten
Nachthälfte, spätestens am frühen Morgen wieder den Rückweg Richtung Westen
antritt. Geschuldet ist das Ganze einem ersten kleinen Sekundärtrog, der auf der
Nord-Nordostflanke des Höhentiefs von Austria heranschwenkt und neue
Hebungsprozesse in Gang bringt. Trotzdem, aus heutiger Sicht ist eine
Verlängerung der Dauerregenwarnung (an deren Ende 40-60 mm, in Staulagen bis 70
mm gefallen sein sollten) wenig wahrscheinlich, weil die Intensität der
Regenfälle zu schwach ausfällt.

Sonntag... bricht das HT seinen Südostkurs ab, geht kurz in sich, um sich dann
für eine Route in Richtung nördliche Adria zu entscheiden. Auf seiner
N-NO-Flanke werden weitere kleine Randtröge westwärts gesteuert, mit denen
schauerartig verstärkte Regenfälle von Austria und Tschechien her auf Teile des
Vorhersageraums übergreifen. Wie weit dieser Regen tatsächlich nach Westen
vorankommt bzw. nach Norden ausgreift, wird derzeit von den Modellen noch recht
heterogen behandelt. ICON nimmt eher eine defensive Rolle ein (weite Teile
Bayerns, östliches BW, Erzgebirge), während IFS mit drei Spitzen antritt (also
sehr offensiv). Demnach würden sogar der Berliner Raum, die Magdeburger Börde
und die Altmark was abbekommen. Wie immer es letztlich kommen wird, deuten doch
alle Modelle an, dass in Alpennähe nur noch wenig oder gar kein Regen mehr
fallen soll, so dass wie schon in der Nacht eine Verlängerung der
Dauerregenwarnung unwahrscheinlich erscheint.
Interessantes gibt es übrigens vom o.e. Trogresiduum aus dem Norden zu
berichten. So hatte sich der kümmerliche Rest davon in der Nacht tatsächlich
nach Nordostpolen verabschiedet, wo er dann abgetropft ist. Das resultierende
kleine HT gibt sich zunächst isoliert und ziemlich orientierungslos, wird dann
aber in das Zirkulationsmuster des großen HTs über der Adria einbezogen. Unter
dem Strich bedeutet das unweigerlich eine Verlagerung nach Westen, so dass es am
Ende - und damit schließt sich der Kreis - wieder in NO-Deutschland anlandet.
Schöne Geschichte, die zunächst aber keine große Wetterwirkung erzeugt. Ob dann
in der Nacht zum Montag auf der Rückseite - das HT ist im Grunde ja ein kleiner
Kaltlufttropfen - über Polen starker Regen induziert wird, der möglicherweise
auch deutsches Territorium erfasst, ist derzeit noch sehr unsicher.
Ansonsten bleibt noch festzuhalten, dass der Nordwesten auf der Vorderseite des
o.e. Höhenrückens verbleiben, der über Südskandinavien ein eigenständiges
Höhenhoch generiert, wohin sich auch der Schwerpunkt des Bodenhochs verlagert.
Das bedeutet im Westen und Norden sonnenscheinreiches und trockenes, aber nicht
gänzlich wolkenfreies (Absinkinversion bei 850-800 hPa, darunter Quellungen)
Spätsommerwetter. Bei allgemein ansteigenden 850-hPa-Temperaturen (7-11°C) geht
es auch in 2m Höhe bergauf mit Höchstwerten von 21 bis 26°C. Einzig der
weiterhin an deutlichem Wolkenüberschuss leidende Süden und Südosten kommt nicht
richtig aus dem Quark, 14 bis 20°C sind jetzt aber auch nicht wirklich kalt.
Ob der landesweit wehende NO-Wind in der Mitte mal in den warnwürdigen Bereich
gleitet (Böen 7 Bft), wie von ICON simuliert, ist mehr als fraglich.


Modellvergleich und -einschätzung
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Wenn auch die Basisfelder Geopotenzial und Luftdruck sehr ähnlich simuliert
werden, bleiben doch beim Thema Niederschlag gewisse Unsicherheiten bestehen,
die sich in der Mittelfrist noch fortsetzen werden. Die Ursache dafür ist vor
allem darin zu sehen, dass die meisten Niederschlagsprozesse von Systemen in der
Höhe und nicht von "griffigen" Bodentiefs mit Fronten o.ä. gesteuert werden,
womit die Modelle traditionell so ihre Schwierigkeiten haben.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann

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