SXDL31 DWAV SYNOPTISCHE UEBERSICHT KURZFRIST

SXEU31 DWAV 291800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 29.05.2017 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In der Mitte und im Süden gebietsweise kräftige Gewitter, Unwetterpotential
speziell bezüglich Starkregen. Morgen erneut verbreitet kräftige Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland unter einem kräftigen und stark amplifizierten
Höhenrücken in 500 hPa, der sich vom westlichen Mittelmeer über die Alpen bis
zur östlichen Nordsee und nach Dänemark erstreckt. Dabei lassen sich in seinem
nördlichen Teil zwei kürzere Achsen ausmachen, eine, die kräftigere, die von
Schwaben bis zum Emsland verläuft, die andere verläuft vom Bayerischen Wald bis
zur Tatra. Der Rücken bewegt sich dabei insgesamt recht zögerlich nach Osten.
Westlich an den Rücken schließt sich ein Langwellentrog an, der zu einem
Geopotentialminimum südwestlich von Island gehört und der sich von dort bis zur
Iberischen Halbinsel erstreckt. Mit dem Höhentief korrespondiert ein Bodentief,
das seinen tiefsten Druck ebenfalls bei Island aufweist. Von dort ausgehend
erstrecken sich mehrere Frontenzüge in Richtung des europäischen Kontinents.
Einer verläuft dabei durch ein kleinräumiges Tief, dass mit mehreren Kernen über
Benelux und dem Süden Englands liegt. Ein kleinräumiges Tief, an das sich nach
Süden eine Konvergenzlinie anschließt, wandert in der Nacht über dem Norden
Deutschlands nach Osten. Dabei trennt seine Warmfront, die sich über dem Norden
Deutschlands von West nach Ost erstreckt, aktuell kühlere und recht stabile und
damit gewitterfreie Luft im Norden von feuchterer und labilerer Luft im Süden
und in der Mitte Deutschlands. Besonders gewittergefährdet ist ein Bereich von
nordwestlichen NRW und dem südlichen Emsland bis zur Neiße. Dort ist die
Luftmassengrenze zu finden und an dieser sind bei ppw-Werten knapp unter 40 mm,
ML-CAPE-Werten über 2000 J/kg und hohen Labilitätswerten auch kräftige Gewitter
bis in den Unwetterbereich möglich. Der zweite prädestinierte Bereich für
Gewitter verläuft vom Schwarzwald und der Schwäbischen Alb über Südhessen und
Unterfranken bis nach Südniedersachsen und Sachsen-Anhalt. Dort ist die
Labilität teils sogar höher, allerdings liegen die ppw-Werte meist unter 35 mm
und die ML-CAPE-Werte unter 1500 J/kg. Diese, wie oben auch von ICON6_Nest
prognostizierten Werte, decken sich dabei recht gut mit denen von COSMO-DE,
wobei dieses Modell bei den CAPE-Werten und dem niederschlagbaren Wasser etwas,
aber auch wirklich nur etwas defensiver als ICON-Nest ist. Im tiefsten Innern
ihrer Algorithmen stützen auch EZMW und GFS die Sichtweise der deutschen
Modelle, wenngleich die absoluten Werte bezüglich ppw und CAPE ein gewisses
Eigenleben führen.

In der Nacht zu Dienstag wird der Rücken etwas nach Osten abgedrängt, seine
Achse erstreckt sich zum Morgen von Korsika bis nach Niederschlesien. Dem
gegenüber kommt der Ostatlantiktrog etwas nach Osten voran und erstreckt sich
über Südengland und die Bretagne nach Süden. Das kleinräumige Tief über dem
Norden Deutschlands erreicht - zusammen mit der Konvergenzlinie - den Hamburger
Raum, es ist allerdings nur noch als Bodentrog eines großräumigen Tiefs über
Nordeuropa auszumachen. Während sich die Konvergenzlinie am Morgen über
Sachsen-Anhalt und Thüringen nach Süden erstreckt, greift die Kaltfront auf den
Nordwesten über. An der Konvergenzlinie sind auch in der Nacht vereinzelt, an
der Kaltfront dann zum Morgen hin Gewitter möglich. Tagesgangbedingt wird die
Gewitterintensität in der Nacht nicht so hoch eingeschätzt wie am Tage.
Gleichwohl liegen im Nordosten Deutschlands auch zum Morgen die CAPE-ML-Werte
bei über 500 J/kg, und auch die ppw-Werte liegen gebietsweise über 35 mm. Somit
können die an der Konvergenzlinie getriggerten Gewitter durchaus mit Starkregen
einhergehen, selbst unwetterartige Entwicklungen sind wegen der geringen
Zuggeschwindigkeit möglich, wenn auch nicht sehr wahrscheinlich, zumal unter dem
Einfluss des angesprochenen Höhenrückens.

Dienstag ... wird der Höhenrücken weiter nach Osten abgedrängt, bis zum Abend
verschiebt sich seine Achse nach Polen, wobei sich im Zuge eines
Abtropfprozesses über den Pyrenäen auch über dem Osten Frankreichs eine
antizyklonale Höhenströmung einstellt. Auf den Norden greifen die mehr
kurzwelligen Residuen des Langwellentroges über, bis zum Abend erreicht die
Trogachse etwa das Emsland. Vorderseitig des Troges kommt auch das Tief bzw. der
Bodentrog nach Osten voran, ebenso wie die Kaltfront, die zum Abend etwa bis
nach Vorpommern und Thüringen gelangt, wobei uns die rückseitig einfließende
Kaltluft in Staffeln erreicht. Im Zuge der Verlagerung des Frontensystems birgt
der Vormittag vor allem im Nordosten ein hohes Gewitterpotential. Im Bereich des
Tiefs bzw. des Bodentrogs ist nicht nur die Labilität am höchsten, auch die
CAPE-Werte liegen am späten Vormittag schon bei teils über 1500 J/kg. Ebenfalls
beachtlich sind die ppw-Werte mit verbreitet über 35 mm. Insofern erscheint ein
Bereich von Ostniedersachsen bis zum Erzgebirge und zur Oder am Vormittag als
das Gewitterträchtigste Gebiet. Erneut wird die Sichtweise der deutschen Modelle
von GFS gestützt. EZMW dagegen sieht die höchsten CAPE-Werte am Vormittag vom
Westen Niedersachsens in einem weiten Bogen über Schleswig-Holstein bis nach
Ostbrandenburg. Deutlich geringer dagegen simuliert EZMW die potentielle Energie
am Erzgebirge, dafür haben die Europäer, im Gegensatz zu ICON oder GFS, ein
weiteres CAPE-Maximum von Oberfranken bis nach Nieder- und Oberbayern. Diesen
Streifen bilden GFS und ICON nicht nach, die letztgenannten Modelle liefern in
Bayern die höchsten CAPE-Werte südlich der Donau. Dies zeigt schon erst
Unsicherheiten in den Prognosen, und dies schon am Vormittag. Am Nachmittag
Stabilisiert es von Nordwesten her, in der Nordwesthälfte sind zwar
wahrscheinlich noch Schauer, aber nur noch vereinzelt Gewitter zu erwarten. In
der Südwesthälfte dagegen bleibt es labil, die CAPE- und ppw-Werte bleiben nach
ICON6_Nest vor allem im Osten Mecklenburg-Vorpommerns und im Norden Brandenburgs
sehr hoch. Hier stützen GFS und EZMW die ICON-Sichtweise, im Süden hingegen
liefern die Modelle widersprüchliche Ideen. Während EZMW nur für die
Südosthälfte Bayern hohe CAPE-Werte simuliert, beschränkt ICON diese auf die
Gebiete Südlich der Donau. Die GFS-Lösung bietet hohe CAPE-Werte vor allem über
dem Mittelgebirgsraum. Ähnliche "Widersprüche" zeigen sich z.B. auch bei den
ppw-Werte, die ICON im Nordosten mit bis zu 47 mm angibt, GFS dagegen bleibt die
deutlich unter 40 mm. Allerdings bleibt zu konstatieren, dass das Alpenvorland
durchaus Unwetterpotential besitzt, da die Orografie beim Auslösen der Gewitter
hilft und die Zuggeschwindigkeit derselben sehr gering ist. Insgesamt erscheint
die Entwicklung am morgigen Tage aber zumindest in den Details noch unsicher.

In der Nacht zu Mittwoch zieht der kurzwellige Trog rasch über Norddeutschland
nach Osten, mit ihm verlagert sich auch das zugehörige Tief ostwärts. Die
Kaltfront kommt weiter nach Südosten voran, vor allem südlich der Donau kann
sich aber noch feucht-warme Luft halten. Da der Wassergehalt der Luft dort dann
aber deutlich niedriger liegt als am Tage, dazu auch die Labilität und die
CAPE-Werte geringer sind, sind sowohl die Gewitterwahrscheinlichkeit als auch
die Auswirkungen potentieller Gewitter geringer. Im Zuge der Verlagerung des
Troges über dem Norden dreht nicht nur die Höhenströmung über dem Norden
allmählich auf West bis Nordwest, auch verschärft sich der Gradient im Norden
von West nach Ost zusehends. Dann sind dort verbreitet Windböen, in der zweiten
Nachthälfte von Nordfriesland bis an die Ostseeküste auch stürmische Böen oder
vereinzelte Sturmböen möglich. Im Süden bleibt der Gradient meist schwach.


Mittwoch ... wölbt sich von Westen her erneut ein Höhenrücken auf, der sich sehr
langsam nach Osten verlagert. Dieser stützt ein Hoch über der westlichen Nordsee
und über England, das ebenfalls zögerlich nach Osten zieht. Damit fächert der
Gradient über dem Norden auf und der Wind lässt nach, auch gelangt zunehmend
trockene Luft zu uns. Über dem Süden bleibt bei weiterhin geringen
Luftdruckgegensätzen die Front der Vortage unter nur geringer Verlagerung aktiv
bzw. in der feucht-warmen Luft südlich der Luftmassengrenze bleiben die Gewitter
aktiv.

Donnerstag ... liegen wir weiter vorderseitig des Höhenrückens über Westeuropa
und des Hochdruckgebiets, das dann im Bereich der deutschen Bucht zu finden sein
dürfte. Dabei hat sich in großen Landesteilen trocken warme Luft durchgesetzt.
Nur in den Regionen südlich der Donau und in Südbaden hält sich die feuchtere
und instabile Luftmasse. Dort bilden sich im Tagesverlauf Schauer und Gewitter.
Lokal sind Unwetter nicht ausgeschlossen.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle prognostizieren die Entwicklung grundsätzlich ähnlich. Auf
Unterschiede, speziell bezüglich der Gewitterauslösenden und -steuernden
Faktoren, wurde im Text hingewiesen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas

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