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Thema des Tages

Die Böenfront eines Gewitters und ihre Folgen

Der mitteleuropäische Sommer zeigt sich nicht selten von seiner eher
wechselhaften Seite. Nach einer mehrtägigen Hochdrucklage machen sich
Tiefdruckgebiete mit den zugehörigen Fronten auf den Weg, um die
sommerliche Wärme oder gar Hitze wieder für einige Tage aus
Deutschland zu vertreiben. Nicht selten geht solch ein Wetterwechsel
mit kräftigen Schauern und Gewittern einher. Oft ist es eine
drückende Schwüle, die sich vor einem hereinbrechenden Gewitter
breitmacht und der Mensch sehnt sich nach einem kühlen Nass von oben.
Wie groß ist dann die Erleichterung, wenn das Gewitter vor einem
steht und der erste Windstoß die schwüle Luftmasse zu verdrängen
beginnt. Jeder weitere Windstoß bringt eine immer stärkere Abkühlung
und dann können bereits die ersten Tropfen fallen. Die Erleichterung
währt jedoch nicht lange, denn nicht selten erreicht der Wind zu
diesem Zeitpunkt bereits Sturmstärke und mit dem hereinbrechenden
Gewitter folgen starker Regen, Hagelschlag und zahlreiche Blitze.
Diese Passage einer sogenannten "Böenfront" (engl. outflow) kann aber
auch deutlich ruhiger ablaufen. Wenn in der Ferne ein Gewitter am
Horizont vorüberzieht, kann es passieren, dass z.B. eine Stunde
später der Wind vor Ort plötzlich und ohne Vorwarnung auffrischt und
ebenfalls für eine Abkühlung sorgt. Doch wodurch wird solch ein
"outflow" erzeugt?

Ein Gewitter besteht aus einem kräftigen Aufwind, in welchem die
warme und feuchte Luft rasch aufsteigt. Dabei kondensiert die
Feuchtigkeit zu mächtigen Quellwolken und es bilden sich
Regentropfen. Doch der Regen kann nicht ewig in der Luft gehalten
werden und fällt je nach Stärke des Aufwindes über kurz oder lang
wieder zum Erdboden zurück. Die herabfallende Luft wird als Abwind
bezeichnet und besteht aus regengekühlter Luft, die rasch absinkt, da
kalte Luft aufgrund ihrer größeren Dichte schwerer ist als warme
Luft. Kommt diese regengekühlte Luft am Boden an, breitet sie sich in
alle Richtungen aus und erreicht als sogenannter "outflow" den
schwitzenden und nach Abkühlung lechzenden Beobachter.

Je großräumiger oder intensiver das Gewitter und der einhergehende
Aufwind sind, desto mehr Niederschlag wird gebildet und desto stärker
fällt auch die Böenfront aus. Solch ein "outflow" kann sich dann über
Stunden hinweg immer weiter vom Gewitter entfernen und auch
Beobachter in Regionen erreichen, die vom eigentlichen Gewitter
nichts oder nur sehr wenig mitbekommen haben.

Doch wie sieht der "outflow" in Realität aus? Wie beobachten wir
Meteorologen den "outflow" und wieso ist es so wichtig genau über
seine Verlagerung Bescheid zu wissen? Dazu wird ein Ereignis vom 19.
Mai 2017 betrachtet, das sich am späten Nachmittag östlich von
München ereignet hat.

Auf dem Radarbild (a)) ist um 16:15 Uhr MESZ nordöstlich von München
ein kräftiges Gewitter (weißes Oval) erkennbar, das nach Nordosten
zieht. In der Legende ist die Einheit der Reflektivität (Dezibel,
dBz) zu sehen. Höhere Werte bedeuten, dass mit heftigem Regen oder
Hagel gerechnet werden muss (Farbe rot und blau). Dabei handelte es
sich um ein langlebiges Gewitter, das eine Stunde zuvor noch München
gestreift hatte. Aus diesem Gewitter strömte die kühle und feuchte
Luft in Form einer kräftigen Böenfront nach Osten (rotes Oval). Solch
ein "outflow" weist in der Regel nur eine Mächtigkeit von wenigen
hundert Metern auf, weshalb die Reflektivitäten auch nur sehr gering
ausfallen (grüne Farbe, negative Einheiten). Dabei sieht das Radar
unter anderem den durch die Böenfront aufgewirbelten Staub. Zudem
wurde die Temperatur eingetragen, die von 26 bis 29 Grad vor dem
"outflow" rückseitig auf 23 Grad zurückging.

Bild b) zeigt die Situation rund 90 Minuten später. Die Böenfront im
roten Oval ist mit Hilfe des Radars kaum noch auszumachen, umso
besser aber im Temperaturfeld mit einem Unterschied von 6 Kelvin oder
mehr. Doch wieso ist es für Meteorologen so wichtig, wo ein "outflow"
zu finden ist? Er fungiert wie eine Front, die sich durch bodennah
zusammenströmende Luft auszeichnet. Die Luft kann nun aufsteigen, es
findet Hebung und nachfolgend Kondensation statt und als Resultat
können sich Schauer- und Gewitterwolken entwickeln. Im Wetterfall vom
19. Mai prallte der "outflow" zusätzlich noch an die Ausläufer der
Alpen, wodurch die Hebung verstärkt wurde. Das Resultat ist im gelben
Oval zu sehen: ein neues kräftiges Gewitter, das nach Norden zog. Der
"outflow" kann also neue Gewitterentwicklungen hervorrufen, was für
die Gewittervorhersage sehr wichtig ist.

Aus diesem Grund ist es zwar erfreulich, wenn sich die Luft hinter
einem "outflow" abkühlt, doch sollte der Himmel weiter im Auge
behalten werden. Entweder nähert sich zeitnah das für die Böenfront
verantwortliche Gewitter oder es kann sich durch solch einen
"outflow" vor Ort plötzlich ein neues Gewitter entwickeln.


Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 31.05.2017

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

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